Lehrlingswerkstätten.
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Die Friese der Hauptgesimse, sowie die Wandflächen der Arkaden
in den Höfen erhalten Sgrafitto-Dekorationen.
Die äußeren Fenster werden zum Schutze gegen einfallendes
Sonnenlicht mit Rolljalousien versehen.
Die verbaute Fläche des Gebäudes beträgt rund 2700 IIm und
werden sich die Gesammtkosten auf ca. 650 000 Mark belaufen.
Viel Zeit erfordern die Demolirungsarbeiten der alten Stadt—
mauer, die den Schulplatz kreuzt; sie stammt noch aus König Theodo—
richs Zeiten und ist bei einer durchschnittlichen Stärke von 250 m
12-15 m hoch.
Es dürfte wohl wenige Städte von der Größe Trients geben,
die ihrer Jugend ein derartig monumentales Gebäude widmen, das
mit aͤllen Mitteln der Bequemlichkeit und Zweckmäßigkeit ausgestattet,
noch den künftigen Generationen eine würdige Stätte des Unterrichtes
und der Volkserziehung sein wird. Seine jetzige Entwickelung und
Verschönerung verdankt Trient zumeist seinem rührigen derzeitigen
Bürgermeister Oß-Mazzurana.
Die Eintheilung und das Aeußere dieses Schulgebäudes ist aus
den nebenstehenden, der „Wochenschrift des österreichischen Ingenieur—
und Architekten-Vereins“ mit freundlicher Bewilligung entlehnten Ab—
bildungen zu ersehen.
und damit die Verpflichtung zur Fürsorge für Ueberwachnuug und
——
verständliche Voraussetzung ist, daßz auch die Werkstätte des Meeisters
den heutigen Anforderungen der Handwerkstechnik entiprechend ein—
gerichtet sei, oder, wo dies noch nicht der Fall ist, eingerichtet werde,
wozu unter Umständen gleichfalls eine Beibülfe geiwährt werden kann'
In dem Staatsvoranschlage ist für jedes der beiden Jahre 1888 und
1889 für den angegebenen Zweck eine Summe von 5000 Mek. bewilliat“
Der verhältnißmäßig geringe Betrag von jährlich 5000 Mik. zeiat,
daß es sich hier zunächst nur um einen praktischen Veriuch in der an
gedeuteten Richtung handeln kann, oder, daß beabsichtigt wird, mehr
durch Gewährung von Aufmunterungsprämien an Kleinmeister, als wie
durch die Uebernahme eines Theils der Lehrlingsausbildungskosten zu
wirken. — So zweckmähßig die in dem badischen Ministerialerlatz an—
gedeutete Anregung für die praktische Ausbildung der Handwerker
durch Meisterlehre auch erscheint, so schwierig könnte die praktische
Ausübung direkter Staatsunterstützungen werden, wenn hierbei über
die Gewaährung von Aufmunterungsprämien hinausgegangen werden
fellte. —
Im Großherzogthum Hessen liegen die Verbältnisse bezüglich des
Kleingewerbes und des Lehrlingswesens ähnlich, wie im Großberzog—
thum Baden. Auch haben, hier wie dort, während der letzten 23
Jahre die Einführung der Gewerbefreiheit mit Aufhebung der Mieister—
prüfungen und die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht mit dem
Institut der Einjährig-Freiwilligen gleiche Einwirkungen auf die Ent—
wickelung der Kleingewerbe geübt.
Zur Einleitung einer allgemeineren Besprechung könnten die nach—
stebenden Grundsäße dienen, an welche praktische Erfabrungen und
Ansichten der Gewerbetreibenden anzuknüpfen sein würden:
1. Im Allgemeinen ist die technische Ausbildung der Lebrlinge
in den Kleingewerben nicht schlechter, bezw. geringwertbiger. als solche
früher war.
2. Gegenwärtig giebt es verhältnißmäßig nicht nur eben'so viele,
sondern mehr noch technisch tüchtige Arbeiter, ais früher. — Die Klagen
mancher Handwerker über den Mangel an älteren, tüchtigen Geiellen
können begründet sein, ohne daß daraus jedech ein Rückgang in den
echnischen Leistungen der Handwerker gefelgert werden kann. — Einer
Seits ziehen die Fabriken einen Theil der besseren, handwerksmäßig
ausgebildeten Arbeitskräfte an sich, anderen Seits findet, gegen ebe
dem, frübere Selbstständigmachung statt.
3. Zur geschäftlichen Ausbildung des Handwerkers seoll die Lebre
in Meisters Werkstätte und der Unterricht in der fachlich organifirten
Handwerkerschule dienen. — Für manche Gewerbe kann der ünterricht
—
indessen die Lehre in der Werkstätte nicht beeinträchtigen dürfen.
4. Vollständige Fachausbildung wird nicht in einer Werkstätte
und nicht schon während der Lehrzeit erworben. In Lebrmeisters
Werkstätte soll und kann nur eine gute Grundlage gelegt werden. Die
weitere Ausbildung ist vom Gesellen und Arbeiter in anderen Werk
stätten zu suchen.
5. Für die erste Anlernung von Lehrlingen sind in der Regel
mnittlere und kleinere Werkstätten, in welchen der Meister selbst mitarbeitet,
Jeeigneter, als größere Geschäfte. — In größeren Werkstätten werden
die Lehrlinge oft zuviel für Hülfeleistungen der Gesellen benutzt, als
daß sie zum selbstständigen Arbeiten kemmen. — Geschäfte, die nur
zür den Laden oder nur für den Handel arbeiten, sind zum Anlernen
uind zur Ausbildung von Lehrlingen weniger geeignet, als Geschäfte,
inn welchen auch für Kunden auf Bestellung gearbeitet wird und in
welchem auch Reparaturen ausgeführt werden.
6. Eine nach dem heutigen Stand der Handwerkstechnik gut ein—
gerichtete Werkstätte mit verbesserten Werkzeugen, eintacheren Hülfts
vorrichtungen und, je nach dem Gewerbe, auch mit einfacheren Werk—
zeugsmaschinen versehen, ist, sofern man die Wabl bat, für die Lebre
des Jungen einer Werkstätte mit primitiven Einrichtungen vorzuzieben
7. Eine sogenannte methodische Heranbildung von Lehrlingen kanr
in besonderen Lehrwerkstätten, nicht aber in den Werkstätten von Klein—
meistern durchgefübrt werden. Es ist dies aber kein Schaden. —
Es läßt sich sehr viel gegen eine sogenannte methedische, schablonen
hafte Ausbildung von Lebrlingen sagen. — Ist der Meister ebrbar und
üchtig, das Geschäft solide, so sebe man davon ab, schulmeisterliche
Vorschriften über die Anlernung der Lehrlinge ertheilen zu wellen,
welchen der Meister sich ohnebin nicht fügen kann; es sei denn, daß
man die Gesammtkosten der Lehre und die Verantwortlichkeit für die
selbe selbst übernimmt, d. h. staatliche Lehrwerkstätten schafft.
8. Besonderer Werth ist darauf zu legen, daß der Meister die
Lehrlinge in seinem Hause aufnimmt zu Kost und Pflege und damit
die Verpflichtung zur Fürsorge und Ueberwachung der sittlichen Haltung
der Lehrlinge übernimmt. — Der Verkehr mit dem Meister auch außzer—
halb der Werkstätte, sowie die Einblicke in die Familien- und Wirth—
chaftsverhältnisse des Meisters sind für die Erziehung des Lehrlings zum
Handwerker von großem Nutzen. — Wie könnte der Abneigung vieler
Meister und Meister-Frauen gegen die Aufnahme des Lebrlings zu
Kost und Wohnung im eigenen Haus begegnet werden?
Lehrlingswerkstätten.
Mit Recht wird dem Lehrlingswesen der Gewerbe Seitens der
betheiligten Kreise und Seitens der Regierungen steigende Aufmerk—
samkeit und Theilnahme gewidmet. — Die veränderten Produktions—
verhältnisse auch in den Kleingewerben, sowie die geänderten sozialen
Verhältnisse haben die Stellung der Lehrlinge in den Werkstätten
und in den Familien der Meister nicht weniger Gewerbe anders ge—
saieteis diese Stellung früher, zur Blüthezeit der Zünfte, aewesen
sein soll.
Ob die Mißstände, welche das heutige Lehrlingswesen mancher
Gewerbe in erziehlicher Richtung, insbesondere in größeren Städten,
bietet, durch auf Grund der Gewerbeordnung neu gebildete Innungen
behoben werden können, ist sehr fraglich. Neben dem Meister spricht
auch dessen Frau in Angelegenheiten des Hauswesens und der Familie
mit und übt wesentlichen Einfluß auf die Zulassung und die Be—
ziehungen des Lehrlings zur Familie.
Auch in anderer Weise, als durch Wiederbelebung des Innungs—
wesens, hat man versucht, Mißständen des gegenwärtigen Lehrlings—
wesens zu begegnen; so durch Errichtung von Lehrwerkstätten und
Fachschulen, sowie durch Gründung von Lehrlingsheimen.
Stets bin ich der Ansicht gewesen, und diese Ansicht kommt in
weiteren Fachkreisen mehr und mehr zum Ansdruck, daß die modernen
Lehrwerkstätten und Fachschulen nur in besonderen Fällen von Rutzen
sind, daß durch solche aber die Lehre in Meisters Werkstätte nicht er—
setzt werden kann. — Bei der Lehre des Handwerkers handelt es sich
auch nicht allein um die Aneignung von Handfertigkeiten, sondern
wesentlich auch um die Erziehung für das Gewerbe. — Später ge—
denke ich auf diese Verhältnisse des Näberen in diesen Blättern zurück
zukommen.
Unter den gegenwärtigen Verhältnissen handelt es sich vornehmlich
darum, die praktische Lehre und Erziehung in Meisters Werkstätte zu
fördern. — Die Großherzoglich Badische Regierung hat hierfür einen
bedeutungsvollen Versuch staͤatlicher Unterstüßung eingeleitet. — Nach
der jüngsten Nummer der „Zeitschrift für gewerblichen Unterricht“ hat
das Großherzoglich Badische Ministerium des Innern unter'm 4. Au
zust v. J. an die Badischen Gewerbevereine den nachstehenden Erlaß,
betreffend „Errichtung von Lehrlingswerkstätten“ gerichtet und damit
die Aufforderung verbunden, sich init der Angelegenbeit zu befassen
und, wenn deren Förderung nach den örtlichen Verhältnissen als an—
gezeigt erachtet werde und tüchtige Meister bezeichnet werden könnten.
darüber behufs weiterer Entschließung zu berichten:
„Theils in Folge der Abneigung tüchtiger Meister gegen die
Aufnahme von Lehrlingen, theils durch Veränderungen in der gewerb—
lichen Betriebsweise wird die Unterbringung von Lehrlingen und deren
sachgemäße Ausbildung in allen Zweigen des von letzteren ergriffenen
Gewerbes mehr und mehr erfchwert, weshalb vielfach das Verlangen
darnach erhoben wird, daß Lehrwerkstätten und Fachschulen errichtet
werden. Abgesehen jedoch von dem hohen Aufwande, welcher mit Ein—
richtung und Betrieb derartiger Anstalten, sowie mit dem Besuche
derselben verbunden ist, halten wir es auch aus anderen Gründen für
wünschenswerth, daß die Meisterlehre — wo es nur angängig ist —
erhalten und gefördert werde. — Soweit es hierbei auf die staatliche
Mitwirkung ankommt, kann diese unter Anderem in der Weise
eintreten, daß tüchtigen Meistern gegen die Verpflichtung zu regel—⸗
mäßiger Einstellung und methodischer Heranbildung von Lebhrlingen
in den gesammten Fertigkeiten eines Handwerks, eine staatliche Beihülfe
zu Theil wird, deren Betrag verschieden sein muß je nach den Ge—
werben, der Zahl der jährlich aufzunehmenden Lehrlinge und der Dauer
der Lehrzeit. Besonderer Werth wird auch darauf gelegt, daß der
Meister die Lehrlinge in seinem Hause aufnimmt zu Kost und Pflege