Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 45, Bd. 4, 1885)

Ueber das Verhalten der natürlichen Bausteine. 
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Ueber das Verhalten der natürlichen 
Bausteine.“ 
Was nun die allmähliche Zerstörung der Bausteine durch 
hemische Kräfte betrifft, so wird dieselbe hauptsächlich durch die 
itmosphärische Luft und die in ihr enthaltenen Beimengungen, wie 
Tohlenfäure, Schwefelsäure, Ammoniak u. s. w. hervorgerufen. 
Der in der Atmosphäre enthaltene Sauerstoff trägt schon vielfach 
zur Lockerung des Steingefüges durch höhere Orxydation der niederen 
Oxydationsstufen der Elemente bei. Interessant sind die in den 
letzten Jahren in Mont— 
souris angestellten Unter— 
suchungen über den Ozon— 
gehalt und den Gehalt von 
Beimengungen der atmo— 
— 
diese Beobachtungen wird 
dargethan, daß durch die 
Verbrennung von Stein⸗ 
kohlen in den Feuerungen 
der Haushaltungen und 
Fabriken der Schwefel— 
säuregehalt der Luft durch 
Verwandlung des Ver— 
breunungsprodukts schwef— 
lige Säure in Schwesel⸗ 
säure bedeutend gesteigert 
und der DOzongehalt in 
Folge dessen vermindert 
wird. Daher werden auch 
in allen industriereichen 
Städten die Oberflächen 
der Marmorstatuen matt 
und zeigen an ihrer Ober— 
fläche eine dünne Schicht 
schwefelsauren Kalks. Außer 
diesen Untersuchungen ha— 
hen die Beobachtungen von 
G. Witz in Rouen be— 
viesen, daß in dieser Stadt 
der Gehalt der Luft an 
ichwefliger Säure bezw 
Schwefelsäure mit der Ent— 
fernung von der Stadt 
abnimmt und in einer 
Entfernung von 3 kmvor 
Rouen fast ganz aufhört 
Für den Grad der Wir 
fung aller dieser Reber— 
bestandtheile der Luft jt 
der Feuchtigkeitsgrad de— 
selben von größtem Eir— 
fluß; daher wirken arch 
alle derartigen Luftor— 
unreinigungen in einm 
seuchten, nebligen Klina 
bedeutend energischer uuf 
die Zerstörung der Biu— 
steine, wie in einem bn— 
nigen, trockenen Lankes— 
theile. In England, wo 
die stärksten Nebel in der 
Zeit auftreten, in wecher 
als Verbrennungsproukte 
der Steinkohle die grißten 
Mengen an schweliger 
und Kohlensäure der At— 
mosphäre zugeführt weden, 
werden die Baustein auf 
eine harte Probe geeellt. 
Das meteorolgische 
Iustitut in Londor ver— 
oͤffentlicht ferner dieinter— 
effante Thatsache, dß der 
Kohlensäuregehalt dr Luft 
an starken Nebeltaen oft 
mehr als das Deifache 
des normalen zohlen— 
äuregehalts übersteigt. Zu diesen Zerstörungen, weche in 
hemischen Vorgängen ihren Grund haben, kommen nun uch die 
Zerbröckelungen der Gesteine durch mechanisch wirkende Kreͤte, und 
zwar nicht allein durch Frost, sondern schon durch die sich wieder— 
holenden Ausdehnungen und Zusammenziehungen in Ilge be— 
deutender Temperaturschwankungen. In den meisten Fälln wirken 
Betrachtet man einerseits die geringe Anzahl der Urstoffe und 
deren kombinirte Verbindungen, welche als Hauptbestandtheile der 
natürlichen Bausteine auftreten, und andererseits die große Mannig— 
saltigkeit und Verschiedenheit der aus diesen wenigen Bestandtheilen 
gebildeten Naturprodukte, 
o drängt sich wohl Jeder— 
maunn die Ueberzeugung 
auf, daß die chemische Zu— 
sammensetzung eines Mi— 
nerals nicht einzig und 
allein den Ausschlag geben 
kann für sein Verhalten 
gegenüber den mechanischen 
und chemischen Kräften, 
welche seine Abnutzung und 
dnthenn herbeiführen. 
Finen großen Einfluß auf 
die Festigkeit des Gesteins 
hat die Größe und Dauer 
der Druck- und anderer 
Kräfte, welche zur Ge— 
steinsbildung aufgewandt 
worden sind, und zwar 
wird dieser Einfluß sowohl 
nach Größe, wie nach 
Richtung der Widerstands— 
kraft der Steine sich be— 
merkbar machen. So ha— 
den oft leicht verwitterbare 
Thongesteine, Mergel und 
Tuffe durch anhaltenden, 
starken geologischen Druck 
alle Merkmale ursprüng— 
lich gebildeter krystalli— 
nischer Steine erhalten. 
Versuche über Bildung 
zusammengesetzter Gesteine 
aus den verschiedenen Ge— 
nengtheilen durch großen 
Druck, starke Hitze ꝛc. sind 
im Hinblick auf die Man— 
nigfaltigkeit der Gesteine 
nur in geringer Anuzahl 
gemacht, und da es immer 
sehr gewagt bleibt, aus 
diesen wenigen Versuchen 
Schlüsse zu ziehen und 
Theorien aufzustellen, so 
ist über die Erfolge dieser 
Versuche nur äußerst wenig 
aus den Laboratorien in 
die Oeffentlichkeit gekom— 
men. Eine andere Reihe 
iußerst wichtiger, weil für 
dieselben der Erfolg spricht, 
ist von den Kunstsandstein— 
fabrikanten gemacht wor⸗— 
den, aber auch diese bleiben 
aus naheliegenden Gründen 
dem Publikum vorenthalten. 
Da also bis jetzt sichere 
Angaben über die Kräfte, 
welche bei der Gesteinsbil⸗ 
dung zur Wirkung gekom— 
men sind, sowohl ihrer 
Größe wie ihrer Natur 
nach fehlen, so bleibt als 
sicherstes Kriterium eines 
tadellosen Bausteines dessen 
Bewährung in einem schon 
lange Zeit bestehenden 
Bauwerke. Aber selbst 
in einem so bestimmten Falle wird man nur bei Steinen aus 
demselben Bruche und unter denselben klimatischen und sonst gleich— 
artigen Verhältnissen dleich aünstige Resultate erwarten dürfen. 
Fia 
) Wir machen unsere Leser auf obigen, überaus lehrreichen Beitrag 
den wir mit Genehmigung der Redaktion aus dem „Wochenblatt für Bau— 
kunde“ veröfsfentlichen, hesonders qufmerksam
	        

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