Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 45, Bd. 4, 1885)

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Butachten, betreffend den Schuß der Personen in öffentlichen Versammlungsräumen. 
verden könnte, dürfte ein Zeitraum von etwa fünf Minuten zu 
ezeichnen sein. 
Die Anzahl der Personen, welche bei der Anordnung der Aus— 
zäänge zur Berechnung kommen muß, wird nicht geringer sein 
ürfen, als die für die Berechnung der Tragfähigkeit maßgebende 
Personenzahl, d. h. es werden, soweit nicht feste Sitze oder sonstige 
Schranken bestimmend sind, und soweit nicht andere Gegenstände, 
wie Podien, Rednerbühnen u. dergl. die Besetzung durch Menschen 
ausschließen, die größten Menschenmengen angenommen werden 
müssen, welche in den betreffenden Lokalen überhaupt Platz 
änden können. 
Wenn die wirkliche Besucherzahl in der Regel auch in Folge 
oolizeilicher oder sonstiger Anordunngen unter dieser Annahme 
oleiben wird, so können gerade bei außergewöhnlicher Veranlassung 
solche Maßnahmen fehlen, oder sich als unwirksam erweisen, und 
da gerade bei besonderer Gelegenheit am leichtesten Unglücksfälle 
»orkommen, wird die bauliche Disposition auch in Beziehung auf 
die Ausgänge von den ungünstigen Annahmen ausgehen müssen. 
Rechnet man ferner, daß sich auf dem Quadratmeter Boden— 
dläche gleichzeitig vier Menschen fortbewegen, daß Jeder pro 
Sekunde einen Schritt von 153 m macht oder pro Sekunde eine 
Stufe steigt, so wird dies im Allgemeinen den wirklichen Ver— 
hältnissen entsprechen und es werden sich hieraus und aus dem 
Zeitraum von fünf Minuten für die Entleerung jedes Versammlungs— 
craumes und für alle einzelnen Theile eines größeren, nach ver— 
schiedenen Geschossen oder verschiedenen Räumen gegliederten Lokals 
die Anzahl und Breite der Thüren, der Gänge der Treppen, der 
Vorräume, der Zwischenverbindungen und der Ausgangsthüren 
ziemlich sicher bemessen lassen. Es werden sich hieraus auch die— 
enigen Anordnungen ergeben, welche für die Weiterführung von 
Menschenmengen, die innerhalb eines Gebäudes von verschiedenen 
Seiten kommen, sowie zur Vermeidung von Stockungen zu großer 
Menschenmassen erforderlich sind. 
Die aus den entfernteren Theilen eines Lokals, von Emporen 
»der Gallerien kommenden Personen werden erst dann in die den 
Ausgangsthüren näher liegenden Räume gelangen, wenn andere 
Besucher desselben Lokals, in Folge ihres kürzeren Weges, das 
Gebäude bereits verlassen haben. Hieraus werden sich Ersparnisse 
an Raum für die Ausgänge, Treppen, Korridore u. s. w. ergeben. 
Andererseits wird es nothwendig werden, getrennte Ausgänge 
inzulegen, wenn sich gemeinsame Ausgänge nicht in solcher Breite 
anordnen lassen, daß die Bewegung des aus verschiedenen Theilen 
desselben Lokals kommenden Personen bei ihrem Zusammentreffen 
nicht gehemmt wird. Immer wird die gleichmäßige Fortbewegung 
der bereits auf dem Wege ins Freie sich befindenden Personen 
das zu erstrebende Ziel bleiben. 
Es kann sich deshalb in einzelnen Fällen die Nothwendigkeit 
ꝛrgeben, die Anzahl und Breite der Gänge, Treppen und Thüren, 
wvelche zuuächst passirt werden müssen, zu beschränken, damit 
zegen die Ausgänge hin nirgend eine Verengung eintritt. 
Ju einzelnen Räumen können für die verschiedenen nach ein— 
inder in dieselben eintretenden Menschenströme auch durch 
Schranken getrennte Wege nebeneinander zweckmäßig sein, damit 
die aus den näheren Theilen eines Lokals, z. B. die aus dem 
Parquet eines Theaters kommenden Personen denjenigen, welche 
z. B. aus dem Ersten Rang etwas später in ein gemeinsames 
Ausgangsvestibil gelangen, das weitere Fortkommen nicht ab— 
schneiden können. 
Denn es wird aus anderen Gründen nicht zweckmäßig sein, 
die Anzahl der Ausgangsthüren des Parquets, oder der Parquet⸗ 
ogen so weit eineinzuschränken, daß die von hier aus in das 
Vestibül gelangenden Personen dasselbe nicht alsbald vollständia 
üllen. 
Für die Steigungen der Treppen wird man als das höchste 
doch nur ausnahmsweise zuläßige Maaß 20 em bei 22 cm Auf— 
ritt, für die nutzbare Breite aller Treppen und Gänge und aller 
Thüren, durch welche, sich geschlossene Menschenmengen bewegen 
müssen, als das geringste Maß 150 m bezeichnen müssen, weil 
tteilere Treppen auch sonst nicht üblich und deshalb gefährlich 
sind, schmalere Passagen zu leicht durch einzelne fallende Personen 
zesperrt werden können. 
Einzelne Stufen sind überall zu vermeiden, wo Menschen⸗ 
mengen im Zusammenhang sich bewegen. Die Garderoben dürfen 
die Äusgangswege nirgends beengen. Die zweckmäßige Anordnung 
der Thuͤren und Handgeländer hat keine Schwierigkeiten. 
Einige Beispiele werden dtese Vorschläge am besten er— 
läutern: 
Ein großer Saal, wie z. B. derjenige in der Flora in 
Charlottenbürg von etwa 1000 qm Grundfläche, würde nach Be— 
eitigung der Tische und Stühle dicht mit Menschen besetzt und 
oro Quadratmeter 6 PVersonen gerechnet, wenn man den sechsten 
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Theil der Grundfläche für diejenigen Einrichtnngen abrechnet, 
welche für Zweck der Versammlung erforderlich sind, Rednerbühne 
u. dergl., also von Menschen nicht besetzt werden können, höchstens 
5000 Personen fassen. Die Thüren eines solchen, zu ebener Erde 
»elegenen Lokals können unmittelbhar in's Freie, oder doch in 
Vorräume führen, welche ein freies Auseinandergehen der Be— 
ucher nach ihrem Austritt aus dem Saal gestatten. Unter dieser 
Voraussetzung wäre für einen solchen Saal nur die gesammte 
Breite der Thüren zu berechnen, welche 5000 Personen in 5 Mi— 
uuten passiren lassen können. Rechnet man pro Meter Thür— 
»reite 2 Personen und für jede Person eine Sekunde, um die 
Thür zu passiren, so werden in 5 Minuten 600 Versonen pro 
Meter hinausgehen. 
Der ganze Saal wird mithin in fünf Minuten geräuntt 
sein können, wenn er 8,33 migesammte Thürbreite hat. 
Wie die Ausgänge liegen, würde hierfür ohne Einfluß, für 
die Bewegung im Saale aber die möalichste Vertheilung derselben 
im zweckmäßigsten sein. 
Die Personen auf den Gallerien eines solchen Saales werden, 
venn die Treppen der Gallerien in den Saal hinabführen, bei 
zleichzeitigem Aufbruch sich erst etwas später denjenigen im Erd— 
geschoß anschließen können, jedenfalls aber früher in den Saal 
zelangen, als derselbe leer ist. — Es würde deshalb an sich zweck— 
näßiger sei, für die Gallerien besondere und direkte Ausgänge 
inzuordnen. Ist dies aber uicht möglich, so würde man die von 
zort kommenden Personen nicht vor den Ausgangsthüren des 
Saales herabkommen lassen dürfen, wo sie von dem den Saal 
verlassenden Menschenstrom zurückgehalten werden würden, sondern 
nan würde sie an anderer Stelle in den Saal hineinführen. 
Wäre auf den Galerien Platz für 1000 Personen, so würde die 
zesammte Thürbreite aus dem Saal hinaus, dann anstatt 8,33 m, 
etwa 10 mm betragen müssen. Erhielten die Gallerien aber direkte 
Ausgänge und hätten ihre Besucher bis zu diesen 30 Stufen herab— 
zusteigen und mindestens 5 mm zu gehen, so würde eine Ausgangs— 
breite von 1,9 mm genügen, dieselben ebenfalls iu 5 Minuten in's 
Freie gelaugen zu lassen. 
Man würde statt dessen aus Rücksichten der größeren 
Sicherheit aber wohl 2 Ausgangsthüren an entgegengesetzten Enden 
dorziehen, wobei dann die Gallerie schon in 3125, Minuten frei 
sein könnte. 
Aehnlich liegen die Verhältnisse für eine Kirche, nur daß 
hier in der Regel feste Sitze vorhanden find Hier ergiebt die 
Änzahl der festen Sitzplätze und die Menge der Personen, welche 
in den Gängen zwischen und hinter denselben Platz haben, zusam— 
men die Zahl, welche bei der Bemessung der Ausgangsthüren für 
—A 
Liegt ein Versammlungssaal eine Treppe hoch, so ist die 
Länge des Weges bis zur Hausthür und die Stufenzahl zunächst 
in Sekunden auszudrücken. Nimmt man an, daß ein Saal 10 m 
über der Straße läge, so ergiebt dies bei 17 cu Steigung etwa 
30 Stufen; rechnet man den Weg bis zur Hausthür ohne diese 
Stufen noch auf 15 m, so würden 6042, 15 oder 90 Sekunden 
erforderlich sein, um von den Ausgangsthüren des Saales bis auf 
die Straße zu gelangen. Wäre der Saal ohne Stühle dicht mit 
Menschen besetzt, so würden in demselben bei einer Fußbodenfläche 
von z. B. 300 qm, abzüglich von “, für Podien oder dergleichen 
xFinrichtungen, höchstens 1440 Personen Platz haben. Diese müßten 
also 5—16,, Minute (also in 31,, Minuten) den Saal verlassen 
önnen, und da pro Meter u. Minute 120 Personen abgehen können, 
wvürden hierzu 3,3 m Thürbreite erforderlich werden. Hätten dann 
zie Gänge, Treppen und Hausthüren die gleiche Gesammtbreite, so 
würde die ganze Versammlung in 5 Minuten im Freien sein. In 
der Regel werden also die sich auf solche Weise ergebenden An— 
jorderungen auf doppelte Ausgänge hinweisen, wenn solche auch 
au sich uͤicht als erforderlich bezeichnet werden können, weil schon 
die Bauweise derselben jede Feuersgefahr ausschließen muß. 
Etwas schwieriger gestalten sich die Verhältnisse bei Theatern 
ind ähnlichen viel getheilten Lokalen, doch führen auch hier gleiche 
Betrachtungen zu sicheren Resultaten und die zur, Ausdehnung 
dieser Gebäude verhältnißmässig kleine Personenzahl, welche zur 
Berechnung kommt, sowie die aus der allgemeinen Anordnung 
iich ergebende Möglichkeit, getrennte Ausgänge auzulegen, 
zleicht die Schwierigkeit, welche sich aus den größeren Höhen 
ünd sonstigen Dimensionen ergeben, zum Theil wieder aus. 
Wenn z. B. das Parquet, die Parquetlogen und das Parterre 
eines Theaters zusammen 800 Personen fassen, so würde für den 
Weg bis zum Veftibül 10 m oder 30 Sekunden und durch das 
Vestibül bis zur Straße ebenfalls 30 Sekunden gerechnet, die Zeit 
für das Passiren der Ausgangsthitren noch vier Minuten und die 
sich hieraus ergebende Breite derselben für jene 800 Personen nur 
16 betragen. Die Besucher des ersten Ranges würden, wenn
	        

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