Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 44, Bd. 3, 1884)

Der Ursprung des Backsteinbaues in den baltischen Provinzen. 
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Die Konstruktion ist die denkbar einfachste und solideste. 
Die Reinigung der Rohre von außen geschieht vermittelst 
eines Dampfstrahles. Die Reinigung der Innenwandungen der 
Rohre ist leicht zu bewerkstelligen, der Betrieb daher ein äußerst 
einfacher. 
Wenn das vorbeschriebene System des Steinmüller'schen 
Röhrenkessels schon in der vor Jahren ausgeführten Konstruktion 
als das einfachste und leistungsfähigste unter den vielen bestehenden 
Systemen bezeichnet werden mußte, so sind doch durch eifriges 
Studium, durch langjährige Erfahrungen der Fabrikanten im 
Kesselbau und durch den innigen Verkehr mit den größten Werken 
des In- und Auslandes, auch die kleinsten Mängel beseitigt 
worden, und die jetzige Konstruktion der patentirten Röhrenkessel 
hat die vollkommene Anerkennung aller derjenigen Etablissements 
welche sich zur Adoption des Systems entschlossen haben. 
Die Vorzüglichkeit der Steinmüller'schen Kessel ist allgemein 
durch zahlreiche Zeugnisse anerkannt. Besonders hat auch der 
Oberingenieur des Bergischen Dampfkessel-Revisionsbereins, einer 
der gruͤndlichsten Kenner und eifrigsten Beobachter der Wasser— 
röhrenkessel, in der Verbandsversammlung der Dampfkessel-Ueber⸗ 
wachungsvereine in Breslau in einer längeren Auseinandersetzung 
die sämmtlichen, ihm aus der Praxis her bekannten Röhrendampf— 
kessel einer scharfen Kritik unterzogen, in welcher er am Schlusse 
die Thatsache durchblicken läßt, daß dem Steinmüller'schen System 
wegen seiner vorzüglichen Cirkulation vor allen andern der un— 
bestrittene Vorzug gebühre. 6. — 
Zwischen Rhein und Elbe hatte die römische Kultur über— 
haupt keine Wurzel geschlagen, der Ziegeleibetrieb war völlig unbe— 
kannt, und Jahrhunderte lang blieb nan bei dem Holzbau stehen. 
Der Uebergang zum Steinbau vollzieht sich chrönologisch fehr 
ingleich; im Allgemeinen läßt sich bei der Dürftigkeit der Nach— 
richten nur sagen, daß der Holzbau in Süddeutschland früher auf⸗ 
hörte, wie in Norddeutschland, wo hinwieder die Slaven an dem— 
elben am längsten festgehalten haben. Thangmar, der Bidgraph 
»es kunstreichen Bernward von Hildesheim berichtet von diesem, 
»aß er aus sich selbst und ohne Anweisuͤng Ziegel zur Dachdeckung 
Jerzustellen wußte (lateres ad tegalam propris industria nullo 
nonstrante composuit). Ueber weiteren Ziegelbau dagegen wird 
— Kirchen 
elbst Nachahmung antiker Backsteintechnik; — sie deuten damit 
nicht auf eine Neubelebung des in Deutschland untergegangenen 
römischen Backsteinbaues hin. — 
Nach allen bisherigen Forschungen muß man annehmen, daß 
zwischen Rhein und Elbe im XI. und bis zur Mitte des XII. Jahr- 
hunderts überall in Stein und Holz, nirgendwo aber in Ziegeln 
zebaut wurde. In Bremen, in Westfalen, im Harz, wo der Siein 
eicht zu beschaffen war, tritt auch der Steinbaͤu auf. Für die 
Zähigkeit aber, mit welcher am Holzbau vielfach festgehalten wurde, 
reden die Dominikanerkirche S. Catharina zu Bremen, 1253 ge— 
weiht und erst im XIV. Jahrhundert in Ziegelbau erneuert, ferner 
die Jodocuskapelle in Mühlhausen, nach 1251 in Holz erbaut und 
erst vor etwa 40 Jahren abgebrochen. 
Die Frage nun, woher und von wem der Backsteinbau in 
die baltischen Länder übertragen wurde, hat Beantwortungen dahin 
erfahren, daß der Backsteinbau aus Italien, aus Dänemark oder 
aus den Niederlanden eingeführt sei. Andere meinen, der römische 
Ziegelbau sei überhaupt in Deutschland nicht ausgestorben, was 
schon durch die vorangeführten Andeutungen erledigt sein wird. 
Die Lombardei, so ungefähr führt Professor Adler aus, würde den 
ersten Anspruch erheben können, als Ausgangspunkt zu gelten, weil 
in der an Thonlagern so reichen Po-Ebene die Pflege des Back— 
steinbaues nie aufgehört hat, und die daselbst in sehr früher Zeit 
entstandenen reduzirten Detailformen mit denen an den ältesten 
Ziegelbauten in den baltischen Ländern eine gewisse Aehnlichkeit 
besitzen. Aber der lombardische Backsteinbau hat nie die Alpen 
iberschritten, wohingegen seine einfache Formensprache sehr früh 
auf den Haufstein übertragen wurde. Seine Details an Lisenen, 
Blendsäulen und Stromschichten finden sich an den Backsteinbauten 
der Schweiz, Schwabens und Bayerns wieder; der einzige nach— 
weisbare Ausläufer aber seiner Ziegeltechnik ist der Dom zu Brixen 
(1174). Die in Bayern entstandenen Kirchenbauten des XII. Jahr⸗ 
hunderts (z. B. Freising und Thierhaupten) lassen sich nicht als 
direkt von der Lombardei beeinflußt erweisen; es ist möglich, daß 
sie an eigene ältere Traditionen — mit dem Eentrum Audsbürg — 
anknüpften. 
Daß aus Dänemark der Backstein nach Norddeutschland ge— 
ommen, ist ebenfalls nicht anzunehmen, denn wenn auch einige 
Firchen in Pommern und Mecklenburg eine Beeinflussung von 
Dänemark her erfahren haben, so ist das doch in einer Zeit, da 
diese Bauweise in der Mark Brandenburg längst fest begründet 
ind selbständig fortentwickelt war. Die älteste Baukunst in 
Dänemark bediente sich lange des Holzes; von der Mitte des 
XI. Jahrhunderts ab waren erratische Blöcke, Kalktuff und Kreide— 
tein zu Quaderbauten in Gebrauch. Der Tuff kam aus dem 
Brohlthale, und mit ihm gelangten rheinische Kunstformen hierhin, 
die sich u. A. im Dom von Ribe (Westküste von Jütland) er— 
ennen lassen. Nach den Untersuchungen von Kornerup ist die 
—D— 
»rhaltene Ziegelbau. Ihr Urheber war der treue Rathgeber und 
Waffengefährte Waldemars J., der Bischof Absalon von Roskilde. 
An der Stelle einer älteren Beuediktineransiedelung erbaute er in 
Soroe ein neues Kloster, welches er 1151 mit Cisterciensern von 
Esrom besetzte. Die Kirche ist eine dreischiffige kreuzförmige 
Pfeilerbasilika, plattgeschlossen, mit vier Nehenschören nach dem 
Schema von Loccum. 
Ungefähr gleichzeitig erfolgte der Bau der Kirche zu Ring— 
tedt, die 1170 vollendet war. Bezüglich der Anfangsdaten für 
Zoroe und Ringstedt erinnert Adler daran, daß König Waldemar 
erst 1157 Alleinherrscher wurde und dann 1158 die Erhebung 
Absalons zum Bischof von Roskilde vermittelte. Der Bau in 
Soroe kann dann aber höchstens 1159 begonnen haben, woraus 
gefolgert wird, daß der dänische Backsteinbau jünger ist, wie der 
märkische. Die Einführung der Ziegeltechnik wird ausdrücklich in 
einer Inschrift erwähnt, die auf einer Bleiplatte in dem Grabe 
Waldemars gefunden worden ist. Es heißzt darin von Waldemar: 
„murum quoque ad totius regni praesidiuam qui vulgo Dane- 
verek diettur ex lateribus coctie hrimus construüxit et castelluwn 
Der Ursprung des Backsteinbaues in den 
baltischen Provinzen. 
Von Friedrich Adler. 
Die Einweihung des neuen Gebäudes der Technischen Hoch— 
schule hat die Herausgabe einer umfassenden Festschrift veranlaßt, 
in welcher Professor Adler unter vorstehendem Titel eine der 
interessantesten Fragen der Entwickelung nuserer heimischen Bau— 
weise eingehend behandelt. Das Austreten des Backsteinbaues 
östlich der Elbe in einem Gebiete, wo er von der Miitte des 
XII. Jahrhunderts etwa sich systematisch entwickelt, ist um so auf— 
iälliger, als nach glaubwürdigen Quellen kurz vor der angegebenen 
Zeit der Ziegelben in den wrdi ven Gebieten durchaus une 
kannt war und hier vermöge der Lage und vermöge der eigen— 
artigen Abgeschlossenheit dieser Stämme ein Anschluß an eine vor— 
hergegangene römische Technik nicht angenommen werden kann 
Die römische Technik des Ziegelbaues und ihre Fabrikation finden 
wir in den letzten Ausläufern im Rheinlande, wo Trier insbe— 
sondere durch seine Denkmäler in die letzten Zeiten der Cäsaren— 
herrschaft hinaufreicht und Köln Reste der fränkischen Epoche noch 
aufbewahrt. Ein Ziegelstempel aus dem Jahre 630 führt den 
Namen des Bischofs Arbogast von Straßburg. Die von Ein— 
hardt gegründeten Kirchen zu Michelstadt (821) und Seligenstad— 
(828) zeigen in ihren Strukturen reinen oder gemischten Ziegel— 
bau und zwar aus Ziegeln, die nach den durch Professor Schaͤfer 
in Darmstadt bestätigten Angaben Einhardt's um 830 wirklich 
fabrizirt worden sind. Auch am Oberrhein ist der Backsteinbau 
noch am Schlusse des IX. Jahrhunderts geübt worden, wie das 
im Jahre 1842 im Chore der Münsterkirche auf der Insel 
Reichenau gefundene Grab Karls des Dicken bewiesen hat, indem 
der Boden und die Wände desselben mit blaßrothen, durch Kitt 
verbundene Ziegelplatten ausgelegt waren. Bei vielen späteren 
Bauten sind alte römische Ziegel wieder benutzt worden, ein Um— 
stand, der leider einen großen Theil interessanter Baureste hat be— 
seitigen lassen. Die Untersuchung, ob die vom Bischof Ulrich er— 
baute Kirche zu St. Johann Baptista in Augsburg (923 —973) 
aus gleichzeitig hergestellten Ziegeln oder aus älterem vorhandenen 
Material aufgeführt wurde, empfiehlt Adler angelegentlich den 
süddeutschen Fachgenossen zu weiterer Verfolgung. 
Seit der Mitte des X. Jahrhunderts erscheint der Ziegel 
als ein dekoratives Element der Architektur und zwar besonders 
bei den Tuffsteinbauten des Niederrheins — so an den Arkaden 
von S. Cäcilia und S. Pantaleon in Köln und an der Abtei 
zu Knechtsteden (1135). Um diese Zeit also ist der Ziegel als 
Hauptmaterial in seiner damaligen Heimath in den Hintergrund 
getreten, um dem Bau aus Quadern zu weichen, deren Herbei— 
schaffung durch die großen Wasserstraßen und durch die Verbesse— 
rung der Wege ermöglicht wurde. Der Zeitoerlust, der bei der 
Unsicherheit der Straßen mit diesem Baubetrieb unter Umständen 
verbunden sein konnte, führte zu der Beibehaltung des Holzbaues 
für solche Werke, die in erster Linie schnell fertig gestellt werden 
sollten — wie z. B. die Stephanskirche in Mainz, die der mäch— 
tige Willigis gleichzeitig mit dem Dome zur Ausführung brachte.
	        
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