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Straßenzustände und Pflasterung II. — Mittheilungen aus der Praxis.
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Pferd haben muß, das, vom Makadam kommend, auf dem Asphalt—
oflastetr, dann wieder auf Würfel- oder Holzpflaster seinen Weg
ortfetzen soll. Auf jedem dieser Wege muß das Pferd gehen
ernen, wenn es sicher gehen soll; bei einem Durcheinander von
nehrerlei Systemen wird es auf keinem sicher geben.
Die beste Straße, die beste Fahrordnung, selbst geschulte
Leiter der Fuhrwerke, das ist alles noch nicht genügend für
einen geregeltei Straßenverkehr. So nothwendig wie jeder dieser
Faktoren ist die Tüchtigkeit der überwachenden Polizei-Organe.
Wenn der Bautechniker keine Idee vom Fahren hat, wenn der
Schutzmann nicht instruirt und ausgerüstet ist mit praktischen
Kenntnissen über Fahren und Fuhrwerksverkehr, dann hört freilich
Alles auf. „Was verstehen Sie vom Fuhrwerk,“ ruft ein flotter
utscher einem Gensdarmen zu, der ihm hinderlich sein will,
ich gewandt durch ein Chaos von durcheinander gefahrenen
Fuhrwerken zu winden, „sorgen Sie doch, daß der Kerl da die
zügel in die Hand nimmt zum Fahren und der Andere da
drüben nicht hinten hinausschaut in die Welt, statt auf seine
Pferde, während ein Dritter ohne alle Ursache mit der Peitsche
nallt, und sehen Sie zu, daß Sie nicht selbst überfahren werden.“
Derartige Vorkomnisse, die nicht selten zur Beschädigung der
Thiere Anlaß bieten, sind auch zumeist mit großen Belästigungen
»er Fuhrwerks-Insassen verbunden, sie beweisen zum Mindesten
die krasse Ungeschicklichkeit vieler überwachender Organe Mangels
deren entsprechenden Instruirung. Da ist z. B. in London eine
Janz musterhafte Einrichtung und kommt es in dieser Weltstadt
uch nicht vor, daß ein Policeman wegen seiner komischen
Ordnungshalterei ausgelacht wird. Wegen Uebertretung un—
bedeutender Vorschriften, die nicht jeder arme Teufel kennt,
Anzeigen machen und den unbewußt gesündigt Habenden in
Strafe bringen, das regelt nicht den Verkehr; jeder Bengel, der
ungeschickt, frech oder gegen die Vorschrift fährt, der muß sofort
zurecht gewiesen werden, das schult die Leute zur Ordnung und
Aufmerksamkeit.
Die den Herren von der Technik der Straßenerbauung, der
Jochlöblichen Polizei und dem großen Trosse der Fahrkünstler ge—
agten Komplimente sind leider nicht zum umgehen gewesen.
So lange es in dieser Richtung nicht anders — besser wird
o lange dauert die alte Misere fort.
Die Trambahn (Pferdebahn-Tramway) bildet einen inte—
grirenden Theil des Straßenverkehrs. Sie ist zum unentbehr—
iichen Bedürfniß geworden, ein Institut von eminentester Be—
deutung für die Allgemeinheit. So sehr deren Betricb An—
nehmlichkeiten und so viele Vortheile bietet, so ist er doch dem
ibrigen Verkehr unbequem, lästig, theilweise sogar schädlich.
Im Allgemeinen ist fowohl das Pferdematerial, als der ganze
Betrieb der Pferdebahnen als gut zu bezeichnen, was sich von dem
Omnibusfuhrwerk leider nicht sagen laͤßt. Der Hauptvorwurf,
»er letzteren betrifft, ist verhältnißmäßig schlechtes Pferdematerial
und Ueberlastung der Wagen. — Damit kehren wir zur Tram—
hahn zurück, welche in zwei Richtungen eine besondere Be—
ziehung zu dem übrigen Fuhrwerk hat. Die Schienengeleise
ieten nicht selten und zu jeder Jahreszeit Aulaß zum Aus—
zleiten und Stürzen der Pfeide Geinbrüche nicht selten). Noch
zefährlicher ist das Hängenbleiben der Pferde mit irgend einem
Fuße, beziehungsweise mit dem Griffe oder Stollen des Huf—
eisens. Entweder ist die Schienenrinne nicht breit genug und
von richtiger Form, oder die Griffe und Stollen sind nicht ent—
prechend gearbeitet. Weiter hierauf einzugehen, erlaubt der
Umfang des Referats nicht. In beiden Richtungen läßt sich
helfen und verhüten. Nicht bloß aber ein Pferdefuß, sondern
das ganze Fuhrwerk mit sammt seinen Insassen ist in größter
Vefahr, wenn die Schienengeleise über die Bodenfläche der
Straße hervorstehen. Das Ausweichen mit einem Fuhrwerk ist
dann oft unmöglich, meist unberechenbar; dasselbe bleibt mit den
Rädern innerhalb der Schienen hängen und wird geschleift.
Diesem Mißztande sollte überall energisch begegnet werden. Er
besteht am häufigsten bei Macadam und ist am leichtesten zu
vermeiden bei unserem gepriesenen Würfelpflaster.
Wenn im Winter recht viel Schnee fällt, so ist der Tram—
zahnbetrieb gefährdet und kann rechtzeitig zu Nutz und Frommen
der Menschen und Pferde nur dannd erfolgen, wenn durch
Salzstreuen die Bahn frei gemacht wird.“ Menschenbände
önnen dies bei ausgedehntem Betriebe absolut nicht rechtzeitig
ertig bringen. So lange keine Erfindung gemächt ift. wesch
ieses Bahnfreimachen ohne Salzstreuen zu Wege bringt, so lange
vird es leider gestattet werden müssen. Es hat, praktisch ge—
irtheilt, viele Nachtheile gegenüber diesem einen Vortheile. Es
tört den Verkehr mit Schlitten erheblich, es belästigt und
bädigt die Salzlauge in vielfacher Weise Menschen und Pferde,
Zunde und Wagenmaterial, und kann ich mich mit desfallsigen
Zersuchen und Schlußfolgerungen zu Gunsten des Salzstreuens
richt in Allem einverstanden erklären. Mindestens ist der Zu—
tand solcher aufgelösten Straßen bei sonstiger trockener Boden⸗
eschaffenheit eine lästige Sudelei, die so viel als möglich durch
kFinhaltung der goldenen Mittelstraße vermieden werden sollte.
-peziell will ich noch erwähnen, daß die Salzlauge, wenn sie
uch den Pferdehufen nicht unbedingt schädlich, nach meinen
ahlreichen Erfabrungen doch bei geschorenen Pfeiden zur Ent—
tehung der Mauke, wunder Fesseln und Anschwellung der Füße
vesentlich beiträgt.
Hieran schließt der Herr Referent resümirende Anträge und
zwar bezüglich Straßenbau:
. im Ällgemeinen: Verständigung mit den Straßenbautechnikern
über die Forderungen des Thierschutzes und der Zweckmäßigkeit;
Verwendung tüchtiger Wegmeister; rechtzeitige Ausführung
des Straßenunterhaltes; Sorge für zweckmäßige Straßen—
Alleen; gemeinschaftliches Vorgehen mit den landwirthschaft—
ichen Vereinen;
im Besonderen: Anerkennung des Granitwürfelpflasters als
des zur Zeit besten Straßenpflasters und Förderung dessen
nöglichster Verbreitung; Verhütung der Anwendung ver—
chiedeuerlei Pflastersysteme in einer Stadt; Herstellnng eines
nahezu horizontalen Profiles (ebene Pflasterung);, un—
»edingte Bekämpfung jeder bedeutenden Straßenwölbung,
owie der diagonalen Pflasterung und der breiten Zwischen⸗
urchen; Herstellung unauffälliger und sicher zu überschreiten—
der Verschlüsse von Kanal- ꝛc. Oeffnungen; Bekämpfung
der Uebergriffe des Salzstreuens und des gefährlichen Miß—
standes über die Strakenfläche hervorstehender Pferdebahn—
chienen
.
Mittheilungen aus der Praxis.
Holztapeten. Es dürfte nicht schaden, wieder einmal
iuf die Tapeten aus ganz feinen Holzfournieren hinzuweisen,
velche neuerdings in Amerika sehr beliebt fein sollen; diese
dapeten haben nur eine Dicke von 0.25—2. 00 mi je nach
zweck und Bedarf und können mit den geeigneten Maschinen
eicht in Rollen, wie die anderen Tapeten, hergestellt werden; man
ann sie bemalen oder anstreichen oder dem Holzcharakter gemäß
oliren; so z. B. wendet man in den amerikanischen Villen in
ieser Hinsicht Fonrniere von Ahorn-, Nuß oder Polysanderholz
in, welche in Jahren durch Nachdunkelung immer schöner werden;
eie dünnsten Sorten werden völlig ebenso aufgeklebt, wie Papier—
apeten, stärkere und stärkste Sorten behandelt man wie Leder—
apeten oder Wandgetäfel; man verwendet für diese Art nach
Imständen zur Befestigung Harze, Leim oder feine kleine mes—
ingene, bronzirte, vergoldete oder versilberte Drahtstifte. Die
Finführung dieser Tapeten in Deutschland und Oesterreich ꝛc
Jzäbe einen neuen Industriezweig.
Die Holzfourniertapeten haben noch folgende Vortheile —
ähnlich den Ledertapeten):
a. Man kann sie, wenn lackirt oder mit Oel: und Harzfarben
bemalt, abwaschen.
h. Polirte Tapeten (Wandgetäfel-Imitation) lassen sich
durch neue Politur auffrischen und leicht reinigen.
Man kann die stärkeren Sorten bei Wohnungs- oder
Modewechsel leicht abnehmen, wo andershin verwenden
oder eventuell verkaufen, was bei gewöhnlichen Pavier—
tapeten leider nicht der Fall ist.
Aehnliches ist der Fall mit den englisch chinefischen Tapeten
ius Kartenpapier, Pappe und Carton pièrre. Die Karten
verden entweder scharf aneinander gestoßen oder mittelst Ab⸗
aserung 7 übereinander gelegt. Bei Getäfel-Imitation wird
ohnedies mindestens die Anstoßlinie durch Leisten gedeckt. —
L. T-
Prüfung des Dachschiefers. Zur Prüfung des
Dachschiefers auf seine Neigung zur Verwitterung geben
einige französische, enalische und auerikanische Fachblätter fol—