Das Patent Menier in seiner Anwendung auf das Bauwesen. VII
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ioch stehen bleibt, wenn die üblichen Holzbalkenlagen oben und
inten durchgebrannt sind, dann genügt es freilich nicht, einer
vinkligen Wand ihren Halt unten auf einer solchen Balkendecke
zu geben, sondern es wird das Unterziehen von Trägern selbst⸗
verständliches Erforderniß.
Für absolut feuerabhaltende Wände ist es außerdem nötbig,
die Thüren feuerfest, also in Monier-Wänden als Cement—
»Alatte auf Thürangeln mit selbstthätiger Schlußvorrichtung, an—
wordnen, da bekauntlich einwandige Eisenthüren nicht feuerdicht
chließen, auch durch Erglühen Gegenstände in ibrer Nähbe ent—
ünden können.
Gleich große Vortheile bietet die Monier'sche Bauweise bei
derstellung von Umfassungswänden auf Eisenfachwerk.
dür die Außenwände des Diorama über dem Eirkus des Kry—
tallpalastes in Leipzig (vergleich Abb. 2 auf Seite 297) war
infangs Eisenfachwerk mit Ziegelausmauerung vorgesehen, später
vurde jedoch eine Bekleidung des Eisengerüstes des ganzen oberen
Baues mit Monier-Platten gewählt. Die Platten, in einer
Hröße von 1—1,6020,74 mund einer Stärke von 35 unn auf
inm starkem Drahtgerippe in der Fabrik gefertigt, haben zur
Verbindung im Stoß an zwei Stirnseiten eine ausgerundete
Nuth, zur Verbindung in den Lagerfugen und zur Befestigung
in den Riegeln des Eisenfachwerkes unten zwei Ausklinkungen
erhalten, die den Drahthaken Raum lassen, welche aus den unteren
Platten hervorstehen. Diese Drahthaken, mittels deren jede Platte
in das Riegelwerk angehängt ist, sind aus je drei verlängerten
Drähten der Eiseneinlage gebogen, also aus Drähten, die über
den oberen Plattenrand herausstehen, während die übrigen voll⸗
tändig von der Mörtelmafsse der Wandtafeln umhüllt sind. Die
Platten, natürlich mit Fugenverwechslung eingehängt, sind in
den Lagern einfach durch das Versetzen in Cementmörtel und
durch das Eingreifen der Haken einer Platte in die Ausklinkungen
der nächst höheren, sowie das Ausstreichen dieser Hakenbette mit
Sementmörtel unter einander verbunden. In den Stößen sind
ie gedichtet durch einen, in die Nuth eingeschobenen gewellten
Draht und durch das Vergießen desselben mit Cement. Außen
eiine einheitliche Fläche bildend, stellen sich die Platten zwischen
den Hauptstützen als eine 8,30 m hohe, 10 mm breite, ebene Wand
nit teppichartiger Bemalung dar.
Bei den bisher besprochenen Wandkonstruktionen war der
euer⸗ oder wetterbeständige Raumabschluß in möglichst einfacher,
olider und leichter, oder sogar sich freitragender Form der einzige
zweck. Kommt dazu die Rücksicht auf möglichst geringe Wärme—
»der Schall-Durchlässigkeit, so wird man entweder das tragende
Fisenfachwerk auch noch auf der Innenseite des Raumes mit
Wandtafeln bekleiden, oder man wird zu der Bildung von Hohl—
teinen gaus Cement auf Eifengerippen übergehen. Da
hre fabrikmäßige Herstellung keine Schwierigkeiten bietet, so ist
die Verwendbarkeit dieser Hohlsteine auch in ökonomischer Hin—
iicht außer Frage gestellt. Zumal in Fälleu, wo der Unterbau
rines vorhandenen Gebäudes nicht stark genug und auch nicht
eicht zu verstärken ist, um noch die Umfassungsmauern eines
zohen Geschosses aufnehmen zu können, wenn dieselben in Back—
teinen ausgeführt werden müßten, bei zahlreichen Umbauten also,
»esonders bei solchen, die kahlen Häusern ein reiches Gepräge
»erleihen sollen, werden die Hohlsteine aus Cement und Eisen
ein willkommenes Hülfsmittel für den Architekten sein, dem be—
chränkte Geldmittel und knappe Bauzeit die Verwendung großer
ziserner Verstärkungen und die Verblendung der Front mit Hau—
steinmaterial nicht gestatten.
Bezüglich der Tragfähigkeit der Monier-Hohlsteine kann
nan sich vor erfolgter Probebelastung wohl auf die Belastungs—
ähigkeit einer 3 cin starken, 3225 m hohen und ebenso langen
reitragenden Wand berufen, die bei den Versuchen in Berlin
am 23. Februar, 1886, hne auszubiegen, 10 000 kg trug Es
wird also ausreichend sein, die bet einer Hohlsteinmaner hoͤchstens
auf O,ao zu G,so un freistehenden Wandtheile 25 inm siark und
die nur O,ed mm freien Lagerfläͤchen, sowie die in der Mitte jedes
8 mi breiten Hoblsteines angeordueten Verstärkungsrippen
20 inm stark zu machen. Das Gewicht eines 0,«o mähehen,
lbb m breiten —E mm starken Läufers berechnet sich dann zu—
Innnen quf m ka. Es sind also die Steine durch zwei Maurer
hne große Shwierigkeit zu versetzen. Indeß wird man zweck—
näßig nur bei Bauten großen Maaßstabes diese Blockabmessungen
wählen, während für einfachere Ausführungden darauf Rhußigt
u nehmen ist, daß die Steine von einem Mann gehandhabt
verden können. Die passenden Abmessungen von 50 cim Länge,
z0 ein Höhe und 20 em Tiefe ergeben für solche Läufer ein
rFigengewicht von rund 29 kg.
Unter Zurechnung des Gewichtes für den Verbandmörtel
rmittelt man das 4m Monier-Hohlmauer zu 210 kg
kigengewicht, während sich dasselbe für eine Hohlziegel—
nauer aus Backsteinen von 1u/, Steinstärke auf 372 Kg,
ür eine volle Backsteinmauer gleicher Stärke auf 624 kg
tellt. In Bezug auf Standfestigkeit und Wärmedichtigkeit wird
eine 1 Stein starke Backsteinwand nicht mit einer Hohlmauer
ius Cement und Eisen zu vergleichen sein. Bei dem Vor—
sandensein ruhender dicker Luftschichten in den Monier-Hohl—
teinmauern wird vielmehr die Wärmedurchlässigkeit derselben
noch geringer sein, als selbst die einer hohlen Backsteinmauer
»on 1u/ Stein Dicke. Zur Erhaltung dieses Vorzuges empfiehlt
os sich, die Lagerflächen der Hohlsteine nicht durchbrochen herzu—
tellen, um etwa ihr Gewicht zu erleichtern. Abgesehen davon,
»aß die Fabrikation damit eine umständlichere und beim Ver—
nauern der oft zu reichlich aufgetragene Mörtel durch die Oeff⸗
iungen des Lagers sich durchdrücken, innen herabfallen und sich
n den Hohlräumen aufhäufen würde, ist auch die Bildung
»ertikaler Luftschichten ohne Nutzen für die Wärmedichtigkeit
der Mauern. In Folge der Temperaturverschiedenheit oben und
inten, innen und außen, wird selbst in geschlossenen, senkrechten
danälen eine Luftströmung zur Herstellung des Gleichgewichtes
inter den verschieden erwärmten und verschieden schweren Luft—
hichten entstehen, wobei die von der Außenfläche abgekühlte
der erwärmte Schicht schnell an die Innenfläche gelangt uünd
iese abkühlt oder erwärmt. Werden diese senkrechten Kanäle
iun gar an den Enden offen gehalten, so ist eine solche Hohl—
nauer nicht bloß der geringeren Standfestigkeit wegen, sondern
iuch in Bezug auf Wärmedurchlässiakeit schlechter. als volles
Mauerwerk.
Das verminderte Eigengewicht und die geringe Wärme—
zurchlässigkeit dürfte die Hoblsteine in Cement und Eisen be—
onders geeignet machen zum Ausbau weit vorspringender Erker,
vie sie immer mehr in zahlreichen Geschossen übereinander zur
Belebung der Fronten und zur Erweiterung der Wohnzimmer
owohl, als aus Rücksicht auf die Aussicht vor die Außenmauern
ekragt werden. Auch die besondere Brauchbarkeit der Monier—
Decken und Fußböden für diesen Fall mag noch hervorgehoben
verden. Von großer Bedeutung ist noch die Schnelligkeit der
Hauausführung mit Cement-Eisensteinen in Folge ihres großen,
iel auf einmal deckenden Rauminhaltes und der Ersparung des
Hutzes im Inneren und Aeußeren. Giebt man einer Ansichts—
läche jedes Steines gleich in der Fabrik das Aussehen von Kunst-
andstein, oder durch gleichmäßiges Auftragen von gefärbtem Ce⸗—
nentmörtel einen dauerhaften Farbenton, so kann auch noch der
Unstrich des Aeußeren erspart werden. In Berücksichtigung alles
)essen darf wohl auf die Monier-Hohlsteine dasselbe angewendet
verden, was Gottgetreu von den Vollsteinen aus Stampfbeton
agt („Physische und chem. Beschaffenheit der Baumaterialien“
3. Aufl. Bd. 2 S. 358):
„Es ist offenbar, daß die Möglichkeit, für mäßige Kosten
inunterbrochene Steine zu bilden, welche so hart sind, wie der
este natürliche Stein, dabei wasserdicht, unempfindlich gegen die
Finflüsse der Witterung, für die Kunst zu bauen ein kräftiges
Llement werden muß, das seinesgleichen bei den gewöhnlichen
Mauerungsmethoden nicht hat.“ —
Zum Schluß dieses Kapitels sei endlich noch als Beispiel
einer selbstständigen, in sich geschlossenen Wand- und Decken—
hildung aus einem Stück des im Frühjahr 1887 nach dem Ent—
vurf des Architekten Ludolff erbauten Musikpavillons für die
Rennbahn zu Hoppegarten gedacht. Im Vergleich zu den ge⸗
nauerten Musiktribünen größerer Badeorte ꝛc. darf man mit
Zicherheit auf eine bessere Resonnanz bei Anwendung so dünner,
lastischer und organisch gefügter, einseitlicher Wandflächen rechnen,
vie es die aus Eisenrippen mit Cementumhüllung sind.
Die Einfachheit der Herstellung von Thür- und Fenster—
lügeln mit geradem Abschluß, sowie die Gewohnheit haben
»ahin geführt, die Maueröffnungen geradlinig abzudecken, auch
venn die Oeffnungen in Bruch- oder Backsteinen überwölbt
verden müssen. Seit Einbürgerung des Walzeisens hat man
die Umständlichkeit des Wölbeus und die Unsoͤlidität der Aus—