Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 47, Bd. 6, 1887)

Familien Wobhnhaus 
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Familien-Wohnhaus. 
Entworfen vom Architetten E. Sutter in Mainz. 
Rebst einigen Bemerkungen über die Einrichtung des Familien-Wohnhauses im Allgemeinen. 
(Mit fünf Abbildungen.) 
Eine der dankbarsten, aber auch schwierigsten Aufgaben für Vor Allem muß die Lage der Wohnräume eine zweckmäßige 
den Architekten wird imnier die Einrichtung eines zweckmäßigen sein, sie sollen dabei in ihren Haupttheilen nach der Straße 
ind behaglichen, den Bedürfnissen seiner Bewohner entsprechen- hinaus liegen. In der autiken Welt war zwar das gerade 
den Wohnhauses bleiben. Das Miethshaus, in welchem in Begentheil der Fall, indem sich hier die Wohnräume in der 
sedem Geschoß eine oder mehrere Wohnungen für je eine Familie Regel um einen geschlossenen Hof aruppirten, der meist durch 
iusgebaut werden und das zu allen Zeiten im Wesentlichen die Pflanzenschmuck oder ein laufendes Wasser u. s. w. belebt wurde, 
zleiche Gestaltung gezeigt, hat sich zwar stets einer ausgedehnten vie dies in malerischer Weise so manche Häuser in Pompeji 
Anwendung erfreut, namentlich wegen seiner, bei einer dichten loch heute zeigen. Ferner muß man bei unseren neueren Häusern 
Bevölkerung unverkennbaren Vortheile der sparsamsten Raum-— eine klare Sonderung der Räume, welche verschiedenen Zwecken 
ausnutzung und leichten Bewirthschaftung. Schon zu Augustus' dienen, verlangen, so daß in jedem Raume ungestört die be— 
Zeiten überragte das Miethshaus zu Rom alle anderen Wohn- reffende Beuutzbarkeit gewahrt ist. Andererseits aber müssen 
»ausbauten. Andererseits entzieht sich aber das Miethshaus die Räume auch wieder so zu einander liegen, daß sie eine etwa 
durchweg jeder wahrhaft künstlerischen Lẽösung, da vor Allem eliebte Aenderung in ihrer Benutzungsart ohne allzu große Um— 
das Haus nicht den eigenartigen Bedürfnissen seines künftigen bauten oder Erncuerung ihrer Konstruktionen gestätten. 
Bewoͤhners von vornherein augepaßt werden kann, wird ja' in Eine weitere Forderung, die an ein zweckmaͤßiges Wohnhaus 
den meisten Fällen dem Bauherrn und dem Architekten der dem- zestellt werden muß, ist ein guter Zusammenhang und eine be— 
aächstige Wohnungsinhaber gar nicht bekannt sein. Bis in die queme Einrichtung der einzelnen Räume. Hierzu bedarf es be— 
üngste Zeit verdienten daher die Miethshäuser auch mehr den dnders einer leichten Verbindung zwischen den zusammengehörigen 
Namen großer Steinkisten, die mit Oeffnungen für Luft und Räumen, auch müssen die Zimmer möglichst in der Reihenfolge, 
Licht versehen waren, als die Bezeichnung von Wohnhäusern im wie sie benutzt werden, liegen; die Einrichtung der Räume muß 
wahren Sinne des Wortes. In vielen Städten strebten zwar e nach den Perfonen, welche fie vorzugsweise bewohnen oder je 
einfichtsvollere Architekten, die ihre Aufgabe vom höheren Stand- nach der Jahreszeit, in welcher sie besonders benutzt werden, 
ßunkte auffaßten, schon seit längerer Zeit darnach, auch für die »ine verschiedene sein. Zur Bequemlichkeit gehört ferner die 
Miethshäuser eine künstlerische Ausgestaltung zu erzielen — so bichtige Größe der Räume und die Mannigfaltigkeit ihrer Gestalt 
in Berlin beispielsweise Hitzig und Knoblauch und zahlreiche u Bezug auf Länge, Breite und Höhe. Durch Anlage von 
Baumeister unserer Tage mit mehr oder weniger Glück — es wird Balkonen, Loggien, Nischen u. s. w. kann die Wohnlichkeit und 
aber meist nur den zu den höchsten Aufgaben berufenen Meistern Bequemlichkeit der Zimmer auch ganz bedeutend gewinnen, 
gelingen, das schwierige Problem befriedigend durchzuführen. aiamentlich bei gegebenen unregelmäftigen Grundrißformen der 
Das Ziel, ein zweckmäßiges, künstlerisch durchgeführtes Räume, welche meist ohne eine passende Ausgestaltung in dieser 
Wohnhaus zu erbauen, wird wesentlich leichter erreichbar, wenn Hinsicht unschön wirken würden. Besonderes Gewicht ist auch 
der Architekt den Bau für ein bestimmtes Individuum errichten Juf eine charakteristische ästhetische Ausbildung der Räume in 
soll, wenn er also ein Familien-Wohnhaus zu entwerfen Bezug auf Wand, Decke und Einrichtungsstücke zu legen, die 
»at. Hier bieten sich ihm immer neue, dankbare Aufgaben, da Dekoration muß stets in Uebereinstimmung mit dem Zweck des 
a schon das Individuum selbst stets wechselt, sowehl nach seinem RNaumes gebracht werden und im Ganzen einen harmonischen 
Kulturstande, als auch nach seinem Vermögen, seinem Berufe, seinen Kindruck machen. Man darf beispielsweise nicht etwa, wie dies 
Bedürfnissen und Lebensanschauungen. In den meisten Fällen eider noch so oft geschieht, den Maler ohne Rücksicht auf die 
zwar wird sich das Familien-Wohnhaus nur in mehreren Geschossen pätere Benutzung des Raumes frei schalten lassen und nachher 
ibercinander aufbauen lassen und hierdurch bringt es manche »twa die Tapeten ohne jede Beziehung zu der bereits fertig ge—⸗ 
Mängel in seiner Bewirthschaftung mit sich, es wird in der tellten Malerei der Decke u. s. w. auswählen 
Regel mehr Bedienungspersonal als die Miethswohnung er— Besonders hat der Baumeister auch sein Augenmerk auf 
ordern, wo alle Räume sich durchweg in einem Stockwerk an- nmöglichste Raumökonomie und Kostenersparniß bei Aufstellung 
einanderreihen. Diese Mängel, an die sich die Bewohner aber eines Entwurfs zu richten, ohne jedoch eine Schädigung der 
auch erfahrungsgemäß sehr schnell gewöhnen, werden andererseits Solidität der Konstruktionen des Bauwerkes zuzulassen. In 
durch so bedeutende Vortheile des behaglichen, ungestörten Wohnens dieser Hinsicht wird bekanntlich außerordentlich viel gesündigt. 
m eigenen Hause aufgewogen, daß die Durchführung des Familien- Zeigt sich bei der Ausführung des Bauwerkes, besonders, wenn 
Wohnhauses stets das Ideal bleiben wird. Leider sind die Privat- vorher kein erschöpfender Kostenanschlag aufgestellt wurde, daß 
Wohnhäuser in größeren Städten, schon wegen der Kostbarkeit die vorhandenen Mittel zur Vollendung des geplanten Entwurfs 
hrer Baustellen, noch immer fast ausschließlich dem Gebiete des dicht ausreichen, so wird nur allzu oft zu billigeren, aber oft 
Luxusbaues zuzurechnen und daher hier, mit Ausnahme weniger recht ungesunden Konstruktionsarten gegriffen, anstatt zunächst 
deutscher Städte, im Verhältniß zu den Miethshänsern nur durch vorläufige Wahl einfachster, aber den Bestand des ganzen 
parsam vertreten. An Bestrebungen, das in England, Holland Bauwerkes nicht schädigender Ausstattung die Kosten möalichst 
und einigen nordwestdeutschen Städten bis heute ganz allgemein herabzumindern. 
äbliche Wohnen in kleineren Einzelhäusern auch dem in mittleren Selbstverständlich müssen endlich die Wohnungen warm, hell, 
Vermögens-Verhältnissen lebenden Theile der deutschen Be- rocken und wohl geschlossen angelegt werden, sie müssen überall 
pölkerung wieder zugänglich zu machen, hat es in den letzten jut bedacht und geschützt sein. Wo möglich muß jeder Raum 
Jahren ebenfalls nicht gefehlt, doch sind dieselben vorläufig von zu einer Tageszeit von der Sonne durchwärmt werden, da nur 
keinem erheblichen Erfolge begleitet gewesen. Im Gegentheil, nn diesem Falle eine ausreichende Lüftung zu erzielen ist. Die 
in manchen aufstrebenden Städten Nordwest-Deutschlaudt, in Wärme sollte bei einem bequem eingerichteten Hause auch überall 
welchen bisher fast ausschließlich das Familien-Wohnhaus ge- wöglichst gleichmäßig vertheilt sein, da gerade durch den beim 
oflegt wurde, hat man sich in neuerer Zeit auch vielfach nicht Bewohnen unvermeidlichen Uebergang aus den gebeizten in un— 
Jescheut, den Rückschritt zum Miethshaus zu machen, so bei- geheizte Räume die ärgsten Schädigungen der Gesundheit der 
pielsweise bei den zahlreichen Nenhauten der Stadterweiterunag Bewöhner hervorgerufen werden. Am vollkommensten ist diese 
von Köln. Jleichmäßige Vertheilung der Wärme durch Anlage einer Centrab— 
Ehe wir uns nun zu unserem eigentlichen Thema, der Be- heizung zu erzielen, die sich aus diesen Gründen auch bei kom— 
chreibung des reizvollen, vom Architekten C. Sutter in Mainz drfiabel eingerichteten Wohnbhäusern immer mehr Eingang ver— 
entworfenen Familien-Wohnhauses wenden, von dem wir in der chaffen wird. Aus den gleichen Rücksichten heizen die Russen 
heutigen Nummer vier Grundrisse und in der folgenden Nummer eispielsweise alle Treppen, Flure und sonstigen Nebenräume und 
eine perspektivische Ansicht bringen, wollen wir zunächst in kurzen ilden dadurch gleichsam eine Wärmschicht um die, eigentlichen 
Sätzen einige Gesichtspunkte feststellen, welche beim Entwerfen Wohnräume. Nach Außen muß die Wobnung in rauheren 
»ines solchen Wohnhauses z3u beachten sind dimmelsstrichen durch Doppelfenfter und Dovrelwände möalichst
	        

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