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Mittheilungen aus der Praxis.
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wegen Befürchtung des Einsturzes des der Eisenbahn-Baugesell⸗
chaft gehörigen Gebäudetheiles die Polizeibehörde an diese Gesell—
chaft die Aufforderung erließ, Sicherheitsmaßregeln zu treffen.
Dieje Aufforderung blieb erfolglos und der stehengebliebene Ge—
Fäudetheil wurde im polizeilichen Zwangsverfahren abgebrochen.
Die Baugesellschaft erhob nun gegen den Fiskus Klage auf Schaden⸗
rjatz mun der Begründung, daß die Stadtbahnverwaltung
zurch ihre Bau-Ausführungsarbeiten und durch die Unterlassung
hon Schutzmaßregeln den Abbruch verschuldet habe. Diese Klage
vurde in den beiden Vorinstanzen abgewiesen und ist die von der
Baugesellschaft dagegen eingelegte Rebision durch Urtheil des IV.
Fivilsenats des Reichsgerichts vom 30. Oktober 1882 verworfen
pvorden. Aus den Entscheidungsgründen dieses Urtheils sei hier
wörtlich mitgetheilt:
„Mit Htecht beruft sich der Berufungsrichter auf den 8 135
TI. IJ. Tit. 11 des Allg. L.«R., nach dessen Bestimmung der Ver—
täufer schuldig ist, dem Käufer die erkaufte Sache so zu gewähren,
daß dieser dieselbe bedungenermaßen als sein Eigenthum benutzen
und darüber verfügen kann, der Verklagte also auch berechtigt war,
die erworbenen Gebäudetheile abzubrechen und auf dem durch den
Abbruch frei gewordenen Grund und Boden die Bahn erbauen
zu können. Daraus folgt mit Nothwendigkeit, daß der Verklagte
ziesen Bau mit allen dazu erforderlichen, technischen Mitteln aus—
uführen befugt war, also auch unter Anwendung der erforder—
ichen, von der Klägerin als für sie schädlich bezeichneten Ramm—
irbeiten. Ergaben sich aus den durch die Bauausführung be—
dingten Maßregeln des Verklagten mittelbar schadenbringende
Folgen für die Klägerin, so war es ihre Sache, sich dagegen durch
entsprechende Schutzvorrichtungen zu sichern, da sie die Folgen
ener Handlungen des Verklagten nach dem Inhalt des
Vertrages voraussehen köonnte und mußte. Von dem
Verklagten, der auf das der Klägerin verbliebene Terrain hinüber
zu greifen nicht einmal befugt war, konnte sie die Herstellung von
Schutzvorrichtungen nicht erwarten.“
Soweit die Praxis. Während in den unter 1 und 2 mit—
jetheilten Fällen ein rechtswidriger Eingriff angenommen wurde,
ijt dies in der eben unter 3 referirten reichsgerichtlichen Entschei—
dung nicht geschehen, der Klägerin schädlichen Rammarbeiten sollen
gestättet sein. Wie aber löst sich dieser scheinbare Widerspruch?
Siniach dadurch, daß im Falle Nr. 3 die Klägerin die Rechts—
irheberin des verklagten Fiskus war; die Klägerin konnte also
ein Recht gegen ihn nicht geltend machen, was sie ihm selbst mit—
»erkaust hatte. Das Reichsgericht führt noch obigen weiteren
Brund an.
Fragen wir nun nach der aus den mitgetheilten Entschei—
)ungen für die Angehörigen des Baugewerbes zu ziehenden Nutz-
inwendung, so ergiebt sich Folgendes:
Zunächst ist, beror der Bau in Angriff genommen wird,
obald ein auch nur entfernter Verdacht entsteht, daß von der zu
erbauenden Anlage aus schadenstiftende Eingriffe für die Nachbarn
zrwachsen werden, eine genaue Lokaluntersuchung nach dieser Rich—
ung anzustellen. Man verlasse sich in dieser Hinsicht nicht auf
die polizeiliche Untersuchung und Genehmigung, denn die Polizei
»erfährt und urtheilt nach ganz anderen Gesichtspunkten. Für
ie ist das öffentliche Interesse, in vielen Fällen auch eine etwa
xistirende Gefahr, welche durch das Bauwerk und das darin zu
detreibende Gewerbe entstehen kann, maßgebend. Wie aber schon
aus obigen praktischen Fällen sich ergiebt, handelt es sich für den
Anternehmer sowohl, wie den Herrn des Baues um die lediglich
»rivatrechtliche Frage, ob ein rechtswidriger Eingriff in die
nachbarlichen Rechte geschehen wird und darum kümmert sich die
Polizeibehörde im Geringsten nicht. Hier haben sich die an dem
Ban Betheiligten selbst zu rathen und zu helfen. Der Unternehmer
des Baues hat aber auch noch aus folgenden Gründen ein er—
jebliches Interesse, daß die fragliche Feststellung getroffen werde.
Es kann nämlich in Frage kommen, ob er nicht dem Banherrn,
venn er in einer Weise baut, daß dadurch nachbarliche Gerechts—
ame beeintraͤchtigt werden, regreßpflichtig wird, ihm also mit
einem Vermögen verantwortlich ist. Ob dies der Fall sei, läßt
ich nur nach Lage jeden einzelnen Falles beantworten; die Mög—
ichkeit liegt jedenfalls vor. Ist nun zwar die polizeiliche Geneh—
niguug zu der Anlage ertheilt, ergiebt aber die private Lokal—
untersuchung, daß es wahrscheinlich ist, daß durch den Betrieb
»der durch die Gebäulichkeiten an sich die Ausübung des Eigen—
hums Dritter werde beeinträchtigt werden und laäßt sich diese
Folge nicht thunlichst durch Vorrichtungen oder durch eine be—
ondere Gestaltung und Ausführung der Anlage abstellen, so
»leibt, wenn man sich nicht etwa Klagen, wie in den oben mit—
Jetheilten Fällen, aussetzen will, Nichts anders übrig, als auf
Riesen, Plan zu verzichten und einen anderen günstigen Bauplatz
u wählen. Wie empfindlich die Verurtheilten iu“ den obigen
Fällen getroffen werden, erhellt von selber; es kann die Folge
intreten, daß der größte Gewerbebetrieb, wenn es der eigensinnige
Nachbar so will, völlig eingestellt werden muß. — Auf welche
Punkte die gedachte lokale Untersuchung sich zu erstrecken habe,
ergiebt sich aus der besonderen Beschaffenheit des geplanten Be—
riebes.
Mittheilungen aus der Praris.
Neuer Beschlag für Oberlichtfenster, angefertigt
von Gottfried Stierlin in Schaffhausfen.
(Hierzu 3 Fig.)
Zur Erreichung des Zweckes, frische Luft in das Zimmer
einzulassen, ohne Zugluft zu verursachen, und diese Ventilation in
geringerer oder durchgreifender Weise auszuführen, eignet sich der
Stierlin'sche Beschlag für Oberlichtfenster ganz vorzüglich.
In der Hauptsache besteht derselbe aus je 2 selbstschließenden
»der selbstöffnenden Charnierbändern. Im Innern der Hülse
»eines jeden Bandes befindet sich ein Bund flacher, gehärteter
Stahl, welcher so angebracht ist, daß er unten festgehalten wird,
yurch das Aufmachen des Fensterflügels sich aber dreht und ver—
nittelst der Kraft der Federn seine gerade Stellung zu erreichen
sucht, resp. den Fensterflügel aufdrückt.
Das Band besteht aus 2 Theilen a. u. b.
Der Dorn mit dem obern Kegel d wird
in die Hülse eingeschoben und durch den
intern Knopf ée festgehalten. Der obere Knopf
Jist mit 6 runden Löchern versehen, die zum
Drehen desselben vermittelst eines Stiftes
dienen. Weiter unten befinden sich an dem
bern cylindrischen Theile des Bandes weitere
3 Löcher in Verbindung mit einem korrespon—
direnden Loch in dem Federtheil, durch welches
ein Stift zum Spannen der Feder durchge
schoben wird.
Je nach der Funktion, die der Fenster—
Jügel zu vollziehen hat, wird der Kegel d
jach abwärts gedreht, wenn der Fenster
lügel zugedrückt und aufwärts, wenn der
elbe aufgeworfen werden soll.
An dem obern Theile des Fensterflügels ist eine Schnapp
alle angebracht, welch' ersterer durch den Zug einer starken, kaun
ichtbaren Stahlschnur, welche über 2 Rollen läuft, geöffnet resp
geschlossen werden kann.
Es fallen bei diesem System die sonst üblichen Stangen
die man sonst zur Handhabung von Ventilationsflügeln benützt,
veg. Das Aushängen der unten an der Schnur sich befind—
ichen Kette aus einem Nagel genügt zum Oeffnen, das Ein—
zängen zum Schließen des Fensters. Weiter wird dabei der
Vortheil erreicht, den Flügel ganz oder auch nur theilweise öffnen
zu können.
Außerdem können bei kalter Jahreszeit die Winterfenster
mittelst Haken mit den Sommerfenstern nerbunden werden, so daß
inter Anwendung einer Nummer stärkerer Beschlagstheile sich
heide Fensterflügel gleichzeitig öflknen (siehe Zeichnung) und somit
»eine rasche und gründliche Ventilation des Zimmers, oder wenn
venig geöffnet wird, auch eine leichte und andauernde Ventilation
m Winter leicht erreichbar ist.
Zum Beschlage des obigen Fensterflügels, der zum Auf
verfen bestimmt ist, gehören: 2 Federcharniere, 1 Falle
nit Schließkloben, 2Rollen, TOesschraube, 1 Stahl—
chnur, 1l vernickeltes Kettchen mit Nagel.