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Mittheilungen aus der Praxis. — Bauprozesse und Entscheidungen. — Mittheilungen über Schulwesen. 682
werk entzückten ebenso, wie uns heute, schon in alter Zeit die glück—
ichen Bewohner der so prächtig dekorirten Räume, aber dem
Teufel, der schon damals wie heute sein Unwesen trieb, gefiel diese
Behaglichkeit der bösen Menschen nicht, und er machte nicht allein
die wunderbar schönen Holzdecken und Täfelungen, sondern auch
die herrlichen Stuckdekoraätionen an Wänden und Decken zu Her—
hergen für das Geschlecht der „Wanzen“. Gesegnet von des Teufels
Majestät vermehrten sich diese Thierchen im Stuck, in den Holz—
decken und im Täfelwerk wie Sand am Meer. Wenn dann aber
Jemand des herrlichen Zierraths an Decken und Wänden sich
freute und plötzlich ein schmerzliches Jucken empfand, so ging selbst
der überschwänglichste Kunstsinn verloren, und der ordinaͤre selbst⸗
üchtige Mensch kam zum Vorschein, den es ärgert, wenn er ge—
veinigt wird.
Aber noch andere Ereignisse wurden durch die wunderbar
schönen Holz⸗ und die ebenso prächtigen Stuckdecken veranlaßt. Die
reizenden Bewohner derselben spazierten auf den Oberflächen, und
wenn sie die von unten, vom Eß- oder Theetisch aufsteigende Wärme
berspürten, so ließen sie sich herabfallen, und da geschah es zu—
weilen, daß ein solches Geschöpf in eine Theetasse oder einen
Suppenteller zu liegen kam. Wenn durch solche Zufälle die Geduld
unserer Vorfahren auf die Probe gestellt wurde, so ist es wohl
begreiflich, daß diese, um thatsächlich wohlig zu leben, die Holz⸗
und Stuckdecken und Täfelungen zum Opfer brachten und statt
dieser die glatt getünchten Wände, an welchen man jede scharfe
Ecke fürchtete, einführten, denn man war damals nur darauf
hedacht, sich das schrecklich überhand genommene Ungeziefer, zu
dem sich noch die Hausgrillen und andere gesellten, vom Halse zu
schaffen. Wenn nun jetzt die abgeschafften Holztäfelungen und
Decken wieder allgemein zu werden anfangen, so werden die,
velche das Glück haben, schon in kurzer Zeit die Einwanderer
bei sich ansiedeln zu sehen, vielleicht auch wieder zu Vandalen, die
aber, schlauer als unsere Vorfahren, die Holzverkleidungen ab—
nehmen und anstatt zu verbrennen zu verkaufen suchen werden.
Unsere Zoologen werden nun vor die Frage gestellt: „Nisten
sich im Bleche ebenso wie im Holz und Stuck die Wanzen ein?“
Und wenn die Antwort verneinend ausfällt, dann werden wir Vor—
chläge machen, „wie man das Holz und den Stuck durch Blech
ersetzen kann“.
lleber das Kitten zerrissener Ledertreibriemen
Hieruber schreibt ein Abonnent der „Eisen-Zeitung“: „Veranlaßt
zurch eine Riemenfabrik probirte ich verschiedene Methoden, zerrissene
Riemen auf einander zu leimen und dieselben zu weiterer Benützung
horzurichten. 100 g Leim mit 150 g Wasser kalt übergossen, nach
dem Aufquellen im Wasserbade geschmolzen und nachher vollkommen
gelöst mit 3 g rothem chromsaurem Kali und 3 g Glyzerin ver⸗
setzt, bildet eine vorzügliche Kittmasse. Vor dem Auhndn derselben
muß der Riemen in einer Länge von 20—30 em mittelst Raspel
rauh gemacht werden, nach dem Leimen presse man den Riemen
in einer sogenannten Zwinge, zwischen zwei Bretter gelegt, fest
zusammen und lasse denselben 24 Stunden trocknen. Zur größeren
Vorsicht lasse man die Endfläche der geleimten Riemen noch etwas
durchnähen. — Gute Resultate erhielt ich auch durch Anwendung
»on Gerbsäure-Leim; auf 100 g Leim wie oben behandelt giebt
man noch der Lösung 15 g Tannin (Gerbsäure) bei und versfährt
vie oben. Ein kleiner Zusatz von Glyzerin ist auch hier am Platze,
im die Sprödigkeit des gerbsauren Leimes zu beheben. Ein 4 cm
nit Chromleim gekitteter Treibriemen zerriß erst nach ungefähr
26 Stuͤnden bei einer Belastung von 560 kg.“ — Es dürfte sich
lohnen, diese Rezepte durch Versuche zu erproben.
Eine neue Hobelmaschine. Englische Fachblätter machen
zünstige Erwähnung von einer von Herrn Gray verbesserten Hobel⸗
naschine. Dieselbe zeichnet sich besonders durch Einfachheit und
Solidität aus; der Tisch wird durch ein Zahnwerk in Bewegung
gesetzt, welches aus einem Stücke geschnitten ist. Die Treibriemen
werden durch eine Schiebplatte geschoben, welche Zickzack-Koulissen
hat, in welche die an den Schiebarmen angebrachten Buckel hinein—
passen. Diese Koulissen sind derart konstruirt, daß sie den einen
Riemen vor dem anderen in Zirkulation bringen, wodurch der eine
von der Triebrolle gehoben wird, ehe der ändere an die Reihe
'ommt. Die Buckel sind mit Stahlrollen versehen, die sie gegen
Abnützung und Reibung schützen. Durch diese Einrichtung sind
die „Schieber“ stets geschlossen und können somit von dem Riemen
nicht in Bewegung gesetzt werden. Der Schneideriemen läuft mit
einer Geschwindigkeit von 60: 1 des Tisches, und kann man den
rückkehrenden Riemen nach Belieben schneller zirkuliren lassen, wenn
nan die Triebrollen entsprechend vergrößert. Die Zuführung des
Materials zur Maschine wird durch eine oseillirende Platte bewirkt,
deren Bewegung durch Sperren regulirt ist; die Platte hat einen
adjustirbaren Block, der in einem die Scheibe durchschneidenden
Riemen läuft. Dieser Block läßt sich in seder Entfernung vom
Lentrum befestigen, während die Maschine arbeitet. Die Zufüh—
ung des Materiales kann mit Hilfe eines am Ende des Kreuz—
chiebers angebrachten, doppelten Sperrhakens auch von der anderen
Seite wahrgenommen werden. Dieser Sperrhaken wird durch
inen Schaft, welcher an der Außenseite eine Schiebklaue und im
Innern eine mit Getriebe eingreifende Schiebklaue hat, zur Thätig—
eit gebracht. Der Kreuzschieber kann höher oder tiefer gesteüt
verden, ohne Schiebklaue und Getriebe zu berühren. Der Sattel
yjat aber eine kreuzförmige Vorrichtung, an welcher der Wirbel
ingeklemmt ist. Dadurch werden die Schiebebolzen von übermäßigem
Drucke befreit, und der Sattel läuft keine Gefahr, sich bei einem
chweren und langsamen Schnitte aufzubauschen. Das Brett ist
ast so tief, wie die Ständer unten breit sind, so daß es selbst,
venn der Kreu—zschieber hoch steht, sehr solide ist. Darin liegt die
große Wichtigkeit in allen Fällen, in denen die Maschine nicht auf
inem steinernen Fundamente ruht, wie z. B. in den oberen Stock
verken einer Fabrik.
Bauprozesse und Entscheidungen.
Der Maurermeister Emil Daneil aus Staßfurt steht unter
er Beschuldigung, im Mai er. bei Leitung und Ausführung eines
Baues wider die allgemein anerkannten Regeln der Baukunst der—
jestalt verstoßen zu haben, daß hieraus für Andere Gefahr ent—
tand. Vergehen gegen 8 330 d. Str⸗G.“B. Aus der münd—
ichen Verhandlung entnehmen wir: Am 17. Mai cr. Nachmittags
wischen 3 oder 4 Uhr, stürzte der im Ausbau befindliche Lin—
zener'sche alte Tanzsaal zu Staßfurt zusammen. Menschen sind
richt verunglückt. Dieser Zusammensturz soll erfolgt sein, weil
Daneil, dem der Bau übertragen, das Fundament der Giebelmauer
n einer Länge von 5,50 mm freigelegt und die Sohle des neu
ingelegten Kellers, unter Belassung eines Erdbanquets von nur
55 m Breite und 1,20 m Höhe, unter die Unterkante des Giebel—
undaments herabgeführt hatte. Dann hatte Angeklagter auch
interlassen, bei der Ausschachtung Absteifungen gegen Ausweichen
»es Erdreichs anzubringen. Der Angeklagte hält sich für nicht
chuldig. Er wendet hauptsächlich ein, daß eine alte Steife, die
vollkommen im Stande gewesen, das Gewicht zu tragen, zuerst
zjachgegeben, und dadurch der Zusammensturz herbeigeführt sei,
ind dies sei nur dadurch hervorgerufen, daß diese in aufgeschüttetem
ockeren Boden gestanden, was nicht zu erkennen gewesen, da das
ibrige Erdreich fester Thon- und Lehmboden sei. Dieser Umstand
jabe außer aller und jeder Berechnung gelegen. Es erfolgt nun—
nehr eine umfangreiche Beweisaufnahme, aus der der Gerichtshof
zie Ueberzeugung gewinnt, daß Daneil sich dennoch eines Ver—
toßes gegen die Regeln der Baukuust schuldig gemacht. Es wurde
deshalb auf eine Geldstrafe von 50 Wäek. erkannt.
Reichsgerichts Entscheidung. V. Civilsenat. In
inem umfangreichen Civilprozeß hat das höchste Gericht mittelst
Erkenntnisses vom 2. Juli d. J. den Grundsatz aufgestellt:
„Durch das bloße Vorhandensein von Fenstern in einem,
an einer öffentlichen Wasserstraße gelegenen Grundstück nach
dem Wasser hinaus, erwirbt der Grundstückseigenthümer weder
im Geltungsbereich des Preußischen Allgemeinen Landrechts
noch nach Märkischem Provinzialrecht ein Recht, dem Fiskus
das Verbauen der Fenster durch einen auf dem Wasser er—
richteten Bau zu untersagen.“
Mittheilungen über Schulwesen.
Mehrfach ist es auffällig bemerkt worden, daß die Kom—
misfion für das technische Unterrichtswesen seit fast
iinem Jahre nicht mehr einberufen gewesen ist, während gerade
n der letzten Zeit auf diesem Gebiete Vorgänge sich abgespielt
jaben, welche einen Zusammentritt jener Kommission hätten als
vünschenswerth erscheinen lassen müssen. Von Seiten der Mit—
zlieder dieser Kommission verlautet, daß die Regierung die Aus—
ührung der Beschlüsse der Kommission und überhaupft die Nutz—
armachung der in den Verhandlungen zu Tage getretenen An⸗
hauungen sich wenig hatte angelegen sein lassen und daß zu be—⸗
ürchten sei, daß in Folge dessen aus Petitionen u. s. w. von
inderer Seite her im Laufe der nächsten Session Unbequemlich—
keiten erwachsen würden. Die Petition der Baugewerksmeister
jeispielsweise, die eine festere und bessere Regelung des baugewerb—
ichen Unterrichtes verlangt, die aber zu kurz vor dem Schlusse
des Landtages einlief, um noch Berücksichtigung finden zu können,
hat in Abgeordnetenkreisen dem Vernehmen nach eine sympathische
Aufnahme gefunden. Die Mißstände, die unter Anderem durch
den allmäligen Untergang der von der jetzigen Verwaltung mühsam
gehaltenen Oberrealschulen sich ergeben — zu denen jetzt die Ober—