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Entscheidungen. — Litteraturbericht. — Bautechnische Notizen.
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Das Polizeipräsidium forderte nunmehr die Beseitigung des neuen
Glasdaches, weil dasselbe mit dem geltenden örtlichen Baurecht
in Widerspruch stehe. Als solches seien, da es sich hier um
einen Neubau handle, die Vorschriften der Bau-Polizei-Ordnung
pom 15. Januar 1887 anzuwenden. Danach habe aber das
Grundstück nicht den erforderlichen Hofraum. Der zweite Hof
könne als solcher überhaupt nicht mehr in Betracht kommen, da
er ja überdacht sei, somit einen bebauten Raum darstelle. Der
erste Hof allein aber habe nicht die in der Bau-Polizei-Ordnung
oorgeschriebenen Abmessungen. Die Atktien-Gesellschaft erhob
gegen die Verfügung Klage, Sie bestritt, daß es sich hier um
einen Neubau handle. Vielmehr liege da, wo ein Glasdach ja
früher bereits bestanden habe, ein Reparaturbau vor, auf welchen
die erschwerenden Bestimmungen der Bau-Polizei-Ordnung von
1887 nicht zur Anwendung gebracht werden dürften. Der Bezirks—
ausschuß zu Berlin erkannte auf Klageabweisung; er nahm mit
der Polizeibehörde einen Neubau als vorliegend an. Dem schloß
sich, mit Rücksicht darauf, daß die vorgenommenen Veränderungen
sich nicht nur auf das Glasdach selbst, sondern auch auf die Um—
fassungswände erstreckten, auch der IV. Senat des Oberverwaltungs—
gerichts an und erkannte am 25. April er. auf die Bestätigung
der Vorentscheidung.
Ein in Berlin wohnender Fabrikant hatte den Auftrag
erhalten, ein in Spandau belegenes Grundstück mit Gaseinrichtung
zu versehen; er war aber nach Fertigstellung derselben wegen des
Preises mit dem Eigenthümer in Streit gerathen, und obgleich der
Fabrikant ihm so weit als möglich entgegenkam, blieb doch noch eine
Restsumme von 48 Mk. deren Zahlung der Eigenthümer entschieden
ablehnte. Der Fabrikant stellte daher die Klage bei'm hiesigen Amts-
zericht an, indem er sich auf den 8 248 Theil J Titel 5 des All—
gemeinen Landrechts stützte, nach welchem dasselbe allein zuständig
sei. Der Beklagte bestritt die Zuständigkeit, weil er in Spandau
wohne und nur bei'm dortigen Amtsgericht verklagt werden dürfe.
Das Berliner Gericht hat sich jedoch für zuständig erachtet, weil
ein Handelsgeschäft nicht vorliegt, da die vom Kläger gelieferten
Materialien durch seine Arbeit Bestandtheile des Grundstücks ge—
worden sind, für welches sie geliefert waren. Maaßgebend allein
ist also der vom Kläger in Bezug genommene Paragraph des
Allgemeinen Landrechts, der unbestritten auch auf vertragsmäßige
Zahlungen anzuwenden ist. Erfüllungsort für die Zahlung ist
also Berlin, wo der Kläger schon zur Zeit des Vertragsabschlusses
wohnte. Die Zuständigkeit des hiesigen Gerichts folgt also aus
8 29 der Civilprozeß-⸗Ordnung.
Bautechnische Notizen.
Einen Schornsteinauffatz, welcher das Rauchen möulichst ver—
sindern soll, bildet Ashton aus einem konischen, oben geschlossenen Blech—
zufsatz, welcher mit seinem unteren weiteren Rande in genügender Ent—
ernung über die Mündung der Esse gesetzt wird, während ihn ein zweiter,
benso geformter, aber weiterer konischer Mantel umgiebt, der oben offen,
inten geschlossen ist und mit dieser horizontalen Bodenfläche die Mündung
der Esse nach außen abschließt. Auf diese Weise, so meldet uns das
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Rauch gezwungen, seinen Weg von dem unteren Rande des inneren Konus
us durch den zwischen beiden Mänteln liegenden ringförmigen Raum zu
iehmen, wobei er soviel Widerstand findet, daß die festen Theile, an
den verschiedenen schrägen Wänden stehend, größtentheils wieder in die
ẽEsse zurückfallen.
In Cement gegossene Begräbnißßstätten, gewissermaaßen als
Ausfuͤtterung der Gräber, ließen sich Wyatt & Williamson patentiren.
Wie das Patent- und technische Bureau von Richard Lüders in Görlitz
uns mittheilt, wird zuerst eine Sohle in Cementmörtel gegossen, die eine
rechtwinklig ringgumlaufende Nuthe oben am Rande hat, in welche sich die ent—
prechend mit ringsumlaufendem Vorsprung versehenen, zusammenhängend
ius einem Stück gegossenen Seitenwände aufsetzen; den Deckel bildet ein ebenso
nit Nuth und Falz dichtender, als Tonnengewölbe geformter Cementkörper,
wobei die Nuthe oben in der Zarge und deren ganze Stirnfläche, nach
Sinbringung des Sarges, mit frischem Cementmörtel überstrichen und dann
der Deckel aufgesetzt wird.
Schmiedeeiserner Schornstein. Bekanntlich besitzt Deutschland
in dem berühmten Schornstein von Halsbrücke in Sachsen das größte
Derartige Bauwerk auf der ganzen Welt. Seine Höhe beträgt ca. 150 mw,
st also an Höhe dem Kölner Dom gleich. Der Bau einer solchen Esse
erfordert vor allem die größte Vorsicht bezüglich des Fundamentes; ist nun
»er Boden nicht fest genug, so nimmt man am besten einen schmiede—
isernen Blechschornstein. Ein solcher wurde in England bei der Darwen—
ind Mostyn-Iron-Company durch die Firma Pearson K Knowles in
Warrington aufgestellt. Der Schornstein dient zum Abführen der Gase
jon Stahlöfen und ist der eigentliche Blechschornstein innen mit Mauer—
verk ausgefüttert. Die totale Höhe ist: 90 m, die des Blechschlotes, der
ius 68 Blechstößen gebildet und aus 308 Blechplatten genietet ist, 78 w.
Die Anzahl der Nieten beträgt ca. 17000. Die Weite der Esse ist unten
iußen 9m; 12 Ankerbolzen von 65 mm Stärke verbinden den Blech—
nuffatz mit dem Fundament-Sockel, diesen auf 5 mm Tiefe fassend. Das
Hewicht der Eisenkonstruktion stellt sich auf 114 6; auch beträgt dasselbe
inschließlich des Fundaments und der unten 500 mI, oben 90 wn
tarken Ausmauerung im Ganzen 1100 t, während eine gleich hohe ge—
nauerte Esse mindestens 3000 t wiegen würde. Die Esse wurde in
11 Wochen aufgestellt und erprobte sich ihre Stabilität kurz nach der
Fertigstellung in einem heftigen Sturme auf's Beste.
Das Annetzen von Ziegelsteinen bei Errichtung einer Ziegel—
mauer wird nur zu häufig vergessen. Eine Mauer von 30 em Dicke,
die mit gutem Mörtel und angenetzten Ziegelsteinen errichtet wird, ist
ester, als eine 40 cm dicke, aus trocken vermauerten Ziegeln bestehende
Mauer. Sind nämlich die Ziegelsteine gut mit Wasser gesättigt, so ziehen
sie aus dem Mörtel keine Feuchtigkeit heraus, die doch zur Krystallifation
des Mörtels nöthig ist, sondern sie vereinigen sich chemisch mit dem
HMörtel zu einer felsenfesten Masse. Mauert man dagegen mit trockenen
Steinen, so ziehen dieselben alle Feuchtigkeit des Moͤrtels san sich und
der Mörtel trocknet so aus, daß er, wenn später eine solche Mauer ab—
jebrochen wird, wie trockner Sand erscheint.
Feuer⸗ und schwammsichere Decken — System Kleine. In
dem neuen Zoll-Direktionsgebäude in Hamburg ist eine Decke nach System
dleine ausgeführt worden, welche in heutiger Nummer Seite 247-250
ingehend besprochen wird. Der Herr Erfinder war selbst zugegen und
ab nach allen Richtungen die gewünschte und sachgemäße Auskunft. Die
Decke war mit einer Probebelastung von ca. 8500 kg pro qm belastet
ind zeigte sich nach jeder Richtung stabil und zweckmäßig. Die Her—
tellung war in Schwemmsteinen mit Eiseneinlagen nach Kleine aus—
jeführt und hatte das geringe Eigengewicht von ca. 130 kg pro qm ein-
chließlich der Aufschüttung und Fußboden. Besonders interessirte uns
ie Bekleidung der JI-Träger unterhalb, welche von den anwesenden
Fachleuten als völlig hinreichend bezeichnet wurde, um bei einer Feuers⸗
runst anhaltenden Widerstand zu leisten. Die Kosten dieser Eindeckung
ind nicht höher, als die der Holzdecken, werden sich aber ermäßigen,
venn — wie in Aussicht steht — es Herrn Kleine gelingt, die Decken
nit geringerer Belastung ohne I-Träger bis 4 m Spannweite auszuführen.
Wir haben uns durch Inaugenscheinnahme von der Solidität überzeugt
ind können die Decken nur empfehlen, da die Nachtheile der Holzbalkendecke
n gesundheitlicher, feuerpolizeilicher und konstruktiver Hinsicht allgemein
zekannt sind. Das Streben nach deren Beseitigung hat schon viele massive
Deckenkonstruktionen gezeitigt, die aber ausnahmslos erhebliche Mehrkosten
egenüber den Holzbalkendecken verursachten. Besonders erwähnenswerth
st noch der Umstand, daß die Decken bei Bränden durch herabfallende
segenstände nicht durchgeschlagen werden.
Benntzung von Moniergeweben zu verstellbaren Wänden.
Zur Veränderung oder Verwandlung von Wohnräumen.) Man hat solche
Lerwandlungen schon in früheren Zeiten in Anwendung gebracht und be—
iutzte dazu Bretter- und Blechwände, Aufzugs- und Querzugsrollmaschinen ꝛc.
In neuster Zeit machte man Versuche mit Wänden, die nach dem System
Monier zwar, aber doch mit verändertem Prinzip hergestellt sind; es sind
nach Art gewisser Theater-Kourtinen hergestellte Drahtgefiechte mit Asbestlein—
vand. Gips, Asche. Leimkalkmilch ꝛx
Litteraturbericht.
Kirchliche Dekorations-Malereien im Style des Mittel—
alters von Wilhelm Pastern. Lieferung 2 und 3. Verlag von
Jüstel und Göttel, Fachverlag für Dekorationsmaler. Leipzig.
Preis jeder Lieferung: 9 Mark.
Wir freuen. uns, daß das schöne Werk, dessen erste Lieferung
in Nr. 33 des vorigen Jahrganges einer eingehenden, kritischen
Würdigung unterzogen wurde, ruͤstigen Fortgang nimmt und in
Kürze abgeschlossen vorliegen wird. Die forgfältige Auswahl
wirklich schöner Motive von künstlerischem Werth hat der Be—
arbeiter auch in diesen Lieferungen bekundet und die geradezu tadel—
lose Wiedergabe in Chromodruck wird das Studium und die Be—
nutzung dieses hervorragenden Vorlagenwerkes ungemein erleichtern.
Hier liegt eine Publikation ersten Ranges vor und wer sie anschafft,
wird Anregungen edelster Natur daraus schöpfen können; dem
Herausgeber sowohl wie der Verlagshandluͤng gebühren daher
uneingeschränktes Lob, ein solches Werk auf den Markt gebracht
zu haben, und wir entprechen unter diesen Umständen nur 'unserer
innersten Ueberzeugung, wenn wir die Anschaffung des mit Rück—
sicht auf das Gebolene, wohlfeilen Werkes allen Lesern empfehlen.
Lieferung II und III bringen folgende Motive:
Tafel Gothische Gewölbe- und Wandmalereien.
Bogen- und Fensterwangenmuster.
Säulenmuster.
Gewölbemalereien und Schlußsteine.
Kirchliche Symbole.
Romauische Bogen und Fensterwangen.
zothische Bogen und Bordenmuster.
Kirchliche Symbole.
Wandmalereien.
Fensternischen und Füllungsmuster.
Sockelmuster.
Romanische Deckenmalerei.
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