Entscheidungen. — Konkurrenzwesen.
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fallmaterial, das größtentheils und höchstens zum Anschütten von Halden
und zur Ausgleichung von Terrainunebenheiten verwendet wurde, in
bpgienisch und bautechnisch vortbeilbafter Weise zu verwerthen. Der
Verbrennungs-Prozeß führt somit hier weniger zu einer chemischen, als
vielmehr zu einer mechanischen Veränderung des Materials selbst.
Eine andere Methode zur industriellen Bearbeitung eines bisher
jast als lästig sich erwiesenen Abfalles ist die Erzeugung von Schlacken⸗
wolle, Schlackenziegel und Pflasterplatten aus Hohöfenabfällen. Die
riesige Anhäufung und daraus bedungene Werthlosigkeit der Hoh⸗
eienichlacke regte viele Hüttenwerke an, dieselbe gleichsam einem neuen
Industriezweige zuzuführen, welcher denn auch heute bereits eine ziem
liche Ausdebnung gewennen hat. Das Verfahren bei Erzeugung der
Schlackensteine ist das denkbar einfachste, indem granulirte Hochofen-
ichlacke und gewöhnlicher Wasserkalk mittelst eigener, zu diesem Zwecke
konstruirter Mischmaschinen und Dampipressen gemengt und geformt
werden. Der Erhärtungsprozeß erzeugt jedoch eine wesentliche Ab—
weichung von jenem der Lehm- und Thonerzeugnisse, da doch hier
gebrannt werden muß, dort jedoch nur die reine Lufttrocknung durch
geführt wird. Bei dieser lassen sich nun drei wesentlich verschiedene
Fälle beobachten, welche eben den Werth des Fabrikates bedingen.
Vor, Allem tritt die Bildung einer chemischen Verbindung zwischen
der im granulirten Schlackenfande in löslichen Zustand übergegängenen
Rieseliäure und dem Kalke ein, so daß die mechanische Mischung lang
sjam zu einem chemischen Neugebilde wird. Ist nun durch den Kall
alle lösliche Kieselsäure gebunden, so ist die chemische Verwandtschaft
dieser beiden Koörper dech zu groß, als daß nicht auch die unlösliche,
jedech vermöge der zu Körnern verarbeiteten Schlacke immerhin auf—⸗
geschlossene Kiefelsäure in kieselsauren Kalk übergeführt würde. Der
umeist der Luft ausgesetzte Theil des geformten Steines, respektive
ziegels, wird schließlich den Ueberschuß an Kalk in Form von festem
kehlensauren Kalt aufweisen und das Fabrikat erhält somit vom che—
mwischen Standpunkte alle Eignung für ein vortreffliches Baumaterial
Dieie erwähnten Prezesse bestimmen aber dasselbe auch zur Verwendung
im Wasser, denn dieses kann die einmal in der Luft durch sechs Monate
durchgeführte Erhärtung vermöge seiner chemischen Beschaffenheit nur
ioch erhöhen.
Aus diesen Erörterungen ergiebt sich somit, daß zum Abschluß
der vollen Erhärtung der Schlackensteine erfahrungsgemäß sechs Mo—
nate nothwendig sind, ein schnelleres, künstliches Trocknen aber ganz
ausgeschlessen ist, sondern vielmehr die zu sehr der Sonnenhitze dus
Jefetzten Steine oͤster mit Wasser bespritzt werden können und sollen,
um desto festere Ziegel zu erbalten. Ist nun endlich der Ziegel reif —
denn durch eine vorzeitige Verwendung zum Bau wird durch den in
der fertigen Mauer abgeschlossenen Zuütritt der atmosphärischen Luft
der Erhärtungsprozeß doch zui mindesten erschwert — so hat er eine
grauweiße, ziemlich gleichmäßige Farbe, grobes Korn, in Folge des
bloßen Trocknungsprozesses sehr scharfe Kanten und im Volumen
des vorgeschriebenen Nexmalmaaßes für gebrannte Mauerziegel
IVOXIJOXGG) ein Gewicht von 4,0-5 kg.“ Da der sehr poroͤf⸗
Schlackensand dem Kalke möglichst viele Bindungspunkte gegeben hat,
ind, Porosität und Durchdringlichkeit zwei hervporragend günstige
Eigenschaften dieses neueren Baumateriales zur Erbauung von ge⸗
unden Wohnungen. Denn nach den an dem koͤniglichen Polytechnikum
in München angestellten offiziellen Versuchen beträgt dessen Luft—
durchlässigkeit pro Im-Stunde 6394 1 Luft im Gegensatze von 7291
bei gebrannten Ziegeln und von 3264 J bei Luftmörtel und werden
semit die Schlackensteine in trockenem Zustande nur vom Kalktuffstein
übertroffen. Das Vermögen, Wasser durch feine Adern sehr langsam
anfzunebmen, hingegen solches sehr rasch abzugeben, ist ein weiterer
Vorkheil dieses Materials, sd daß es vom hygienischen Standvunkte
aus nahezu konkurrenzles dastehen dürfte.
Die Dauerhaftigkeit der Schlackensteine ist gleichfalls bereits er—
brobt, indem die Beständigkeit derselben gegen Wind und Wetter
elbst an, Wetterieiten sich derart erwies, daß nach 13 Jahren noch
keinerlei Einwirkungen beinerkbar wurden. Wiewohl die Erzeugungs
weise damals noch ziemlich einfach und auf Handpressen beschränkt
war, so hatte man doch nicht verabsäumt, Probebquten auszuführen
All' die erwähnten Resultate haben nun dazu geführt, daß von Seite
der deutschen Baubehörden zu ällen Bauanlagen, bei denen nicht außer⸗
gewöhnliche Belastungen und Hitzegrade vorkommen, an Sielle von
zebranuten Steinen die Schlackensteine von amtswegen an die Obrig—
keiten und Lokalbaubeamten empfohlen wurden. Durch Anwendung
»en Mörtel aus granulirtem Hohofen-Schlackensand und Wasserkali
erbielt übrigens im Allgemeinen dieses brauchbare und preiswürdigt
Baumaterial eine derartige Bedeutung, daß heute bereits zahlreiche
Wohnbäuuer, industrielle Anlagen, Eisenbahnobjekte, (Magazine, Bahn
böie, Wächterbäufer u. dergl.) der Harz-⸗, Jura- und anderer Bahnen
dei Namine, Kesseleinmauerungen, Fundamente ꝛc. daraus ausgeführi
ndh ließlich wäre hierbei noch zu bemerkeu, daß das Trvckner
der Mauerungen binnen wenigen Tagen erfolgt und daher das Materia'
namentlich für Bauten in Gebirgsgegenden empfehlenswerth ist; des
gleichen eignen sich die Schlackensteine sehr gut zum Rohbau von
Facaden. deren Färhung zwischen enssprechend anders gefärbten Lifenen i
den verschiedensten Abstufungen durch Tränken in gefärbtem Mörtel oder
durch Abwaschen mit verdünnter Schwefelsäure verändert werden kann.
Wenn nun endlich noch der Pflasterplatten (Metalliepflaster) ge—
dacht werden soll, so wird dasselbe nach einer patentirter Methoͤde
aus einem Gemenge von gebrochener Hohofenschlacke und Portlaͤnd—
Gement unter Zusatz von gewissen Chemikalien, welche eben auf rasche
Erhärtung und große Festigkeit hinwirken, erzeugt und steht dasselbe
auch bereits in London, Paris und Wien in namhafter Auwendung.
Entscheidungen.
Vergehen gegen die Reichsgewerbeordnung. Ein seit dem
Jahre 1865 in VLeipzig ansässiger Maurerpolir hatte seit Mitte Fe—
druar d. J. den Arbeitsleuten, denen er des Sonnabends Lohn zu
zahlen hatte, auf Wunsch derselben im Laufe der Woche je nach Be—
darf Blechmaͤrken, die einen Werth von 50 Pfennigen darstellten, ver—
abreicht, für wesche die Arbeiter in einer dem Bau, auf, dem sie ar—
ꝛeiteten, gegenüberliegenden Restauration Genußmittel erhielten. Be—
der Auszahlung des Lohnes wurde dann der Betrag, den die Marken
cepräsentirten, in Abrechnung gebracht. Der Polir hat nun bei
dieser Markenausgabe, wie die 3. Strafkammer, vor der er sich vor
Kurzem zu, verantwoerten hatte, annahm, einen Gewinn von 10 pEt,
durch den betreffenden Restaurateur, mit dem er sich auf Wunsch der
Arbeiter in's Einvernehmen gesetzt hatte, bezogen, also nicht allein im
Interesse der Arbeiter gehandelt, sondern auch seinen eigenen Vortheil
wahrgenommen. Nach Lage der Sache ahndete der Gerichishof dieses
Vergehen gegen die Reichsgewerbeordnuug mit 50 Mek Geldstrafe,
Da die wiederholten Mahnungen eines Maurermeisters an
einen seiner Schuldner erfolglos blieben, reichte derselbe wegen seiner
Forderung in Höhe von 264 Mk. die Klage beim Amtsgericht Berlin
ein. Einen Tag vor der Zustellung der Klage schickte der Schuldner
den vollen, Beträg ein. Im Verhandlungstermin erklärte der Kläger
seine Befriedigung wegen des Klägeobjekis und beantragte, dem Be—
klagten die Prozeßkosten aufzuerlegen, da er durch sein Verhalten ihn
zur Anstellung der Klage gezwungen habe. Der den Beklagten ver—
fretende Rechtsanwalt protestürte hiergegen, erlangte auch ein obsiegen-
des Urtheil, indem das Amtsgericht den Rechtsstreit durch die erfolgte
Zahlung als erledigt erachtete und den Kläͤger zur Zahlung der Kosten
verurtheilte. In den Entscheidungsgründen wurde ausgeführt: Die
Verpflichtung des Klägers zur Kostentragung ergiebt sich aus der un—
streitigen Thatsache, daß er zur Zeit der mittels Zustellung bewirkten
Klageerhebung (8 230 Civil-Prozeß. Ordnung) wegen seines Anspruchs
befriedigt war. Ist somit die Klage zu ÜUnkecht erhoben, so hat
Kläger gemäß 887 4. a. O. die Koften des Rechtsstreites zu tragen.
Es wird dadurch nicht der Frage vorgegriffen, ob Beklagter nicht
dem Kläger wegen der Kosten ersatzpflichtig ist, insofern er denselben
angeblich durch Verzögerung der Zahlung' zur Anstellung des Pro—
esses veranlaßt hat. Hierüber kann nicht in dem vorliegenden Ver—
ahren, welches die Zaͤhlung von 264 Mek. zum Gegenstande hat,
ondern nur in einem neuen, selbständigen Prozeß befuͤnden werden.
In letzterem würde die Entscheidung davon abhängen, ob Beklagter
sich durch Säumniß bei der Zahlung eines Versehens schuldig ge—
gemacht hat. Hierauf kommt es aber im gegenwärtigen Rechtsstreit,
wie schon erwähnt, nicht an, in welchein die Kostenfrage nach 8 87
Kivil-Prozeß-Ordnung nur einen zu erkedigenden Nebendunfkt dei den
Entscheidung bildet.
Dem Eigenthümer eines Hauses gab das Polizeipräsidium zu
Berlin auf, binnen vierzehn Tagen bei Vermeidung einer Strafe von
150 Mk., eventuell zehn Tagen Haft aus der im Kellergeschoß be—
legenen Küche die ohne polizeiliche Genehmigung eingerichtete Feuerungs—
anlage zu entfernen; zugleich wurde demselben verboten, diese Küche,
da sie den baupolizeilichen Vorschriften nicht entspreche, insbesonders
zu tief unter dem umgebenden Erdreich belegen sei, fernerhin zu ver—
miethen und als dauͤernden Aufenthalt fuͤr Menschen benuhen zu
lassen. Der Eigenthümer H. klagte gegen das Polizeipräsidium auf
Aufhebung dieser Verfügung, indem er ausführte, die fragliche Küche
nei zwar an einen Restauratenr vermiethet, werde von demselben aber
nur aushilfsweise benutzt, da ihm noch eine andere, auf dem Hofe
belegene Küche zur Verfügung stehe. Der Bezirksausschuß zu Berlin
erkannte am 12. Februar“ auf Klageabweisung, und däs Ober-Ver—
waltungsgericht, I1. Senat, bestätigte auf die Berufung des Klägers
diese Entscheidung durch uͤrtheil vom 7. Jun d. J. mit folgender
Begründung: Ihrer gaitzen Anlage nach ist die in Rede stehende
Küche zur Benutzung für Restaurationszwecke eingerichtet und ist da—
her, ohne daß es einer weiteren Beweißanfnahme über den thatsäch⸗
lichen Umfang ihrer Benutzung bedurfte, anzunehmen, daß dieselbe
einen zum dauernden Aufenthalt von Menschen besftiiumten Raum
darstellt
Konkurrenzwesen.
Das Preisgericht für Arbeiterbäder hat nunmehr seine sehr
einaehenden' Arbeiten beendet Unter dem Ehrenvpräsidium' des Herzoas