Zur Frage der Conservirung der natürlichen Bausteine. (Schluß)
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und Holz-Pflaster dieser Unterlage, mit Naturnothwendigkeit,
bedürfen, um überhaupt verlegt werden zu können.
Das Wiener Steinpflaster 1. Klasse, welches durch weiten
Bezug — die Stadt Berlin hat bekanntlich, in der gebirgslosen
Mark liegend, keine Pflaster-Steinbrüche, sondern muß das er—
forderliche Material aus Belgien und Schweden beziehen —
durch Bearbeitung und Verlegung sehr hohe Preise bedingt,
wäre, was die Dauerhaftigkeit allein betrifft, gewiß nicht zu
unterschätzen, wenn ihm nicht recht unangenehme Eigenschaften
anhafteten. So lange die Fugen an den Hirnflächen der Steine
noch möglichst durch Zementausguß verschlossen sind, geht es
ganz gut. Aber dieser Zustand dauert nicht lange. Der welt—
städtische Verkehr, welcher nur durch Tausende von Wagen und
Pferden unterhalten werden kann, wirkt auch auf die Granit—
bahn zerstörend ein. Bald erweitern sich die Fugen. Sand und
kleinere Straßenabfälle, welche durch Reinigung nicht entfernt
werden können, drängen in sie hinein. Nun findet durch das
Aufspringen der Wagenräder, ferner durch das Aufschlagen der
Pferdehufe ein fortwäͤhrendes Abbröckeln der oberen Steinfläche
statt, was sich auch allmälig auf die Seitenflächen ausdehnt, so
daß, ehe es man für möglich halten konnte, die Zerstörung des
kostbaren Pflasters im besten Gange ist. Die Beweise hierfür
lassen sich in genügender Menge beibringen. Daß durch diesen
Zerstörungsvorgang die Straßenhygiene keine Förderung erfährt,
sondern, im Gegentheil, eine schwere Schädigung erleidet, liegt
auf der Hand. Vermehrung des aufwirbelnden Staubes und
Schmutzes sind die nächsten Folgen des theuren Wiener Stein—
pflasters. Daß durch das Fehlen jeglicher Elastizität des harten
Steinmaterials das Geräusch der Straßen, welches so wie so
schon einen recht bedenklichen Höhengrad erreicht hat, noch eine
fernere Steigerung erfährt, welche sich zunächst der oft schon
zusammen- und durcheinander gerüttelten Nerven bemächtigt,
bedarf keiner beweisenden Auseinandersetzung. Und nun erst die
armen Pferde! Wie laufen sie sich sehr bald die angestrengten
Beine lahm und wenn sie das Unglück haben, zu stürzen, dann
ziehen sie sich sehr oft Verletzungen, zumeist innerer Natur zu
velche mit Nothwendigkeit ihre Leistungsfähigkeit untergraben und
demnach ihren Werth für den Besitzer bedeutend herabmindern.
Also Granitpflaster, auch wenn es aus Wiener Steinen
1. Klasse besteht, hat keinerlei Anwartschaft auf die Zukunft,
denn es hält, bei fast doppeltem Preise, weniger, als es ver—
pricht! Die Gegenwart wird in fortschreitender Erkenntniß seiner
wenigen Vorzüge und seiner vielen Nachtheile sehr bald mit ihm
zur Tagesordnung übergehen.
Der erste Theil unserer Abhandlung wäre somit erledigt
Wir kommen jetzt zum zweiten Theil, d. h. zum Asphalt.
Der Asphalt ist ein schwarzes, glänzendes, zerbrechliches Harz,
welches durch Aufnahme von Sauerstoff aus Petroleum entstanden
ist. Er findet sich demgemäß gewöhnlich als Imprägnation von
porösen oder zelligen Gesteinen, z. B. zu Limmer in Hannover,
zu Lobsam im Elsaß, und nur selten in Form selbstständiger
Lagerstätten, dann aber entweder als oberflächliche Anhäufung,
so namentlich auf der Insel Trinidad, wo ein stundenweit aus—
gedehntes Asphaltgebiet bekannt ist, am Todten Meere, oder als
Ausfüllung von Klüften, wie zu Bentheim in Hannover, in der
Albertgrube in Neubraunschweig. Als Material zur Pflasterung
dient der Asphaltstein, ein mit zähem Erdpech durchdrungener
Kalkstein, welcher außer an den oben angegebenen Fundorten
zu Seyssel, zu Seefeld in Nordtyrol, zu Val de Travers in
Neufchatel und in Ragusa vorkommt. Derselbe wird zu Staub
gebrannt, das erwärmte Asphaltmehl auf einer Betonlage aus—
gebreitet und mit heißen Walzen zusammengedrückt. — Künst—
licher Asphalt, sogenannter Gußasphalt, gewonnen durch Ein—
dicken des Steinkohlentheers, wird als Zusatz des natürlichen
gleichfalls zur Pflasterung verwendet, doch ist er zu diesem Zweck
nicht besonders geeignet, da man nicht im Stande ist, eine so
innige Mischung des Asphalts mit Kalk zu erzielen, wie sie in
dem natürlichen Asphaltstein vorliegt.
Dieses Naturwissenschaftliche und die Art der Anwendung
des Asphalts vorausgeschickt, müssen wir uns nunmehr zu seinen
Vorzügen und Nachtheilen wenden.
Asphalt ist in Straßen mit einigermaßen erheblichen Steigungen
und solchen, in denen starke Quergefälle nicht zu vermeiden sind,
von vornherein ausgeschlossen. Mit der Geräuschlosigkeit des
Asphalts ist es nicht zum Besten beschaffen, denn das Schlagen
der Pferdehufe auf ihn ist sehr häufig recht vernehmlich Von
den Vertretern des Asphaltpflasters wird geltend gemacht, daß
es die Möglichkeit einer vollständigen Reinigung und Beseitigung
aller irgendwie gesundheitsgefährlichen Stoffe gewähre. Dem ift
gegenüber zu halten, daß Asphalt staubt, was bei dem Holz—
pflaster nicht der Fall ist. Auch erzeugt Asphalt eine beiße,
trockene Luft. Wenn die Reinigung einer Asphaltstraßze nicht
zründlichst besorgt, wenn der darauffallende Pferdemist nicht
beseitigt und bei beginnender feuchter Witterung die Oberfläche
nicht mit Sand bestreut wird — alles Arbeiten, die Zeit und
Geld in Anspruch nehmen —, dann tritt ein Massenstürzen der
Pferde ein, von welcher Calamität gewiß ein Jeder bereits Zeuge
war. Die Liebhaber des Asphalts machen bezüglich der Entscheidung
die Frage: ob in einer Straße Asphalt- oder Holzpflaster zu
vählen sei, geltend, daßz Straßen größeren Verkehrs, in denen
Stein und Asphalt gleich theuer werden, unbedingt letzteren er—
halten müssen, weil sie es gerade sind, wo die ganz außerordentlichen
Vorzüge des Asphalts, nämlich Geräuschlosigkeit und Vermeidung
eglicher Verkehrssperrung während der Ausführung der Reparatur—
arbeiten, besonders in's Auge fallen. Da Reparaturarbeiten beim
Holzpflaster wohl in ziemlich gleich kurzer Zeit ausgeführt werden
önnen und die vermeintliche Geräuschlosigkeit bereits eine Wieder—
egung erfahren hat, so bleibt nur noch übrig, zu erwähnen, daß
auf dem Asphalt die Fortbewegung der Wagen unbestreitbar eine
leichte ist. Nicht so ist es mit den Pferden. Der Asphalt ist
eine viel zu schlüpfrige Fläche, als daß der Pferdehuf irgend
einen Ruhepunkt fände! Besser allerdings, ganz bedeutend besser,
ift die Asphaltbahn gegenüber der von Stein.
Aber mit ihr ist zunächst nur der erste Theil der Frage:
Bewährt sich Asphalt für den Straßenverkehr und zwar für
Wagen und Pferd? beantwortet. Die Beantwortung des ersten
und zweiten Theils findet bis jetzt wohl ausschließlich nur in
einem guten Holzpflaster ihre Erledigung. Also auch der viel—
gerühmte, in den Himmel erhobene Asphalt besizzt ebenfalls nicht
die Anwartschaft auf die Zukunft!
1Schluß folgt.)
— J
Zur Frage der Conservirung der natür—
lichen Bausteine.
Schluß.)
Nachdem der Verfasser einige Erfahrungen an örtlichen
Vorkommen von Frostschäden an massigen oder dünngeschichteten
Trümmergesteinen eingeschoben hat, fährt er fort:
„Von all' den zahlreichen, in dieser Richtung gemachten Vor—
chlägen haben sich blos die Keßler'schen Fluate eines durchschlagenden
Erfolges zu erfreuen. Herrn L. Keßler von der Firma Faure &
Keßler, Fabrik chemischer Produkte in Clermont-Ferand, ist es
geglückt, Fluorsilicate (sog. „Fluate“) herzustellen, welche in
Aduͤssigem Zustande in Berührung mit kohlensaurem Kalk diesen
inter Abschneidung gallertartiger Kieselsäure und im Wasser un—
'öslicher, ebenfalls koloidaler Fluoride, in besonderen Fällen auch
unlöslicher Oxyde, zersetzen. Letztere tragen zum Verschluß der
Poren bei, während erstere das Material verfestigen, seine Em—
ofindlichkeit gegen Wasser- und Frostwirkung wirksam abschwächen.
Aus vorgenommenen Versuchen erhellte zur Genüge, daß
das Keßler'sche Magnesium-Fluat als ein äußerst wirksames
conservirungsmittel kalkhaltiger Sandsteine und aller oolithisch
erdigen, porösen Kalksteine anzusehen ist. Das Aluminium—
Fluat hat das Steinmaterial nachtheilig beeinflußt. Angesichts
der energischen Kohlensäure-Austreibung konnte nichts anderes
erwartet werden. Möglicherweise hat die Lösung noch freie Kiesel—
uor-Wasserstoffsäure enthalten, in welchem Falle die Bildung
eines in Wasser löslichen Caleiumfluats nicht ausgeschlossen wäre,
wodurch aber die Abschwächung des Steinmaterials durch Aus—
raugung eines Theiles der Kittsubstanz vollauf erklärt wäre.
Aehnlich, jedoch weniger kräftiger, wirken die Keßler'schen
Doppelfluate und das Zinkfluat. Die übrigen Fluate zu prüfen.
hatten wir bisher keine Gelegenheit.
Neben Laboratoriumsversuchen haben wir Veranlassung ge—
tommen, auch Versuche im Großen auszuführen. Nach einer
Vereinbarung mit Herrn Direktor Jenzer wurden in der Nähe
des Bahnhofes zu Ostermundigen vorläufig 19 Stück Platten