Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 44, Bd. 3, 1884)

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Mittheilungen aus der Praxis. — Berichte aus verschiedenen Städten. 
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meine Beachtung gefunden. Da es sich jedoch nicht empfiehlt, 
derartige weitumfassende Unternehmungen in kurzen Zwischenräumen 
zu wiederholen, wogegen andererseits dem Kunsigewerbe andauernd 
Gelegenheit geboten werden muß, seine Leistungen und Fortschritte 
auf den Markt und zur Kenntniß des kunstliebenden Publikums 
zu bringen, so beabsichtigt der Schlesische Central-Gewerbe-Verein, 
fortan alljährlich in Breslaukleinere Ausstellungen kunst— 
gewerblicher Erzeugnisse zu veranstalten, und zwar die erste 
derartige im November d. J. in einem besonders hierzu geeigneten 
Lokale. Zur Ausstellung sollen jedoch nur gewerbliche Erzeugnisse 
von wirklichem Kunstwerthe und Kunstgegenstände gelangen, und 
haben die Herren A. Berg, Direktor des Schlesischen Museums 
der bildenden Künste, Professor Kühn, Direktor der hiesigen König— 
lichen Kunstschule und die Königlichen Bauräthe Luͤdecke und 
Schmidt ihre Unterstützung zur Prüfung bei Annahme und 
Ankauf der auszustellenden Gegenstände zugesagt. Mit der 
Ausstellung, die für die Aussteller kostenfrei ermöglicht werden 
soll, wird beabsichtigt, um auch die Verwerthung und den Ab— 
satz der Aussiellungs-Gegenstände zu erleichtern, eine Lotterie 
zu veranstalten, zu welcher der Herr Ober-Präsident von 
Schlesien bereits die Genehmigung ertheilt hat, außerdem sollen 
die ausgestellten Gegenstände durch Vermittelung des Schlesischen 
Central-Gewerbe-⸗Vereins zum freihändigen Verkauf gelangen. Durch 
dieses Vorgehen dürfte dem Bedürfniß, kunstgewerblichen Gegen— 
ständen Geltung und Absatz zu schaffen, Rechnung getragen werden, 
und haben somit alle Kunsthandwerker volles Interesse, demselben 
ihre besondere Beachtung zuzuwenden. Anmeldungen für die Aus— 
stellung sind bis spätestens den 1. September d. J. an das Bureau 
des Schlesischen Central-Gewerbe-Vereins in Breslau, Holtei⸗ 
straße 45, das auch zu weiterer Auskunft gern bereit ist, zu richten. 
Da die in Aussicht genommene Lokalität durch Anbauten und 
dergl. nicht erweitert werden kann, so wird schon jetzt bemerkt, daß 
verspätete Anmeldungen auf Berücksichtigung kaum zu hoffen haben. 
Neuer Theatermechanismus. Bisher waren die 
Vereinigten Staaten auf dem Gebiete des Theaterbaues nicht 
gerade schöpferisch aufgetreten; sie wollen indessen anscheinend das 
Versäumte nachholen. Zum Wenigsten wird das neue Madison 
A 
unseres Wissens in Europa nirgends vorkommt. Es ist das eine 
zweietagige Bühne, welche sich versenken, resp. hochheben läßt, so 
daß der Zuschauer bald die eine, bald die andere vor Augen hat 
und man einen Dekorationswechsel erspart. Die Bühne hebt sich 
und senkt sich mit allem Zubehör genau wie ein Aufzug oder 
Fahrstuhl, und es beträgt die vertikale Bewegung der 48 Tonnen 
wiegenden Bühne 25 Fuüß. Das Ganze hängt an jeder Ecke an 
zwei Stahltauen, von denen jedes allein das ganze Gewicht zu 
tragen vermag; die Taue laufen über Rollen und enden in mächtige 
Gewichte, welche die Auf- und Abwärtsbewegung erleichtern, da 
sie fast ebensoviel wiegen wie der ganze Apparat. Die Berwand— 
lung dauert 40 Sekunden, und es sind nur 4 Mann dazu erforder⸗ 
lich. Jede Bühne hat ihre Beleuchtung und ihre Versenkungen. — 
Eine andere Neuerung ist, daß der Orchesterraum oben in einem 
Balkon über dem Vorhang in dem Proszeniumbogen angeordnet 
und somit, wie bei der Bayreuther Bühne, den Blicken des Pu— 
blikums entzogen ist. (Scientific American.) 
Die Kautschukindustrie der Vereinigten Staaten 
ist die größte in der ganzen Welt. 75000 000 Doll. sind in 
dem Geschäft angelegt, 120 Etablissements beschäftigen 15 000 
Angestellte und Arbeiter. Der Werth der jährlichen Produktion 
beträgt 230 000 000 Doll. 30 000 t Rohmaterial werden jährlich 
importirt und aus diesen, in Verbindung mit dem sonst erforder— 
lichen Material, 300 000 t hergestellt. Das Pfund des Rohma— 
terials kostete noch vor sechs Jahren unter 50 Cents, jetzt 1 Doll. 
25 Cents und mehr. Dieser Aufschlag hat zur Verwendung ver⸗ 
schiedener Surrogate geführt, deren wichtigstes das Celluloid ist.*) 
Maurergeselle den vollwichtig klingenden Titel „Baumeister“ selbst 
zugelegt, imponirte durch diesen Titel einem hiesigen Klempner— 
neister dermaßen, daß letzterer zu dem Neubau des Herrn Bau— 
meisters die sämmtlichen Klempnerarbeiten auf Kredit lieferte. Als 
chließlich der mit dem Bauschwindel nicht vertraute Klempuner— 
meister um Bezahlung der gelieferten Arbeiten ersuchte, wußte ihm 
der Herr „Baumeister“ eine Anweisnng auf eine nach Fertigstellung 
des Hauses zahlbare sogenannte Baurate aufzuschwatzen, die dem 
Meister um so sicherer erschien, als der Baugeldgeber sich selbst 
berpflichtete, die Baugeldrate am Fälligkeitstage dem Klempner— 
meister auszuzahlen. Arglos lieferte nun der sich gesichert glaubende 
dlempner dem „Baumeister“ auch noch die Arbeiten für einen 
weiten in Angriff genommenen Neubau, bis im Herbst vorigen 
Jahres die sämmtlichen Bauhandwerker die Arbeit einstellten, weil 
der saubere Herr „Baumeister“ zahlungsunfähig geworden war. 
Als nunmehr der Klempnermeister den reichen Baugeldgeber um 
Zahlung der ihm angewiesenen Baugeldrate ersuchte, verweigerte 
dieser die Zahlung, weil die Bedingung, unter welcher die Rate 
gezahlt werden sollte, von dem Baumeister nicht erfüllt worden 
var. Die Baugeldrate sollte nämlich gezahlt werden, sobald das 
zuerst erbaute Grundstück in der städtischen Feuerkasse mit 125, 000 M. 
Feuerkassenwerth aufgenommen worden war; die Feuersozietät hatte 
iber den Werth des Grundstücks auf nur 116,000 M. festgestellt. 
Trotz aller Abmahnungen mehrerer Rechtsanwälte strengte der 
slempnermeister gegen deu Baugeldgeber die Klage auf Zahlung 
der Baugeldrate in Höhe der ihm gegebenen Anweisung von 1800 M. 
in, weil ihm bei Uebergabe der Baugeldanweisung die nebenher— 
laufende Klausel hinsichtlich des Feuerkassenwerths verschwiegen 
vorden war. Der bedauernswerthe Klempnermeister ist aber mit 
jeiner Klage unter Kostenlast abgewiesen, inzwischen aber auf An— 
trag seiner Gläubiger, denen er selbst nicht mehr gerecht werden 
konnte, ausgepfändet worden. 
Bremen. Der Umbau des Bremer Staatsbahnhofs 
vird in allernächster Zeit beginnen und etwa vier Jahre in An— 
pruch nehmen. Während des Umbaues laufen sämmtliche Züge 
iach dem Paris-Hamburger Bahnuhof. Nach Vollendung des 
Staatsbahnhofs wird der Hamburger Bahnhof beseitigt. 
Krefeld. Nach dem Vorbilde Berlins scheinen auch jetzt 
aoch andere Stadtverwaltungen dem neuen Beleuchtungssystem ihre 
Aufmerksamkeit zuwenden zu wollen. Der Stadt Krefeld ist zur 
Beleuchtung der Straßen und Ueberlassung des elektrischen Lichts 
an Private ein Plan vorgelegt worden, wonach sich der Preis 
desselben um ein Sechstel billiger stellt, als gegenwärtig das Gas. 
Die Krefelder Industrie hat sich überhaupt schon seit längerer Zeit 
nit der elektrischen Beleuchtung vertraut gemacht, und ihre Vor— 
heile und Vorzüge kennen gelernt. Zwanzig Etablissements der 
Seiden-Weberei,-Färberei und -Apprektur sind theils mit Bogen— 
icht, theils mit Glühlicht beleuchtet. Das Bogenlicht als Allgemein— 
heleuchtung gestattet in hohen Räumen die Lichtvertheilung in 
einer den vorhandenen Bedürfnissen so vollkommen angepaßten 
Weise, wie es bei Gasbeleuchtung unmöglich ist. Das Glühlicht 
dagegen bietet den Vortheil, durch geeignete Schirme die ganze 
Lichtmenge auf das Gewebe zu werfen, die Temperatur in den 
Webesälen bleibt nahezu unverändert und erleichtert dem Weber 
seine Arbeit, indem sein Kopf frei bleibt von jeder Belästigung 
durch ausströmende Hitze, und sein Auge nicht berührt wird von 
den Strahlen des Lichts. Wir möchten jedoch allen denjenigen, 
velche eine elektrische Belenchtung anlegen wollen, den wohl— 
gjemeinten Rath ertheilen, sich vor allen Dingen zuvor nach der 
Reellität und Erfahrung der ausführenden Firma zu erkundigen, 
da eine solche Anlage jetzt immerhin noch Vertrauenssache ist, die 
nur durchaus zuverlässigen Händen übergeben werden sollte. 
München. Nach einem Gutachten der hiesigen Stadtbau— 
behörde ist die Anlage euger, sogen. russischer Rauchrohre in 
der Nähe von Lagerplätzen leicht brennbarer Gegenstände oder in 
Gebänden mit Schindeldachung nicht rathsam, da bei dem zeitweise 
nothwendig werdenden Ausbrennen der Kamine Funkenwerfen nicht 
wohl zu vermeiden und sonach Feuersgefahr für die Umgebung 
nicht ausgeschlossen ist. R. 
Müunchen. Die diesjährige Pfingstexkursion der Architektur— 
abtheilung des hiesigen Polytechnikums fand unter der Leitung 
der Herren Professor Schmidt und Assistent Hocheder statt. Das 
Reiseziel war Wien mit seinem unerschöpflichen Reichthume an 
alten und neuen Bauwerken monumentalen Charakters. Der histo— 
rischen Entwicklung der Stadt entsprechend, wurden, beginnend mit 
der ronanischen und gothischen Periode, die einzelnen Phasen der 
Architektur an den hervorragendsten Denkmälern eingehend studirt. 
Waren es einerseits aus der mittelalterlichen Periode der St. Stefanus— 
dom mit seinem charakteristischen Thurme, dem Wahrzeichen von 
Wien, und die Kirche St. Maria am Gestade, welche das beson— 
Berichte aus verschiedenen Städten. 
Berlin. GBauschwindel.) Wie vorsichtig Handwerker 
bei Bau-Ausführungen zu Werke gehen müssen, uͤm nicht um die 
Früchte jahrelangen Fleißes zu kommen, ja schließlich vollständig 
ruinirt zu werden, davon liefert solgender Vörfall nach dem „Kl. J.“ 
ein warnendes Beispiel: Ein Banunternehmer, der sich als früherer 
) Wir benutzen die Gelegenheit, Freunde der Kautschukindustrie auf 
den Abdruck eines ausgezeichnetken Vortrags des Direktors der Hannov. 
Continental-Caoutchoue-Comp., Herrn Prinzhorn, über Kautschuk, dessen 
Vorkommen und Verwendung“ aufmerksam zuͤ machen, welcher sich in Nr.27, 
Seite 252, Jahrgang 1883 der Wochenschrift des Vereins Deuͤtscher Ingenieure 
abgedruckt vorfindet.
	        

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