Mittheilungen aus der Praxis.
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Titel IV.
Allgemeine Bestimmungen.
8 40.
Anwendungen der vorstehenden Bestimmungen auf
schon vorhandene Gebänude.
Veränderungen und Reparaturen der bei Veröffentlichung
dieser Bau-Polizei-Ordnung bereits vorhandenen baulichen An—
lagen sind in der Regel nach Maaßgabe der nunmehr geltenden
Vorschriften zu bewirken.
—A
änderung der bisherigen Nutzungsweiie zu dauerndem Auf—
enthalte von Menschen oder zu Zwecken der im 8 38 an—
gegebenen Art in Gebrauch genommen werden, so kommen die
Bestimmungen des 8 39 zur Anwendung.
Bei erheblichen Veränderungsbauten bleibt vorbehalten, die
baupolizeiliche Genehmigung auch davon abhängig zu machen,
daß gleichzeitig die durch den Entwurf an sich nicht berührten
älteren Gebäudetheile, soweil sie den Vorfchriften dieser Bau—
Polizei-Ordnung widersprechen, mit denselben in Uebereinstimmung
gebracht werden.
Außerdem finden die Vorschriften dieser Bau-Polizei—
Ordnung schon bestehenden baulichen Anlagen gegenüber nur
insoweit Anwendung, als überwiegende Grunde der öffentlichen
Sicherheit es unerläßlich und unaufschiebbar machen.
zogenem Papier oder auf Kopir-Leinwand gezeichnet sind, ein—
gereicht werden.
Der Lageplan muß eine Berechnung der ganzen Fläche des
Brundstücks und eine Berechnung der davon zu bebauenden
Fläche enthalten, die Maaße, welche diesen Berechnungen zu
Hrunde liegen, müssen in den Lageplan eingeschrieben sein.
2. Bei Grundstücken, welche bereits vor dem 23. Jan. 1887
auf mehr als drei Viertel Grundfläche bebaut waren (89 2 der
Baupolizei-Ordnung), muß, wenn dieselben auf einer gleich
zroßen Grundfläche wieder bebaut werden seollen, ein von einem
hereideten Feldmesser gefertigter oder beglaubigter Lageplan vor—
gelegt und die Berechnung der Flächen von demselben auch dahin
veglaubigt sein, daß die darin als bebaut angegebenen Flächen
mit Wohngebäuden von mindestens einem Stockwerk über dem
Erdgeschoß besetzt sind.
3. Die Detailzeichnungen und die Berechnungen der Trag⸗
ähigkeit der Konstruktionen sind in je 2 Exemplaren einzureichen.
Bei verbundenen Eisen-Konstruktionen müssen diese Vor—
lagen auch von demjenigen Sachverständigen, welcher die An—
fertigung der Konstruktionen verantwortlich übernommen hat,
durch Unterschrift vollzogen fsein.
Mittheilungen aus der Praxis.
8 41.
Grenzveränderungen.
Werden durch eintretende Veränderungen der Grenzen be—
bauter Grundstücke Verhältnisse geschaffen, welche den Vor—
schriften dieser Bau-Polizei-Ordnung zuwiderlaufen, so sind die
betreffenden Gebäude, bezw. Gebäudetheile entsprechend um—
zugestalten oder aber zu beseitigen.
842.
Ausnahmen.
Ausnahmen von den Bestimmungen dieser Bau-Polizei—
Ordnung können, soweit sie in Vorstehendem vorgesehen sind,
oon der Bau-⸗Peolizeibehörde zugelassen werden.
Zur Ertheilung von Dispensen ist der Bezirksausschuß
überall zuständig.
Wiedereinführung der Meisterprüfung. In
einer lehten Sitzung beauftragte der Architektenverein zu Berlin
die Milglieder Affmann, Blankenstein, Böckmann,
Haeger, Knoblauch, Orth, und Warsow, mit der Erledigung
aͤner Anfrage des Polizei-Präsidenten von Richthofen über die
Stellung des Vereins zu der Frage der Wiedereinführung der
Meisterprüfungen. Wir geben im folgenden den Wortlaut
eines bezüglichen Erlasses des Reichskanzlers Fürsten Bismarck,
der sich mit der obligatorischen Meisterprüfung beschäftigt.
und glauben nach der Zusammensetzung des Ausschusses des
Architeklenvereins jetzt schon sagen zu koͤnnen, daß derselbe sich
zünstigsten Falles für eine fakult ative Prüfung der Bau⸗
handwerker aussprechen wird.
Der beir. Erlaß, der Seitens der Regierung nunmehr
den Bauinnungen, Gewerbekammern und Vereinen zur Aeuße—
rung vorgelegt'werden soll, hat folgenden Wortlaut:
Seit einer Reihe von Jahren ist aus den Kreisen der
Bauhandwerker Klage darüber geführt worden, daß die durch
die Reichsgewerbeordnung bewirkte Aufhebung der obligatorischen
Meisterprüfung für das Baugewerbe zu erheblichen, auch das
allgemeine Interesse erheblich —
habe. Insbesondere wird in den hierauf bezüglichen Vorstellungen
ind Petitionen darauf hingewiesen, daß durch die fortwährend
unehmende Konkurrenz Unbesähigter bei der Ausführung von
Zauarbeiten die Thätigkeit bei wirklich Sachverständigen unge—
ührlich verdrängt und die Ausbildung einos fachkundigen
Meisteistandes in Frage gestellt werde, daß die technischen
Leistungen im Baugewerbe im Rückgange begriffen seien und
daß der wachsende Mangel an Sachkenntniß die Gefaͤhren bei
her Ausführuug von Bauarbeiten sowehl, wie bei der Benutzung
der hergestellten Bauwerke in bedeuklicher Weise vermehre.
Endlich werde von den Baugewerbetreibenden, namentlich von
den jüngeren unter denselben, die Einführung staatlicher Prüfung
gewunscht. Auf Grund diesor Erwägungen bezeichnen die Be—
heiligten die Wiedereinführung der obligatorischen Meister⸗
—D Zimmerer⸗ und Steinmetzgewerbe
zis driugend erforderlich. Für die Prüfung der Frage, ob ein
zesetzgeberisches Einschreiten in dieser Richtung nothwendig oder
weckmäßig erscheint, wird, es erforderlich sein, festzustellen, in
velchem Maße die angeführten Mißstände vorliegen und auf
velche Arten des Banugewerbes sie sich erstrecken. Die Regie⸗
rungen sind daher veranlaßt worden sich zutachtlich darüber
zu aͤußern, ob und in welchem Maaße der Zustand des Bau—
Jewerbes, wie er sich seit der Aufhebung des obligatorischen
Zefähigungsnachweises in ihren Bezirken entwickelt hat, die be⸗
eichneten Mißstände erkennen läßt und welche Maßnahmen
Jeeignet erscheinen, denselben abzuhelfen. Sollten die Koͤniglichen
RNegliernngen sich für eine Wiedereinführung des Befähigungs
ad weifes erklären, so wird eine Aeußerung darüber erfordert
8 43.
Uebergangsbestimmungen.
Diese Bau-Polizei-Ordnung tritt am Tage der amtlichen
Veröffentlichung unter gleichzeitiger Aufhebung aller entgegen—
stehenden Bestimmungen, insbesondere der Bau-Ordnung vom
21. April 1853, nebst allen dieselbe ändernden oder ergänzenden
bisher erlassenen Bestimmungen in Kraft.
Die nach diesen älteren Bestimmungen bereits ertheilten
Bauscheine verlieren, unbeschadet der im 8 28 enthaltenen Vor—
schriften, auch dann ihre Giltigkeit, wenn mit der Bau—
ausführung nicht innerhalb dreier Monate vom Tage der Ver—
öffentlichung dieser Verordnung ab ernstlich begonnen worden ist.
44.
Strafen.
Uebertrekungen der vorstehenden Vorschriften werden, so—
weit nicht sonstige weitergehende Strafbestimmungen, insbesondere
der 8 367 zu 12-515 und 8 368 zu 3—4 des Reichsstraf—
gesetzbuches vom 15. Mai 1871 Platz greifen, mit einer Geld—
strafe bis zu 30 Mark oder im Unvermögensfalle mit ver—
hältnißmäßiger Haft geahndet.
Berlin, den 15. Januar 1887.
Der Polizei-Präsident
von Richthofen.
Als Nachtrag zur Baupolizei-Ordnung für
Berlin hat das Kgl. Polizei-Präsidium unter dem 29. Jan.
d. J. nachfolgende Bekanntmachung erlassen:
Auf Grund des F 28 der Baupolizei-Ordnung für Berlin
vom 15. Januar 1887 wird in Betreff der Bauborlagen bei
Nachsuchung baupolizeilicher Genehmigungen noch das Folgende
bestimmt:
1. Die Baupläne, sowie der Lageplan müssen in je drei
Exemplaren, welche auf dauerhaftem oder mit Leinwand über—