Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 49, Bd. 8, 1889)

Die Ausstellung fur Unfallrerbütung unt das Baugewerbe 
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Die Ausstellung für Unfallverhütung 
und das Baugewerbe. 
Das Baugewerbe, dessen umfangreicher Betrieb in der Gegen— 
wart eine verhaͤltnißmäßig große Zahl schwerer Unfälle alljährlich 
zu verzeichnen hat, bildet die achtzehnte Gruppe, deren Gegen— 
sfände ihrem Charakter und ihrer Ausdehnung entsprechend an 
verschiedenen Orten sich vertheilt finden. Wenn diese Gruppe 
im Ganzen schwächer auftritt, als man nach ihrer Bedeutung 
für die großartigen techniichen Unternehmungen der Gegenwarf 
hätte erwarten können, so liegt dies in der Hauptsache wohl 
daran, daß eine große Zahl von Bautheilen, Baulichkeiten und 
Geräthen, die man hierhin füglich rechnen könnte, durch ihre 
näheren Beziehungen zu bestimmten Zwecken der Unfallverhütung 
einer andern Abtheilung zugewiesen worden sind. Aber auch 
das, was hier im engeren Sinne an Vorkehrungen gegen Un— 
jälle im Baugewerbe geboten wird, giebt immerhin ein Bild 
der auf Verbesserung aller Einrichtungen gelenkten Bestrebungen. 
Man kann die Gegenstände, so wie sie vorliegen, nach drei Ge— 
sichtspunkten trennen, nach Bauausführung, Einrichtung und 
Instandhaltung der Gebäude. 
Die Bauausführung selbst wird in anziehender Weise durch 
rinen Probebau veranschaulicht, der auf einer mäßig großen 
Fläche der Sammelplatz der mannigfachsten Wohlfahrtseinrich 
tungen geworden ist. Am Eingange von der Stadtbahn her 
zleich hinter Bogen 38, haben der Bund der Bau-, und Maurer— 
und Zimmermeister zu Berlin, dann Baugewerks-Berufsgenossen— 
schaften und der Innungsverband deutscher Baugewerksmeister 
zemeinsam diese Arbeit in Angriff genommen. Der Bau an 
sich soll natürlich keine Sehenswürdigkeit sein, im Einzelnen da— 
gegen zeigen, was ungefähr zur Sicherung der Arbeiter während 
der Ausführung, ebenso was zur Sicherung des Werkes selbst 
nach der Vollendung geschehen kann. Das Alles umständlich 
zu beschreiben, kann hier nicht die Aufgabe sein, zumal ga⸗ 
Manches davon als ziemlich bekannt angesehen werden dars 
Bei der Aufführung des Mauerwerks bedarf man der Gerüste 
für deren sichere Verbindung durch Haken, Taue, Ketten, Klam 
mern, Schrauben ꝛc. gesorgt werden muß. Bemerkenswerth 
sind die Baugerüsthalter vom Maurermeister Träbert in Rathenow, 
die zur Verbindung der Ständer mit den Riegelhölzern dienen 
und die aus scheerenartig ausgebildeten Armen mit Rundhaken 
bestehen, deren Sicherung durch einen aufgeschobenen Ring üben 
Rippen stattfindet. Eine feste Verbindung durch Ketten ver— 
möge eines starken Schraubengewindes bezwecken die Gerüst— 
verbinder von E. Bergmann (Berlin), dann die einfachen Gerüst— 
halter von Alb. Paul, die aus einem Stücke hergestellten konsol— 
artigen nach dem Patent Ertforth, ferner die von R. Michael 
in Rathenow und die auf der Anwendung von Keil und Hebel 
beruhenden, praktisch bewährten Sicherbeifslatten von Mar Harf 
in Köln. 
Zum Heben der Materialien auf das Gerüst dient der sinn— 
reiche Universal-Elevator von Gauhe, Gockel und Co. in Ober— 
labnstein, der sich aus starken, völlig gleichen Hakengliedern zu— 
sammensetzt. Am oberen Ende können die Glieder hakenförmig 
exweitert, bezw. verlängert werden, so daß man unn Eimer, 
Steine, Mulden xx. mit vollster Sicherbeit damit nach oben 
befördern kann. 
Die Nothwendigkeit, Steine nach unten zu befoͤrdern, tritt 
dert ein, wo man beim Abbruch von Gebäuden die gut er— 
haltenen Steine wieder verwerthen will. Dazu benutzte man 
fast ganz allgemein die so ursprünglich gehaltene Steinrutsche, 
bei welcher allerdings die Sache sehr flott von Statten ging. 
indessen aber auch eine große Zahl von Unfällen sich ereignete 
Maurermeister, A. Esmann führte in anschaulicher Art vor, in 
welcher Weise die meisten Verunglückungen vor sich gingen, von 
denen manche völlige Invaliditkät verursachten. Eine solche 
wahrhaft einfache, offene Steinrutsche „mit Unfall“ ist hier aus— 
zestellt, indeß nur als abschreckendes Beispiel, indem, ihr be— 
nachbart, eine von EsmannJerfundene „ohne Unfall“ ihren Platz 
bat. Die Esmann'sche Rutsche ist. kastenartig geschlossen, am 
Ende ihrer Unterseite, auf welcher die Steine herabgleiten, mündet 
sie auf einen gepolfterten Bock, von welchem die Ziegel ohne 
deban abgeno mmen werden können. Etwas anderer Art ist 
die patentirte Steinrutsche von Ransleben und Gloͤf in Borlin 
Hier erweitert sich die eigentliche Rutsche kastenförmig nach unten 
zu einem geschlossenen Endtheil, der im Innern durch eine um 
einen Drehpunkt bewegliche Latte getheilt ist. Die Anordnung 
ist so getroffen, daß die Steine abwechselnd nach rechts, bezw. 
nach links gelenkt werden, so daß bei sonst geregeltem Absturz 
eine Verleßung nicht gut eintreten kann. 
Nur mittelbar dienen die Decken und Wände, sowie Um— 
hüllungen nach den Systemen Rabitz und Monier, die an diesem 
Ban angewendet sind, der Unfallverhütung, indem sie die Feuer— 
sicherheit der Gebäude erhöben und in gesundheitlicher Beziehung 
manchen Vorzug beanspruchen dürfen. Leichte Trennwände, die 
früher vorwiegend aus Holzstoffen gebildet wurden, find bei der 
Bebaglichkeit der Wohnungseintheilung wichtig, und ihr Ersatz 
durch ein widerstandsfähigeres Material ist ebenso vortheilhaft, 
wie unter Umständen die Vermeidung von Decken, deren Füll— 
stoffe als Krankheitserzeuger angesehen werden müssen. Schon seit 
Jahren hat bekanntlich Hof-Maurermeister Rabitz in Berlin einen 
auf Drahtgeflecht aufgebrachten Putz sowohl für Decken als auch 
zur Herstellung von Zwischenwänden und ähnlichen Bautheilen 
berwendet und hat damit in der Fachwelt einen raschen Erfolg 
davongetragen. Die Leichtigkeit solcher Decken in Verbindung 
mit Feuersicherheit machte sie zur Ueberspannung von Räumen 
zeeignet; die Beweglichkeit des Drahtgeflechtes gestattet seine 
Verwendung zur Umkleidung von eisernen Säulen, die denn 
u. A. auch hier stattgefunden hat. 
Ein stärkerer Bruder ist nun dem verdienstvollen Berliner 
Rabitz in dem Franzosen Monier entstanden, der — von Hause 
aus ein Gärtnereibesitzer — für den eigenen Bedarf große 
Blumenkübel und Wasserbecken herstellte, indem er die Zement— 
wandungen durch Eiseneinlagen von geringer Abmessung ver 
tärkte. Der Gedanke wurde sehr bald von den Technikern auf— 
zenommen und insbesondere auf Wasserbehälter angewendet, 
die bis zu 20 m Durchmesser hergestellt wurden. Auch für 
Treppen und Gewoͤlbe, für Roͤhren, ja sogar zu Eisenbahn— 
schwellen ist das Monier'sche System geeignet. Dasselbe besteht 
in einer innigen Verbindung von Zement und Eisen zu ebenen 
oder gewölbten Platten in einer Weise, daß dabei die wichtigsten 
Eigenschaften beider Stoffe vorzüglich ausgenntzt werden, wo— 
durch man ganz überraschende Ergebnisse erzielt hat. Vor 
Allem tragen die Gewölbe nach diesem System außer dem 
Eigengewicht noch große Nutzlasten, sie erzeugen keinerlei Schub 
nach den Seiten, so daß sie ohne Aenderung der Widerlager 
Art überall angebracht werden können. An Ausführungen dieser 
seien genannt das Dach des Berliner Schauspielhauses, die Gewölbe 
in der Weinstube von Becker und Söhne am Dönhoffsplatz, die 
Kirche zu Lindenthal bei Köln, der Zirkus in der Alberthalle 
in Leipzig. Obwohl der erste Anwender dieses Verfahrens ein 
Franzose war, hat doch die deutsche Technik einen so wesent— 
lichen Antheil an der wissenschaftlichen Ausbildung und der 
künstlerischen Entwickelung des Monier-Systems, daß wir die 
darauf durch Ingenieur G. A. Wayß unter Heranziehung wissen— 
schaftlicher Kräfte aufgebaute Industrie in Deutschland als einc 
heimische ansehen dürfen. Auch die deutschen Magnefitwerke 
ind an diesem Bau betheiligt. Von Verbesserungen der Zwischen— 
decken sidd hier u. A. angewendet und in Aussicht genommen 
Borksteine von Grünzweig und Hartmann in Ludwigshafen, 
dann das Patent des Regierungsbaumeisters Dr. A. Katz in 
Stuttgart. Auf Grund desselben werden viereckige und läng— 
i he Hohltafeln, aus einem Gemisch von Spreu, Thierhaaren, 
Hips, Leimwasser u. s. w. gegossen, auf die an den Balken 
estgenagelten Latten gelegt und verstrichen. Diese Ausfüh— 
rungsart gilt als leicht, einfach, billig und schalldämpfend. Neben 
—DDD 
die zut Ausführung dieses Probebaues gedient haben und noch 
dienen, find hier voch verschiedene Vorschläge, bezw. Modelle 
ausgestellt, soͤ in Zeichnung ein Leitergeruͤst für Fassaden— 
bearbeitung vom Maler Heiland in Altenburg, dann das ein— 
fache und' doppelte Patentgerüst von Thomsen u. Comp. in 
Ali-Moabit. Erwähnt sei gleich hier die Zeichnung eines Maler— 
gerüstes, wie es in Brüssel üblich ist; es ist eine Art Hänge— 
derüst mit Querhölzern zur Sicherung gegen das Herabfallen 
entworfen von Francois Smet (Saal P. 1196). 
Im Erdgeschoß des Bauwerks hat neuerdings ein,Patent— 
Schnelltrockner, von Keidel u. Comp. (Berlin W.) seinen Plat 
gefunden. an der Ecke wirkt der Rettungsapparat von Rosen—
	        
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