Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 49, Bd. 8, 1889)

Entscheit ungen Nantechnische Notizen. Vermichte 
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Aufsichtsraths stehen nicht kraft ihrer Bestellung zu den einzelnen 
GBenossenschaftern in einem Vollmachtsverhältniß oder doch in einem 
kontraktähnlichen Verhältniß: Vorstand und Aufö'ichtsrath der ein 
getragenen Genössenschaft sind Organe der juristischen Person, nich! 
Vertreter oder Beauftragte der einzelnen Genossenschafter. Die Ana 
logie der Aktiengesellschaft ist in dieser Hinsicht vollständig zutreffend 
daß die Mitglieder der eingetragenen Geneössenschaft unbeschränkt für 
die Verbindlichkeiten der Genossenschaft haften, ist kein Grund, diese 
Analogie abzulehnen, da die persönliche Haftung der Genossenschafter 
nur eine Folge ihrer Zugehörigkeit zur juristischen Person ist Hieraus 
selgt, daß, wenn die Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichts 
ratbs wegen Vernachlässigung der ihnen durch das Gesetz oder der 
Gesellschaftsvertrag auferlegten Verpflichtungen oder wegen Zuwider 
handelns gegen dieselben namens der Genoöossenschaft zur Verantwor 
lung gezogen sind, nicht noch außerdem ein Anspruch der einzelnen 
Genossenschafter auf Schadenersatz wegen derselben Thatsachen gegen 
sie geltend gemacht werden kann. Das Geuossenschaftsgesetz gewährt 
im 829 Absatz 2 den Genossenschaftern die Befugniß, in dem vor 
der Genoffenschaft gegen ihre Organe angestellten Prozeß als Inter— 
venienten aufzutreten, und giebt ihnen damit die Möglichkeit, in 
einem solchen Prozeß selbständig Rechtsbebelfe geltend zu machen. 
Bedienen sie sich dieser Befugniß nicht, so müssen sie das Ergebniß 
eines solchen Prozesses auch gegen sich gelten lassen. (Artheil des 
Reichsgericht, J. Eivil-Senat, vom 9. Februar 1889). 
— Kann der Käufer wegen falscher Vorspiegelungen des 
Verkäufers vom Kaufe zurücktreten, oder nur Preisermäßigung 
beanspruchen? 
Die Entscheidung der Frage hängt davon ab, ob die Täuschung 
sich auf einen so wichtigen Theil des Geschäftes bezieht, daß ohne den 
Betrug das Geschäft überhaupt nicht zu Stande gekeommen wäre — 
dann kann der Käufer vom Geschäfte ganz zurücktreten — oder ob 
der Betrug nur auf die Gestaltung untergeordneter Bestimmungen 
des Geschäfts von Einfluß gewesen ist — dann muß der Käufer die 
Sache behalten, kann aber Minderung des Kaufpreises fordern. In 
beiden Fällen hat er daneben Anspruch auf Ersatz etwaigen weiteren 
Schadens. Diese, von den meisten Rechtslehrern anerkaunten, aber 
von manchen bestrittenen Grundsätze des gemeinen deutschen, ebense 
wie des preußischen Rechts hat das Reichsgericht im Urtheile vom 
10. Januar 1889 bestätigt und in folgender Weise zur Anwendung 
gebracht: 
Ein Mübhlen-Etablissement mit vielen zugehörigen Grundstücken 
uind umfangreichen Mühl- und Oeconemie-Inventar war gegen einen 
in Bausch und Bogen festgesetzten Gesammtpreis verkauft worden. 
Der Käufer wollte bald nach der Uebergabe vom Vertrage zurücktreten 
und erhob Klage, weil ihm der Verkäufer wider besseres Wissen 
dersichert habe, zum Mühlengut gehören 50 Acker beste Wiesen und 
Felder, während dasselbe deren in Wahrheit nur 40 umfafsse. „Eint 
solche Vorspiegelung, sagt das Gericht, hat zweifellos die Höhe des ver 
abredeten Kaufpreises beeinflußt; sie berechtigt aber nicht ohne Weiteret 
zu der Annahme, daß der Kläger, falls er den wahren Sachverhalt 
gekannt hätte, von dem Abschlusse des Vertrages auch bei entsprechen— 
der Preiserniedrigung abgesehen haben würde. Es unterliegt keinem 
Zweifel, daß bei dem Abschlusse des fraglichen Kaufs der Erwerb der 
Mühle und der Betrieb derselben im Vordergrunde der Wünsche und 
geschäftlichen Interessen des Klägers gestanden hat. Daß es ihm 
weniger um die Bewirthschaftung der mitverkauften Grundstücke zu 
thun war, geht insbesondere auch daraus hervor, daß Kläger schen 
wenige Monateé nach der Uebergabe des Etablissements mit der Absicht 
umgegangen ist, die Acker zu verpachten. Es ist bei dieser Sachlage 
nicht abzusehen, warum dem Interesse des Klägers mittelst verhältniß— 
mäßiger Herabsetzung des Kaufpreises nicht voll und ganz sollte Genüge 
geschehen künney.“ 
Die Ansicht mancher Rechtsgelehrten, daß auch in solchen Fällen 
der Käufer waͤhlen könne, ob er Aufhebung des Kaufes oder nur 
Schadenersatz wolle, ist alio vom Reichsgerichte verworfen worden. 
Fehlerhafte Anlage von Blitz Ableitungen.“) Tie kurzlich 
durch die Zeitungen verbreitrte Nachricht pen der durch Mitzichlag berbei 
geführten Zersterung eines Pulvermagazins der Foste Kentasstein verantatt 
mich, Folgendes mitzutbeilen: 
Bei einer in diesem Frübjabre vorgenommenen Priiinnander Rsif 
ableitungen auf den Großbherzoglichen Vebanden biertelbit ergab sich, dasß 
sowohl bei der Leitung auf dem Maturbistorischen Museum, ala auch beinter 
des EGroßbherzonl. Theaters die Luftleitungen unterbrochen waren. 
Bei beiden Gebäuden war die Firstleitung, Seike aus zwölitach ge 
flechtenen Kupferdräbhten, mit dem Fußende der eisernen Aussfangestangen 
durch kupferne Hülsen verbunden. 
Als nun zur Prüfung ein isolirter Kupferdraht mit einer pom Reit 
befreiten Stelle der Auffangsstange oberbalb des Kupierfabels, ein zweiter 
Drabt mit dem Ausguß einer küpfernen Pumpe verbunden war, gab die 
Nadel des Galvanemeters keinen Ausschlag. Sobald jedoch der erste Drabt 
mit dem Kupferfseil unmittelbar in Verbindung gebracht wurde, zeigte da— 
Halvanometer einen kräftigen Strem an. Tie Sterung in der Lettung lag 
also in der Verbindung der Firstteitung mit dem Futze der Aufangeitange 
Mach Entfernung der Kupferbülse zeigte sich datz sich zwischen dieser 
und der Auffangestänge eine starke Schicht Cifenrost aebildet und die Leitungs 
jähigkeit gestört batte. 
Da nach Aussage des zur Hilfeleistung binzugezegenen Kupierschmiede 
es nicht möglich sei, auf der Firit eine ordentliche Verletbung der Hülfe 
mit der Auffangsstange auszufübren, weil sich eine so starke Eisenstange 
zicht genügeud mit der Lötblampe erwärmen ließe, daß das Löthzinn an dem 
Lisen hafte und den Raum zwischen Stange und Hülse rollständig austülle 
ieß ich die Verbindung zwischen Auffangespitze und Firstleitung in der 
Weise herstellen, wie sie bei den vor einigen Jahren durch die Hrn. Gebr 
Miittelstraß in Magdeburg hierselbst an mehreren (aroßberzoali) Gebäuden 
ausgeführte Blitzableitungen angefertigt sind. 
Bei genannten Leitungen geht ein mit der Firstleitung verbundeues 
Kupferseil bis zur Spitze der eisernen Auftangsstange, mit welcher es oben 
nittels Kupferhülse und unterbalb durch Umwicklung mit Kupferdrabt mebr— 
ach verbunden ist. Auf das obere Ende dieses Kupferseils ist dann die 
upferne Auffangipitze gesetzt und verlöthet. So besteht also die ganze 
»eitung von der Auffangsspitze bis zur Erdplatte aus gleichem Matterial. 
Nach den schon früber von mir gemachten Vorschlägen zur Anlage von 
Blitzableitungen soll die Firstleitung mittels kupferner Hülsen an die Auffang 
stange vernietet werden Werden solche Vernietungen sehr sorgfältig aus 
zeführt, so mag die Berübrungsfläche zwischen Niet und Eisen lange dem 
stosten widersteben. Ob aber eine Orydation ganz ausgeschlossen oder 
solche in den meisten Fällen bald eintritt, wäre wohl noch zu ermitteln 
Da ein Vernieten der Hülsen mit dem Fußende der Auifanaftange sebr 
umständlich ist, wel sich vor der Befestigung der Stangen nicht gaut die 
Höhe für die Nietlöcher bestimmen läßt, werden wohl in der Regel die 
Zülsen nur mittels Schrauben befestigt sein, und bei den so hergestellten 
eitungen wird dann auch wie in den hier mitgetheilten Fälken, eine Unt, 
brechung der Leitung durch Rostbildung eintreten 
Oldeuburg i. Gr., den 23. 5 84 
* Nachdem Wochenblatt für Baukunde 
H. Konow. 
Vermischtes. 
Eine hübsche Streikgeschichte hat sich in dem Berliner Vorort 
Moabit zugetragen. In der Stephausstraße sind viele Reubauten in An 
zriff genommen, die Ausführung des einen liegt in den Händen des Zimmer 
meisters Lerche. Rechts und links von seinem Reubau berrschte kürzlich tiefe 
Stille, überall war die Arbeit niedergelegt worden. Umsomebr mußte Lerche iich 
wundern, daß die von ibm beschäftigten Leute nicht vom Streikficher an 
gesteckt schienen, sie arbeiteten ruhig weiter. Dem Meeister konnte dies nur 
ingenehm sein, denu sein Robbau ging der Vollendung entgegen, und ein 
Stillstand in der Weiterförderung mußte ihm schwere Nachtheile bringen 
Dies wußten die Gesellen. Am Mittwoch Abend rieb der Meister dich 
dergnügt die Hände, die Gefellen hatten von einer Arbeitseinstellung nichts 
zeiagt, in der Frübe des folgenden Tages sollte gerichtet werden, und 
wenn der Bau fich erst unter Tach befand, danun konnte seinetwegen auch 
hei ibm die Arbeit eingestellt werden. Er hatte die Rechnung ohne die 
Hesellen gemacht Am folgenden Morgen waren letztere voltzäblig zur Stelle 
aber nur, um dem Meister einmüthig zu erklären, daß sie keinen Finger 
rühren würden, bevor er sich nicht mit den vom Streikkomiteé aufgestellten 
Forderungen einverstanden erklaärt babe. Ter Arbeitgeber wurde in eine 
bbse Zwangslage gebracht, es bedurfte nur weniger Stunden Arbeit, um das 
bereits an Ort und Stelle geschafftte Material auf den Bau zu schaffen und 
zusammenzufügen; andererseits hatte er sein Wort gegeben, sich den Strei 
fenden gegenüber nicht willfäbrig zu zeigen. Alles gittliche Zureden, sowie 
die Aussicht auf den „Richtschmaüs“ waren vergebens, denn die Leute be 
barrten bei ihrer Weigerung. Die Unterbandlungen batten auch eine ganze 
Anzabl zur Untbätigkeit gezwungener Meister herbeigelockt. Siegesgewinß 
tanden ihnen die Gesellen gegenüber, sie wußzten, daß der Bau unter aller 
Imständen gerichtet werden mußte, — aber diesmal hatten sie die Rechnung 
hne die versammelten zehn Meister gemacht. Der Vorschlag des einen von 
hnen, jetzt einmal den Gesellen zu zeigen, daß auch sie trotz ihres „Hunger 
pects“ zu arbeiten verständen, wurde jubelnd autgenemmen; die zebn Retter 
rus der Roth verschwanden auf wenige Minuten, um gleich darauf in 
Arbeitskostüm wieder zu erscheinen und nun unverdressen eine Art Heinzet 
männchen-Arbeit zu verrichten, und sie schwärmten und klappten und lärmten 
bisirten wie Falken und setzten Balken, und die „Krönung des Gebäudes' 
war bald vellendet. Herr Lerche hielt zu Ebren seiner Mitarbeiter, vor 
deren Stirne beiß rinnen mußte der Schweiß, den salbungsvollsten Richt 
pruch, den er in seinem vLeben gehalten, und bald daranf führte ein be— 
ränzter Kremser-Wagen die Mieister-Geiellen binaus in's Freie, wo aui 
as Blüben guüter Kollegialität mancher Schoppen geleert wurde 
Bautechnische Notizen. 
Nägel aus Abfällen von verzinntem Eisenblech. Abfälle 
aus verzinntem Eisenblech waren lange ein unbrauchbares Produtt, dessen 
Verwendung für irgendeinen Zweck, der dem wahren Werthe der in dem— 
selben entbaltenen Metalle entsprochen bätte, ein ungelöstes Problem ge— 
wesen ist. Man hat zwar derartige Abfälle eingeschmolzcu, doch machte 
die Härte und körnerartige Struktur das Metall blos zu Gewichten geeignet 
Anuch wurde in geringem Maaße das Zinn auf elektrolytischem Wege ent 
fernt, doch hat dies, wie der „American Manutacturer“ sagt, keine positive 
Ausnutzung dieses Produktes als Material für gewerbliche Zwecke ergeben, 
bis es zu Nägeln verwendet wurde. 
Die Blechabfälle werden mittels Stanzen in rechteckige Stückchen von 
dreimal so großer Länge als Breite zerschnitten, bierauf mittels einer auto— 
matischen Zuführungsvorrichtung zwischen Stempel gebracht, alsdann in eine 
bierkantige, nagelähnsiche Form gepreßzt und angetköpft. Terartige Rägel 
sind für viele Zwecke sehr geeignet, rosten nicht, sind leicht, sebr stark und 
können in das härteste Holz eingetrieben werden, ohne sich zu verbiegen
	        
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