Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 47, Bd. 6, 1887)

Ueber die öffentliche Feuerprobe mit Tachtheerpappe. 
ein Zurückdrängen der Spekulanten herbeifübren muß. Auch dem 
gewöhnlichen Arbeiter und dem Gesellen gegenüber ist das An— 
sehen eines aus dem Stande selbst hervorgegangenen, staatlich 
anerkannten Meisters ein ungleich größeres, als das eines technisch 
ungebildeten Bauunternehmers, der außer dem Gelde nur eine 
geschäftliche Verschlagenheit für sich hat; zugleich ist ein geprüfter 
Meister ganz besonders in der Lage, unter seiner Leitung wirklich 
üchtige und gediegene Kräfte für das Gewerbe heranzubilden. 
Staat und Gemeinde würden durch fakultative Prüfungen 
sachverständige Gutachten und neue für die technische Aemter ge— 
eignete Personen gewinnen, das höhere Bauwesen aber eine 
wichtige Ergänzung der wissenschaftlichen und baukünstlerischen 
Leitung finden und die gewerblichen Vereiniqungen tüchtig zu— 
verlässige Mitglieder erhalten. 
Diesen Ausführungen ist der Ausschuß mit sechs Stimmen 
(Böckman, Aßmann, Orth, Knoblauch, Warsow, Häger) gegen 
Eine (des Stadtbaurath Blankenstein) beigetreten. 
Stadtbaurath Blankenstein spricht sich gegen die gewählie 
Fassung aus, weil zunächst der technische Niedergang des Bau— 
zewerbes nicht erwiesen und die öffentliche Sicherheit im Ganzen 
nicht mehr als früher gefährdet sei. Der Nutzen der Prüfungen 
für die Tüchtigkeit des Standes sei ihm sehr zweifelhaft; das 
Leben erst reife den Mann und zeige, wer wirklich etwas leisten 
könne. Er fürchtet, daß aus diesen fakultativen Prüfungen nur 
Architekten geringeren Grades hervorgehen, nicht aber küchtige 
Handwerksmeister, wozu vor Allem nur eine bessere Einrichtung 
der Schulen mitwirken könne. Er will den Schwerpunkt der Bau— 
leitung im Einzelnen auf die Polire legen, welche als die eigent— 
lichen praktischen Bauhandwerkmeister (7) gelten dürfen. Einen 
Hauptgrund der sozialen Zerfahrenheit, die auch das Baugewerbe 
sehr stark beeinträchtige, erblickt er in der Abgeschlossenheit der 
Bauunternehmer und Architekten gegen die Gesellen. Von der 
fakultativen Prüfung fürchtet er eine starke Hinwirkung auf die 
obligatorische Prüfung und will vielmehr alle Besserung in der 
Hauptsache von einer Umgestaltung und Hebung der heutigen 
Handwerkerschulen erwarten. 
Nach Verlesung dieser ausführlichen, sich entgegenstehenden 
Darlegungen, die von beiden Seiten noch mündlich vervollständigt 
wurden, ward behufs weiterer Berathung die Verhandlung vor— 
ab vertagt. 
In der Sitzung vom 7. März kam die Frage abermals vor. 
Geheimer Oberbaurath Aßmann trat nochmals unter kurzer 
Darlegung der früheren Begründung für den Ausschußbericht 
ein. Er hält es für wichtig, daß den gewerblichen Schulen durch 
Prüfungen ein bestimmtes Ziel gegeben werde und erwartet von 
der daher ausgehenden besseren Vorbildung des gegenwärtigen 
Geschlechtes das wichtigste Hebemittel des Baugewerbes. Er 
zlaubt, daß der geprüfte Meister den Arbeitern gegenüber, die 
heute meist vom Lande kommen, eine ganz andere Stellung 
haben werden, wie ein gewöhnlicher Unternehmer, und erwartet 
davon eine Besserung des Verhältnisses zwischen Arbeitgeber und 
Arbeitnehmer überhaupt. Daß Lehrling, Gesell und Meister 
wieder gemeinsame handwerklich-technische Schulung und Aus— 
bildung von unten auf genießen, wird sie auch bei der Arbeit 
wieder näher zusammen bringen. Sie werden saämmlich ihre 
eigene Ehre in guter gemeinsamer Arbeit erblicken. Herr Aß— 
mann erklärt, daß er und mit ihm eine große Zahl von Männern, 
die jetztin Amt und Würden stehen, den alten guten Handwerks— 
meistern Manches zu verdanken gehabt habe, und hofft, daß es 
zum Segen des Gewerbes und des Bauwesens überhaupt bald 
wiederum so sein werde. Er verlas hierauf nochmals das Sonder— 
gutachten des Stadtbaurath Blankenstein, dessen einzelne Bedenken 
er kurz zu widerlegen versuchte. 
Geheimer Baurath Voigtel vertritt den Standpunkt des 
abwesenden Stadtbaurath Blankenstein. Er glaubt, daß die vor— 
handenen Bestimmungen zur Ausbildung und Ueberwachung des 
Bangewerkes durchaus ausreichend seien, so daßz zur Gewinnung 
von tüchtigen Meistern die Staatshülfe nicht nothwendig sei; die 
jetzigen ausführenden Unternehmer und Banleiter sollten nur alle 
Mittel, die ihnen zur Besserung der Verhältnisse zu Gebote 
stehen, erst einmal wirklich benutzen. Auch er hat nicht bemerkt, 
daß das Baugewerbe zurückgegangen sei und glaubt, daß das 
Eramen, das für den Staatsdienst vielleicht ganz gut sei, für 
die Tüchtigkeit eines Menschen doch Nichts beweise. Er stimmt 
Blankenstein darin bei, daß der Schwerpunkt der Ausführungen 
nicht bei den Meistern liege und auch früher nicht gelegen habe, 
sondern bei den Poliren. 
Eisenbahnbauinspektor Gustav Meyer befürwortet, daß man 
die Frage der fakultativen Prüfung ganz fallen lassen möge, da 
dieselbe hier offenbar streitig bleibe! das Polizeipräsidium aber 
anscheinend doch nur ein Gutachten über die obligatorische Prüfung 
verlangt habe, in deren Ablehnung der Verein einig fsei. 
Baurath Böckmann trat mit einigen Bemerkungen dem 
Beheimrath Voigtel entgegen, indem er ausführte, daß das 
Framen allerdings nicht den Werth und die Tüchtigkeit eines 
Menschen bestimme, daß es aber immer ein gewisses Können 
beweise und deshalb strebsamen jungen Männern eine bestimmte 
Auregung gebe. Er erklärte, daß auch er manches Gute von 
den alten Meistern gelernt habe und hält es für werthvoll, daß 
üchtige Gewerksmeister dem bauleitenden Architekten als sichere 
Stützen und Berather zur Seite stehen. Denjenigen, die gerne 
auf Amerika hinweisen, erwidere er, daß wir bessere Kräfte haben 
wollen, als die Amerikaner, welche die Vorzüge der gewissen— 
hafteren Ausbildung in Deutschland selbst offen anerkennen. Dort 
hleiben tüchtige Kräfte oft ganz untergeordnet, während derjenige, 
der Reklame machen kann, den Markt beherrscht und sein Glück 
indet. Das wollen wir sicher nicht nachahmen, vielmehr für 
das Baufach, das ebenso verantwortlich ist, wie die Praxis der 
Aerzte und Apotheker, den Befähigungsnachweis verlangen. Er 
vedauert schließlich, daß das Privatbaumeisterexamen abgeschafft 
worden sei. 
Geh. Baurath Voigtel hebt noch einmal hervor, daß die 
vorhandenen Vorschriften zur Sicherheit im Bauwesen vollkommen 
ausreichen. Daß das Examen an und für sich Nichts beweist, 
liegt klar auf der Hand, er fragt, wie lange dann überhaupt 
Framina beständen, früher wäre Gutes ohne Prüfung auch 
zeleistet worden. Baurath Orth ist anderer Ansicht, er meint, 
daß gerade das Examen vielen Fachgenossen, die ohne Mittel 
dagestanden hätten, das Vertrauen der bauenden Kreise gewonnen 
und damit eine weitere Lanfbahn gesichert habe. 
Architekt P. Wallé befürwortet, daß der Architektenverein 
sich nicht darauf beschränken dürfe, die Frage der obligatorischen 
Meisterprüfung lediglich mit „Ja“ oder „Nein“ zu beantworten, 
zumal in dem Erlaß des Handelsministers, auf welchem der 
Polizeipräsident sich stütze, zugleich angefragt sei, in welcher 
Weise den vorhandenen Schäden abgeholfen werden könne. Der 
Architektenverein werde in seinen Angehörigen nicht unmittelbar, 
ondern nur mittelbar von einer etwaigen Neuregelung betroffen; 
derselbe sei daher, als weniger betheiligt, um so eber in der Lage, 
zanz offen Stellung zu nehmen. Besondere Nachtheile der 
srakultativen Prüfung seien bisher nicht vorgebracht worden und 
eine Beeinträchtigung der Einzelnen könne man nicht in der 
Freigabe einer Prüfung erbitten, deren Ablegung sicher nicht zu 
den Vergnügen zu zählen sei. In früheren Zeiten seien tüchtige 
Talente gerade wegen des Mangels eines Befähigungsnachweises 
zu Grunde gegangen, sobald fie bei fehlender Gevatterschaft keine 
Helegenheit fanden, ihr Können zu bethätigen. Eine Prüfung, 
wie das Gutachten des Ausschusses sie vorschlagen wolle, sei füͤr 
eden strebsamen Techniker eine einmalige, aber dauernd erworbene 
Legitimation, die ihm bei jeder neu anzunehmenden Stellung 
ein für allemal eine fernere Legitimation erspare. Der Verein 
sei es seinem Ansehen schuldig, daß er dem Präsidium eine 
möglichst ausführliche Beantworiung zugehen lasse. 
Nach einigen weiteren Erörterungen über die geschäftliche 
Behandlung der Angelegenheit wurde der Antrag Meyer: „nur 
üüber die Frage der obligatorischen Meisterprüfung eine Aeußerung 
abgehen zu lassen“ abgelehnt, und der fernere Antrag, das Gut⸗ 
achten des Ausschusses gegen die obligatorische Meisterprüfung 
unter Empfehlung einer fakultativen, an die Bebörde zu über— 
enden, gegen eine sehr geringe Minderheit angenommen. 
Ueber die öffentliche Feuerprobe mit 
Dachtheerpappe. 
Schon mehrfach konnte man, wie wir der „Oesterr. ung 
Eisenzeitung“ entnehmen, in den deutschen Tagesblättern Berichte 
äber den günstigen Verlauf der mit Theerpappen angestellten 
Feuerproben lesen. Solche Feuerproben pflegen der Privilegium—
	        

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