Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 44, Bd. 3, 1884)

Die Unfallgenossenschaft und die korporative Organisation der Gesellschaft. — Wiederaufbau der Kirche zu Groß-Ziethen. 246 
Die Unfallgenossenschaften und die 
korporative Organisation der Gesellschaft. 
Vor einiger Zeit sprach ein konservatives Blatt die Ansicht 
aus, daß die „Grundzüge“ zum Unfallversicherungsgesetz genug 
enthielten, was den Liberalismus befriedigen könne, nämlich die 
Freiheit der Selbstverwaltung, und genug, was den Wünschen der 
Konservativen und des Centrums entspricht, nämlich die berufs⸗ 
genossenschaftliche Organisation. Hierauf wird dann der Schluß 
gebaut, daß die Parteien sich endlich einmal hier zusammenthun 
und sich zur Erxrichtung eines Werkes vereinigen sollen, welches 
dem Vaterlande sicherlich zum Segen gereichen wird. 
Das hört sich ganz gut an, wird auch von liberaler Seite 
gewiß bis an die Grenze des Zulässigen beherzigt werden. Mit 
der Einigkeit der beiden großen Parteien wird es jedoch nicht 
weit her sein, sobald es sich zeigen sollte, daß die Kouͤservativen, 
einschließlich der Klerikalen, mik dem hier gebotenen Maaße von 
berufsgenossenschaftlicher Organisation nicht zufrieden zu sein Ur— 
sache haben, oder wenn Hintergedanken zum Vorschein kommen 
sollten, die darauf hinausgehen, hier eine Brücke zu bauen zu jener 
korporativen Organisation der Gesellschaft, welche das 
Ideal gewisser Politiker bildet, die aber von den Liberalen als 
ein entscheidender Rückschritt zu mittelalterlichen Zuständen be— 
trachtet wird, der an jeder Stelle und unter allen Umständen ab— 
gewiesen werden muß. In dieser Beziehung haben die Liberalen 
böse Erfahrungen vermöge ihrer Nachgiebigkeit bei der Feststellung 
der ersten Kreisordnung gemacht, so daß sie sich zum zweiten 
Mal schwerlich zu gleicher Gutmüthigkeit verleiten lassen werden. 
Die Grundzüge ordnen die versicherungspflichtigen Unter— 
nehmer in Genossenschaften, deren Bildung und Organisation dem 
Reichsversichernuggamt übertragen wird, indem das Gesetz den 
Beitritt zu diesen Genossenschaften obligatorisch vorschreibt, den— 
selben zugleich die Rechte juristischer Personen verleiht und sie 
anscheinend zu anerkannten Korporationen stempelt. Es sind schor 
Stimmen laut geworden, welche darin eine verdächtige Annäherung 
an das konservativ-klerikale Ideal einer korporativen Organisation 
der Gesellschaft wittern und den Verdacht aussprechen, daß man 
eineu, leisen Uebergang zu einer Organisation im Sinne jenes 
Ideals suchen wolle. Das kann nicht geläugnet werden, daß die 
Konservativen und Klerikalen, wenn dieser Verdacht begründer 
wäre, mit den vorgelegten Plane sehr zufrieden sein würden, und 
daß die „Germania“ dann gar nicht nöthig gehabt hätte, in ge— 
dämpftem Tone zu tadeln, daß die Genossenschäften über das ganze 
Reich erstreckt werden, daß dieselben nicht vielmehr nach den Ver— 
sehrsverhältnissen, der geographischen Lage, den staatlichen und 
Stammesverhältnissen gegliedert werden. Auch auf konservativer 
Seite ist eine enthusiastische Aufnahme noch nicht hervorgetreten, 
und schon diese Symptome deuten darauf hin, daß mit den Genossen— 
schaften der Betriebsunternehmer, welche ihre Arbeiter gegen Un— 
fälle auf Gegenseitigkeit versichern, für jenes sozialpolitische Ideal 
korporativer Organisation der Gesellschaft wenig anzufangen sein 
wird. 
Nichtsdestoweniger würde man die darin enthaltene Gefahr, 
daß diese Organisation einen der Ausbildung fähigen Keim zu 
einer Rückbildung in politischer und wissenschaftlicher Beziehung 
enthält, nicht unterschätzen dürfen, wenn nicht die Grundzüge selbst 
wenigstens anscheinend, genügende Garantien gegen einen immerhin 
möglichen Mißbrauch der Organisation enthielten. Unter Ziffer 19 
der Grundzüge findet sich ein präzises Verbot, „zu anderen alt 
durch das Gesetz vorbezeichneten Zwecken Beiträge von den Mit— 
gliedern der Genossenschaft zu erheben oder Verwendungen aus 
dem Vermögen der Genossenschaft zu machen“. Allenfalls könnte 
dieses Verbot noch durch die Androhung scharfer Strafen ins— 
besondere gegen die Vorsitzenden der Ausschüsse und die Mitglieder 
des Reichsversicherungsamtes verstärkt werden. Das wird aber 
kaum nöthig sein, weil die verschiedenen Berufsgenossenschaften sick 
gegenseitig im Zaun zu halten geeignet sind und gemeinsame sozial— 
politische Zwecke kaum aufgefunden werden können, wenigfstens 
nicht solche, welche zu jenem idealen Ziele hinführen. 
Hiernach würden die Liberalen mir dann ein Interesse haben. 
anf den im vorigen Jahre eingebrachten Buhl⸗Ausfeld'schen Gesetz⸗ 
entwurf zurückzugreifen, wenn erwiesen werden könute, daß der 
Versicherungszweck dadurch, daß man den Unternehmern überläßt 
da die Versicherung zu fuchen, wo es Jedem am besten paßt 
leichter, billiger und sicherer erreicht und die Entschädigung der 
Arbeiter vollständiger sicher gestellt werden kann. Dieser Beweis 
wird aber schwerlich geführt werden können, doch verdient die 
damit aufgeworfene Frage eine sorgfuͤltige Prüfung und Eroöͤrterung 
Dagegen wird es Jedem, der die Konstruktion der Genossen 
schaften, welche in den Grundzügen umschrieben ist, näher ansieht, 
zweifelhaft erscheinen, ob die Verleihung von ßBbnnsredier 
an dieselben und daß sie zu juristischen Personen gestempelt werden, 
nothwendig ist. Im Grunde genommen ist es nicht zweifelhaft, 
daß dies im vollen Sinne nicht nothwendig ist. Aber der in den 
Grundzügen befindliche Satz lautet auch nicht dahin, daß die Ge— 
nossenschaften juristische Personen sind, sondern es heißt dort nur, 
daß sie die Rechte juristischer Personen haben, und in den Mo— 
tiven wird hinzugefügt, daß sie unter ihrem Namen Rechte er— 
verben und Verbindlichkeiten eingehen, so wie vor Gericht klagen 
und verklagt werden können. Das ist für die im Gesetz um⸗ 
chriebenen Rechte und Verbindlichkeiten nothwendig. Wenn also 
das redigirte Gesetz die Grenzen, innerhalb deren die Genossen— 
chaften die Rechte juristischer Personen haben sollen, über welche 
hinaus sie denselben nicht zustehen dürfen, genau präzisirt, so kann 
in Verbindung mit dem in Ziffer 19 der Grundzüge enthaltenen 
Verbot, Beiträge zu anderen Zwecken zu erheben'und Aufwen⸗ 
dungen zu machen, genügend dafür vorgesorgt werden, daß die 
Institution nicht über den Rahmen einer speziellen Bestimmunq 
zinaus wachse. 
Wenn die konservative Partei an dieser Stelle ausnahms— 
weise nur sachlich verfährt, wenn das Centrum die vorliegende 
Materie ebenfalls aus demselben Gesichtspunkte betrachtet und be— 
— Nebengedanken an die— 
elbe herantreten, so wird es voraussichtlich an der loyalen Mit— 
virkung der liberalen Partei im Ganzen nicht fehlen. Dabei 
darf man nicht übersehen, daß es den Genossenschaften, wohl auch 
einigen Sektionen, die doch nach geographischen, staatlichen und 
Stammeseigenthümlichkeiten ec. sich gliedern werden, unbenommen 
bleibt, sich im Ganzen bei Versichernngsgesellschaften noch einen 
die Umlagen erleichternden Rückhalt zu verschaffen, und daß die 
letzteren dieselben mit offenen Armen aufnehmen werden. Dann 
aber wäre so ziemlich allen berechtigten Rücksichten Genüge geleistet 
Wiederaufbau der Kirche zu GroßFiethen. 
(Hierzu 9 Figuren.) 
Schluß.) 
Die hiervon auf jeden der 3 Träger entfallende Last ist 
demnach sivoo 10433,3 oder rot. 10430 kg, wovon auf ⸗de 
Stütze — loso 5215 kg kommen, die sich auf eine Länge von 
1,3555 m gleichmäßig vertheilen! 
Die Belastung durch die Balkendecke der Glockenkammer ist 
—46. 7ο— 7266512 oder rot. 7270 kß, welche gleich 
mäßig über den ganzen Träger vertheilt sind. 
— 185. 
Das Schema der Belastung des westlichen Trägers zeig— 
vorstehende Figur. Es ist demnach 
W. — * — 544,2 oder rot. 544 und 
5215. 1555 
W.⸗ —2750 * 607,8 oder rot. 608. 
Für den westlichen Träger ist demnach das Gesammtwider—⸗ 
standsmoment 
M Wi WV5 608 - 1152. 
Ein Trägerprofil von 400 mm Höhe, 140 mm Breite, 
16 mmn Stegstärke und 18 mm Flanschenstärke mit einem Wider— 
tandsmoment- 1241 war also ausreichend. J 
Für die beiden anderen Träger wurde aus pratktischen 
Gründen dasselbe Profil verwendet, sodaß erforderlich waren: 
3 Träger obigen Profils à 4,51 melang. 
3. Die Träger be und ef. 
Freitragende Länge 3,78 m. 
Verwendet wurden 3 nebeneinander liegende Träger, welche 
gemeinschaftlich die südliche resp. nördliche Mauer des Thurmes,
	        
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