Die Dekoration der Putzfaçade. — Ueber die civilrechtliche Schadensersatzpflicht des Bauunternehmers. 326
Die Dekoration der Putzfaçade.
Von
Albert Hofmann, Architekt.
Forts.)
Stereochromie.
Die Versuche, den Freskogemälden eine große Dauer zu
»erleihen, wurden von Erfolg gekrönt, indem es dem Oberbergrath
2. Fuchs gelang, das Wasserglas mit Erfolg als Bindemittel für
die Farben zu benutzen, um so durch eine kuͤnstliche Silikatisation
ine größere Dauer herbeizuführen. Die großen Kompositionen
Kaulbhach's im Treppenhause des neuen Museums in Berlin wurden
zemeinschaftlich mit Muhr und Echter in der neuen Technik,
Stereochromie genannt, ausgeführt. An anderen Orten, im
daiserhofe der Residenz Münchens, an den Domkirchen in Paris,
Amiens und Chartres, am Louvre, an der Ecole des beaux arts,
am Luxemburgpalast, in Versailles und Fontainebleau sind stereo—
hromische Wandgemälde ausgeführt worden, welche sich in Dauer—
haftigkeit und Widerstandsfähigkeit gegen meteorologische Einflüsse
bewährt haben. Viollet-le-Duc, A. Lance und andere haben sich
in günstigem Sinne sogar für Imprägnirung gewachsener, künstlich
jearbeiteter Steine, im Interesse größerer Haltbarkeit, Verhinde—
rung von Flechten- und Moosbildung, von Staubablagerung und
derderblichem Feuchtigkeitsgehalt, Konservirung der Widerstands—
jähigkeit und der Farbe, — ausgesprochen. Einen unentbehrlichen
Schütz bietet die kuͤnstliche Silikatisation für alle architektonischen
and plastischen Darstellungen aus künstlichem Materiale, wie
Ziegelsteine, Cement, Thon, Gyps u. s. w.
Auf dieser Technik fußt eine neue Methode, witterungs—
zeständige, malerische Darstellungen auszuführen, welche vielfach
nit der stereochromischen Technik zusammengeht, aber einzelne
Abweichungen besitzt, welche in ihren Folgen die neue Methode,
die „Mineralmalerei“, erfunden von dem Chemiker Adolf Keim
in München, als bei weitem über der älteren Technik der Ste—
ꝛeochromie erscheinen läßt. Thatsächlich erfreut sich die neue Er—
indung besonders in Süddeutschland und speziell in München des
zrößten JInteresses seitens der Künstler. Cl. Schrandorf bedient
ich der Mineralmalerei zur Herstellung von Gobelin-Imitationen
ür das South-Kensington-Museum in London, Prof. W. Linden—
hmit wendet sie bei der Ausmalung des neuen Rathhauses in
Zaufbeuern an, während die Maler Paul Wagner und Hasselbach
nn dieser Technik die Gemälde ausführen, welche für den Münchener
Börsensaal bestimmt sind. Auch die Fagçade bemächtigt sich der
neuen Erfindung, in dem Seder und Seitz Profanbauten mit
Mineralmalerei ausstatten. Auch im Norden erkannte man bald
zie Vorzüge der Keim'schen Erfindung, und begrüßte sie um so
ebhafter, als man gerade hier mit Fresken und Sgraffiten ziem—
lich schlechte Erfahrungen gemacht hatte. Mit Freuden zu be—
grüßen ist, daß in der deutschen Reichshauptstadt die Staats—
kegierung das anregende Moment bildete, indem sie einmal Prof.
Schaller beauftragte, Gobelinimitationen in dieser Technik für die
Regierung zu malen und ein anderes Mal die Professoren Span—
zenberg, Koͤrner und Jakob beschied, die Wandgemälde, landschaft—
ichen Charakters, in dem Club der neuen techn. Hochschule, von
Lucae in Charlottenburg, nach dem Verfahren der Mineralmalerei
herzustellen. Prof. Ewald, Direktor der Berliner Kunstgewerbe—
Schule, malt die Kuppel des Ravené'schen Familienarabes in Berlin
iach der neuen Technik.
Die günstigen Resultate ausdauernder Versuche und der
praktischen Ausführung haben der neuen Erfindung eine Stellung
sesichert, welche in der Kunstwelt durch ein Gutachten der königl.
ayrischen Akademie der bildenden Künste sowohl in chemisch-tech—
uischer, wie bautechnischer und künstlerischer Beziehung in ihrem
gJanzen Umfange anerkannt wird. Das Gutachten nach chemisch⸗
echnischer Seite des Dr. O. Lietzenmayer, bestätigt durch die Dar—
egungen des Chemikers Dr. Ph. Andreae, des Universitätsprofessors
Dr. K. H. Buchner und des Prof. Dr. Teichinger gipfelt in der
These, „daß mittelst dieser Malart Wandgemälde hergestellt werden
fönnen, welche, die richtige und gewissenhafte Ausführung voraus—
gesetzt, geeignet sind, der Witternng in jedem Klima dauernd den
zrößten Widerstand zu leisten.“ Diesem schließen sich in bautech—
iischer Hinsicht die Architekten Albert Schmidt und Fritz Hassel⸗
mann völlig an. Aus dem chemisch-technischen Gutachten des
Themikers Lietzenmayer möge im Auszug folgendes über die Technik
»xwähnt werden:
„Nach dem stereochromischen Verfahren wird der Untergrund
mit gewöhnlichem Kalkmörtel, aus geloöͤschtem Kalk. Sand und
Wasser bestehend, hergestellt.
Man läßt, ihn gut austrocknen und mehrere Tage der Luft
ausgesetzt, damit er daraus Kohlensäure aufnehmen kann. Hier—
nach wird der Bewurf mit Doppelwasserglas getränkt. Auf die
zleiche Weise wird der Ober- oder Malgründ gemacht. Ist der—
elbe trocken geworden, so reibt man ihn mit einem scharfen Sand—
tein ab, um die dünne Lage von kohlensaurem Kalk, welche sich
»eim Austrocknen gebildet hat und das Einsaugen von Wasserglas—
ösung verhindern würde, wegzunehmen und zugleich der Ober—
läche die erforderliche Rauheit zu geben. Sodann wird der Ober—
zrund ebenfalls mit Wassergläs imprägnirt. Der Mauergrund,
velcher das Gemälde aufnehmen soll, muß vollständig trocken sein;
Neubauten müssen zuvor austrocknen und bei alten Mauern ist
die betreffende Stelle bis auf den Stein bloszulegen und sind die
Fugen auszukratzen.
Die zur Herstellung des ersten Verputzes dienenden Mate—
ialien müssen möglichst rein beschaffen sein, um namentlich die
Entstehung von den Verputz lockernden Auswitterungen (Mauer—
raß) zu verhindern.
Der Quarzsand wird gesiebt und gewaschen, ebenso wird der
dalk nach dem Ablöschen gesiebt und ausgelaugt. Zur Anwendung
ommt reines Fluß- oder Regenwasser. Der Quarzsand muß
nöglichst scharfkörnige Beschaffenheit haben und darf nicht blätterig
ein, da er in diesem Zustande in Folge schuppenartiger Anufein—
inderlagerung der einzelnen Theile die Einsaugungsfähigkeit sehr
heeinträchtigen würde.
Der Bewurf ist gut naß und nicht zu dick aufzutragen.
Nach völligem Austrocknen und Erhärten wird er mit einem rauhen
Zandstein abgerieben, um den oberflächlich gebildeten krystallini—
chen, kohlensauren Kalk zu entfernen und die Absorptionsfähigkeit
)esselben für Flüssigkeiten wieder herzustellen. Hiernach wird er
nit Kalkwasserglaslösung von bestimmter Konzentration durchtränkt,
edoch möglichst gleichmäßig und nur in dem Maße, daß hierdurch
eine Porosität nicht vollständig aufgehoben wird, denn nur so ist
ex fähig, mit dem Malgrunde innig sich zu verbinden.
Die Anwendung des Kaliwasserglases hat den Vortheil, daß
ich das ausscheidende, kohlensaure Kali durch seine Eigenschaft, an
zer Luft zu zerfließen und nicht zu krystallisiren, in keiner Weise
eim Malen, ehe die Farben fixirt sind, störend wirken kann, wie
»s bei Anwendung von Natron⸗ und Doppelwasserglas der Fall
ein könnte. Daß auf die Reinheit des Wasserglases, insbesondere
ruf dessen völliges Freisein von Schwefelverbindungen, welche auf
die Metallfarben verändernd einwirken würden, besonders geachtet
wird, braucht wohl kaum erwähnt zu werden. Bei Herstellung
des Malgrundes finden alle Vorsichtsmaßregeln, welche für den
Antergrund gelten, wieder Berücksichtigung. Die Masse des Mal—
zrundes wird gebildet aus:
4 Maßtheilen Quarzsand,
313 Marmorsand,
5 F Infusorienerde,
Aetzkalk
nit destillirtem Wasser angerührt. Es ist durch die Praxis hin—
änglich bewiesen, daß eine Beimischung von kohlensaurem Kalk in
rystallinische Form (Marmorsand) zu dem Mörtel sehr zu dessen
Festigkeit beiträgt.
Im vorliegenden Falle soll jedoch iusbesondere noch bezweckt
verden, daß der Malgrund eine möglichst gleichförmige, rauhe
ind poröse Beschaffenheit bekomme, wodurch die Farben voll⸗
tändig darein eingesogen werden und in die Poren zu liegen
rommen. Mehrere vorgelegte Proben beweisen, daß der mit
HMarmorsand hergestellte Malgrund eine größere Härte und Wider—
tandsfähigkeit zeigt, als es bei einem nur mit Quarzsand gefer—
igten der Fall ist. Auch scheinen die Farben auf einem mit
Vtarmorsand hergestellten Malgrund noch viel stärker zu adhäriren
(Schluß folgt.)
Ueber die civilrechtliche Schadensersatzpflicht
des Bauunternehmers.
Von
Dr. Gustav Freudenstein.
Schluß.)
Also neben den Baugewerken haftet der Bauherr civilrechtlich
und zwar solidarisch für den durch Außerachtsetzung des 8 367
Nr. 14 des StreGes.⸗B. entstandenen Schaden; was übrigens
hereits das Preußische Obertribunal durch Erkenntniß vom 13. No,
dember 1857 ausgesprochen hatte.
Uebrigens haͤftet civilrechtlich der Bauunternehmer schlecht⸗
weg für seine Leute und Gewerbsgehülfen, denn, so führt ein
Frkenntniß des Reichsgerichts vom 21. Juni 1883 J. Civilsenat
dus, er Fperpflichtet sich nicht etwa nur zu denienigen auf Be—