Ueber das Verhalten der natürlichen Bausteine.
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Ueber das Verhalten der natürlichen
Bausteine.“
Was nun die allmähliche Zerstörung der Bausteine durch
hemische Kräfte betrifft, so wird dieselbe hauptsächlich durch die
itmosphärische Luft und die in ihr enthaltenen Beimengungen, wie
Tohlenfäure, Schwefelsäure, Ammoniak u. s. w. hervorgerufen.
Der in der Atmosphäre enthaltene Sauerstoff trägt schon vielfach
zur Lockerung des Steingefüges durch höhere Orxydation der niederen
Oxydationsstufen der Elemente bei. Interessant sind die in den
letzten Jahren in Mont—
souris angestellten Unter—
suchungen über den Ozon—
gehalt und den Gehalt von
Beimengungen der atmo—
—
diese Beobachtungen wird
dargethan, daß durch die
Verbrennung von Stein⸗
kohlen in den Feuerungen
der Haushaltungen und
Fabriken der Schwefel—
säuregehalt der Luft durch
Verwandlung des Ver—
breunungsprodukts schwef—
lige Säure in Schwesel⸗
säure bedeutend gesteigert
und der DOzongehalt in
Folge dessen vermindert
wird. Daher werden auch
in allen industriereichen
Städten die Oberflächen
der Marmorstatuen matt
und zeigen an ihrer Ober—
fläche eine dünne Schicht
schwefelsauren Kalks. Außer
diesen Untersuchungen ha—
hen die Beobachtungen von
G. Witz in Rouen be—
viesen, daß in dieser Stadt
der Gehalt der Luft an
ichwefliger Säure bezw
Schwefelsäure mit der Ent—
fernung von der Stadt
abnimmt und in einer
Entfernung von 3 kmvor
Rouen fast ganz aufhört
Für den Grad der Wir
fung aller dieser Reber—
bestandtheile der Luft jt
der Feuchtigkeitsgrad de—
selben von größtem Eir—
fluß; daher wirken arch
alle derartigen Luftor—
unreinigungen in einm
seuchten, nebligen Klina
bedeutend energischer uuf
die Zerstörung der Biu—
steine, wie in einem bn—
nigen, trockenen Lankes—
theile. In England, wo
die stärksten Nebel in der
Zeit auftreten, in wecher
als Verbrennungsproukte
der Steinkohle die grißten
Mengen an schweliger
und Kohlensäure der At—
mosphäre zugeführt weden,
werden die Baustein auf
eine harte Probe geeellt.
Das meteorolgische
Iustitut in Londor ver—
oͤffentlicht ferner dieinter—
effante Thatsache, dß der
Kohlensäuregehalt dr Luft
an starken Nebeltaen oft
mehr als das Deifache
des normalen zohlen—
äuregehalts übersteigt. Zu diesen Zerstörungen, weche in
hemischen Vorgängen ihren Grund haben, kommen nun uch die
Zerbröckelungen der Gesteine durch mechanisch wirkende Kreͤte, und
zwar nicht allein durch Frost, sondern schon durch die sich wieder—
holenden Ausdehnungen und Zusammenziehungen in Ilge be—
deutender Temperaturschwankungen. In den meisten Fälln wirken
Betrachtet man einerseits die geringe Anzahl der Urstoffe und
deren kombinirte Verbindungen, welche als Hauptbestandtheile der
natürlichen Bausteine auftreten, und andererseits die große Mannig—
saltigkeit und Verschiedenheit der aus diesen wenigen Bestandtheilen
gebildeten Naturprodukte,
o drängt sich wohl Jeder—
maunn die Ueberzeugung
auf, daß die chemische Zu—
sammensetzung eines Mi—
nerals nicht einzig und
allein den Ausschlag geben
kann für sein Verhalten
gegenüber den mechanischen
und chemischen Kräften,
welche seine Abnutzung und
dnthenn herbeiführen.
Finen großen Einfluß auf
die Festigkeit des Gesteins
hat die Größe und Dauer
der Druck- und anderer
Kräfte, welche zur Ge—
steinsbildung aufgewandt
worden sind, und zwar
wird dieser Einfluß sowohl
nach Größe, wie nach
Richtung der Widerstands—
kraft der Steine sich be—
merkbar machen. So ha—
den oft leicht verwitterbare
Thongesteine, Mergel und
Tuffe durch anhaltenden,
starken geologischen Druck
alle Merkmale ursprüng—
lich gebildeter krystalli—
nischer Steine erhalten.
Versuche über Bildung
zusammengesetzter Gesteine
aus den verschiedenen Ge—
nengtheilen durch großen
Druck, starke Hitze ꝛc. sind
im Hinblick auf die Man—
nigfaltigkeit der Gesteine
nur in geringer Anuzahl
gemacht, und da es immer
sehr gewagt bleibt, aus
diesen wenigen Versuchen
Schlüsse zu ziehen und
Theorien aufzustellen, so
ist über die Erfolge dieser
Versuche nur äußerst wenig
aus den Laboratorien in
die Oeffentlichkeit gekom—
men. Eine andere Reihe
iußerst wichtiger, weil für
dieselben der Erfolg spricht,
ist von den Kunstsandstein—
fabrikanten gemacht wor⸗—
den, aber auch diese bleiben
aus naheliegenden Gründen
dem Publikum vorenthalten.
Da also bis jetzt sichere
Angaben über die Kräfte,
welche bei der Gesteinsbil⸗
dung zur Wirkung gekom—
men sind, sowohl ihrer
Größe wie ihrer Natur
nach fehlen, so bleibt als
sicherstes Kriterium eines
tadellosen Bausteines dessen
Bewährung in einem schon
lange Zeit bestehenden
Bauwerke. Aber selbst
in einem so bestimmten Falle wird man nur bei Steinen aus
demselben Bruche und unter denselben klimatischen und sonst gleich—
artigen Verhältnissen dleich aünstige Resultate erwarten dürfen.
Fia
) Wir machen unsere Leser auf obigen, überaus lehrreichen Beitrag
den wir mit Genehmigung der Redaktion aus dem „Wochenblatt für Bau—
kunde“ veröfsfentlichen, hesonders qufmerksam