Die Baukonstruktionen für Wohngebäude
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Die Baukonstruktionen für Wohngebäude.
II. Echluß.)
Die Innenwände und Decken.
Aus Mauerwerk hergestellte Innenwände, die heizbare
Räume gegen solche abschließen, welche keine Heizvorrichtungen
erhalten, oder welche Wohnungen von einander treunen, müssen
mindestens eine Steinlänge, wobei Mauer- oder Gewölbeziegel
zulässig sind, stark gehalten oder bei geringerer Stärke durch
eine Gipsdielen-, Spreutafel- oder Korksteinplattenlage besser
wärmehaltend gemacht werden. Zu solchen Zwecken dienende
Fachwerkwände sind, wenn ausgemauert, einerseits, oder falls
sie unausgemauert bleiben, beiderseits mit den erwähnten
Materialien zu bekleiden. Wände, welche Räume obiger
Arten von Aborten trennen, können, wenn die letzteren
mit Wasserklosets versehen sind, einen halben Stein stark oder
aus mit Kalk- oder Cementkalkmörtel überzogenen Draht—
geflechten hergestellt sein, doch wird sich in beiden Fällen die
Anbringung eines geglätteten Portlandcement-Mörtelverputzes
an der Abortseite empfehlen. Werden die Aborte ohne Wasser—
klosets an Senkgruben oder Tonnen angeschlossen, so müssen
die Wände, welche sie von den erwähnten Räumen trennen,
mindestens eine Steinlänge stark in Cementkalkmörtel ausgeführt,
oder aus doppelten, verputzten Drahtgeflecht-, Gipsdielen-,
Spreutafel- oder anderen gleichwerthigen Wänden hergestellt
werden, wobei der Hohlraum durch über dem Boden und
unter der Decke angebrachte Oeffnungen mit der Außenluft in
Verbindung zu setzen ist.
Der innere Wan düberzug ist sehr wichtig. Alle Innen—
wände der in Rede stehenden Räume müssen, falls sie nicht
einen Ueberzug aus besserem Material erhalten, eben verputzt
und mit Kalk, dem etwas giftfreie Farbe zur Brechung des
grellen Weiß beizumengen ist, getüncht werden. Werden Holz—
vertäfelungen angewendet, so ist hinter diesen an der Innen—
seite von gemauerten Außenwänden jedenfalls auch ein grober
Verputz anzubringen. Zur Malerei und bei Tapeten dürten
nur giftfreie Farben verwendet werden.
Im Allgemeinen ist es in sanitärer Beziehung zu em—
pfehlen, die Decken von Wohnräumen eben und solche, welche
über einander liegende Wohnräume trennen, so undurchlässig
als möglich herzustellen. Flachwölbungen oder Gewölbekappen
mit geringer Pfeilhöhe zwischen Traversen und mit verputzter
Leibung oder ebensolche Kappen aus Drahtgeflecht mit Cement—
verputz oder aus Beton verdienen besonders in Miethshäusern
den Vorzug. Woellblechdecken auf Traversen müssen an ihrer
Leibung eine Stuckaturung erhalten. Werden die Decken in
Miethshäusern aus Holzkonstruktionen gebildet, so müssen diese
an der Leibung stuckaturt und von dem darüber liegenden
Fußboden durch eine, über den Trämen mindestens 5 cm
starke Beschüttung getrennt werden; nur in Familienhäusern
ist es zu gestatten, daß an die Deckenträme der Fußboden
des oberen und die Stuckaturschaalung des unteren Geschosses
anschließen, doch muß auch in diesem Falle eine mindestens
5 em starke Beschüttung über eine in Nuthen der Träme ein—
geschobene, oder auf an die Träme seitlich genagelte Leisten
ruhende Verschaalung, sowie ein Stuckaturverputz angebracht
werden. Die Anwendung von Gypsdielen, Cementdielen ꝛc.
an Stelle der Verschaalungen, sei es zwischen oder auf den
Trämen oder Traversen, umerliegt keinem Anstande. wenn die
genügende Tragfähigkeit nachgewiesen wird.
Bei der Konstruktion der Fußböden ist zu beachten,
daß zu allen Böden aus weichem Holze möglichst trockenes
Material verwendet wird. Dieselben sind mit dichten Fugen
derart zu legen, daß ein nachträgliches Dichten der Fugen
durch Zusammenschieben der geschwundenen Bretter möglich
wird. Die Sesselleisten dieser Böden sind nicht auf diese zu
nageln, sondern an eingemauerte Holzklötzchen zu befestigen,
wodurch dem Entstehen einer Schmutz aufnehmenden Fuge
längs der Wände vorgebeugt wird.
In Räumen für dichte Bewohnung ist es zu empfehlen,
zur Reinhaltung der Beschüttung die möglichst breiten Holz—
nieln der Fußbhöden an ihrer unteren Seite mit Theer zuabhe—
streichen — der aus Gasfabriken entnommene Theer wird bei
400 C. dünnflüssig und ist dann zu jenem Anstriche geeignet
— die Fugen mit Theer auszugießen, und wenn ein nach—
trägliches Ausspänen unvermeidlich wird, dieses mit in Theer
getauchten Leisten zu bewirken.
Bezüglich sonstiger Fußbodenkonstruktionen ist in sanitärer
Beziehung zu bemerken, daß unter Voraussetzung ihrer technisch
richtigen Herstellung in Miethshäusern jene am besten sind,
velche dem Durchdringen von Luft aus unteren Geschossen
und dem Eindringen von Schmutz und Feuchtigkeit von oben
den größten Widerstand entgegensetzen.
Zur Beschüttung unter Fußböden darf nur trockenes,
nicht hygroskopisches, von organischen Stoffen freies Material
derwendet werden. Schutt von alten Gebäuden, mag er
zeröstet sein oder nicht, sowie Materialien, welche fäulnißfähig
»der hygroskopisch (Wasser aus der Luft anziehend) sind, als:
olche, die Humus, Schwefel- oder Phosphorverbindungen
Schlacke, Schlackenwolle), Steinsalz, Kali (Asche), Magnesium,
»der Eisenocker, enthalten und sich unter der Einwirkung von
Feuchtigkeit zersetzen, bleiben somit ebenso ausgeschlossen, wie
eicht entzündliche Gegenstände, als Sägespäne, Hobelspäne ꝛc.
Das Rösten des Bauschuttes gewährt weder in Bezug
auf den Hitzegrad, der zu erreichen ist, noch bezüglich der
Bleichmäßigkeit der Einwirkung der Hitze auf alle Theile des
Schuttes eine Sicherheit dafür, daß alle etwa vorhandenen
Infektions- und Ungezieferkeime vernichtet werden. Am meisten
zu empfehlen ist reiner, eventuell gewaschener und getrockneter
Kiessand, oder ein mit Sand gemengter reiner Ziegellehm,
dann, wenn es die zur Verfügung stehenden Mittel gestatten
dieselguhr oder Diatomeenerde.
Die Bezeichnung der Mauerstärken.
Die derzeit übliche „abgerundete“ Kotirung oder Bezeichnung
der Mauerstärken in den Plänen ist in gewisser Beziehung rein
willkürlich; man pflegt die Kotirung auszulegen, je nachdem
es gerade paßt. Seit der allgemeinen Einführung des
Metermaßes ist aber gar kein Grund mehr vorhauden, diese
Art der Bezeichnung, die nicht selten Anlaß zu Mißverständnissen
und Streitigkeiten giebt, noch beizubehalten.
In vielen Fällen ist es nothwendig, schon aus den Plänen
die wahren Maaße der Räume entnehmen zu können, was bei
abgerundeter Kotirung der Mauerstärken nicht möglich ist.
Es muß daher verlangt werden, die ohnedies auch technisch
unrichtige abgerundete Kotirung der Mauern zu beseitigen
und in den Plänen eine Bezeichnung vorzuschreiben, welche jener
Mauerstärke entspricht, die sich nach der Ausführung der
Konstruktion ergiebt. Die heutige Kotirung ist in keiner
Beziehung richtig, indem alle Ziegelmauern je um 1em stärker
ingegeben werden, als sie sich nach dem vorgeschriebenen
Ziegelmaaße ohne Verputz ergeben, dagegen aber um 3 em
zu schwach erscheinen, wenn man den beiderseits 2 em starken
Verputz in Rechnung zieht, während bei Bruchsteinmauern
die Stärke in der Ausführung mit Verputz durchgehends um
bem größer wird, als es die Kotirung angiebt. Der
Lortheil, den die abgerundete Kotirung gewährt, ist nur ein
cheinbarer, insofern, als an der Stelle der Mauerbezeich—
iungen nur die Ziffern Ooder 5 erscheinen, wodurch die Rechnung
ganz unwesentlich vereinfacht wird; dafür nimmt man aber
den beachtenswerthen Nachtheil in den Kauf, daß alle Maaße
der Mauern und Innenräume in den Plänen mit jenen der
Ausführung nicht übereinstimmen, daß sowohl die Kubaturen
der Innenräume, wie jene des Mauerwerks nach den Planan—
gaben ünrichtig sind, und daß bei Ausführung der Gebäude im
Backsteinrohbau diese aus den Grundrissen gar nicht entnommen
werden können.
Im Bauwesen muß heute bei allen anderen Konstruktionen
vielfach mit Maaßen gearbeitet werden, die nicht abrundbar,
bei denen aber auch mmizu berücksichtigen sind, und es
gehört zu den größten Vortheilen des Metermaaßes, daß
dies ohne jede Verwickelung der Rechnung möglich ist; es liegt
also nicht der geringste Grund vor, beĩ den einfachsten aller
Konstruktionen, jenen des geraden Mauerwerkes, eine Kotirungs—
weise mitzuschleppen. welche die Pläne unrichtieg macht und