Ventilations-Ofen-Heizung.
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Ventilations⸗Ofen Heizung.
(Hierzu 5 Fig.)
Der Werth eines Ofens wird im Allgemeinen danach be—
messen, ob derselbe den Raum, in welchem man im Winter die
meiste Zeit des Tages verbringt, behaglich erwärmt und der
Brennmaäterialverbrauch dabei kein besonders großer ist.
Bei vielen anderen Räumen, wie bei Schul- und Kranken—
Sälen ꝛc., sind aber weitergehende Anforderungen an einen Ofen
zu stellen und zwar soll derselbe insbesondere in hygienischer Be—
ziehung den Ansprüchen der Neuzeit vollkommen gerecht werden.
Viele wissen, wie schwer es ist, gerade hierfür das geeianetste
Ofensystem auszusuchen und werden sich daher die betreffenden
Bauherren stets freuen, wenn durch ihre diesbezügliche Wahl all—
seitige Befriedigung erreicht worden ist.
Um nun unter den täglich auftauchenden, mit allen nur
denkbaren Vortheilen angepriesenen Oefen eiune richtige Wahl
treffen zu können, ist es von Werth, über die Hauptbedingungen
auter Oefen im Klareu zu sein, zumal sich nur Wenige in der
Lage befinden, den Ofen-Konstruktionen ein spezielles Studium
vidmen zu können.
An einen guten Ofen sind folgende Forderungen zu stellen:
Jeder Brennstoff muß in demselben verwendet werden können, als:
Steinkohle, Braunkohle, Kokes, Holz, Torf ꝛc.; um den Verbrauch
anf das Geringste zu reduziren, muß hiermit eine vollkommene
Verbrennung mit höchster Ausnützung der Heizgase verbunden sein.
Die Bedienung des Ofens muß eine möglichst einfache und
wenig zeitraubende sein, damit jedes Dienstmädchen im Stande
ist, den Ofen ohne besondere Anleitung besorgen zu können. Füll—
ind Regnlir-Vorrichtung sind hierbei Bedingung.
Eine rasche und nach Bedürfniß lange andauernde Erwär—
mung des zu beheizenden Raumes ist anzustreben. Schnelle Ueber—
tragüung der Wärme wird durch eiserne Heizflächen erreicht, lange
Dauer der Erwärmung durch Füllvorrichtung und durch Thon—
näntel.
Die Wärme-Vertheilung im Zimmer muß eine gleichmäßige
sein, und zwar sowohl in der Nähe des Ofens, als an den ent—
ferntesten Stellen, wie aun der Decke und am Fußboden.
Die Wärme-Strahlung des Ofens ist möglichst zu vermeiden,
damit man sich sowohl in der Nähe des Ofens aufshalten, als
auch die Möbel in seiner Nähe aufstellen kann, ohne daß sie durch
die Wärme leiden. Ju Schulen, Krankenhäusern ꝛc. aber müssen
sich die Schüler, die Kranken ꝛc. wegen der Raumgewinnung in
nächster Umgebung des Ofens ohne Belästigung aufhalten können.
Derselbe muß deshalb je nach Bedürfniß mit einem oder mehreren
Mänteln umgeben sein.
Vollkommene Rauchfreiheit und bequeme Reinigung des
Ofens ist eine Hauptbedingung. Die einzelnen Theile müssen sich
also während des Heizens frei ausdehnen können, wobei die Fugen
Jeschlossen bleiben sollen. Horizontale Dichtungsflächen sind den
vertikalen vorzuziehen. Die Reinigung muß vorgenommen werden
können, ohne daß der Ofen auseinander genommen wird.
Eine Vorkehrnng muß getroffen werden, daß dem Ofen von
außen frische Luft zur Erwärmung zugeführt werden kann.
Diese letztere Bedingung wollen wir noch einer genaueren
Besprechung unterziehen. Von allen gebildeten Klassen werden in
neuester Zeit die Vortheile vollständig gewürdigt, welche es mit
sich bringt, wenn man in gesunder Lust lebt. Das Bestreben gehl
deshalb ällgemein dahin, in Schulen, Krankenhäusern, Gesellschafts—
räumen, Geschäftslokalen, Wohn- und Schlafzimmern ꝛc. einen
stetigen Luftwechsel herbeizuführen. Diese Lufterneuerung wird
am geeignetsten mit der Heizung in Verbindung gebracht, um die
frische Luft im Winter ohne Belästigung — d. h. also vorge—
wärmt — in die Räume zu leiten. Steht diese Vorkehrung mit
Lokalöfen in Verbindung, so nennt man dieselben allgemein Luft—
erneuerungs- oder Ventuationsöfen und dementsprechend diese Art
von Heizuug „Ventilations-Ofen-Heizung“.
Dieselbe reiht sich der Luftheizung an und kommt haupt—
sächlich für solche Lokale zur Ausführung, in welchen das Be—
dürfniß stetiger Lufterneuerung eine absolute Nothwendigkeit ist,
eine Luftheizung jedoch örtlicher Umstände halber nicht sür an—
gemessen erachtet wurde. Bei dieser Heizmethode besitzt jedes
Zimmer seine eigene Feuerung, d. h. einen gesonderten Ofen,
welchem frische, zu erwärmende Luft durch einen Kanal direkt
vom Freien zugeleitet wird, während zum Abzug der verdorbenen
Luft, ebenso wie bei der Luftheizung, ein in den Seitenwänden
angebrachter und unter oder über Dach führender Kanal dient,
weicher, entsprechend der Winter- und Sommer-Ventilation, am
Fußboden und an der Decke verschließbare Oeffnungen besitzt. In
alten Gebaäuden kaumn die frische Luft für den Ofen aus dem
korridor, welcher natürlich selbst gut ventilirt sein muß, ent—
nommen und anstatt des gemauerten Abzugskanals ein solcher aus
Blech ꝛc. hergestellt werden, wobei jedoch, um eine kräftige Aspi—
ration zu erzielen, zu empfehlen ist, ihn entweder neben den
Schornstein zu legen, oder in dem Dunstrohre auch das Rauchrohr
in die Höhe zu führen.
Die Ventilations-Ofen-Heizung muß in Beziehung auf ge—
unde Luft einer guten Luftheizung gleichkommen, was bei richtiger
Disposition und geeigneter Wahl des Ofens zu erreichen ist. We—
entlich ist es hierbei, daß die Bedienung des Ofens außerhalb des
Zimmers erfolgt, um den lästigen Kohlen- und Aschenstaub zu
vermeiden.
Die von außen heizbaren Oefen werden daher in Kranken—
üälen auch aus Gründen der Reinlichkeit mit Vorliebe verwendet und
zeigt Fig. 1(s. nächste Seite) eine solche Anordnung. Die Bedienung
»es Ofens erfolgt vom Korridor aus, während die Regnlirung im
Zimmer selbst erfolgt. Frische Luft wird dem Ofen vom Freien
aus durch einen Kanal unter dem Fußboden zugeführt. Neben
dem Schornstein ist der Ventilationskanal angelegt. Durch die
Heizgase wird der letztere noch etwas erwärmt und somit der
Abzug der verbrauchten Luft beschleunigt.
Die Beheizung einer Baracke ist in Fig. 2 dargestellt. Die
rische Luft wird dem Ofen ebenfalls vom Freien her durch Ka—
iäle unter dem Fußboden zugeführt. In dem eisernen Ventilatious—
chacht besindet sich das Rauchrohr, welches im Winter die Luft
im Abzugsschachte erwärmt; außerdem ist in letzteren ein soge—
tannter Lockofen angebracht, in welchem im Sommer zur Ver—
tärkung der Ventilation ein Feuer unterhalten werden kann.
Bei größeren Gebäuden empfiehlt es sich, die frische Luft
yvon einer gemeinschaftlichen Entnahmestelle aus in einen Haupt—
zuführuugskanal unter dem Souterrain zu leiten, von welchem sie
durch vertikale Kanäle nach den einzelnen Oefen gelangt. Diese
Anordnung ist in Fig. 3 auf der linken Seite dargestellt. Die
Abzugskanäle werden in einem Schachte vereinigt, in welchem der
Schornstein hochgeführt ist.
Bei Gebänden, welche eine Druckwasserleitung besitzen, kann
die Einrichtung derartig getroffen werden, daß mit Hülfe eines
Wasserdruckoentilators die frische Luft eingeblasen oder die ver—
dranchte Luft abgesaugt wird. In Fig. 3 befindet sich im Son
errain rechts ein solcher Ventilator, welcher die frische Luft in
einen Hauptkanal und von hier nach den Zweigkanälen, resp. nach
den Oefen drückt. Das zum Betriebe des Ventilators dienende
Wasser wird nebenbei zur Kühlung der Luft im Sommer und zur
Reinigung und Befeuchtung verwendet. Gleichzeitig ist die Vor—
ehrung getroffen, daß, weun der Ventilator nicht benntzt werden
soll, durch Umstellen einer Klappe die frische Luft auch direkt in
»en Hauptkanal eintreten kann. Die Ahzugskanäle münden im
Dachboden aus, an der rechten Seite der Fig. 3, von wo die ver—
brauchte Luft durch Dachluken in's Freie entweicht.
Fig. 4 zeigt die Absaugung der verbrauchten Luft aus den
zu ventilirenden Räumen vermittelst eines solchen Ventilators; die
Abzugskanäle münden unter dem Dache in einen Sammelkanal,
don welchem die verbrauchte Luft durch den Wasserdruckventilator
in's Freie befördert wird.
Die beiden letzteren Anordnungen sind bis jetzt nur von der
Firma E. Möhrlin zu Stuttgart, vormals Mköhrlin u. Rödel,
Fabrik für Central- ünd Lokal-Heizungen, sowie gesuudheitstech—
ische Anlagen, und zwar mit ganz überraschend günstigem Resul—
ate zur Ausführnng gebracht worden. Ju der neuen Schnle
Neckarstraße 361/, in Stuttgart werden 8 Schulsäle durch einen
olchen Ventilator gelüftet; der Wasserverbrauch stellt sich dabei
usgesammt pro Stünde nur auf ca. 400 Liter. Mit diesen Ven—
ilatoren läßt sich die Lüftung ganz unabhängig von Witterungs—
einflüssen gestalten, denn man hat es durch schwächeren oder staär—
keren Gang des Ventilators in der Hand, die Ventilation jeder
Zeit nach Wunsch zu reguliren.
Diese Art von Ventilationsheizung kann sehr leicht an Stelle
bestehender Central-Luftheizungen angebracht werden, deren Appa—
rate wegen ungenügender Leistungen oder sonstiger Umstände halber
inbrauchbar sind und wo von Anschaffung neuer Apparate abgesehen
vird. Es dienen dann die Warmluftzuführungskanäle zur Zu—
eitung frischer Luft in die Oefen; die Wasserdruckventilatoren
fkönnen dabei nach Fig. 3Z oder 4 Auwendung finden.
Für eine solche Ventilations-Ofen-Heizung eignen sich nun
in ganz hervorragender Weise die im Deutschen Reiche patentirten
Sanitäts-Oefen der oben angegebenen Firma E. Möhrlin
zu Stuttgart, deren Beschreibung wir in nächster Nummer folgen
assen; umstehend bringen wir die zum besseren Verständniß des
Vorstehenden erforderlichen Figuren 1 —