Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 53, Bd. 12, 1893)

Rauch- und Rußfrage. 
die Braunkohle nicht so heftig breunt wie Steinkohle und etwas 
mehr Luft zur Verbrennung bedarf. W 
Die im Handel vorkommenden Oefen sind hänfig sehr schlecht 
hergestellt, sodaß dieselben nicht schliefzen und deshalb zur GEr— 
reichung ihres Zweckes nicht geeignet sind, hingegen ist die Nach— 
hülfe der schlechten Arbeit wohl unter allen Umstäuden zu be— 
werkstelligen. Aus diesem Grunde richte ich die Bitte an die 
Herren Architekten, bei Neubauten nur solche Oefen zu nehmen, 
bei welchen die Verschlüsse tadellos gearbeitet sind. Es giebt 
für die Untersuchung ein sehr einfaches Mittel: man nimmt einen 
Streifen dünnen Postpapiers, legt denselben an verschiedenen 
Stellen zwischen die Dichtungsflächen und zieht die Schraube an. 
Wird uun der Streifen festgetlemmt, sodaß derselbe abreißt, 
wenn man ihn herausziehen will, so ist die Fläche dicht und der 
Ofen brauchbar. 
Was sich nun mit Oefen erreichen läßt, ist bei Central— 
heizungen noch viel leichter möglich. Hauptsache ist, daß jede 
Heizung vom Herbst bis Frühling ununterbrochen im Betrieb 
bleibt, sodaß die Temperatur nie unter die normale sinkt; alsdann 
kommen alle so häufig gerügten lebelstände in Wegfall. Ich 
las in einer der neuesten Schriften, daß eine Schulheizung sich 
leicht nach der Individnalität des Lehrers und der Schüler ein— 
stellen lassen soll. Das ist eine unmögliche Forderung, und der 
größte Fehler liegt darin, wenn die Regulirung Lehrern und 
Schülern möglich ist; es darf diese Regulirung nur von dem dazu 
beauftragten Beamten vorgenommen werden, welcher streng 
darauf zu achten hat, daß die Temperatur stets zwischen 184 2006. 
bleibt. Wer sich in dieser Temperatur bei guter reiner Luft nicht 
wohl fühlt, ist krank und muß sich in ärztliche Behandlung begeben. 
Zum Schluß möchte ich Ihnen noch einiges über die Rauch— 
und Rußfrage im Allgemeinen mittheilen. Dieselbe ist, wie 
Ihnen ja Allen bekannt, schon fast so alt, wie die Feuerungen 
selber, uid doch ist man bisher nicht sehr weit mit der Lösung 
gelangt. Fragt man nun nach den Gründen, so wird die Antwort 
dahin lauten, daß man das Wesen der Sache noch nicht erkannt 
hat. Ich habe viel über diesen Gegenstand gesehen, gehört und 
gelesen, jedoch an keiner Stelle habe ich die Erklärung gefunden, 
worin sich Rauch und Ruß unterscheiden; im Gegentheil geht 
aus den mir zu Händen gekommenen Schriften klar hervor daß 
die Verfasser es nicht wußteln, und zwar ist daruuter eitle neue 
Schrift von Autoritäten. Trosdem ist die Sache sehr einfach zu 
beantworten; Rauch ist nämlich die Haupt-, Ruß die Nebei— 
Form der unverbrannten Kohlenpartikelchen. Der Beweis ist sehr 
einfach: Hat man eine neue oder sorgfältig gereinigte Feuerungs— 
oder Heizungsanlage, so wird man nur Rauch, jedoch nie Ruß 
aus dem Schornstein austreten sehen. Ist hingegen eine Anlage 
längere Zeit im Betriebe, so setzt sich der Rauch allmälich an 
die Wände, sich zu Ruß verdichtend, bis die Schicht so stark ge— 
worden, daß sich Rußflocken ablösen und zum Schoörnstein hinaus— 
fliegen. Häufig entzündet sich auch der Ruß und wird dann durch den 
hierdurch entstehenden starken Zug zum Schornstein hingusgejagt 
Die Frage: „Sind Rauch und Ruß für die Gesundheit 
schädlich?“ muß ich bezüglich des Rauches eutschieden bejahen; 
denn nicht allein, daß in großen Städten bei schwachem Winde 
sich solche Rauchmassen sammeln, daß die Sonne nicht mehr hin— 
durchdringen kann, sondern der Rauch enthält auch schweflige 
Säure, welche waährlich nicht als unschädlich hingestellt werden 
kann. Ich habe häufig im Winter die Beobachtung gemacht, 
daß, wenn es in Hamburg sehr dunkel war, sodaß man im 
Hause Licht anzünden mußte, und ich dann nach Harburg, Pinneberg 
oder Bergedorf fuhr, dort' der schönste Somnenschein war! Es 
var also nicht Nebel oder Wolkenbildung, welche den Himmel 
verfinsterten, sondern Rauch, welcher der Windstille halber nicht 
fortziehen konnte und nun von fern wie ein Wolkenmeer aus— 
ah. — Der Ruß ist für die Gesundheit in keiner Richtung 
schädlich, weil er keine Gase ausströuit und sehr schnell zur Erde 
fällt, sodaß er die Sonne nicht verdunkeln kann; wohl aäber ent— 
steht durch die Beschmutzung von Personen und Gegenständen 
eine sehr große lhuannehmlichkeit und wohl häufig auch materieller 
Schaden, sodäß die Beseitigung ebenfalls sehr wünscheuswerth 
erscheint. Wird jedoch der Rauch verhraunt, so fällt die Ruß— 
rage ganz von selbst. 
Bezüglich des Verbrennungsprozesses sind die Ansichten 
ebenfalls noch sehr wenig geklärt. Es ist stets von der richtigen 
Luftzuführung die Rede; wie groß jedoch das Quantum für 
einnen bestimmten Fall und Grad der Leistung sein muß, ebenfalls, 
wie man es denn anzufangen hat, um das richtige Luftguantum 
dem Feuer zuzumessen, darüber ist nichts zu finden. Es werden 
wohl sehr vereinzell lintersuchungen angeftellt, und findet man 
daun bei der Gasanalyse undgefähr heraus. mit wieviel Luft— 
iberschuß gearbeitet wurde. Der Fehler liegt nur darin, daß 
as Wifssen zu spät kommt und auch für spätere Zeiten 
Jum Linen Anhalt bietet, weil die Verhältnisse sich stündlich 
jiudern. Es herrscht noch die Ansicht, daß bei dicker Brenn— 
chicht sich sehr viel Kohlenoxyd bildet, und will ich bemerken, 
aß das Schreckgespenst der Kohlenoxhobildung, wenn dasselbe 
nuch nicht ganz' in das Reich der Fabel gehört, sowie der 
Siedeverzug bei den Dampfkesselexplosionen nicht entfernt die 
Beachtung verdient, welche ihm gezollt wird. Es ist in gewisser 
Beziehung vollständig gleichgiltig, wie dick eine Brennschicht ge— 
salten wird; denn' bei normalem, ruhigem Gang der Ver— 
rennung regnlirt sich der Brennprozeß felbstthätig, der Stärke 
der Breunschicht und des Zuges, resp. der Luftzuführnung ent— 
sprechend. — Den klarsten Beweis dieser Behauptung liefert 
der Regnlirfüllofen. Nachdem derselbe fachgemäß gefüllt und 
der Breunprozeß von oben nach nuten bis zum Sichtbarwerden 
jnter dem verltitalen Rost vorgeschritten, kann man bei ganz 
angsamer Verbrennung eine Brennzone wahrnehmen, und zwar 
ind die uͤnten liegenden frischen Kohlen noch, nicht angebrannt, 
vährend die obere Kokeschicht schon erloschen ist. Zwischen 
eiden findet die Verbrennung und Verkokung statt. Wie ist nun 
iese Erscheinung zu erklären? Während die Verbrennung von 
»ben nach unten stattfindet, wird nur sehr wenig Luft zugeführt; 
er Sanerstoff der Luft dient zur Verbrennung und strömt als 
dohlensäure in Verbindung mit dem Stickstoff durch die oberhalb 
)efindliche Kokeschicht, dieselbe zum Verlöschen bringend. Führt 
nan mehr Luft zu, so erweitert sich die Brennzoue, und zwar 
vird bei sehr großer Luftzuführung die ganze Kokeschicht zum 
Brennen kommen, ohne daß sich Kohlenorxyd bildet. Werden je— 
och, wenn der Ofen in voller Gluth, alle Thüren geschlossen, so 
ildet sich Kohlenoxryd und kann dann wohl eine Explosion er— 
olgen. HNdach kurzer Zeit findet die Abkühlung jedoch statt und 
xeguͤlirt dann der eingestellte Luftzutritt die Verbrennung sehr 
ald, sodaß keine Kohlenoxydbildung mehr stattfindet. Bei Koke— 
euerung und laugsamer Verbrennung liegen die oberen Schichten 
ieinem Ofen todt, während die unteren Schichten hell glühen. 
Das Prinzip, welches bei'm Requlirofen richtig ist trifft auch 
hei anderen Feuerungen zu— 
Mon in noch viel der Ansicht *5* u FJlemmen die Pöchste 
cinperatur betibelt, vayun e —V— ——— — 
Waärinetrausmission findet durch die unmittelbare Berührung des 
renumaterials mit den Heizflächen statt. Hierdurch ist auch das 
VZerbrennen der Ten-Brink-Vorlagen bei den Dampfkesseln des 
Wiener Rathhauses erklärt. Der Vorgang ist folgender gewesen: 
achdem die Kessel angeheizt, hat plößlich eine große Dampf— 
ntnahme stattgefunden, die Pén Bripk-Vorlagen sind durch die 
u der Nähe des Feuers stattfindende kolossale Verdampfung leer 
ekocht, und nicht die Flamme, soudern die unmittelbare Berührung 
VBlennnaterials mit den Blechen hat diese zum Erglühen 
ebracht, sodaß der Dampfdruck diese Stellen eindrücken konnte, 
jegen welche die hellglühenden Kohlen lagen, nämlich unten an 
eu Seiten oberhalb des Rostes. Man kann diesen Vorgang bei 
inent Zimmerofen beobachten: wenn man hellbrennende Kohlen 
on den fenerfesten Steinen entfernt, so wird die Stelle des Steines, 
velche mit der Kohle in Berühruug war, scharf abgegrenzt eine 
Jiel hellere Gluth zeigen, als die Umgebung, wo die Flamme wirkte. 
Es wird behaͤuptet, daß zur Rauchverbreunung eine möglichst 
sohe Temperatur erforderlich sei. Das ist einer der größten 
Irrthümer, die in der Rauchverbrennungsfrage existiren. Die 
Zöhe der Temperatur hat mit der Rauchverbrennung absolut 
ichis zu thun, denn ein Regulixofen, der über 100 Stunden 
rennt, entwickelt eine so geringe Temperatur, daß der Unkundige 
eicht aunimmt, das Feuer sei ausgegangen, und gerade hierbei 
indet eine absolute Rauchverbrennung staͤtt. Andererseits ist es 
seluugen, bei starkem künstlichen Zuge vollständige Rauchver— 
hreummg zu eerzielen; hierin sind ‚wohl die entschiedensten 
Hegenfähe zu erblken, wodurch meine Behauptung bewiesen wird. 
In' den meisten Schriften wird behauptet, daß man die ab— 
ziehenden Gase in der Temperatur nicht zu weit heruuterdrücken 
darf, weil dadurch die Zugstärke des Schornsteins zu sehr leidet 
uind der Schornstein zu kalt wird. Hiergegen behaupte ich, daß 
ie Temperätur im Schornstein nur fehr mitlelbar mit der Zug— 
raͤrke zu thun hat. Die Zugstärke richtet sich uach der Temperatur 
in der Feuͤerung und der barometrifschen Differenz, welche aus 
Her Höhe des Schornsteins resultirt, genügende Weite der Feuer— 
züqe vorgausgesetzt. 
Die KRardinalfrage der ganzen Rauchverbrennung beruht 
darauf, bei jeder, auch der schwärzest rauchenden Kohle, den 
Ranch zu verbrennen. und diese zu löfen, ist mir gelungen.
	        
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