Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 47, Bd. 6, 1887)

Mittheiluugen aus der Praxis. 
werbefreibeit, wefür man den Ansdruck der „wilden, zügel— 
osen“ Konkurrenz wählt. 
Aebnlich wie vor drei Jahren der „Verband deutscher Archi⸗ 
ekten und Ingenieure“ für die Prütungen der Staatsdienst— 
Aipiranten, aber zum Theil im Interesse der studirenden Jugend 
jelbst, die Erböhung der OQualitätsansprüche vorgeschlagen hat, 
'o soll dasselbe gegenüber dem baugewerklichen Nachwuchs ver— 
sucht werden, aber im Interesse der Petenten, welche davon die 
Erlangung eines bhöberen und sicheren Verdienstes erwarten. 
Diese Erwartung erscheint aber aus mehreren Gründen als 
ütopisch. Einmal ist es ein Irrthum, wenn die Petenten 
Jlauben, daß früher, zur Zeit des Prüfungszwangs, die Bau— 
jewerke nicht über Konkurrenz zu klagen gehabt hätten. Die 
Beschwerden hierüber aus früheren Jahrhunderten von Justus 
Möͤser, Sebast. Brant u. a. sind ja bekannt. Geklagt ist über 
die „Uebersetzung des Gewerbs“ schon vor der Abschaffung der 
Prüfung worden und geklagt wird auch nach deren Wieder— 
inführung werden, gewiß nicht weniger, als heute auch. Nicht 
ninder ist zu übersehen, daß das neue Inslitut der Prüfung 
vohl der hentigen Generation kaum zu gute kommen dürfte. 
Der Zwang kann nämlich doch nur gegenüber den Gesellen, 
velche sich noch nicht niedergelafsen haben, und nicht, etwa in 
rückwirkender Kraft, auf die schon selbstständigen Pfuscher an— 
gewendet werden. Ferner sind die Innungsmeister, auch nach 
abgelegter Prüfung, gewiß nicht weniger „futterneidig,“ als vor— 
her; wer mit dem Submissionswesen zu thun hat, wird sich 
darüber keinen Illusionen hingeben. Sodann ist es nicht die 
»ermehrte Konkurrenz der angeblichen Pfuscher, welche das Hand— 
werk in die Enge getrieben hat, sondern es ist einerseits der 
Rückgang der Kleinstädte und des dortigen Verdienstes infolge 
der mit ihrer Erschließung durch die Eisenbahn verstärkten An— 
iehungskraft der benachbarten Großstädte, anderseits die Ueber— 
egenheit des kapilalistischen Großbetriebt, gegen die namentlich 
n den Großstädten der kleinere Mann nicht aufkommen kann. 
Letzteres kann man, wie im allgemeinen beim Kleingewerbe, so 
»esonders auch bei den Baugewerken, innerhalb welcher der Bau— 
neister mehr die Stellung eines kaufmänrvisschen Grofenntornebmers 
»innimmt, täglich beobachten. 
Wir berühren damit eine in der Motivirung des fraglichen 
Antrags liegende Unklarheit über die Scheidung, welche sich in 
den Baugewerken vollzogen hat. Wie in andern Gewerben, so 
zat sich auch hier eine Klasse von Großunternehmern heraus— 
jebildet, welche nicht auf Bestellung, sendern als kaufmännische 
Spekulanten arbeiten und damit den Kleinbetrieb, also auch 
dem kleingewerblichen Prüfungszwang, entwachsen sind. So 
venig in anderen Gewerben ein Fabrikant der Meisterprüfung 
anterworfen werden könnte, so wenig geht dies für den ka— 
vitalistischen Großbetrieb der Baumeister an. Die Prüfung 
ann sich nur auf die streng handrerksmäßlg arbeitenden Maurer— 
und Zimmerwerkmeister erstrecken, also den Hauvtfaktor der ver— 
stärkten Konkurrenz gar nicht treffen. 
Demnach ist schon wegen des begrifflich mit ihr gegebenen 
Kreises der Prüfungspflichtigen die obligatorische Meisterprüfung 
nicht im Stande, die Konkurrenz in der erwarteten Weise ein— 
zudämmen. Aus dem gleichen Grunde vermag sie aber auch 
den andern, präventiven Effekt nicht zu erfüllen. Die zweite 
Unklarheit nämlich, an der die Motivirung leidet, besteht darin, 
daß sie voraussetzt, die erhöhte Konkurrenz und die erhöhte 
Hefahr, welche man mit einent Schlage treffen will, lägen anf 
der gleichen Linie. Thatsächlich dagegen ruht die technische 
Veranwortlichkeit auf einer ganz anderen Berufsklasse, nämlich 
zei dem Gesellenstand, der mit der Konkurrenz der selbstständigen 
Meister nichts zu thun hat. 
Der Baumeister ist in erster Linie Architekt und kauf— 
nännijcher Unternebmer, nur ab und zu auf der Banstelle an— 
vesend; die technische Verantwortlichkeit liegt beim Gesellen, 
»rim Palier; läßt sich der letztere prüfen, um Meister zu werden, 
o schüttelt er damit die technische Verantwortlichkeit von sich ab. 
Also auch ihren anderen, Hauptzweck kann die Meisterprüfung 
chen vermöge des begrifflich mit ihr gegebenen Kreises der 
Prüfungspflichtigen nicht erfüllen, da sie die verantwortlichen 
Hefellen gar nicht ergreift und desbalb eine höhere Gewähr 
gegen den Einsturz von Neubauten nicht schafft. Demnach geht 
»ie Motivirung in ihren beiden Hauptpunkten von thatsäd lich 
inrichtigen Vorgussetzungen aus: damit ist alber bewiesen. das 
der Antrag in der Luft steht, daß er in subjektiver Beziehung, 
nit Rücksicht auf den für den Prüfungszwang offenstehenden 
Freis der Angehörigen des Baugewerbes, unter einem wesentlichen 
Maugel an iogischer Folgerichtigkeit und an ungenügender Sub— 
tanzirung leidet. 
1Schluß folat.) 
Mittheilungen aus der Praxis. 
Wärmeschutz- Bekleidung mit Sicherheits— 
ippen. Von H. R.Knoch in Altchemnitz bei Chemniß Sachsen). 
Im den vielfachen Anforderungen, welche in Bezug auf Bekleidung 
chwieriger Objekte, z. B. von Lokomotiven, Lokomobilen, Dampf—⸗ 
pritzen, Kochapparaten, Heiz- und Fenerungsanlagen, 
Feuͤeressen, sowie wegen Jsohirung von Wohn- und 
Fdabrikräumen, Laboratorien, Eis- und Fleischmagazinen ꝛc. 
ortgesetzt an genannte Firma gestellt werden, in geeignetster 
Veise zu entsprechen, hat H. RKnoch ein einfaches, durchaus 
raktisches Bekleidungsverfahren ermittelt, welches die Anbringung 
der an sich leicht auftragbaren Trockenmasse an genannte Körper 
ruch unter ungünstigsten Verhältnissen durch jeden Arbeiter er— 
nöglicht und die langjährige Haltbarbeit der Bekleidung,ü voll— 
tändig verbürgt. Der in dem Isolirungsvberfahren begründete 
dortschritt liegt vornehmlich im Interesse der Industrie und 
,olkswirthschaft, indem dadurch die bisher für unmöglich gehaltenen 
nannigfachen Isolirungen von Wärme und Kälte bequeme und 
innreiche Ausführung erlangen. 
Es kann nicht genug hervorgehoben werden, daß für den 
Nutzeffekt einer Waͤrmeschutzbekleidung nicht allein das hohe 
Isolationsvermögen derselben, sondern auch deren unbedingte 
ind unbegrenzte Haltbarkeit eine hervorragende Rolle spielt, was 
ielseitig noch unterschätzt wird. Während z. B. Kieselguhr— 
Korkmehl-Kompositionen u. a. m. unter dem beständigen Einfluß 
»er hohen Dampfhitze nach und nach ihre Konsistenz verlieren 
und daun abbröckeln, behält die Trockenmasse ihre Härte und 
Slastizität jahrelang. Die danerhafte Festigkeit der Masse wird 
bedingt durch die eigenartige Zusammensetzung gediegener und 
ehr werthvoller Bindemittel. 
Die außergewöhnlichen Vortheile, wodurch sich die Trocken— 
nasse bei ihrer Anwendung von den übrigen Schutzmassen in 
jervorragender Weise auszeichnet, sind folgende: 
1. Die in feinfaserigem Zustande befindliche Masse kann 
von jedem Arbeiter nach einfacher Gebrauchsanweisung 
leicht aufgetragen werden und kommen dadurch die bei 
anderen Compositionen entstehenden hohen Montagekosten 
in Wagfall. 
Die bedeutenden Frachtspesen, welche feuchte, ca. 70 pCt. 
Wasser enthaltende Massen verursachen, werden bei Bezug 
dieser Trockenmasse erspart. Dieselbe eignet sich daher 
auch vorzüglich für den Export und kann gleichzeitig mit 
Dampikesseln, Dampfmaschinen, Kochern ꝛc. bezogen 
werden unter Vermeidung aller Transportkosten. 
Die Masse haftet auf heißen und kalten Metallflächen 
gleich schnell und fest und wird demnach nicht nur zur 
Bekleidung von Dampf- und Heißwasserbehältern, sondern 
auch zur Umhüllung von Kaltwasserleitungen und Re— 
jervoirs, Gas- und Ammoniakröhren ꝛc. zum Schutz gegen 
Finfrieren mit bestem Erfolg angewendet, wodurch einem 
eit langer Zeit fühlbar gewordenen Uebelstande ah 
Jeholfen wird. 
Die trockene Masse läßt sich jahrelang aufbewahren und 
st nicht, wie die feuchten, durch Einwirkung von Wärme 
uind Kälte dem Verderben ausgesetzt. 
In solchen Fällen, wo es nothwendig wird, die Masse 
oom Metall loszulösen, kann dieselbe nach jeder Zeit— 
dauer, frisch zubereitet, ohne jeglichen Zusatz von In— 
gredienzien wieder verwendet werden, was bei anderen 
Massen nicht möglich ist. 
Aus der Masse lassen sich nach Formen die verschieden— 
artigsten Façonstücke herstellen, die als abzunehmende und 
vieder anlegbare Bekleidung dienen können. 
Fin im Metlall entstehendes Leck macht sich durch Feucht— 
verden der darüber befindlichen Bekleidung sofort bemerkbar. 
Die Masse ist unverbrennlich, bez. weder Feuer fangend 
2
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.