Mittheilungen aus der Praxis. — Kachelofen eder Eisendien.
sitze und des Amphitheaters leicht anbringen lassen; das Parterre
ist je nach Bedürfniß und der Geltung des Publikums 3—5
und mehrreihig in den Sitzen anzulegen; die Batkonsitze sind
meist beliebter, daher kann man sie in größerer Anzahl
beantragen, etwa 5—10 Reihen wenigstens; das Amphitheater
bekommt je nach Bedarf 10—25 Reihen; bei den Balkonsitzen
sowie im Amphitheater sind alle 5—15 m, vom Parterre (nach
aufwärts gerechnet), Zugänge und Treppen anzulegen, damit
die Zuschauer bequem zu ihren Plätzen gelangen und bei einem
eventuellen Brande von ihren Sitzen sich schnell entfernen können.
9. Das schirm- oder kuppelförmige Dach mit Ober—
licht ist zugleich Decke; es ist auch bestimmt, für Tages—
vorstellungen Seitenlicht anzubringen. L. TEXK.
Mittheilungen aus der Praxis.
Gobelin-Stoff-Tapeten. Unter der Bezeichnung der Gobelin—
Stoff-⸗Tapeie wird durch Joseph Heimann in Berlin ein neues
Material zur Wandbekleidung in den Handel gebracht, das über—
all anwendbar, von schöner Wirkung und dabei nicht theurer ist,
ils gepreßte Papiertapete. Bisher war man bekanntlich in ge—
wissen Fällen, z. B. bei feuchten Wänden, auf stumpf wirkende
Stoffe, wie Sackleinen oder Jute, angewiesen, die man mit der
Schablone bedrucken lassen mußte, ein Verfahren, welches bei
wenig befriedigender Wirkung immer verhältnißmäßig theuer bleibt.
Die Gebelin-Stoff-Tapeten werden aus einem Gewebe
hergestellt, bei welchem nach dem Wortlaute der Patentschrift
D. R.P. 19579, Klasse 86, Weberei) nur die Kette aus ge—
ponuenem Garne gewählt, als Einschlag dagegen roher Flachs
zenommen wird. Der ungesronnene Stengel wird, wie wir be—
ceits in einer Notiz in Nr. 11, Jahrg. 88 dieses Blattes
mitgetheilt haben, in seiner natürlichen Länge angewendet, so—
daß man Gewebe von einer bestimmten, von der Länge des
Stengels abhängigen Breite erhält, bei denen der Einschlag
nicht zwischen dem Kettengarn schlangenförmig hin- und her—
zewunden, sondern jedesmal an der Längsseite abgesetzt ist. Die
veitere Verarbeitung des rohen Gewebes erfolgt zunächst, um
»asselbe geschmeidig und gleichartig zu machen, duͤrch eine che—
nische Behandlung unter hohem Dampfdruck hierauf aber unter
ꝛiner starken Pressung zwischen einem kräftigen Walzensystem
Es erscheint dann der ursprünglich runde Einschuß breit gedrückt
ind durch die Kette in längliche kleine Vierecke getheilt; das
ertige Gewebe zeigt ein glattes, flaches Korn, wodurch, da der
Flachs den natürlichen, seidenartigen Glanz behält, in jeder Be—
euchtung andere reizvolle Effekte erzeugt werden. Das leuch—
sende, auf der Wand vollständig klar erscheinende Korn verleiht
dem Gewebe ein außerordentlich charakteristisches Gepräge. Be—
druckt werden die Tapeten in der bekannten Fabrik von Köchlin,
Baumgartner KsCo., Lörrach, und zwar geschieht das Bedrucken
mit Handformen und nur mit echten chemischen Farben, die
man in einem Dampfbade fixirt. Schließlich ist der Stoff noch—
mals durch Walzen zu ziehen.
Für die präktische Verwendung besitzen diese Stoff-Tapeten,
die 70 em breit und durchschnittlich 530 m lang sind, den Vor—
zug, daß sie sich nicht nur aufspannen, sondern auch aufkleben
lassen, sodaß auch rund angelegte Wände, z. B. in Treppen—
häusern, mit ihnen bekleidet werden können. Das Verfahren
ist dasselbe, wie bei imitirten Velours- oder Ledertapeten.
Die bis jetzt erschienenen Muster sind, wie das „Gewerbe—
blatt aus Württemberg! mit Recht hervorhebt, durchweg gediegen.
Sie lehnen sich theilweise an klassische Vorbilder an, die größten—
heils dem 16. bis 18. Jahrhundert entstammen und deren
Originale sich im Besitze des Königlichen Kunstgewerbe-Museums
zu Berlin befinden. Auch aus anderen Kunstanstalten in Köln,
München, Frankfurt und Leipzig sucht der Fabrikant schoͤne
iltere Vorbilder zu gewinnen, neben denen auch eigene Entwürfe,
so beispielsweise solche heraldischer Natur, hergehen.
Wie bei der im Königlichen Gewerbe-Museum kürzlich statt—
gehabten Ausstellung Heimann'scher Tapeten zu ersehen war,
fallen besonders Muster in größerem Maaßstabe gut aus, da
das Korn des Gobelin-Stoffes die allzu kleinen Theilungen
weniger begünstigt. Die großen, breiten, teppichartigen Flächen—
behandlungen mit kräftigeren Ranken, Fruchtbildern und Blatt—
werk wirken voll und reich. Noch gobelinartiger erscheinen aber
die mit Landschaften bemalten Tapeten, unter denen namentlich
eine von Eisele gemalte sich auszeichnete.
Daß die neue Wandbekleidung in Fachkreisen richtig ge—
würdigt wird, läßt sich daraus erkennen, daß sofort nach dem
Erscheinen der ersten Muster durch Regierungs-Baumeister Thömer
im neuen Justizgebäude zu Köln drei Säle damit bespannt worden
ind. Ebenso ist der Stoff in der graphischen Abtheilung der
unstgewerbe-Ausstellung zu München, im Schlosse zu Dessau
und in vielen Privatbauten zu Köln, Frankfurt, Bremen, Berlin
u. s. w. bereits zur Anwendung gekommen. Auch für das neue
Postgebäude in Frankfurt a. M. hat Geheimer Baurath Endell
diese Stoff-Tapeten für mehrere Räume vorgeschrieben und es
ist zu diesem Zwecke dem Fabrikanten die Zeichnung zu einem
»esonderen Muster seitens der Bauleitung geliefert worden. Die
Hobelin⸗Stoff-Tapeten sind zu beziehen: in Frankfurt a. M. bei
Ph. J. Jungmann; in Berlin bei Gebrüder Hildebrandt, Adolph
Burchardt, Seidel K Brandenburger, Franz Lieck K Heider; in
Leipzig bei F. A. Schütz. Für Muster und Preise wende man
sich direkt an Jos. Heimann, Berlin, Kochstr. 3.
Kachelofen oder Eisenofen.
Von Dr. Ferd. Fischer.!)
(Hierzu zwei Abbildungen.)
Vor zehn Jahren veröffentlichte Verfasser vergleichende Versuche
über die Ausnutzung der Brennsteffe in Zimmeröfen. Es waren die
ersten derartigen Versuche, welche überhaupt gemacht sind.?)
Dieselben sind damals in verschiedenen Zeitschriften ausfübhrlich
wiedergegeben, ohne irgend welchen Widerspruch zu finden, und neuer—
dings auch in die kleine Zusammenstellung über Feuerungsanlagen?)
zufgenommen. Dieses hat nun aber den Kacheclofen-Fabrikanten
P. Schimpke in Frankfurt a. d. O. ganz aus der Fassung gebracht,
so daß er einen beleidigenden Artikel verbreitet, welcher auf Seite 21
d. Bl. abgedruckt ist.
Schimpke hat offenbar keinen Begriff von der Bedeutung genauer
Versuche, sonst würde er solche als Gegenbeweis angeführt haben, ftatt
Janz unzutreffende Behauptungen auftzustellen und zu schimpfen!
Datz glasirte Kacheln die Wärme von den Verbrennungsgasen
viel weniger leicht an die Zimmerlutt übertragen, als Gußeifen, ist
eine Thatsache, an welcher auch der Kachelofen-Fabrikant Schimpke
nichts ändern kann. Zur Erzielung derselben Wirkung muß somit
der Kachelofen eine viel gröszere Heizfläche haben, als der eiserne Ofen.
Wird dieses berücksichtigt, so stellt sich der Kachelofen ganz erheblich
heurer in Anschaffung und Unterbaltung, als der sachgemäß ein—
gerichtete eiserne Ofen., In weitaus den meisten Fällen hindert aber
die Rücksicht auf den unverhältnißmäßig höberen Preis oder den Platz
eie Anschaffung eines entsprechend großen Kachelofens, und dann gebt
»ben die Wärme in den Schornstein. Anf alle Fälle ist eine gewisse
Wärmemenge, welche an das Zimmer abgegeben wird, bei Verwen—
dung von Kachelöfen theurer, als bei Verwendung eiserner Oefen,
gleich gute Anlage und Wartung vorausgesetzt. Thatsächlich sind alse
eiserne Oefenꝰ) überall da vorzuziehen, wo man Ursache hat, sparsam
zu sein.
Das etwas größere Wärmegaufspeicherungsvermögen des Kachel—
ofens wird meist dadurch wieder hinfällig, daß die Verschlüsse schwer
dicht zu halten sind, während bei einem eisernen, sog. Regulirofen
eicht die Koks- oder Anthracitfüllung über Nacht in Brand gehalten
verden kann. Daß nach Verlöschen des Feuers ein Kachelofen bei'm
Betasten länger warm ist, beruht eben auf der langsamen Wärme—
ibgabe an das Zimmer. Bleibt aber das Zimmer thatsächlich länger
warm, so erklärt sich dieses daraus, datz da, wo man sich den Luxus
eines greßen Kachelefens für 200 bis 300 Mark, und mebhr leisten
ann, auch besser schließende Thüren und Fenster, dickere Wände (deren
Wärmeaufspeicherung meist sehr unterschätzt wird), Teppiche u. dgl.
vorhanden sind, so daß die meisten Leute unwillkürlich einen Theil
des „behaglichen“ Eindruckes eines Zimmers dem Kachelofen zuschreiben.
Die Vorliebe für Kachelöfen beruht somit theilweise auf Ein—
1) In der neuesten Nummer der „Thenindustrie-Z3Itg.“ finden wir fol—
gende Entgegnung aunf, den in Nr. 2 unieres Blattes veröffentlichten Angrif
des Ofenfabrikanten, Herrn Paul Schimpke in Frankfurt a. d. O
(Redaktion des „Baugewerks-Blattes“.)
2) Neuere hat Bode mit sogenannten amerikanischen Oefen ausgeführt
Jabresbericht 1882, S. 1135.)
3) Ferd. Fischer: Feuerungsanlagen für häusliche und gewerbliche
Zwecke (Karlsrube 1889).
4) Den Meidinger'schen Ofen zäble ich selbst nicht dazu, wie ich
ausdrücklich S. 56 des genannten Buches hervorgeboben babe.
5) Das heißt folche, deren Feuerraum mit feuerfesten Steinen ausgesetzt
ist und deren Thüren aut schließen