Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 53, Bd. 12, 1893)

Reueste Gebäudekonstruktionen. 
ausgeschobenen Zimmer. Der Bewegungsmechanismus ist aus 
der Abbildung rechts oben deutlich erkennbar 
Der Auszug eines Altanenzimmers, besonders wenn dieses 
recht tief angelegt ist, gestattet die Einrichtung eines vor Kälte 
sehr geschützten, sogenaunten Wintergartens. Die Decke für den— 
selben ist alsdann in Eisen und Glas konstruirt, die Vorder— 
und Seitenwände sind in ihrer oberen Hälfte ebenfalls aus Glas. 
Dieses Glashäuschen kann auch durch Rollthüren vom anderen 
Zimmer abgeschlossen merden 
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Besonderen Werth dürfte die Erfindung der ausziehbaren 
Wände vor allem auch für Restaurants haben. Sehr oft sind 
die Besitzer von Wirthschaften in Sommerfrischen und an be— 
liebten Aussichtspunkten nicht in der Lage, ihren Gebänden solche 
Dimensionen zu geben, daß diese auch einem nur mehrmals im 
Jahre und dann oft unerwartet eintretenden starken Verkehr ge— 
nügen, denn nicht allein die Aussührung eines größeren Baues 
stellt sich in manchen Gegenden sehr theuer, auch die Unter— 
haltungs⸗ und Einrichtungskosten sind nicht zu unterschätzen. 
Gleichwohl wird z. B.bei plötzlich eintretendem Gewitter von 
Wirth und Gästen der Mangel gedeckter Räume oft gleich peinlich 
empfunden. Diesem Uebelstand kann auf sehr leichte und praktische 
Weise abgeholfen werden durch Anbringung eines Hohlraumes 
zwischen der Decke des Erdgeschosses und dem Fußboden des 
ersten Stockwerkes, in welchem mehrere, am besten aus Wellblech 
angefertigte Dachauszüge unterzubringen sind. In geeigneter 
Enifernung wird ein leichtes Eisengerüst aufgeführt, nach welchem 
sich im Bedarfsfall die Wellblechdecken binnen wenigen Minuten 
mit leichter Mühe ausziehen lassen. Diese Vorrichtung ermöglicht 
es, eine große Anzahl Gäste vor Regen oder Sonnenglut wirksam 
zu schützen. Unsere Abbildung 2 zeigt uns ein Sommerrestaurant 
mit verschiedenen Dachauszügen; die Anbringung der letzteren ist 
klar ersichtlich. Ist die Bedachung des freien Raumes nicht mehr 
erforderlich, so lassen sich die Wände schnell und ohne Belästigung 
der Gäste wieder beseitigen. 
Nicht minder interessant ist die zweite Erfindung Oskar 
Rocholls, die unter Patent-Gebrauchsmusterschutze stehende 
Konstruktion drehbarer Gebäude. Zunächst hat man diese 
Konstruktion nur für einstöckige Bauten anzuwenden versucht, 
doch ist es wohl kaum zu bezweifeln, daß das System auch für 
mindestens zweistöckige Häuser durchführbar ist. Beruhte die 
erstere Erfindung auf dem Bestreben, Raum zu schaffen, so geht 
die 3weite von dem Gedanken aus Licht und Rärme der Sonne 
diese unentbehrlichen Lebensbedingungen, den in somenlosen 
Wohnungen der Großstadt infolge von Arbeitsüberhäufung und 
Mangel an Bewegung in freier Luft Erkrankten zum Iwecke 
ihrer Genesung ausgiebiger zu vermitteln, als es selbst iu den 
Wohnungen der Sommerfrischen und Kuͤrorte, die dann wohl 
aufgesucht werden, möglich ist. Denn in den meisten Fällen sind 
die Zimmer doch so gelegen, daß sie nur während eines größeren 
oder geringeren Theils des Tages den Sonnenstrahlen zugänglich 
ind. Ein drehbares Gebäude aber, das dem Lauf der Sonne 
entsprechend bewegt werden kann, bietet dem Kranken begründete 
Aussicht auf eine beschleunigte Genesung. Daher eignet sich diese 
neueste Gebäudekonstruktion ganz vortrefflich für Kranken- oder 
Rekonvaleszenten-Pavillons in Sommerfrischen. Aber auch im 
Winter können die drehbaren Gebäude, obschon sie selbstverständlich 
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nicht massiv ausgeführt werden können, recht wohl zur Wohnung 
für Gesunde dienen. Für das Haus wird ein massiver Unterbau 
errichtet, der je nach Belieben mit dem Erdboden in gleicher 
Höhe abschließen kann, oder sich mehr oder weniger über demselben 
erhebt. Das Gebände ist mit Rollenläufen auf diesem massiven 
Unterbau aufgestellt; die äußere Form ist sechs- oder achteckig, im 
Innern ist es in 4 bis 6 heizbare Zimmer getheilt und in Fach— 
werk errichtet. Der Dachstuhl bietet Raum für mehrere kleine 
Neben- oder Wirthschaftsräunie und kann mit gefälligem Schnitz— 
werk oder sonstigen Verzierungen ausgestattet werden. Das 
Innere des Hauses hat einen Flur, von welchem aus Thüren 
nach allen Zimmern führen, sowie eine Wendeltreppe nach dem 
Dachboden; rings um das Haus wird ein Kiesweg angelegt. 
Zur Herstellung der einzelnen Zimmerwände gelangen am 
zesten wieder Drahtnetze mit Gips- oder Cementbelag zur Ver— 
vendung, da diese, obschon leicht und dünn, dennoch sehr warm— 
jaltend sind und den Schall weit weniger leiten, als Wände aus 
Holz oder Fachwerk. Figur 3 zeigt uns ein solches drehbares 
Wohn- oder Krankenhaus. Auf der Zeichnung ist vorn 
ein Theil der Böschung ausgelassen, wodurch man den Blick auf 
)en drehscheibenartigen Unterbau des Hauses gewinnt. 
Mit großem Vortheil läßt sich die Drehkonstruktion auch für 
Treibhäuser verwenden; welche Bedeutung die Sonne für die 
Entwickelung der Pflanzen hat und welche Ersparnisse an Heiz— 
material dürch Ausnußung der Sonnenwärme erzielt werden 
können, darüber ist nicht nöthig, Worte zu verlieren. Die Ein— 
richtung'eines solchen drehbaren Gewächshauses erhellt aus 
Figur 6. 
Micht minder zu empfehlen ist eine solche Konstruktion fn
	        
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