Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 47, Bd. 6, 1887)

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Berichte aus Städten. 
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Stellen etwas gebogen werden. Zu diesem Zwecke wurden durch 
aufgestellte Lampen zwei Alkoholflammen erzeugt, über welchen 
man das Gußeisenstück so aufhing, daß dasselbe duürch die Flammen 
an den zu biegenden Stellen erwärmt wurde. Nachdem die Er— 
wärmung etwa bis zu jener Temperatur gedichen war, bei welcher 
gehärteter Stahl strohgelb anläuft, wurde auf die obere, den 
Flammen abgekehrte Stelle des Gußstückes mit Hülfe eines be— 
lasteten Hebels ein Druck ausgeübt und die Lampen nach und 
nach an verschiedene Stellen gebracht. Den vereinigten all— 
mählichen Einwirkungen von Wärme und Druck gab das Eisen 
nun nach, sodaß das Gußstück thatsächlich die Biegung annahm, 
welche erzeugt werden sollte und die sich durch sonstige Be— 
arbeitung, Behobeln oder dergleichen, nicht mehr hätte herstellen 
lassen. Die durch die Lampen erzeugten Ansätze auf dem Guß— 
eisen wurden durch Abreiben mit Schmirgelleinwand entfernt. 
— Noch einen anderen Fall theilt das erwähnte Blatt mit: Es 
handelte sich um ein krummgerathenes Gußstück, das etwa 400 
Dollar Kosten verursacht hatte und nun in das Alteisen hätte 
zeworfen werden müssen; es gelang jedoch, dasselbe durch sorg— 
ältige Behandlung gerade zu richten. Auch hier wandte man 
zwei mit Drahtgazen ausgerüstete Gasflammen und einen Druch 
auf die Oberfläche des Gußstückes an. — Aus diesen praktischen 
Ausführungen ist der Schluß zu ziehen, daß es wohl möglich 
ist, Gußeisen in beachtenswerthem Grade zu biegen oder gerade 
zu richten, unter der Voraussetzung, daß man das Eisen einer 
sorgsamen Behandlung bei sehr geringer Wärme und gleich— 
zeitiger Einwirkung eines angemessenen gleichförmigen Druckes 
unterwirft. Ausdrücklich verdient indessen hier noch erwähnt zu 
werden, daß das in Amerika hergestellte Gußeisen durchweg eine 
erheblich bessere Qualität zeigt, wie das bei uns erzeugte, weshalb 
man wohl schwerlich erwarten kann, daß die oben beschriebenen 
Ausführungen auch bei uns mit geringeren Eisensorten überall 
glücken werden. 
Englisches Gisen. Schoͤttisches Roheisen wird aus 
den ausschließlich in Schottland vorzufindenden Erzen gewonnen. 
Diese Art Roheisen ist überaus weich, läßt sich in scharfen Güssen 
selbst in die delikatesten Formen eingießen und wird demgemäß 
ganz besonders zur Herstellung von Gußstücken verwendet. Auch 
dient sie zum Mischen mit Roheisen, das aus anderen Ländern 
stammt. Clevelander Roheisen ist härter als schottisches und 
eignet sich insbesondere da, wo schon eher große Stärke als 
Widerstand gegen Püffe benöthigt wird. Dieses Eisen ist sehr 
billig und wird in größeren Quantitäten hergestellt, als irgend 
eine andere Sorte Roheisen in der Welt. Hämatit- (oder Roth-) 
Roheisen wird in Cumberland, in Nord-Lancashire und Middles— 
borough, sowie ferner in Süd-Wales, Monmouthshire und 
Wigan verhüttet. Diese Art Roheisen besitzt eine ungewöhnliche 
Reinheit und ist weder mit Schwefel noch mit Phosphor ge— 
mengt; es dient hauptsächlich zur Herstellung von Bessemerstahl 
für Schienen, Draht ꝛc. ist aber auch bei anderen Prozessen 
verwendbar, bei denen sehr reines Eisen erforderlich ist. Es 
eignet sich ferner für Schalengußwalzen, sowie für andere Güsse 
Sämmtliche drei genannten Arten Roheisen werden zunächst der 
Seeküste hergestellt und lassen sich leicht frei an Bord oder 
frei nach jedwedem Bestimmungsorte hin liefern. Außer den— 
selben werden nur wenige Arten britisches Roheisen regelmäßig 
exportirt, allein besondere Sorten, wie Spiegeleisen und Braun— 
eisen, werden in Middlesborough und in Süd-Wales in be— 
trächtlichen Mengen und von jeder beliebigen Stärke hergestellt. 
Verarbeitetes Eisen kommt in England unter der doppelten Be 
zeichuung finished iron und méêrchant iron in den Handel. 
Bezugsstätten für solches sind: Westschottland, fast alle Graf 
schaften von Nord- und Mittel-England, mehrere westliche Graf— 
schaften, sowie Wales. Der älteste Bezirk für Walzeisen aller 
Art ist Staffordshire; einige der dortigen Hüttenwerke erfreuen 
sich nach wie vor eines hohen Rufes wegen der Vorzüglichkeit 
des von ihnen in Stäben, Reifen, dicken und dünnen Blechen 
u. dgl. hergestellten Eisens. Das beste Eisen in der Welt, 
schreibt die „Ill. Zt. f. Blechind.“, stammt aus Lowmoor in 
Yorkshire. Vom gleichen Orte rühren drei oder vier Arten ver— 
arbeitetes Eisen von hohem Werthe her, die sich ebenfalls eines 
hohen Rufes erfreuen. Das Walzeisen von Schottland und 
Nordengland ist billiger, als das von Staffordshire, allein wenn 
gleich fuͤr gewisse Zwecke gewissen Sorten jeweilig der Vorzug 
gegeben wird, so ist doch zwischen den verschiedenen geringeren 
Sorten von verarbeitetem Eisen nicht viel Unterschied aufzufinden. 
Das in Südwales hergestellte Stangeneisen ist eigens für Ver— 
vendung in Ofstindien bestimmt; und die im Handel als puddled 
bars bekannten Arten Stabeisen werden als Halbfabrikate zu 
überaus niederem Preise nach Italien, nach Frankreich, Spanien 
und anderen Ländern versandt. 
Ueber Gypsproben enthält die „Toͤpfer- und Ziegler— 
Zeitung“ folgende Mittheilung: Gyps wird am besten geprüft, 
Iindem man eine Kleinigkeit desselben mit kaltem Wasser in einer 
reinen Porzellanschaale anrührt und zwar in der Weise, daß man 
erst die Schaale ungefähr zur Hälfte mit Wasser füllt und dann 
soviel Gyps lose hineinschüttet, bis Gyps und Wasser gleich— 
stehen. Dies ist deshalb genau einzuhalten, weil der Gyps 
nach dem Abbinden um so weicher und poröser ausfällt, je mehr 
Wasser ihm zugesetzt wurde. Umgekehrt wird der Gyps um so 
zärter sein, je weniger Wasser man verwendet. Guter, frisch 
gebrannter Gyps darf weder zu schnell noch zu langsam abbinden; 
n eirea fünf Minuten muß derselbe, in oben angegebener Art 
gemischt, fest geworden sein. Dann fängt er an, warm zu 
werden. Erst wenn der Gyps wieder erkaltet ist und sich von 
der Schaale losgeschwitzt hat, nehme man ihn in die Hand, breche 
ihn durch, um das Korn zu prüfen und mit einem scharfen 
Messer die Schnittprobe zu machen. Die einzelnen Gyps— 
körnchen müssen fest aneinander gefügt sein, ohne Bläschen zu 
zeigen; beim Schnitt müssen die Kanten scharf und hart sein, 
auso nicht leicht abbröckeln. Es ist rathsam, jeden neuen Sack 
Gyps auf seine Brauchbarkeit zu untersuchen. Man wird sich 
durch die kleine Arbeit vor manchem Schaden bewahren. 
Seeeen ugen bei Bauten. Zu den un— 
angenehmsten Ersche!uungen im Hausbauwesen gehören bekannt— 
lich die Auswitterungen oder Ausschwitzungen weißer Salze an 
der Façade. Diese Auswitterungen geben dem Bau nicht nur 
ein schlechtes Aussehen, sondern wirken auch auf die meisten 
ünstlichen und natürlichen Steine zerstörend ein. Die „Thon— 
industrie-Zeitung“ schreibt die Bildung dieser Salze der An— 
wesenheit der Alkalien (Natron, Kali) in den beim Mauern 
berwandten Cementen und dem Gyps zu, welcher entweder dem 
Cement künstlich zugesetzt wird, oder durch die in den Roh— 
materialien des Cements oder den Brenngasen enthaltenen 
Schwefelverbindungen entstanden ist. —, Nach dem Protokoll 
der Verhandlungen des Vereins deutscher Cementfabrikanten vom 
26. und 27. Februar 1886 wird ein Zusatz bis zu zwei pEt. 
von Gyps zur Regulirung der Bindezeit für zulässig erachtet 
und soll sich im Aulgemeinen bewährt haben. Sehr interessant 
sind die Untersuchungen, welche Dr. Feichtinger über die Salz— 
auswitterungen eines Neubaues augestellt hat. Er fand, daß 
der zum Bau verwandte Kalkmörtel pCt. kohlensaures Natron 
und“ die mit Braunkohlen gebrannten Ziegelsteine bedeutende 
Mengen an Gyps und Bittersalz enthielten.“ Zu einem Theile 
des Neubaues wurden auch durch Hoͤlzfener gebrannte Ziegel— 
teine verbraucht, welche keine Spuren von Gyps und Bittersalz 
enthielten. Diefes Mauerwerk zeigte keine Salzauswitterungen. 
Maͤn sieht hieraus, wie wichtig es ist, für jeden Bau alle Ma⸗ 
erialien vorher auf ihren Salzgehalt zu untersuchen. — Hinzu—⸗ 
zufügen ist noch, daß die Atmosphäre großer Fabrikcentren, und 
dazu muß man Berlin und Umgegend rechnen, nicht unbedeutende 
Mengen an schweflicher bezw. Schwefelsäure enthält, welche also 
uter Umftänden auch zur Bildung schwefelfaurer Salze an 
Facaden beitragen kann. 
Berichte aus Städten. 
Berlin. Gortführung des Reichstagsbaues) Auf 
dem Bauplatz zum neuen Reichstagsgebäude entwickelt sich seit 
Kurzem wieder reges Leben. Die Mauern sind bereits bis zur 
Höhe der Kämpferpunkte der großen Bogenfenster des Haupt— 
jeschosses, also etwa 11 1m über dem Niveau des Königsplatzes, 
niporgeführt. Bis zur Oberkante des Hauptgesimses sind mithin 
noch I21,, m Mauerwerk herzustellen. Selbstverstaͤndlich tritt 
die Aufmäuerung der 2, m hehen Attika, der um 131/ m 
höher geführten Eckrisalite, ferner der Portale und der Kuppel 
— 0 vollendet sein. Schon 
ketzt läßt sich von den Gerüsten aus eine deutliche Vorstellung 
»ezüglich der Ausdehnung des Gebäudes und der Raumdisposition
	        
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