Deittheilungen aus der Praxis. — Berichte aus verschiedenen Städten.
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Mittheilungen aus der Prarxis.
Münchener Konferenz zur Vereinbarung ein—
heitlicher Prüfungs-Methoden für Bau⸗ und Kon—
struktions-Materialien. Auf dem Wege schriftlicher Ab—
timmung ist nach der „Disch. Bauztg.“ von den Meitgliedern der
ständigen Kommission Prof. Bauschinger-WMeünchen zum Vor⸗
sitzenden der ständigen Kommission erwählt worden. und zwar mit
144 von 46 abgegebenen Stimmen.
Herr Prof. Bauschinger hat nun soeben ein Schreiben an
die Muͤtglieder der ständ. Kommission gerichtet, in welchem bezüglich
der Geschäftsführung in der ständigen Kommission einige spezielle
Borschläge gemacht werden. Darnach sind in der ständ. Komm
Subkommissionen für Bearbeitung einzelner Fragen bezw. Gruppen
aus solchen zu bilden, und hat Prof. Bauschinger für die meisten
Subkommissionen (29) die bzgl. Personal-Vorschläge beigefügt;
diese Subkommissionen sollen in einer zum 26. und 27. Mai zu
berufenden Versammlung der ständ. Komm. Bericht erstatten. So
wohl die Feststellung der Mitgliederliste als der Termin, endlich
der Ort der Versammlung sind der schriftlichen Abstimmung der
Kommissionsmitglieder vorbehalten geblieben.
Es scheint uns sehr zweifelhaft, daß die Arbeiten der Sub—
kommissionen den gemünschten raschen Verlauf nehmen werden,
weil der Umfang der auf ihre Schultern abgewälzten Aufgaben
in der That ein viel zu großer ist, um eine schnelle Lösung zu
ermöglichen. Indessen handelt es sich hierbei schlimmsten Falls
nur um einen mehr oder weniger größern Verlust an Zeit, wo—
zegen die sachl iche Einbuße, welche die Bedeutung der Beschlüsse
der Münchener Konferenz dadurch erlitten hat, daß der Verein
deutscher Eisenbahn-Verwaltungen es abgelehnt hat, an den Ar—
beiten der Konferenz sich zu betheiligen, ungleich schwerer wiegt.
Wir können nicht umhin, diese ablehnende Stellungnahme zu be—
dauern, ohne aber uns gegen die Gründe zu verschließen, welche
zu derselben Anlaß gegeben haben.
Fenster mit Doppelscheiben können jederzeit leicht
und ohne Mühe an jedem beliebigen Fensterrahmen ange—
bracht und ebenso wieder entfernt werden. Die Glasscheiben
werden an ihren äußeren Rändern mit einer weichen Gummi
Einfassung versehen, mit deren Hülfe sie an den betreffenden
Fensterrahmen fest und dicht angedrückt und dann befestigt werden
können. Mit solchen Gummirand-Glasscheiben können dann be—
liebig alle oder blos einige, etwa die oberen oder die unteren
Scheiben des Fensters gedoppelt werden, so daß dieselben um
Vieles wärmer halten, und sich solche Doppelscheiben in der That
durch Brennmaterial-Ersparniß leicht in einem Winter bezahlt
machen dürften.
Zur Anwendung des Gypsgusses am Aeußeren
von Gebäuden. Nach dem Strafgesetzbuch wird derjenige
bestraft, der durch fahrlässige Unterhaltung und Ausführung von
Bauwerken und Bautheilen das Leben Anderer bedroht. Dieser
Paragraph wird, wie man dem „Dachdecker“ von gut unterrichteter
Seite schreibt, in nicht allzu ferner Zeit in Berlin in ausgedehnter
Weise zur Anwendung kommen.
Es würde allen Regeln der Baukonstruktion und Baumate—
rialienkunde widersprechen, anzunehmen, daß die vielen in Berlin
perwendeten, aus Gyps bestehenden Konsolen, Rosetten, Gesimse,
Unterseite von Erkern u. s. w. so lange festsitzen bleiben werden,
bis der Bau einer Reparatur unterzogen wird und die schadhaften
Stücke ausgewechselt werden können. Wahrscheinlicher ist vielmehr,
daß dieselben in Folge der primitiven Befestigungsweise (mit Holz—
schrauben an vielfach sehr fragwürdigen Brettern) oder in Folge
der geringen Wetterbeständigkeit des Materials, besonders bei
schlechter Unterhaltung des Oelfarbenanstrichs, früher verfaulen
und stückweise oder im Ganzen herunterfallen und das Leben der
Passanten bedrohen werden. Daß bis jetzt noch verhältnißmäßig
wenig derartige Unglücksfälle vorgekommen sind, ist nicht zu ver—
wundern, da die eigentlichen Gipspaläste zum größten Theil erst
im letzten Jahrzehnt entstanden sind, während man früher in der
Anwendung der Gypstheile theils bescheidener, theils vorsichtiger
war. Schon jetzt sind dielfach Häuser zu sehen, an welchen ein—
zelne Kapitäle, Gesimse ꝛc. fehien. Ein kauflustiger Laie wird dies
freilich nicht immer bemerken und dürfte sich daher selten der
Verantwortung bewußt werden, welche er durch den Kauf eines
solchen von außen schimmernden, im Innern faulen Palastes
übernimmt.
Wir sollten meinen, die Baupolizei würde ein gutes Werk
thun, wenn sie die Verwendung eines so wenig wetterfesten
Materials, wie Gyps es ist, an äußeren Bautheilen einfach
untersagte!
Die Berechtigung der Polizei an diesem Verbote scheint uns
zweifellos zu sein. Das gegenwärtige Aeußere Berlins würde da—
zurch nichts verlieren, das zukünftige könnte nur gewinnen, und
es würde dereinst auch den Fachgenossen wieder möglich sein,
leichten Herzens auf den Trottoirs zu wandeln.
Man wird nicht verkennen, daß die Ausführung des vor—
stehend geäußerten Vorschlags im Privatbauwesen Berlins eine
vahre Revolution hervorbringen würde; indessen dürfte es ebenso
inzweifelhaft sein, daß die gegebene Anregung gerade im gegen—
värtigen Augenblicke, wo der Erlaß einer neuen Bauordnung
nahe bevorsteht, der ernstesten Beachtung werth ist. Noch sind
die Unfälle, welche durch Herabstürzen von Gypstheilen veranlaßt
wurden, zum Glück verhältnißmäßig selten geblieben, aber sie sind
doch vorgekommen, und die Möglichkeit, daß sie sich wiederholen,
sst gewiß ebenso groß, wie diejenige, welche zum Erlaß anderer
einer Gefahr vorbeugender Polizeivorschriften geführt hat.
Die Architekten sind jedoch an der bezüglichen Frage nicht
nur mit einem konstruktiven, sondern vor allem mit einem ästheti—
ichen Interesse betheiligt. Von Jahr zu Jahr haben die Be—
trebungen nach Anwendung echter Materialien für unsere Façaden
veiteren Boden sich erobert, und sie sind heute bereits zu einer
solchen Macht gelangt, daß ein polizeiliches Verbot der Gyps⸗
Architektur nicht mehr den Charakter einer unbilligen Härte tragen
würde, den man ihm vor 10 Jahren vielleicht noch zum Vorwurf
hätte machen können. Selbstverständlich würde ein solches Verbot
enen Bestrebungen die denkbar wirksamste Förderung gewähren;
die ganze architektonische Entwickelung unseres Privatbaues aber,
in dem leider die Schablone noch immer überwiegt, würde damit
eine gesunde und fruchtbarere werden. Neben den Häusern in
echtem Stein- oder Ziegelmaterial einerseits und den auf geputzte
zlatte Flächen und schlichte Gesimse beschränkten Façaden andrer—
eits würden sicher Kombinationen von Werkstein bezw. Kunst—
Sandstein und Putz, Backstein und Terrakotta mit Putz, Patz mit
farbiger Ausstattung ꝛc. versucht werden, die der Erfindungskraft
der Architekten einen reichen Spielraum gewähren, bisher aber —
zufolge der Bequemlichkeit des Arbeitens in Gyps — vernachlässigt
worden sind.
Jedenfalls können wir annehmen, daß ein polizeiliches Ver—
bot der Gyps Architektur in den Architektenkreisen der Hauptstadt
allgemeiner Sympathie begeanen wird.
Berichte aus verschiedenen Städten.
Berlin. Nach der dem Reichstage unterm 26 März v. J.
eitens des Reichskanzlers vorgelegten Denkschrift war für das
etzt abgelaufene Baujahr fir den Neubau des Reichstags—
ha uses am Königsplatze die Herstellung des größten Theils der
Fundamente und eines Theils des Kellermauerwerks beabsichtigt,
in der Voraussetzung, daß die von der Stadt Berlin übernom—
menen Kanal- und Straßenarbeiten rechtzeitig fertiggestellt würden.
Wie das „Centralblatt der Bauverwaltung“ in einem längeren
Berichte mittheilt, ist es in der That gelungen, die genannten
Arbeiteu zeitig aufzunehmen und kräftig zu fördern. Die den
Reichstagsbauplatz im Osten und Norden begrenzende neue
Straßenanlage ward bereits am 5. Mai dem Verkehre übergeben
und die alte Sommerstraße, welche in beträchtlicher Breite noch
die Baustelle kreuzte, gesperrt und der Bauplatz eingezäunt. Eine
mehrwöchentliche Unterbrechung der Erdarbeiten entstand durch die
Vorbereitungen zu der am 9. Juni stattgehabten feierlichen Grund⸗
tteinlegung; trotzdem konnten am 26. Juni die ersten Fundament—
stteine verlegt werden. Die Beschaffenheit des Baugrundes stellte
ich bei den vorgenommenen sehr genauen Untersuchnugen als eine
ziemlich ungleichmäßige heraus, was eine verschiedenartige Aus—
führung der Fundirung an den verschiedenen Stellen des Gebäudes
zur Folge gehabt hat. Wo der Grund bereits in geringer Tiefe
gut und tragfähig war, genügte die Herstellung eines einfachen
Betonfundaments, währeud anderwärts zu einer Gründung mittels
eingerammter Pfähle und darüber liegender Betondecke geschritten
werden mußte. So wurden beispielsweise für die Mauern und
Pfeiler der großen Mittelkuppel in der Zeit vom 1. September
dis 14. Oktober unter Zuhülfenahme der Abendstunden und elek—
rischer Beleuchtung 2232 Stück Rundpfähle von 5 m Länge mit
Dampframmen eingetrieben. Im ganzen wurden im verflossenen
Baujahr 35000 kbin Erde ausgehöben, 39000 Stück Pfähle ge—
— * in runder Zahl 11000 kbm Beton und Mauerwerk
ergestellt.
Hannover. Hier in Hannover ist eine arge Wohnungs—
noth eingetreten und leider muß man sagen, daß dieselbe zu nicht
geringem Theile von der städtischen Verwaltung mit verschuldet
ist. Durch den Abbruch zahlreicher alter HPäuser gingen viele kleine
Wohnungen verloren, aber auf dem vorhandenen Bauterrain der