Entscheidungen. — Bautechnische Notizen.
zu übernehmen, so ist hierin nicht eine Einstellung, soudern nur
line Unterbrechung des Betriebes zu finden, welcher seiner Be—
chaffenheit nach an die günstige Jahreszeit gebunden und nicht
an demselben Ort dauernd auszuüben ist, vielmehr als Saison—
betuch alljährsich zur Saison und an dem ieweiligen Orlte der
Arbcissgelegenheit weiter fortgesetzt wird. GEntscheid. des Reichs—
Versichernrugs Amts.)
Die Vorschriften der Bauordnung vom 30. November
1641 0) und die gesammelten Berliner „Spezial-Bau-Observanzen“
haben in Berlin noch insoweit gesetzliche Giltigkeit, als sie nicht
fusdrücklich in neueren Gesetzeil ausgehoben winden, oder mit
iolchen in unrlösbarem Widerspruch stehen Ties gilt namentlich,
wie das Reichsgericht auerkannt hat, hinsichtlich des Titels 4 der
Berliner Bau-Obscrvanzen, welcher über die Aulegung von
Fenstern, Luft- und Lichtlöchern, sowie über die Verbaunng und
Verstäbung handelt. In ihrer Wechselbeziehung zu einander
sühren diese Vorschriften als bestehendes Gewohnheitsrecht ein,
daß jeder Grundeigner in der dem Nachbargrundstücke zugekehrten
Wand Fenster, Licht- und Luftöffnungen anbringen darf, und
zwar selbst gegen den Willen des nachbarlichen Grundeigners,
daß jedoch dieser letztere dessen ungeachtet solche wieder verbauen
darf, sobald es sich um eine Wand in dem an der Straße zu
liegenden Gebäude einerseits, andererseits um das Beseitigen eines
Zwischenraumes handelt. Weil bedauerlicher Weise neuerdings
häufig an Architekten ungenaue Rechtsauskunft ertheilt wird und
manche infolgedessen erst nach Genehmigung der Baupläne, viel—
leicht sogar erst nach Beginn des Baues erfahren, daß sie entweder
den Bau ändern oder dem Nachbar für sein Lichtrecht den ge—
forderten Preis zahlen müssen, hat Kreisgerichtsrath Dr. B. Hilse
in der „D. Bauztg.“ die Rechtslage einer eingehenden Prüfung
unterzogen. Er kommt dabei zu dem Ergebuniß, daß „die alten
Berliner Bau-Observanzen jedenfalls nicht in denjenigen Stadt—
theilen des heutigen Berlin gelten, welche bei Publikation des
Allgemeinen Landrechts noch nicht dazu gehörten, daß sie mithin
ür die erst 1861 neu hinzugetretenen Stadtbezirke, sowie auf die
J naher Zeit einzuverleibenden Vororte keine Anwendung finden
önnen.“
Der Kläger hatte an den Beklagten sein in Berlin
helegenes Grundstück verkauft und den Stempel allein bezahlt.
Der schriftliche Vertrag enthielt keine besondere Bestimmung und
oderlangte der Kläger Ersatz des Stempels. Hiermit wurde er
dom Reichsgericht, V. Civilsenat, Urtheil vom 3. Dezember 1892,
abgewiesen. Der vom Kläger als in Berlin bestehend behauptete
BSebrauch, daß bei Immobiliarverkaufs-Geschäften die Vertrags—
kosten einschließlich der Stempelsteuer vom Käufer allein getragen
werden, kann auch, wenn ihn Beklagter gekannt und bei der
Vertragsschließung sich ihm stillschweigend unterworfen hatte, den
Anspruch des Klägers auf Ersatz des ganzen Stempels nicht be—
zründen. Denn die in diesem Fall vorhandene Willens-lleber—
einstimmung ist im schriftlichen Vertrage nicht zum Ausdruck ge—
langt, es kann daher derselben keine größere Bedeutung beigemessen
werden, als wenn ein ausdrückliches, aber mündliches Abkommen
über die Berechtigung des Vertragsstempels getroffen worden
wäre. Ein solches Abkommen würde aber, gleichviel, ob es als
ein selbstständiger Vertrag oder als Sonderabrede im Sinne des
8127, Theil JTitel 5 Allgemeinen Preußischen Landrechts an—
gesehen wird, mangels der Schriftform der Giltigkeit entbehren.
Ein Häusermakler verlangte von einem Hauseigenthümer
Maklergebishr, weil von ihm der Verkauf des Hauses vermittelt
fei. Es ergab sich, daß über den Hausverkauf ein Vertrag
schriftlich abgefaßt und vom Käufer unterschrieben war. Der
Verkäufer hatte noch nicht unterschrieben, jedoch an den Käufer
einen Brief gerichtet, in welchem sich die Stelle befand: „in dem
heut abgeschlossenen Kaufvertrage“. Der klagende Makler wurde
abgewiesen. Das Reichsgericht, VI. Civilsenat, führte im Urtheil
vom 15. März 1893 aus: Ein schriftlicher Vertrag sei mangels
der Unterschrift des Verkäufers nicht zustande gekommen. Die
heregte Stelle in dem Briefe enthalte nicht ein Bekenntniß im
Sinne des 8 185 15 Allgemeinen preußischen Landrechts, welches
die Unterschrift zu ersezen vermöge, weil aus demselben die ge—
troffenen Abreden nicht erhellten. Unerheblich sei auch, wenn
der Beklagte etwa bei Abschluß des auf seiner Seite mündlichen
Rertrages sich an denselben gebunden hat.
Der Beklagte hatte eine Partie Balken nach einem in
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übernommen und hierzu einen Fuhrmann engagiri. Dieser hatte,
wie der Kläger behauptet, die Fahrt durch den Hausflur abgelehnt,
weil der Wagen zu breit gewesen, und sich erst zur Durchfahrl
entschlossen, als der Beklagte ernstlich darauf gedrungen, die
Balken direkt auf den Platz zu fahren, nachdem er duͤrch eine
Nachmessung festgestellt hatte, daß der Wagen noch bequem den
Hausflur passiren könne. Dies war jedoch nicht der Fall, und
uls der Wagen die vordere Hausthür vollständig zertrümmert
hatte, wurde er nach dem Straßendamm zurückgeleitet und von
dort aus die Abladung vorgenommen. Der lläger verlangte die
für die Reparatur der beschäbigten Hausthür entstandenen Kosten
erstattet, und da der Beklagte seine Verpflichtung hierzu ablehnte,
vurde er verklagt. Auf den Antrag des Beklagten wies das
ßericht die Klage ab, weil der Fuhrmaun zu dem Beklagten in
einem Abhängigkeitsoerhältniß nicht gestanden hat, welches ihn
erpflichtet hälle, der Anweisung des Beklagten unbedingt zu
olgen. Der Fuhrmann war vielmehr selbstständig und dafür
crantwortlich, daß der Transport ordnungsmäßig befolgt wurde.
vr brauchte der Anorduung des Beklagten nicht unbedingt zu
scehorchen, und hat er dies dennoch gethan, so handelte er auf
eine eigene Gefahr und muß deshalb für den Schaden aufkommen,
den er dabei angerichtet hat. (Berl. Gerichts-Ztg.)
Einem Lohnstreit, der vor dem Berliner Gewerbegericht
entschieden wurde, lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Ein
Bauunternehmer hatte einen Arbeiter zur Beschäftigung auf einem
Neubau engagirt und ihm, als derselbe um einen Lohuvorschuß
hat, da er schon mehrere Wochen außer Arbeit gewesen und in
gzroßer Noth sei, gesagt, er solle sich dieserhalb an den Polier
venden, der die Lohnzahlung unter sich habe. Der Polier seinerseits
erklärte, Baarvorschüsse gebe er nicht; aber wenn der Arbeiter
einen Vorschuß in Marken, gegen die er in einem bestimmten
veschäft Waaren erhalten werde, haben wolle, so sei er bereit,
hmäeinen solchen zu geben. Der Arbeiter nahm, um überhaupt
etwas zu erhalten, für neun Mark solche Marken, die ihm der
Polier sodann bei der Lohnzahlung abzog. Nunmehr aber klagte der
rbeiter gegen den Unternehmer auf Nachzahlung der neun Mark.
Der Unternehmer wendete ein, die Abrechnung zwischen dem
Kolier und dem Arbeiter gehe ihn nichts an; er habe seiner
pflicht genügt, wenn er dem Polier das Geld zur Auszahlung
der Arbeiter in baar gebe. Das Gewerbegericht verurtheilte jedoch
den Unternehmer zur Zahlung von neun Mark Lohnrückstand und
ünf Mark Ersatz für Zeitversäumniß bei Wahrnehmung der
Termine, indem es begründend ausftihrte: An sich stehe un—
hvedenklich das beobachtete Verfahren mit den Vorschriften der
W8 115, 116 Gewerbe-Ordnung in direktem Widerspruch, und es
adun daher gar keinem Zweisel unterliegen, daß der Kläger den
hmenicht baar ausgezahlten Lohnbetrag nachfordern könne und die
in Zahlung empfangenen Marken sich nicht anrechnen zu lassen
»raulche. Ebenso aber verstehe es sich von selbst, daß er diesen
Anspruch gegen den Arbeitgeber habe, daß dieser für die Be—
rolgung der gesetzlichen Vorschriften verantwortlich sei und sich
dieser Haftung nicht dadurch entziehen könne, daß er eine
Z3wischeuperson einschiebe und derselben die Auszahlung der Löhne
in die Arbeiter und die Abrechnung mit den letzteren übertrage.
Lautechnische UNotizen.
Gegen das Schwitzen und Einfrieren von Bleirohr-
leitungen. Bor einiger Zeit nahmen wir Gelegenheit, über die Ursachen
des Schwitzens der Wasserleitungsröhren, sowie über Mittel zur Ver—
Jjütung desselben zu berichten. Wo auf die Temperaturverhältnisse des
skaumes, in welchen die Leitung zu liegen kommen soll, nicht Rücksicht
genommen werden kann, wurde die Umhüllung des Rohres durch einen
Rerschlag oder eine Verpackung angerathen.
Wir sind nun heute in der Lage, über ein eigenartiges Bleirohr
»on der bekannten Bleiwaarenfabrik Jung CLindig in Freiberg in
Sachsen berichten zu können, bei dessen Anwendung sowohl das Schwitzen,
wie das nicht minder lästige Einfrieren der Leitungen verhütet werden soll.
Das neue Rohr ist doppelwandig und besteht aus zwei besonderen
Rohren, deren inneres, das eigentliche Leitungsrohr, in seiner ganzen
Länge außen mit vier Rippen von einigen min Höhe versehen ist,
iber welche das äußere, als Umhüllung dienende Rohr übergeschoben ist.
dierdurch werden zwischen beiden Rohren Kammern gebildet, in welchen
ich ständig eine Luftschicht befindet, durch welche sowohl die Einwirkung
varmer Luͤft oder Dämpfe auf das Leitungsrohr, welche das Schwitzen
des letzteren bewirken, wie auch der Zutritt von kalter Luft im Winter
zum Wasserrohr (die Ursache des Einfrierens desselben) verhindert wird.
Wie man uns berichtet, biectet die Legung solcher doppelwandiger
Rohre durchaus keine Schwierigkeiten; die Verbindung derselben, bezw.
die Herstellung von Abzweigungen geschieht auf folgende Weise: An den
Verbindungen wird ein Stück des äußeren Rohres abgeschnitten, das
nnere Rohr, welches nun freiliegt, in gewöhnlicher, bekannter Weise zu—
ammengelöthet und über die nicht mehr zusammenstoßenden Enden des
iußeren Rohres eine passende Muffe geschoben.
Eine solche, aus doppelwandigen Rohren hergestellte Leitung bietet
nuch noch den besonderen Vortheil einer größeren Festigkeit, als einfache
Rohrleitungen. 2