Mittheilungen über Schulen und Schulwesen. — Berichte aus verschiedenen Städten.
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Was wir oben behaupten konnten, das gilt nicht von jedem
Zeichnen, sondern nur von einem solchen, dessen Methode un—
mittelbar und in wohlerwogener Weise auf den praktischen Vor—
heil des Schülers mit Berücksichtigung seines Berufsgebietes ab—
zielt. Wohl bei keinem Gegenstande hängt daher die Ersprieß—
lichkeit seines Unterrichtes so sehr von der Wahl der richtigen
Yethode ab, wie bei diesem. Ein Uunterricht, der für den an—
gehenden Künstler der trefflichste sein könute, wird in der Fort—
hisdungsschule vollständig fruchtlos bleiben. Dem Lehrer der—
elben war aber bis jetzt nur ganz ausnahmsweise Gelegenheit
zeboten, eine solche Methode, wie sie gerade hier verlangt wird,
ennen und üben zu lernen. Das, was ihm allenfalls das Se—
minar für den Unterricht in der Volksschule bot, steht mit den
Zielen der Fortbildungsschule in keiner Verbdung. Darum
eisten mit glücklichen Ausnahmen die Fortbildungsschulen auf
hiesem Gebiete zu wenig, und darum wieder erobern sie sich nicht
chuͤeller die Gunst des Volkes, das nur nach augenfälligen Er—
olgen urtheilt.
Es wäre nun, schreibt der „Bildungsverein“, wohl eine nütz—
iche Sache, wenn die Regierung besondere Vorbereitungskurse
dieser Art schaffen wollte. Aber das dürfte so schnell nicht ge—
schehen, und es ist auch gar nicht nöthig, darauf zu warten.
Preußen besitzt in der Berliner „Handwerkerschule“ ein Justitut,
dessen Leiter, Direktor Jessen, sich jener Aufgabe gern hingiebt.
In Sachsen dürflen die beiden Kunstgewerbeschulen in Dresden
und Leipzig ein Gleiches thun können. Es bedarf bei genügender
Vorbildung keiner sehr langen Zeit, und die Kosten, die dadurch
berursacht werden, sind, außer den Unterhaltungskosten für jene
furze Zeit, ganz unbedeutend. Die Schule sieht es als ihre Auf—
zabe an, in dieser Weise kleine Seminarien zu bilden, und die
jroße Sache im größeren Maßstabe zu fördern.
Wir richten insbesondere an die Vereine, deren viele mit
Fortbildungsschulen unmittelbar in Verbindung stehen, die Bitte,
son dem vortrefflichen Förderungsmittel, das sich der Sache so
dietet, Kenntniß zu nehmen und diese Kenntniß an rechter Stelle
zu verbreiten.
Technischer Unterricht in England. Das hohe
Interesse, welches man gegenwärtig in England dem technischen
Bildungswesen zuwendet, zeigte sich neuerdings in Kundgebungen
weier sehr hervorragender Minuer. Der frühere Minister Forster
hielt in dem Technical College in Bradfort eine Rede, welche uns
zurch den Belfaster „Northern Whia“ vom 26. Januar 1884
vekannt wurde.
Forster wünscht lebhaft, daß die technischen Schulen und der
lechnische Unterricht überhaupt sich entwickeln; warnt aber vor
em Irrthum, daß der höhere technische Unterricht die praktische
Ausbildung in der Werkstätte ersetzen könne. Für höhere Aufgaben
der Industrie und des Ingenieurwesens sei eine Kombination
»on kechnischem Unterrichte und Werkstätten-Praxis empfehlens—
wverth. Aber auch für alle Gewerbebetriebe sei eine theoretische
rundlage für die prattische Erlernuug des Betriebes unentbehrlich.
Nahezu gleichzeitig berichten die „Daily News“ vom
27. Januar über eine Rede des bekannten Parlaments-Mitgliedes
Mundella, welche dieser in Nottingham den Abend zuvor gehalten
jatte. Er theilte mit, daß er den Vortheil genieße, die Berichte
der königlichen Kommission, die zur Prüfung des technischen Unter—
richts in Europa und Amerika eingesetzt worden war, gelesen zu
haben. Er sei überzeugt, daß jeder in industrieller Richtung
hätige Bürger sich selbst und dem Gewerbe keinen besseren Dienst
leisten könne, als durch das sorgfältige Studium jener Berichte.
Es ginge aus denselben zur Evidenz hervor, daß England seine
Position nicht blos durch die Entwickelung seiner natürlichen Hilfs—
mittel erhalten könne, sondern daß auch die Pflege der geistigen
Kapazität seiner Arbeiter hinzutreten müsse. Es sei übrigens eine
Thatsache, daß England in den abgelaufenen 30 Jahren in dieser
Richtung mehr geihau habe, als irgend eine Nation der Welt,
wenn man in Beträcht zieht, in welcher Lage wir uns ein halbes
Jahrhundert früher in dieser Richtung befunden haben.
Berlin. Aus den Kreisen der Baugewerkmeister ist an
den Präsidenten des Staatsministeriums eine Eingabe gerichtet
worden, die sich mit der Lage der Baugewerkschulen befaßt
und die vorläufige Erhaltung der Schulen zu Erfurt und Deutsch—
strone als wünschenswerth bezeichnet. Wenn man bedenkt, daß
von den im Jahre 1878 reorganisirten Gewerbeschulen u. A. die—
jenige in Hildesheim schon im folgenden Jahre, und drei Anstalten
allein in Schlesien eingegangen sind, so muß man darüber staunen,
daß die Unterrichtsverwaltung in die Schließung der obengenannten
Austalten willigen kann, ehe irgend ein Ersatz in Aussicht steht.
Die Gewerbeschulen nund Baugewerkschulen lieferten lange Jahre
den Hochschulen bezw. den großen Staatsbauten Maschinentechniker,
bezw. solche technisch vorgebildete Kräfte, die für eine solide Aus—
ührung durchaus unentbehrlich sind, indem sie mit langjähriger
raktischer Erfahrung eine große Zuverlässigkeit und mancherlei
kenntnisse verbanden, welche die Thätigkeit der akademisch gebil—
deten Baubeamten wesentlich zu fördern geeignet waren. Nach
en viel versprechenden Erklärungen, die der Dezernent für das ge—
verbliche Unterrichtswesen bei Einweihnng der Webeschule in Cre—
eld öffentlich abgab, dürfte man für die iechnischen Austalten jetzt
jerade ein größeres Interesse erwarten, während das gerade Gegeu—
theil eingetreten ist, was auf eine gewisse Rathlosigkeit innerhalb
ser leitenden Kreise zu deuten scheint.
Technische Hochschule zu London. Am 25. Juni
wurde durch den Prinz von Wales die erste technische Pochschnle
Englands eröffnet. Das Gebäude liegt in South-Kensington, London.
Es enthält nicht nur zahlreiche Hörsäle, sondern auch noch eine
Bibliothek, physikalische, chemische und metallurgissche Laboratorien,
pezielle Raume für photographische und mikroskopische Arbeiten,
owie für telegraphische Studien. Der Direktor der Schule ist
derr Philipp Magnus, als Dozenten sind die Herren Professoren
Henrici, Armstrong, Unwin und Ayrton gewonnen worden.
Berichte aus verschiedenen Städten.
London. Die Uhr am Thurm des Westminster—
»alastes in London ist die größte der Welt. Die vier Hiffer—
lätter der Uhr haben 22 Fuß im Umfange, und jede Miinute
üückt der Zeiger 42/, Zoll weiter. Die Uhr geht 81/, Tage,
chlägt jedoch nur an 71, Tagen, und zeigt deshalb selbst an,
venn das Aufzichen derselben vernachlässigt worden. Das Auf—
zsiehen des Schlagwerks dauert zwei Stunden. Der Pendel ist
15 Fuß lang, die Räder sind von Gußeisen. Die Stundenglocke
hat eine Höhe von 8 Fuß und 9 Fuß im Durchmesser; sie wiegt
jast 15 Tonnen und der Hammer allein wiegt über 400 Pfund.
Die Glocke schlägt die Viertelstunden und die Stenographen im
Parlamente reguliren nach ihr ihre Arbeit, indem bei jedem
Schlage ein Stenograph abgeloͤst wird; der Abgelöste zieht sich
zurück, um die Notizen zu schreiben, welche er während der 15
Minuten genommen hat.
London. Aus London wird der „Kölhn. Ztg.“ geschrieben:
Von der allgemeinen elektrischen Beleuchtung Londons, die
iach Erlaß des betreffenden Gesetzes im Parlamenie für die nächste
Zukunft gesichert erschien, sind wir noch ziemlich weit entfernt,
senn das Handelsamt hat von den 35 Beleuchtungskonzessionen, die
vor zwei Jahren für verschiedene Stadttheile und Vorstädte be—
villigt wurden, nicht weniger als 25 zurückgenommen. Von diesen
allen 23 auf die Brush-Gesellschaft, die bankbrüchig geworden,
ind 2 auf die Pilsen-Joel-Gesellschaft. Es bleiben somit noch
Konzessionen übrig; aber auch von diesen kamen schon 5 um
»ine Verlängerung der Vorbereitungszeit ein, die aber unter allen
Amständen am 18. Oktober ablaufen wird. Sind bis dahin die
Beleuchtungs arbeiten in den betreffenden Pfarreien nicht in Au—
zriff genommen, so fallen die Konzessionen auch hier zu Boden.
Pit Ausnahme des Themsedammes ist noch keine einzige Straße
Londons vollständig elektrisch beleuchtet.
Schaffhausen. Neuester Fortschritt in der elek—
rischen Beleuchtung. Beim schweizerischen Grütlifest, das am
12. 13. und 14. Juli in Schaffhausen stattfand, hatten wir Ge—
egenheit, eine sehr geluugene Beleuchtungsanlage von der Maschinen—
abrik Oerlikon zu sehen, bestehend aus einer Componnd-Dynamo—
Naschine System Gülcher, 9 Bogen- und circa 20 Glühlampen.
Das Eigenartige bei diefer Beleüchtung war, daß sowol Bogen⸗
ampen wie Glühlampen alle in der“ gleichen Leitung parallel
ingeschaltet waren. Diese Parallelschaltung ist erst jetzt in die
Praͤxis eingeführt und zur vollen Bedeutung gekommen, seitdem
zie Technik Maschinen mit konstanter Klemmspannung bei variablem
Stromverbrauch konstruiren lehrte. Da die Maschinen nur die
Spannung zu haben brauchen, welche eine der damit zu betreiben—
den Lampen benöthigt, so kann die Spannung so niedrig gegriffen
verden, daß jede Gefahr für Menschen und Apparate wegfällt,
veil so niedrig gespannte Ströme weder empfunden werden, noch
einer nennenswerthen Isolation bedürfen. Wenn die Maschinen
inter gleichbleibender Tourenzahl vom Minimum bis zum Maxi⸗—
num des Stromverbrauchs gleiche Spaunung behalten, so läßt
ich der Strom für jeden beliebigen Zweck (Kraftübertragung,
Zeizung ⁊c.), ebenso wie für jede beliebige Lichtstärke (Glühlichter
on 4-1006 Normalkerzen und Bogeulichter von 70—20 00 Nor⸗
nalkerzen) gleichzeitig verwenden. Die Ruhe des Lichtes hängt
Jann lediglich von dem guten Gang des Motors und der Güte
»es Regulirungsmechanismus der Bogenlampen ab. Jedes Licht
ann für sich ein- und ausgeschaltet werden, ohne irgend einen
Finfluß auf die anderen, in Betrieb befindlichen Lampen auszu—