Das neue Rathhaus in Kaufbeuren. — Kunftstein und Fagadefteinfärbung
Das neue Rathhaus in Kaufbeuren.
(Hierzu 6 Abbildungen.)
ESchluß.)
Wie aus den in der vorigen Nummer mitgetheilten Grund—
rissen (Abbildungen 1454) und der zugehbörigen Beschreibung
hervorgehen dürfte, genügt die innere Einrichtung des Kauf—
benrener Rathhauses im vollsten Maße den Anforderungen des
praktischen Verwaitungsdienstes und trägt zugleich jenes eigen—
artige, monumentale Gepräge, das man bei einem öffentlichen
Gebäude dieser Bestimmung mit Recht erwartet, bei vielen
unserer modernen — nach der Schablone des „Kommißbanes“
ausgeführten — Rathhäuser jedoch mit Bedauern vermißt.
Mit nicht geringerem Glück macht das Streben nach eigen—
artiger, monumentaler Gestaltung auch in der äußeren Erscheinung
des Rathhauses sich geltend, für welche der Künstler den noch
immer im Vordergrunde des Tagesinteresses stehenden und für
die hier vorliegende Aufgabe gewiß besonders berechtigten Stil
der deutschen Re—
naissance gewählt hat.
Ohne daß der Bau
einem bestimmten Vor⸗
bilde folgt, schließt er
sich in Komposition
und Ausgestaltung,
in der Bildung der
Giebel, Erker und
Thurmhauben, ja selbst
in der Wahl des bild⸗
nerischen Schmuckes
den besten Werken
jener Epoche doch so
treu an, daß es lediglich
von der historischen
Echtheit der technischen
Ausführung abhängen
dürfte, ob man das
Bauwerk späterhin
nicht um drei Jahr⸗
hunderte zurück datiren
wird. Vergleicht man
dem gegenüber die
Auffassung, mit welcher
andere deutsche Archi—
tekten der Gegenwart
denselben Stil durch—⸗
führen, so wird in
interessanter Weise die
dauernde Einwirkung
ersichtlich, welche jeden
Architekien mit seiner Schule dauernd verknüpft, mag er die
zußerlichen Merkmale derselben auch längst abgestreift haben.
In Wirklichkeit wird übrigens das neue Rathhaus in Kauf—
beuren zu einem Irrthum über seine Ursprungszeit insofern keine
Veranlassung geben, als seine Ausführung thatsächlich in einer
Technik erfolgt, welche den historischen Werken desselben Stils
in Süddeutschland durchaus fremd ist — in einer Verbindung
von Werkstein- mit echtem Backsteinbau, wie wir sie so trefflich
Abbildung 6 befindet sich auf der folgeuden Seite.
durchgeführt finden in den reizvollen Architekturen der flandrischen
Städte, von Gent, Brügge, AYpern und Courtrai, in den malerischen
Giebelhäusern Hollands und in einzelnen Städten der deutschen
Ostseeküste. Der Backsteinbau mit den in der Umgegend ge—
hrannten halbfeinen Ziegeln wird hier in allen glatten Flächen an—
Jewendet. Zu den architektonischen Gliedern der Außenansichten,
zu den Thor und Fenstereinfassungen, den Gesimsen, Balustraden,
Bögen, Eckeinfassungen, Säulchen u. s. w. fowie zu der Treppen—
hJaus-Architektur des Inneren ist Lothringer Kalkstein, zu den
Bogenquadern im Erdgeschoß der Front nach der Rosengasse (vergl.
Abb. 5) Nagelfluhestein von Oberndorf, zum Söockel Granit
gewählt. Die Dächer wurden in Schiefer auf Schaalung gedeckt.
Auch die innere Ausstattung ist des Baues würdig durch—
geführt. Die besseren Räume haben Stuckdecken, die zwei
Sitzungssaͤle und Vor—
zimmer reiche Holz⸗
decken, Wandgetäfel
und Thürverkleidungen
sowie schoͤn gezeichnete
Kamine erhalten. Im
Sitzungssaal der Ge—
meinde-Bevollmächtig⸗
ten sind die Wände mit
herrlichen Gemälden
von Professor W. Lin—
denschmitt geichmückt,
wobei die städtischen
Behörden in dankens—
werthester Weise durch
Staatsbeitrag aus dem
Fonds für ideale Kunst
unterstützt wurden.
Sämmtliche Holz⸗ und
Eisenarbeiten und auch
die Möbel sind, wie
beim Münchener Rath—
hausbau, auch hier
nach den Zeichnungen
des Architekten ein—
heitlich im Stile des
Bauwerkes von Kauf—
beurener Werkmeistern
sehr gut durchgeführt.
Begonnen wurde
mit dem Bau im Juli
1879; die feierliche
Grundsteinlegung durch den jetzigen Bürgermeister Friedrich
Bechschmied' fand am 15. September 1879 statt; bereits im
Oktoͤber 1881 konnte der stattliche Bau bezogen werden. Möge
er der Stadt zum Nutzen, den Bürgern aber zur Nacheiferung
bei den besseren Privatbauten dienen; bietet er ihnen doch ein
Ränzendes Beispiel, wie man mit verhältnißzmäßig geringen
Mitteln bei geschickterLeitung ein Haus errichten kann, das für alle
Zeiten künstlerischen Werth behalten wird. Veifhoven
Kunststein und Facçadesteinfärbung.
Patent des Architekten Theodor Hofmann in Wien.
Mit der Besprechung dieser patentirten Erzeugnisse begegnen
wir einem unserer Ansicht nach ersprießlichen Streben sowohl in
künstlerischer als bautechnischer Hinsicht, um bei manchen unserer
Bauarbeiten vorwärts zu schreiten und besonders dort, wo
Billigkeitsrücksichten vorhaltend sind, sowohl den Architekten wie
den Bauherren einen erwünschten und erweiterten Spielraum in
befriedigender Weise zu gewähren.
Es wird uns naͤmlich ein steinartiger Verputz, in Stein—
masse gegossene Blldhauerarbeiten, gute, dauerhafte Steinkitte,
eine wohlfeile Färbung als Steinimitation u, dgl. m. geboten,
wodurch zeitgemäßen uͤnd berechtigten Wünschen in der Bau—⸗
branche entgegengekoemmen wird.
Dieser sogenannte „Kunststein“ ist eigentlich künstlich er—
zeugter Stein und soll dem Naturstein sowohl im Aussehen, als
in den inneren Eigenschaften möglichst gleichartig sein, um den—
selben in vielen Fällen und Anwendungen vortheilhaft, täuschend