Die Bedeutung der Gewerbegerichte für das Bauwesen. — Dachzieg
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Die Bedeutung der Gemerbegerichte
für das LBLauwesen.
des Gewerbegerichts, welcher aus der Mitte der Beisitzer ge
wählt ist, ist mit diesen Arbeiten beschäftigt.
Augenblicklich liegen folgende Anträge vor:
seitens der Arbeitnehmer: Feststellung eines Minimallohnes
der Maurer von 55 Pfg. die Stunde und Beseitigung der
Ueberstunden über 10 Stunden hinaus bei den städtischen
Bauten;
seitens des Ministeriums für Handel und Gewerbe: über
die Ausdehnung des Gesetzes für die Sonntagsruhe für
die Kunstgärtnereien, Wasserversorgungsanstalten, Kondi—
toreien, Fleischereien u. s. w.
Es sind aber noch folgende Anträge angekündigt worden
1. über Aenderung des Submissions-Verfahrens;
2. die Aenderung und Ergänzung des Unfall-Versicherungs
gesetzes;
3. über das Lehrlingswesen.
In Bezug auf die große und weittragende Bedeutung dieser
Fragen dürfie wohl kein Zweifel sein, und bei dem Einfluß, welcher
der Vertretung des Gewerbes der Reichshauptstadt immerhin
zugesprochen werden muß, verdient die Thätigkeit des Gewerbe
gerichts mit vollem Recht unsere Beachtung.
Unter der Einwirkung dieser großen Aufgaben beabsichtigen
die Beisitzer (Arbeitgeber), wie wir dem „Tiefbau“ entnehmen,
einen Verein zu gründen, um im Rahmen desselben die dem
Bewerbegericht zur Beurtheilung vorliegenden Fragen zu
diskutiren und zur Klärung zu bringen; außerdem hofft man,
auch alle Gewerbebetreibenden für die Interessen des Gesammt—
Gewerbes zu gewinnen, um bei den späteren Wahlen solche
Persönlichkeiten zu Beisitzern zu wählen, welche die Fähigkeiten
—
und Unparteilichkeit zu beurtheilen. E. B.
Dachziegel.
Bei der kürzlich stattgehabten Organisation des Gewerbe—
gerichts zu Berlin hat sich unter den Arbeitgebern eine so be—
denkliche Theilnahmlosigkeit gezeigt, daß vorläufig zahlreiche
wichtige Industriezweige gar nicht vertreten sind und deren
Streitigkeiten durch Angehörige völlig anderer Berufsarten zur
Entscheidung kommen. Auch im Baufach ist diese Bemerkung
gemacht worden, weshalb einige Nachrichten über das Gewerbe—
gericht hoffentlich dazu beitragen, hier und anderwärts das
Interesse für diese heilsame Einrichtung mehr zu erwecken.
Das Gewerbegericht zu Berlin, welches am 10. April d. J.
in Thätigkeit getreten ist, hat einen solchen Zuspruch seitens
des rechtsuchenden Publikums, daß die vorgesehenen Räume
nicht mehr ausreichen und eine Vergrößerung von der Stadt
berordneten-Versammlung bereits genehmigt ist. Man be—
schäftigt sich sogar mit dem Gedanken, ein eigenes Gewerbe—
gerichts-Gebäude zu schaffen.
Bekanntlich setzt sich das Berliner Gewerbegericht aus
8 Kammern zusammen, und zwar je aus einem studirten
Richter jiund dessen Stellvertreter und einer entsprechenden
Anzahl Beisitzer, welche zur Hälfte von den Arbeitgebern, zur
Hälfte von den Arbeitnehmern gewählt worden sind. Man
hat im Ganzen 210 Beisitzer von jeder Gruppe.
Die Kammer 111 — Baugewerbe —, zu der die Bauunter—
nehmer gehören, ist mit je 43 Beisitzern, also zusammen mit
86 Beisitzern ausgerüstet, und ist dieser großen Zahl ent—
sprechend auch der Umfang ihrer Thätigkeit.
Das Gewerbegericht ist zuständig für die Entscheidung von
gewerblichen Streitigkeiten zwischen Arbeitern und ihren Arbeit—
gebern, und zwar ohne Rücksicht auf den Werth des Streit
gegenstandes, sowohl über den Antritt, Fortsetzung oder Auf—
hebung des Arbeitsverhältnisses und über die Ausbändigung
oder den Inhalt des Arbeitsbuches oder Zeugnisses, als auch
über die Leistungen und Entschädigungsansprüche aus dem
Arbeiterverhältnisse, über Konventionalstrafen, Berechnung der
Krankenkassenbeiträge u. s. w.
Die Art der Rechtsprechung verdient für jeden Arbeit—
geber die größte Beachtung, und es ist auch für die Geschäfts-
praxis der Bauunternehmer äußerst lehrreich, zu wissen, wie
die unter dem Einfluß der modernen sozialen Bestrebungen
unserer Arbeiter entstandenen Entscheidungen aussehen.
Soviel steht fest, daß alle durch das Gewerbegesetz, so—
wie die Allgemeine Arbeiterschutzgesetzgebung bestimmten Vor—
schriften mit der größten Sorgfalt beachtet werden müssen,
wenn man sich vor Schaden schützen will.
Neben dieser eigentlichen Rechtsprechung tritt das Gewerbe—
gericht als Einigungsamt in Thätigkeit, wenn es bei Streitig—
keiten, welche zwischen Arbeitgebern und Arbeitern über die
Bedingungen der Fortsetzung oder Wiederaufnahme des Arbeits-
verhältnisses entstehen, von beiden Theilen angerufen wird,
und ist dasselbe befugt, einen Schiedsspruch abzugeben. welcher
stets öffentlich bekannt zu machen ist.
Auch auf diesem Gebiet hat das Berliner Gewerbegericht
dereits seine wohlthätige Wirksamkeit ausüben können.
Bei einer Arbeitseinstellung einer Anzahl Buchdrucker in
Bernau wurden nach Anrufung des Berliner Gewerbegerichts
die Arbeitnehmer als der schuldige Theil erklärt und mit ihren
Ansprüchen abgewiesen.
Die vornehmste Thätigkeit des Gewerbegerichts liegt aber
in der Pflicht, auf Ersuchen von Staatsbehörden oder des
Vorstandes des betr. Kommunalverbandes Gutachten über ge—
werbliche Fragen zu erstatten; außerdem ist aber auch das
Gewerbegericht berechtigt, in solchen gewerblichen Fragen,
welche die seiner Gerichtsbarkeit unterstellten Betriebe berühren,
Anträge an Behörden und Vertretungen von Kommunal-—
behörden zu richten.
Das Berliner Gewerbegericht wird seitens der Behörden,
wie auch von anderer Seite schon jetzt nach kurzer Thätigkeit
in diesem Sinne in Anspruch genommen, und der Ausschuß
Durch andere Dachdeckungsmaterialien haben die Dachziege!
ine bedentende Konkurrenz zu bestehen und sind dadurch wehe
uind mehr verdrängt worden. Nur die neueren Fabrikate ver—
mögen das allgemeine Interesse wieder zu wecken.
Mit Einfuͤhrung von harten Bedachungen sind in früheren
Zeiten zur Beseitigung des Stroh-, Schindel- und Lehmdaches,
ganze Städte und Dörfer ausschließlich mit Ziegeldächern ver—
ehen worden, bei deren Reparaturen und Neueindeckungen der
gewöhnliche Dachziegel bis jetzt den meisten Absatz gefunden hat.
In manchen Gegenden ist deshalb der gewöhnliche Dachziegel
nehr gesucht, wie in den anderen und zu Neubauten im Ver—
hältniß zur Schieferbedachung nur noch sehr wenig in Verwendung.
Der große Rückgang in der Anwendung gewöhnlicher Dach—
ziegel zur Eindeckung von Gebäuden kann — so schreibt der
Fivilingenieur Carl Wetzel in der „Deutschen Töpfer-Zeitung“ —
in verschiedenen Ursachen gesucht werden. Zur Herstellung eines
Ziegeldaches waren seither die Neigungen der Dachflächen steiler,
As bei anderen Dacheindeckungen, außerdem war man gewöhnt,
für das Ziegeldach möglichst große und gerade Flächen zu
vählen, um das Zurichten der Dachsteine an Ort und Stelle
nach den verschiedenen Dachschnitten zu umgehen, was sich mit
inseren modernen Bauten mit den vielen Thürmchen, Giebeln
ind Dachschnitten oder ganz flachen Dächern nicht so leicht ver—
einbaren läßt. Auch die ziegelrothe Farbe der Dächer findet
nan nicht mehr schön und ansprechend, man war daher gezwungen,
sich mehr den anderen Materialien zuzuwenden und besonders
mehr der Schieferbedachung, weil sich der Schiefer leicht an Ort
und Stelle und für jeden Dachschnitt beliebig zurichten und ver—
wenden läßt, sowie dem ganzen Gebäude durch seine Farbe ein
gefälligeres Ansehen giebt. Eine andere abhaltende Ursache bei
infach gedecklen Ziegeldächern ist noch die eintretende Undichtheit
zurch das Lösen des Mörtels von den Dachsteinen und die da—
zurch erzeugte Unsauberkeit der Dachböden und Dachgerinne. Diese
lebelstände lassen sich aber durch Doppeldeckung und Verwendung
hesserer Ziegelformen und Bindemittel bei einfachen Eindeckungen
—
Man hat auch jetzt erkannt, daß sich die Mängel der Ziegel—
hedachung durch Anwendung besserer Steinformen und Farben
zeseitigen lassen, und deshalb sucht man auch wieder mehr die
Dachsteinfabrikation in Fluß zu bringen. Mit dem Momente,
vo es gelungen ist, die Dachziegel blau zu dämpfen und mit
Blasur zu versehen, war schon ein bedeutender Schritt vorwärté