Berichte aus verschiedenen Städten.
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Industriezweiges gezwungen, dagegen Stellung zu nehmen. Herr
Heüller ist nicht Erfinder dieser veralteten und längst überflügelten
Könstruktion, sondern ein Nachahmer derselben. Er hatte sie zwar
in Frankfuri j. 8. in der Patent-Ausstellung ausgestellt; wie er
ie da hinein gebtacht hat, weiß nur Herr Müller und das be—
reffende Komitee. Patentirt war sie niemals; ebensowenig wurde
cie in Frankfurt a. M. prämiirt.
Auch die Imprägnirung der Gurten hat sich, wie wir schon
»vor 10 Jahren serfahren mußten, ganz schlecht bewährt. Kein
Firniß ist auf die Dauer im Stande, dem Sonnenbrande zu
biderftehen, d. h. weich und geschmeidig zu bleiben: er wird hart
ind die Gurten brechen an den Biegestellen viel schneller, als ohne
Firniß. Wir ersuchen Sie, im JInteresse des Industriezweiges
pwohl, als demjenigen Ihres augesehenen Blattes, von dieser
Peittheilung in Ihren Spalten Keuntniß zu nehmen.
Für den Fall Sie sich für wirkliche Neuerungen in diesem
Industriezweige interessiren, laden wir Sie ein, unsere neueste
Konstruktion von Aufzugvorrichtungen an schweren Rollladen an
»em Neubau der Herren Thiele, Berlin, Leipzigerstraße,
anzusehen, die einem tief gefühlten Uebelstand abhülft. Diese
18 Quadratmeter großen Schaufenster-Laden werden spielend von
einem Laden-Mädchen gehandhabt und der Apparat ist nicht nur
solide, sondern auch sehr billig. Jedem Architekten sind die seit—
jerigen Rollladen, ihrer schweren Handhabung und ihres Mangels
an Lichtdurchlaß wegen — ein Gräuel“.*)
Fischmarkt; daun sei die gräfliche Neustidt, jetzt das St. Nikolai—
dirchspiel, herangewachsen, habe eigenes Gesetz und eigene Ver—
valtung und damit auch ein eigenes Rathhaus erhalten. Das
ich schüell zur Seehandelsstadt ausbildende wachsende Hamburg
Jabe äber stets als gesetzlich geeinte Stadt gegolten, wie solches
jas Stadtrecht von 1292 wiederholt anerkennt und habe nur eines
Rathhauses bedurft, wodurch eine Verschiebung des ersten Stadt—
entrünis vom alten Markt nach der Alster bei der Trostbrücke
tattgefunden Dort vor dem zweiten Rathhause habe der erste
damburger Hafen sich befunden, somit habe dasselbe am Wasser—
dege zur Elbe und zum Meere gelegen. Diese Lage des Staats—
itzes am Wasser sei charakteristisch fuür die allmählig zur Welt—
jaͤndelsstadt herangewachsene ehemalige Festung; auf dem Wasser
jabe der Reichthum der Kaufleute im Hafen gernht und vom
Wasser aus habe Hamburg sich zu immer größerer Freiheit ge—
ührt. Die Geschicke der Stadt seien von hierans nachweisbar
550 Jahre gelenkt worden und erst der große Brand von 1842
jabe den Rath von dieser altehrwürdigen Stelle verdrängt. Der
Viederaufbau des Rathhauses sei bisher durch maucherlei Um—
tände verhindert, es läge aber in Hamburgs Charakter als See—
sandelsstadt, daß das neue Rathhaus, der alten Tradition treu,
vieder am Wasser der Alster errichtet werde, die den Fuß des
ilten Hauses über ein halbes Jahrtausend umspült hätte. Wie
rüher' an der Trostbrücke, soll es jetzt an der Lombardsbrücke im
ieuen Zentrum der Stadt liegen und stände dann durch die
Wassersttraße der Alster wieder in direkter Beziehung zur Elbe und
zum Meere. Der Redner schilderte dann, wie der stolze Bau des
stathhauses sein müsse, um als Palladium des freien Bürger—
hums zu erscheinen und betonte, daß die Architektur nur dann
rst die Mission der Kunst erfüllen würde, wenn sie mit ihren
Htonumenten, auf das Volk wirkend, in sein Leben eingreift, es
ebendig an die höchsten Ideale der Menschheit täglich mahnend.
Zo solle sich an dem neuen Rathhausbau der patriotische Geist
der Hamburgischen Bevölkerung erheben und stärken. Der Vortrag,
der durch viele interessante Schilderungen aus dem bürgerlichen
Ldeben unserer Vorfahren geschmückt war, erwähnte schließlich den
Ausspruch Sonnin's, als man im Jahre 1788 wegen Baufälligkeit
das alte Rathhaus abbrechen wollte, daß er erst nach 100 Jahren
die Zeit für gekommen halte zur Gewinnung eines Hamburgs
ooslwürdigen Rathhauses; woran der Wunsch geknüpft wurde, daß
diese Prophezeihung des unvergeßlichen Künstlers qunz' und volf iw
Erfüllung kommen möchte.
München. Unser dortiger Korrespondent schreibt uns:
In einer meiner letzten Korrespondenzen war Bericht
iber das von der Firma Schuckert in Nüruberg ge—
nachte Anerbieten zur probeweisen Einführung der elektrischen
S5traßeubeleuchtung enthalten und auch deren baldige Inbetrieb—
etzung angezeigt. Dieses Unternehmen ist nun für die nächste
Zeit wenigstens bei Seite gelegt, da unterdessen Rechtsfragen, in
Folge des zwischen der Stadt und der Gasbeleuchtungsgesellschaft
„estehenden Vertrages in Betracht kamen, von deren Entscheid
eder weitere Schritt in dieser Sache abhängig sein wird. Daß
iun aber die Stadtverwaltung allen Ernstes gesonnen ist, in der
Beleuchtungsfrage künftighin wenigstens die Obergewalt in Händen
zu behalten ist daraus ersichtlich, daß zunächst alles Terrain,
velches zur Ausbeutung der Wasserkräfte der Isar zu diesem
Zwecke nothwendig ist, in ihren eigenen Besitz gebracht wurde,
ind umfassende diesbezügliche technische Vorarbeiten und Erhe—
yungen gepflogen werden. Hierher gehört u. A. ein Promemoria
»er Spezialkommission des Exekutiv-Ausschusses der Kommission
ür elektro-technische Versuche, welches in der letzterschienenen
Bierteljahrsschrift des Bayr. Indust. und Gewerbebl, (polytechni⸗
cher Verein) veröffentlicht ist, und welchem wir Nachstehendes
entnehmen:
Die Stadtgemeinde soll sich jenen Theil der Wasserkräfte,
velche für städtische Zwecke, insbesondere für die öffentliche elek—
rische Beleuchtung vortheilhaft benutzt werden können, für sich zur
reien Disposition reserviren, den übrigen Theil der gewonnenen
Wasserkräfte aber gegen jährliche Rekognotionsgebühren an Private
ur Benutzung abgeben und dadurch eine Rentabilität der errichte—
en Hauptanlagen erzielen. In dieser Hinsicht kommen in Betracht:
kine Wasserwerksanlage an der Westenriederstraße mit 80 Pfdkr.,
eine solche unterhalb der Maximiliansbrücke mit 400 Pfdkr. und
nsbesondere aber jene unterhalb der Großhesseloher Eisenbahn—
zrücke, durch welche laut Projekt des Stadtbauamts 3335 absolute
Pferdestärken gewonnen würden. Dieses letztere Werk nun, welches
aus 6 gesonderten Anlagen, wopon eine rechts, die übrigen fünf aber
inks der Isar gelegen, bestehen würde, macht zwar mit allen nöthigen
Flußkorrektionen, Kanälen und Maschinen einen Kostenaufwand
»on mindestens 3 Mill. Mark nothwendig, hat aber gesicherte Aus—
sicht auf demnächstige Ausführung, da die sogen. Lände, der Lager—
Berichte aus verschiedenen Städten.
Erkner bei Berlin. Auf dem C. Nauck'schen Grundstück
in Erkner wird augenblicklich durch den hier Fraukfurter Allee 118
vohnenden Zimmermeister Schlund ein großer Eisspeicher auf—
zeführt, und waren am 5. Dezbr. cr. 30 Zimmerleute unter Leitung
des Zimmerpoliers Schlöpke damit beschäftigt, den letzten Binder
nittels Flaschenzuges auf die bereits errichteten, etwa 40 mlangen
Seitenwände hinaufzuschaffen. Eine jede derartige Seitenwand
esteht aus 30 Stück 10m langen und 25 em starken, in doppelter
Reihe als Streben benutzten Balken. Um die angegebene Zeit,
vährend ein Theil der Zimmerleute im Innern, ein anderer Theil
nußerhalb beschäftigt war, stürzte plötzlich die eine der sebenden
Seiteüwände nach innen zusammen, die dort arbeitenden Vente
unter sich begrabend. Nach Ansicht der die Untersuchung Führen—
den ist die Katastrophe dadurch herbeigeführt worden, daß sich in—
olge des Wetterumschlages die bereits verzapften Balken von
iinander getrennt und so die ihrer Stütze beraubte Wand zu—
ammenstuͤrzte; und deshalb dürfte der beaufsichtigende Zimmer—
polier als schuldlos zu bezeichnen sein. Von den unter dem Ge—
hälk Hervorgezogenen waren sofort todt: Zimmergeselle Riese,
Koppenstr. 66, verheirathet und Vater von 2 Kindern, und Zim—
nergeselle Albert Witte, Pallisadenstr. 30, verheirathet und Vater
»on 5 Kindern. Der aus Friedrichshagen sofort hinzugerufene
Arzt Dr. Jacoby konstatirte bei dem ersteren als Todesursache
illgemeine Zerquetschung und Zermalmung, bei dem zweiten Schä—
delbruch. Schwer verletzt, aber noch lebend wurde hervorgezogen
Theodor Dieckmann, Weberstr. 20, verheirathet, kinderlos. Derselbe
hatte eine Zerquetschung der linken Schläfe, Zermalmung des
inken Unterschenkels und verschiedene Hautverletzungen davon—
gzetragen und ist bereits in der Nacht zum Sonnabend 313,,Uhr im
Krankenhaus Bethanien verstorben. Von den übrigen in das ge—
nannte Krankenhaus eingelieferten Schwerverletzten hat der
Zimmergeselle Karl Kliver, schwere Kontusionen der Wirbelsäule
und Hautabschürfungen, der Zimmergeselle Friedrich Schulz, eine
15 em lange Kopfwunde und Quetschung der linken Schulter und
der Zimmergeselle Karl Bernhardt eine 5 em lange Verletzung
im Hinterkopf davongetragen. Leicht verletzt wurden die ebenfalls
hier in Berlin wohnenden Zimmergesellen Becker und Günther;
dieselben mußten sofort nach ihrer Wohnung gefahren werden.
Hamburg. In der freundschaftlichen Versammlung des
Gewerbevereins, Sektion der Hamburgischen Gesellschaft zur Ver—
breitung der Künste und nutzlichen Gewerbe, hielt kürzlich der
Architekt Alexander Birt einen Vortrag über das alte Rathhaus,
zu dessen Ergänzung er eine interessante Sammlung von Illustra—
tionen zum alten Hamburger Rathhause des Herrn C. F. Gaede—
chens, aus dem Werke „Geschichte des Hamburger Rathhauses“
»on demselben, als erwünschte Erläuterung benutzte. Der Vortrag
»egann mit einer Schilderung des Rathhauses in seinem Wachs—
hum durch die Jahrhunderte; der Sage nach lag das erste Rath—
haus der erzbischöflichen Stadt am alten Markt, dem jetzigen
*) Wir behalten uns vor, auf diesen Gegenstand ausführlicher zurück—
ukommen D. Red.