Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 44, Bd. 3, 1884)

Berichte aus verschiedenen Städten. 
Außer einer rationellen Anlage der Räucherkammer wird 
immerhin zur Erzielung guter haltbarer schmackhafter Rauchwaare 
die Handhabung der Rauchzuführung, eine stete Beobachtung der 
Lüftung ꝛc. von Belang sein, worüber sich natürlich nicht spezielle 
Vorschriften geben lassen — 
Imitirte Glasmalerei. 
Seit einiger Zeit werden in Paris Imitationen von Glas— 
malereien durch lithographischen Farbendruck auf einer gelatinösen 
Folie hergestellt, welche, anf Glas befestigt und mit einem schützen— 
den Firniß überzogen, die Wirkungen echter Glasmalereien voll— 
kommen erreichen. Diese „Diaphanieen“ finden schon jetzt nicht 
nur in Paris, sondern auch in Berlin, Dresden, Stuttgart und 
anderen deutschen Städten vielfach Anwendung zur Dekoration der 
Treppenhäuser und Korridore, und das nicht etwa blos in den 
elegantesten Häusern der Reichen und Vornehmen, sondern auch in 
den besseren bürgerlichen Wohnungen, da diese Dekorationsweise 
bedeutend billiger ist, als echte Glasmalerei. Von Paris aus 
werden, schreibt man dem „Grundeigenthum“, die Gelatine-Folien 
mit Imitation echter alter Glasmalereien, deren Originale hohen 
Kunstwerth haben, bis jetzt in etwa 150 verschiedenen Blättern 
geliefert, unter denen auch einige Dessins von Untergrund und 
Bordüren zum Ausfüllen der umrahmenden Einfassungen sich finden. 
— Was zunächst den Glanz, das Fener und die Transparenz der 
Farben betrifft, so stehen diese keineswegs den wirklichen Glas— 
schmelzfarben nach. Auch die dunkeln Linien der Bleifassung sind 
bei größeren Inseln mit Zeichnungen in größerem Maßstabe wieder— 
gegeben, was für die Betrachtung derselben aus einiger Entfer— 
nung die Klarheit des Eindrucks sehr hebt. Die Gegenstände der 
Darstellungen sind zum Theil Wappen (einige auf den wieder 
modern gewordenen runden Butzeuscheiben) mit oder ohne Wappen— 
halter, in den heraldischen Farbenkostümen oder in Rittertracht, 
ganze Reiterfiguren mit Renagissance-Architekturen u. dergl.; dann 
kleinere Kabinetstücke von belebten Landschaften mit idyllischen 
Scenen, Jagden, Lustfahrten auf dem Wasser und ähnlichen Gegen— 
ständen. — Gewöhnlich werden die Gelatine-Bilder mit reinem, 
gut bindendem Stärkckleister auf eine gut gereinigte Glasfläche 
aufgeklebt, mit einem weichen, etwas zähen Papiere bedeckt, und 
dabei von der Mitte nach dem Rande zu mit einem elastischen 
Wälzchen so lange durch gelinden Druck angerieben, bis der reich— 
lich auf der Glasplatte ausgebreitet gewesene Kleister soweit wieder 
entfernt ist, daß nur eine ganz dünne bindende Schicht desselben 
übrig bleibt. Ist das Bild gut aufgezogen, so darf es, von der 
Glasseite betrachtet, keine Luftblasen und im transparenten Lichte 
keine Marmorflecken, welche von noch zu reichlichem Kleister her— 
rühren, zeigen. Wäre dies der Fall, so müßte das Aufpressen 
mittelst des Wälzchens so lange wiederholt werden, bis die Fehler 
verschwunden sind. Ist das Bild einen Tag lang dem Trocknen 
ausgesetzt gewesen, so überzieht man es noch mit einem recht trans— 
parenten Firniß (Bernstein- oder Kopallack). — Bei der Dekora— 
tion ganzer Fenster ist rathsam, für die Diaphaniebilder einen be— 
weglichen Rahmen herstellen zu lassen, in welchem dieselben so be— 
festigt werden, daß beim Aufhängen des Blendrahmens vor das 
Fenster die Glasseite nach innen gewendet ist, damit auf diese 
Weise das Diaphaniebild auf der Außenseite durch das eigentliche 
Fenster und auf der Innenseite durch die eigene Glasfläche geschützt 
ist. Einzelne in Weißblech- oder Messingrahmen gefaßte, oder auch 
mit einem geschnitzten Holzrahmen umgebene Diaphaniescheiben werden 
in derselben Weise auf der Innenseite der Fenster aufgehängt. — 
Bei der Herstellung größerer Fensterflächen durch Zusammenpassen 
von Bildern mit Untergrund und transparenten Bordüren ist der 
Phantasie der freieste Spielraum gewährt. Es ist dann hauptsäch— 
lich darauf zu achten, daß an den Zusammenfügungsstellen der 
auszuschneidenden Theilstücke eine breitere schwarze Trennungs 
linie, eine Nachahmung der Verbleiung, zur Geltung komme, welche 
am besten aus schmalen Streifen einer nicht allzu schwachen Zinn— 
folie aufgeleimt wird. Das Chokolade-Staniol genügt, wenn keine 
stärkere Folie zu bekommen ist. — Es ist schon vielfäch befürchtet 
worden, ob nicht diese Bilder gar zu vergänglich seien und rasch 
das Feuer ihrer Farben verlieren. Verf. hat sich hiernach erkundigt 
und die Versicherung bekommen, daß, weil dies Verfahren erst seit 
wenigen Jahren zur Anwendung kommt, für eine absolute Dauer— 
haftigkeit nicht garantirt werden kann, daß aber dergleichen Deko 
rationen, seit Z Jahren dem Miittagslichte und also dem Sonnen⸗ 
schein direkt ausgesetzt, von ihrem Feuer noch nichts eingebüß: 
haben, weil bei Herstellung derselben hauptsächlich auf Wahl dauer. 
hafter Farben größte Sorgfalt verwendet wird. Allerdings können 
Feuchtigkeit, Manersalpeter und konzentrirte Sonnenwärme vor— 
aussichtlich sehr nachtheilige Folgen sowohl auf den Firniß als auf 
die Farben selbst ausüben, und ist daher auf Vermeidung dieser 
schädlichen Einwirkungen Acht zu haben 
Berichte aus verschiedenen Städten. 
Berlin. Die Bartholomäuskirche am Königsthor 
in Berlin hat im Laufe dieses Jahres eine theilweise Er— 
neuerung der äußeren Architektur am Thurm und an den Fialen 
der Strebepfeiler erfahren. Die ehemaligen Terracotten haben sich 
nicht witterungsbeständig erwiesen und sind nun durch Schichten— 
mauerwerk mit Formsteinen ersetzt. Aus Anlaß der glücklichen 
hurch keinen Unfall gestörten Vollendung der gefahrvollen Arbeiten 
findet am Sonntag, den 18. d. Mts., als dem Tage, an welchem 
dor 25 Jahren die Einweihung des Gotteshauses erfolgte, eine 
hesondere Feier statt. Ueber die technisch interessante Ausführung 
der Wiederherstellungsarbeiten gedenken wir in nächster Zeit zu— 
Jleich mit einer Abbildung des bisher noch nicht veröffentlichten 
Bauwerkes eine eingehende Mittheilung zu geben. 
Berlin. Mit Bezug auf mehrere letzthin gemeldete Un— 
zlücksfälle, die durch Herabstürzen von den Dächern auf die 
Straße oder den Hof verursacht waren, macht man uns auf eine 
Sicherheitsvorkehrung aufmerksam, die bei den Pariser Neubauten 
pon jetzt ab angebracht werden soll. Es sind dies 80 Centimeter 
»reite Laufbrücken mit Handgeländer an einer Seite, welche auf 
illen Dachfirsten vorgeschrieben sind, um den Schornsteinfegern, 
dandwerkern und Hausbeamten das Besteigen des Daches zu er— 
eichtern, bei Reparaturen zum Niederlegen von Materialien zu 
dienen und endlich bei Bränden im Dachgeschoß die Rettung nach 
inderen Grundstücken zu ermöglichen. Wenn auch das zu letzterem 
Zweck in Frankreich übliche und auch in England empfohlene An— 
zringen von Steigeeisen an den Giebelmauern bei uns aus 
naucherlei Rücksichten nicht recht thunlich sein mag, so dürfte doch 
die Anbringung von jenen Laufbrücken auf alle Fälle empfehlens— 
verth sein. Um einen größeren Nutzen zu erzielen, empfiehlt es 
ich noch auzuordnen, daß die Treppenhäuser massiv über das 
Dach hinaus geführt werden, wodurch etwaiges Feuer ans dem 
Dachgeschoß abgehalten und die Rettung bei einem Brande in den 
interen Geschossen eher nach oben bewerkstelligt werden kann. 
Hamburg. Daß durch die Schenkung der großen 
Schwabe'schen Gemälde-Galerie an unsere Kunsthalle ein Anbau 
der letzteren nothwendig geworden ist, wissen Ihre Leser bereits. 
Jetzt kann ich Ihnen mittheilen, daß Schwabe zu den dadurch ent— 
tehenden Kosten einen Beitrag in Höhe von 6000 Pfd. Sterl. 
120 000 M.) gestiftet, ferner, daß der Architekt von der Hude 
in Berlin (in Firma v. d. Hude u. Schirrmacher), der bei der 
rüheren Konkurrenz den Preis für seinen Bauplan einer Kunst— 
jalle und den Auftrag zur Ausführung erhielt, höchst wahrscheinlich 
vieder mit der Ausführung betraut werden wird. Der edelsinnige 
Schenker Schwabe ist ein geborener Hamburger, der aber schon 
eit langen Jahren in London als Millionär lebt, und seine Ge— 
maälde-Galerse zählt 120 Nummern, für deren Ankauf seiner Zeit 
weit über eine Million Mark verausgabt worden ist. 
Mainz. Am Sonnabend, den 5. cr., fand die feierliche 
Einweihung unserer neuerbauten Stadthalle durch ein glänzendes 
Banket statt, an dem sich über 1200 Personen aus allen Schichten 
der Bevölkerung betheiligten. Der majestätische Bau, aus Hau— 
steinen und in italienischer Renaissance aufgeführt, erhebt sich in 
inmittelbarer Nähe des Rheinstromes, unfsern der im Bau be— 
zriffenen neuen Brücke. Das Werk unseres Stadibaumeisters 
Kreyssig enthält den zweitgrößten Saal in Deutschland, und wird 
in Größe nur durch den Wintergarten in Berlin übertroffen. 
Das Innere des Baues gewährt einen großartigen Eindruck, und 
hietet mit seinen Nebensälen und Längskorridoren bei abzuhalten— 
den größeren Festlichkeiten bequem Sitzplätze für 3800 Personen. 
Marienburg, W.⸗Pr. Die Restaurations-Arbeiten 
am Marienburger Hochschloß sind bis jetzt erheblich ge— 
fördert worden. Der Hof des Schlosses ist auf seine ehemalige 
Zöhenlage abgetragen und die aufgedeckte alte Entwässerungsanlage 
sergestellt. Der mit Kalkstein-Quadern ausgesetzte Brunnen ist 
jeräumt und der obere Brunnenring aus Granit-Quadern wieder 
iufgerichtet und ergänzt. Auf der Nordseite des Hofes ist der 
kreuzgang in seiner früheren Architektur wieder hergestellt. Orn a— 
mente und Steinformen wurden größtentheils aus dem Hojschutt 
usgegraben. Ueber dem Kreuzgang-Pultdach zeigt die Hochwand 
»es Schlosses bis unter das Dach jetzt wieder ihre ursprüngliche 
Bliederung. Man ersteigt wieder, wie in der ersten Zeit der 
Ordensritter, die Granittreppe, welche nahe bei der Thorfahrt 
iiegt. Nach Osten tritt man durch einen weiten Bogen in den 
sochgewölbten Kreuzgang; zur Rechten öffnen sich schlanke, durch 
cdalkfteinmaßwerk getheilte Bogenöffnungen nach dem Hof; zur 
Linken gliedern Portal und Feuster des noch wüst liegenden Kapitel— 
aales die Wand. Das Ziel des Ganges ist die goldene Pjforte, 
deren reicher und interessanter Terrakottenschmuck unter der ge— 
vissenhaften und liebevollen Behandlung des Bildhauers Behrend
	        
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