Zur Lohnbewegung in Hannover. — Die Keim'sche Mineral-Malerei. — Wohngebäude für eine Gärtnerfamilie.
Zur Lohnbewegung in Hannover
wird uns geschrieben:
Im vorigen Jahre hat sich in Hannover eine Vereinigung
der Maurergesellen gebildet, die es sich zur Aufgabe macht, den
Gesellenstand und das Handwerk zu heben und moralisch und
materiell zu fördern und ein gutes Einvernehmen mit den Meistern
anzubahnen, auch ist dieselbe bestrebt, eine Art Schiedsgericht aus
Meistern und Gesellen herbeizuführen zur Regelung der schwe—
benden Streitfragen im beiderseitigen Interesse. Dieser Vereini—
gung gehören über 500 Gesellen an, die somit wohl als Reprä—
fentantin der Interessen der Maurergesellen angesehen werden kann.
Von dieser Vereinigung ging der Wunsch aus, als im gegen—
seitigen Interesse der Meister und Gesellen liegend, die Lohnver—
hältnisse für den Sommer schon jetzt geregelt zu sehen, damit nich—
Zersplitterungen stattfinden und gute Gesellen, denen von auswärts
Anerbietungen gemacht würden, wegzögen und die Meister dann
im Sommer in Verlegenheit um Arbeitskräfte kämen. Die Gesellen
glaubten, bei der steigenden Tendenz der Baulust und des Bedürf—
nisses, eine Steigerung des Lohnes von augenblicklich 2,80 Mik
im Durchschnitt auf 3,50 Mk. bei zehnstündiger Arbeit, mit Früh—
stück- und Vesperzeit, beanspruchen zu können; ungefähr 20 Pf
mehr als der vorjährige Durchschnittslohn (obwohl in vielen
Fällen bedentend höhere Löhne gezahlt waren). Sie wandten sich
in dieser Angelegenheit an den Vorstand des „Baugewerken Bereins“,
ohne aber zum Resultate zu gelangen und beriefen deshalb eine
Versammlung der jenem Verein nicht angehörigen Meister, welche
die bedeutende Mehrzahl bilden, um diesen die Angelegenheit zu
unterbreiten: Lohnerhöhung zu erlangen und womöglich ein Schieds—
gericht in's Leben zu rufen. Nach einer ersten Vorversammlung
bor ca. 14 Tagen, in der die Sache klar gelegt und eine Kommission
zur Ausarbeitung von Vorschlägen ernannt wurde, fand in ver—
jangener Woche eine zweite Versammlung allein von Meistern
sttatt, in der Nachfolgendes beschlossen wurde: Die von der Kom—
mission ausgearbeitete Vorlage setzt bis auf Weiteres einen höchsten
Lohusatz auf 3 Mk. 50 Pf. bei 1016, stündiger Arbeit ohné
Vesperzeit fest. Bei Stundenarbeit im höchsten Lohnsatze soll pro
Stunde 35 Pf. in Ansatz kommen. Ferner soll der sonstige Lohnsatz
von 3,50 M. abwärts ganz von dem Ermessen des Arbeitgebers
abhängen und bei Stundenarbeit der Lohnsatz dem vereinbarten
Tageslohne entsprechen. Diese Vorlagen wurden nach längerem
dafür und dawider allseitig angenommen mit dem Antrage, dewm
Gesellenvereine, sowie den nicht anwesenden Meistern von der Be—
schlußfassung Kenntniß zu geben und zwar mit dem Hinzufügen,
daß die Meister in Anbetracht und Anerkennung des ordnungs—
mäßigen Weges, welchen die Gesellen zur Erreichung ihrer Wünsche
eingeschlagen haben das Zustandekommeun einer Vereinbarung ge—
wünscht und zu ermöglichen gesucht hatten, um nicht dazu beizu—
tragen, daß sozial-demokratischen Elementen neue Nahrung gegeben
wurde. Dieser gleiche Umstand ließ es auch wünschensiverth er—
scheinen, daß die Meister des Baugewerken-Vereins, die sich bisher
ablehnend verhalten, offiziell zu den Meisterversammlungen ein—
geladen und alle Mittel aufgeboten werden sollten, ein gemeinsames
Vorgehen mit jenen zu Stande zu bringen. Es soll die gewählte
Kommission das Weitere veranlassen und anbahnen. Die Frage,
betreffend ein permanentes Schiedsgericht zwischen Meister und
Gesellen wurde auf spätere Zeiten verschoben
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biete unter bestimmten Bedingungen noch größere Vortheile, da es
eine weitgehende, in der Freskomalerei unmögliche Ausführung
gestatte.
Das Gutachten betont ferner, daß es gar nicht abzusehen sei,
welche Tragweite die Erfindung für die dekorative Architektur
habe, welcher an der Hand eines wetterbeständigen Verfahrens
ganz neue Bahnen eröffnet sind. Auch in der Dekorationsmalerei,
ja selbst, in deren untersten Zweigen, beim gewöhnlichen Austrich,
wird sich mit der Zeit der Werth des Keim'schen Verfahrens gel—
tend machen müssen, und hegt die Versamnmlung den Glauben,
daß beim Neubau von Häusern, welche über das nackte Bedürfniß
sich erheben sollen, künftig derjenige Bauherr im Laufe der Jahre
den größten Vortheil ziehen wird, welcher das Keim'sche Verfahren
adoptirt hat.
Die Versammlung wünscht und befürwortet, daß die Mineral—
malerei in den Lehrplan der Akademie der bildenden Künste in
obligater Form aufgenommen und an dieser Aunstalt fachmäßig
»orgetragen werde. Auch begrüßt sie mit Freuden das von Herru
Keim angeregte Projekt der Errichtung einer technischen Verfuchs—
station an der Akademie zur Prüfung der jeweilig üblichen Farben
und Malmittel, unter deren für den Maler meistens nicht kontro—
tirbaren Qualität, Künstler wie Kunstwerke oft schwer und un—
verschuldeter Weise zu leiden haben.
Von einer solchen Einrichtung, als gleichsam einer kontro—
lirenden Behörde, verspricht man sich einen wohlthätigen Um—
schwung in der Fabrikation der Farben und Malmittel jeder Art.
Die Versammelten erklären sich, nach lebhaftem Umtausch ihrer
meist auf mehrjährige Versuche gegründeten Erfahrungen, einig in
der Anerkennung der Vorzüge des Keim'schen Verfahrens und
empfehlen dasselbe der ernsten Würdigung und Unterstützung aller
der Kunst nahestehenden Kreise. In erster Linie haben dieselben
die königliche Staatsregierung im Auge als diejenige Instanz,
welcher die Kunstpflege im größten und edelsten Sinne obliegt und
velche naturgemäß das größte Interesse an einer die monumentale
Malerei unerwartet fördernden Erfindung haben muß; sie empfehlen
»eshalb die ernste Unterstützung der Erfindung und des Erfinders
gzerade in der Zeit der Einführung nachdrücklich.
Zum Schlusse bemerkt das Gutachten, daß die materielle Aus⸗
beutung der Erfindung dem Unternehmungsgeist einsichtsvoller Pri—
vaten ein dankbares Feld bieten dürste, da auf einem beträchtlichen
Gebiete der Kunst und des Handwerks eine tiefgreifende Neuge—
staltung des technischen Verfahrens in kurzer Zeit herbeigeführt
werden muß
Das Gutachten haben unterzeichnet die Perren U. Bayers—
dorfer, k. Gallerie-Konservator; W. Lindenschmit, Maler und Prof.
in der k. Akademie der bild. Künste; Jos. Flüggen, k. Professor;
Rudolf Seitz, Maler und k. Konservator am bayerischen National—
museum; Herm. Schneider, Maler; Adam Adolf Oberländer,
Maler; Otto Seitz, k. Professor und Fritz Hasselmann, Architekt.
Beigetreten sind diesem Gutachten ferner die Herren F. v. Lenbach
zu München, Fr. Pecht, großherzogl. badischer Hofmaler und Kunst—
Schriftsteller; Karl Haider, W. Hauschild, Professor; F. v. Reber,
. Prof. und Direktor der Zentral-Gemäldegallerie und El. Schrau—
dolph, Direktor der k. Kunstschule in Stuttgart.
Bei der ungeheuren Tragweite, welche die Keim'sche Mineral—
Malerei besonders für die dekorative Architektur aller Wahrschein—
ichkeit nach haben wird, dürften für weitere Kreise die ansgedehn—
testen Versuche durchaus zu empfehlen sein, zumal die Haltbarkeit
der Mineral-Malerei von mehreren Autoritäten der Chemie als
unzweifelhaft hinaestellt ist.
Die Reim'sche MineralMalerei.
Unterm 2. Mai 1882 gab die königliche Akademie der bil—
denden Künste zu München ein höchst günstiges Gutachten über
die von Herrn Keim erfundene Mineral-Malerei ab. Um auf
Grund bisher gemachter Erfahrungen und nach erneuter Prüfunç
ein Urtheil über diese Technik zu fällen, trat am 5. Januar d. J
im Atelier des königlichen Akademie-Professors Herrn Wilheln
Lindenschmit zu München eine Anzahl von Fach-Autoritäten zu
sapmen, aus deren Gutachten wir das Weefentlichste hier wieder
geben.
Es wird die Ueberzeugung ausgesprochen, daß dieses Ver—
fahren an Bessändigkeit und Wettersestigkeit der in ihm aus—
geführten Gemälde jede bisherige für Monumental-Malerei an—
gewendete, Technik weit übertrifft. Anerkannt wird ferner, daf
das physikalische Prinzip, worauf seine Beständigkeit gegründet ist
mit jenem des buon fresco übereinstimmt, der einzigen Mal—
technik, welche eine relativ hohe Beständigkeit im Laufe der Jahr
hunderte erwiesen hat. Das Keim'sche Verfahren theile überdies
mit dem Fresko die angenehme Leuchtkraft und Tiefe der Farben,
nöthige aber den Künstler nicht, von der ihm geläufigen Ärt des
Malens abzugehen und einen ungewohnten und schwierigen Farben—
kalkül anzuwenden, wie ihn die Freskomalerei erfordert. FJa, es
Nachdruck verboten.
Wohngebäude für eine Gärtnerfamilie in
einfachster Anordnung.
(Mit 6 Figuren.)
Schon längst war die Frage an mich herangetreten, ein
Wohngebäude für eine Gärtnerfamilie zu schaffen, welches jedoch
mit Allem versehen sein müßte und den Kostenpreis, wenn irgend
möglich, weit unter den jetzt aur Ausführung aelanater Gehaude
erniedrige.
Nach langjährigen Erfahrungen habe ich bemerkt, daß das
'n nebenstehender Zeichnung dargestellte Wohnhaus eins der besten
ind zweckentsprechensten ist, indem Alles zusammen genommen und
auch der kleinste Platz ausgenutzt wurde.
Die bis jetzt in dieser Weise von mir ausgeführten Gebäude
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haut und die Kellerräume mit scharfgebrannten Mauerziegeln ge—
wölbt, worauf später die Gewölbe noch einen Cementputzüberzug
erhielten. um die Feuchtiakeit der Kellerräume abzuhalten