50
Bautechnische Notizen. — Vermischtes.
510
machte, lag der Fall des 8 124 Nr. 4 Gewerbcordnung vor.
(Entscheidung des Berliner Gewerbe-Gerichts.)
Bautechnische Natizen.
inzuschränken, und das alles bei genügender Festigkeit unter möglichst
zjeringer Belastung der Gebäude. Die Erfindung ist unter Nr. 114423
der Gebrauchsmusterrolle für das Deutsche Reich gegen Nachahmung geschützt
D.
Ueber Luftdurchlässigkeit des Baumaterials. Ein Haupt—
erfordernißß für gesundes Leben ist eine genügende Zufuhr frischer Luft
zu den bewohnten Räumen. Oft meint man, daß diese Zufuhr nur durch
die Fenster, Thüren und Oefen erfolge, welch' letztere besonders im Winter
ausgiebige Ventilatoren darstellen. Dabei vergißt man ganz, daß auch
hurch die so massiv erscheinenden Wände eine reichliche Lustzirkulation
stattfindet. Man kann leicht an einem höchst überraschenden Versuche
die Durchlässigkeit unserer Baumaterialien für die Luft nachweisen. Zu
diesem Ende nimmt man einen gewöhnlichen gebranuten Backstein und
streicht seine vier Schmalseiten mit Asphaltlack an, sodaß die Poren dieser
Flächen vollkommen verschlossen sind. Man klebt dann auf die beiden
unpräparirten Flächen je einen vierseitigen Papptrichter, der mit seiner
Basis möglichst die ganze Fläche bedeckt und durch Papierstreifen hermetisch
mit den asphaltirten Seiten derart vereinigt ist, daß die mit dem Mund«e
in die Oeffnung des Trichters eingeblasene Luft nur durch den Stein
hindurch in den korrespondirenden Trichter gelangen kann. Klebt man
in dessen Spitze ein dünnes Glasrohr ein, so kann man, wenn der ganze
Apparat dicht ist, durch den Stein hindurch ein Licht ausblasen. Man
kann das Erperiment dadurch variiren, daß man den einen Trichter mit
der Gasleitung verbindet und nach Verlauf von etwa zehn Minuten das
ausströmende Gas am Glasrohr entzündet. Der Gasdruck wird durch
die backsteinerne Zwischenwand zwar geschwächt, reicht aber noch aus, einc
kleine Flamme zu speisen. Das Resultat bleibt fast dasselbe, wenn wir
beide Seiten des Steines mit Mörtelschichten bedecken; auch diese sind
zurchlässig, selbst wenn sie mit Kalkfarbe gestrichen werden; die Durch—
ässigkeit wird aber vollkommen aufgehoben, wenn wir den Stein beider—
seits mit Papier überkleben: ein Beweis, daß die Mode des Tavezierens
der Zimmer keine der Gesundheit förderliche ist.
Balkensteine. Ein eigenthümlich geformter Stein ist Herrn Heinrich
Jaretzki, Ziegeleibesizer in Berlin, unter Nr. 71531 patentirt worden.
Der Balkenstein ist auf einer seiner beiden größeren Flächen mit
Rinnen versehen, welche parallel- zu einander in der Längsrichtung ver—
laufen und welche für den Durchzug der Luft bestimmt sind. Wird der
Stein zur Ummauerung des im Mauerwerk liegenden Theils eines Balkens
benutzt, während das übrige Mauerwerk in der gewöhnlichen Weise aus
kompakten Ziegelsteinen, irgend welcher Art Sandstein, oder sonstigem
festen Material ausgeführt wird, und werden die Balkensteine dabei so
vermauert, daß sie mit derjenigen Fläche, in welcher sich die Rinnen be—
finden, gegen den Balken zu liegen kommen so wird der Balken von
Luft umspielt und kann nicht verfaulen. Die Luftkanäle, welche durch
die Rinnen und den Balken gebildet werden, laufen dabei quer zur
Richtung der Mauer selbst.
Um eine möglichst vollkommene Luftzirkulation zu bewirken, werden
die Luftkanäle zweckmäßig mit ihren hinteren, im Mauerwerk liegenden
Enden noch derart verbunden, daß auch noch hinter der Stirnfläche des
Balkens Balkensteine eingemauert werden. Die stete Zuführung von
frischer Luft an den eingemauerten Theil des Balkens verhindert vollkommen
jedwede Pilz- und Schwammbildung und damit auch das Anfaulen der
Holztheile auf das Sicherste. („Thonindustrie-Ztg.“)
Carternberg bei Essen. Ein Meisterstück der Bautechnik ist hier
dor kurzem ausgeführt worden. Ein 83 mm hoher Kamin der Zeche Zoll—
verein (Schacht 1), der im Jahre 1860 errichtet ist, war im Laufe der
Zeit, sei es durch Witterungsverhältnisse oder infolge schlechter Arbeiten,
weit über 2— m aus dem Loth gekommen und machte somit einen
alles zu befürchtenden Eindruck. Da es nicht ausgeschlossen erschien, daß
eines Tages der Schornstein vollständig aus den Fugen ginge und um—
stürze, wodurch dann ein schwerer Schaden entstanden wäre, zweifellos
auch noch Menschenleben gekostet hätte, so beschloß in diesem Frühjahr die
Zechenverwaltung, den Kamin niederzureißen. Vorher wendete man sich
jedoch noch an mehrere deutsche Spezialfirmen mit der Anfrage, ob es
nicht möglich sei, den Schoörnstein wieder gerade zu richten. Die an—
gefragten Firmen lehnten es ab, im Hinblick auf die hohe Gefahr des
Umsturzes und die hierdurch entstehenden Kosten, auf die Offerte einzu
gehen. Nur eine Firma, und zwar Klapproth und Adolph in Dortmund
bot sich an, den Kamin in kurzer Zeit in seine alte Lage zu bringen,
ohne dersß dare ẽtey · ver Betrieb ver Zeche leide. Nach vierwöchem·
Arbeit hat die Firma das Werk glücklich vollbracht; der Schornstein ragt
jetzt wieder kerzengerade in die Luͤfte. Der Koloß von Schornstein ist an
drei Stellen quer durchschnitten worden, nur dadurch war es eben möglich,
ihn wieder gerade zu richten. Daß dieses Geraderichten mit hoher Gefahr
verbunden gewesen, ist begreiflich. Vermochte doch ein einziger Windstoß
den Kamin umzustürzen, als er durchschnitten frei auf einigen Holzblöcken
ruhte. Die genannte Firma hat wirklich ein Werk ausgeführt, wie es bis
jetzt noch kaum je ausgeführt worden ist.
JIun dem Preisausschreiben für Entwürfe zu den baulichen
Anlagen der Thüringer Gewerbe- und Industrie-Ausstellung zu Erfurt 1894
(s. S. 432 d. Bl.) sind 8 Entwürfe eingelaufen, von welchem das Preis—
gericht, in das an Stelle des verhinderten Herrn Geh. Reg.Rath Professor
Ende Herr Baurath Böckmann in Berlin eintrat, die Entwürfe mit den
Kennwoörten „Drei Gleichen“, „Auch einer“, „Sacra Ertordia“ und
Kunst und Gewerbe“ zur engeren Wahl stellte. Es erhielt sodann der
Entwurs „Sacra Ertfordia“, Verfasser Traue und Klepzig, Baumeister
in Halle a. S., den ersten, der Entwurf „Drei Gleichen“, Verfasser
udert und Müller, Architekten in Straßburg, den zweiten und der Entwurf
„Kunst und Gewelbe“, Verfasser Architekt Franz Hannemann in Leipzig,
den dritten Preis. Als Verfasser des mit auf die engere Wahl gestellten
Entwurfes „Auch einer“ nennt sich Herr Architekt Ludwig Engel in Berlin.
Unter dem Namen „Loheplatten“ stellt E. Knieling, Inhaber
der sächsischen Kunststeinwerke zu Dresden-Löbtau, ein neues Bau- und
Verkleidungsmaterial her, das in der Hauptsache aus sorgfältig ausge—
trockneter Lohe mit einem mineralischen Bindemittel besteht und in einer
kürzlich vorgenommenen, amtlich beaufsichtigten Probe sich als völlig
feuersicher bewährt hat. Die leichten Platten, welche sich mit Säge, Meissel
und Bohrer bearbeiten lassen, sind namentlich für Isolirwände, Decken,
Mansardenverkleidungen verwendbar. Bei der Brandprobe war eine 8 m
lange, 66 cm breite und hohe Verbrennungskammer auf eisernen Stützen
aufgestellt, die unten durch eiserne Roststäbe, an den Seiten und an der
Decke aber, abgesehen von Luftzugöffnungen, sorgfältig abgeschlossen war.
in der Weise, daß ein Theil der Wandungen und der Decke durch 3 cm
starke Loheplatten, der andere Theil durch starke Bretter abgegrenzt wurde
Das Ganze wurde mit Holz, das reichlich mit Petroleum durchtränkt war,
angefüllt.“ Die Feuerprobe dauerte 48 Minuten bei einer Steigerung der
Hide bis zu mehr als 6000 O. Nach 30 Minuten waren sämmtliche
Holzwandungen vom Feuer verzehrt. Die Loheplatten blieben während
der Hauptbrennzeit äußerlich vollständig kühl und waren selbst bei'm Schluß
des Verfuchs nur so warm, daß sie dauernd mit der Hand berührt werden
konnten. An der Innenfläche zeigten sie nach dem Ausziehen des Feuers
einen leichten Schmelz des mineralischen Bindemittels in Gestalt eines
etwa 8 m starken Ueberzugs, unter welchem der Lohestoff unversehrt zu
Tage trat. Die Knieling'schen Loheplatten empfehlen sich besonders da
zur Verwendung, wo es gilt, Räume im Sommer kühl, im Winter warm
zu halten und dei eintret,nden Bränden dieselben auf ihren ersten Herd
Vermischtes.
In Bezug auf Stubenheizung wollen wir im Hinblick auf die
demnächst eintretende kältere Witterung nach Professor Dr. Reclam auf
die Nachtheile einer zu starken Zimmerheizung aufmerksam zu machen
nicht unterlassen. Wer nämlich die Zimmerwärme über 15 Grad Réaumur
erhöht, wird bald merken, daß sein Wärmebedürfniß sich stets steigert
und bald 17, ja 20 Grad nicht mehr genügen. Der Grund ist folgender:
Zei'm andauernd starken Heizen trocknen die Wände, sowie die im Fimmer
Ddαι Geenstände aus. Jemehr sie ahre- Feuchtigkeit verlieren,
umsomehr saugt die trockene Luft die Feuchtigkeit da auf, wo sie dieselbe
'ast allein noch findet: bei den Menschen. Die unmerkliche Ausdünstung
der Haut und der Lunge wird gesteigert. Da nun diese Verdunstung von
Feuchtigkeit uns viel Wärme entzieht, so wird durch die gesteigerte Ofen—
wärme allmälich auch das Wärmebedürfniß gesteigert. In der erhöhten
Zimmerwärme dünsten dann aber auch alle anderen Gegenstände mehr
aus und — die Luft wird verschlechtert. In der warmen Luft atmen wir
weniger Sauer-Stoff — unser nothwendigstes Lebensbedürfniß! — und
der Stoffwechsel wird langsamer und geringer — der Appetit mindert
sich — es tritt mürrische Stimmung ein — der Schlaf ist kurz und
unruhig — alle Verrichtungen des Körpers lassen zu wünschen übrig. —
Da haben wir das treue und betrübende Bild der Bureauarbeiter, der
älteren Kaufleute, der viel im Zimmer lebenden Frauen, kurz — der
meisten Stubenmenschen im Winter.
Pariser Weltausstellung 1900. Die Vorarbeiten für die
Pariser Weltausstellung des Jahres 1900 werden, Nachrichten aus Paris
zufolge, unausgesetzt eifrig betrieben. Nachdem, wie wir bereits berichtet
haben, die erste Hauptfrage bezüglich der leitenden Persönlichkeiten glücklich
zelöst worden ist, drängt zunächst eine zweite, die des Platzes, zu einer
Lösung. Sie dürfte wahrscheinlich zu Gunsten des Marsfeldes erfolgen.
Mit diesem scheint, wie die Verhältnisse jetzt liegen, nur noch Auteuil mit
einem Theil des Bois de Boulogne in Konkurrenz zu stehen. Um der
sich auf ihm entfaltenden Ausstellung den nöthigen Raum zu geben,
müßten aber in noch größerem Umfange wie 1889 benachbarte Gebiete mit
in die Ausstellung einbezogen werden. Ein von Le Thorel gehegter Plan
will eine Fläche von 22 ha dem Gebiete anschließen, das durch die Aus—
stellung des Jahres 1889 bedeckt wurde. Vor Allem sollen nach ihm die
Seineufer von der Esplanade des Invalides bis zum Marsfeld als Aus
tellungsgebiet betrachtet werden, das sich andererseits bis zum Industrie—
palast in den Champs Elysées hinzieht. Soweit die Seine von der
Ausstellung eingeschlossen wird, soll sie zur Aufnahme der See—Ab—
theilung dienen. Außer den drei auf diesem Gebiete bestehenden Seinebrücken,
die als Hauptverbindung der beiden Ufer dienen werden, sollen vier
—— geschaffen werden, außerdem eine bleibende Brücke in
er Axe der Esplavade des Ivalides. Von den Gebäuden der Aus—
stellung von 18889 sollen erhalten bleiben der Eiffelthurm, die Maschinen⸗
jalle, die Palais der schönen und der freien Künste, der Döme Centrale
und die 30 m-Gallerie. Zu diesen Gebäuden käme noch der bereits
erwähnte Industriepalast. Bezüglich der Verkehrsverhältnisse hegt der
Generaldirektor Picard den Gedanken, die Bahngesellschaften zu veran—
lassen, ihre Strecken bis in das Herz von Paris zu verlängern, um so
eine Art Metropolitanbahn zu schaffen. Die Fahrbillets sollen zugleich
als Eintrittskarten für die Ausstellung dienen, sodaß die Fernwohnenden
nur mehr Zeit, nicht aber mehr Geld an den Besuch der Ausstellung zu
wenden hätten. Mit der Anlegung dieser städtischen Bahnstrecken müßte
sofort begonnen werden, damit dieselben 1897 vollendet wären.