Bautechnische Notizen. — Vermischtes
dieser Steine zu solchem Zweck wird als unkünstlerisch verworfen. Tiese
Unschauung ist nicht unberechtigt, denn der weiße Stein sieht sehr kraftlos,
jeleckt und unruhig aus. In Meißen plante man im vergangenen Jahr—
sundert, aus Porzellan ein großartiges Reiterdenkmmal, August des Starken,
Jerzustellen, und mancher Mann der Kunst hat es mit Recht als ein Glück
jepriesen, daß die Aufstellung eines Denkmals aus einem solchen Material,
‚as fich wohl für Nippes, aber nicht für Monumentalskulptur eignet,
aunterblieben ist. Wie für die grosse Skulptur, so ist auch fürdie
Architektur Porzellan kein geeignetes Material, und selbst die Porzellau—
Hlockenthürme der Chinesen können jene Ansicht nicht umstoßen. Alfo
ollte man den Porzellanstein als Verblendung für Vorderfronten vermeiden
ind ihn höchstens, wie das ja auch vielfach geschieht, für die Hoffronten
»erwenden, wo es im Interesse des Lichtes darauf ankommt, die Flächen
nit einem möglichst hellen Material zu bekleiden.
Eine Zwischenwand für Säle, Schulränme ete., welche nach
Belieben gänzlich bei Seite geschoben werden kann und alsdann in keiner
Weise durch ihr Volumen stört, hat, wie uns das Patent- und technische Bureau
»on Richard Lüders in Görlitz, das unseren Lesern darüber gern nähere Aus—
tunft giebt, mittheilt, die folgende Einrichtung: Die Wand besteht aus einzelnen,
twa 50 em breiten hölzernen Theilen, die, mit Täfelungen versehen,
ungefähr wie eine Schrankthüre aussehen und von der Decke bis zum
Fußboden des Zimmers reichen. In der Trennungsebene, welche die
Vand einnehmen soll, ist im Fußboden und in der Decke eine Nuthe an—
jebracht, in welche vertikale, oben und unten an den Plattentheilen be—
estigte Stifte sich führen; rechts und links von denselben ist ein Röllchen
ingebracht, auf welchen die Wandtheile leicht auf die Seite geschoben und
um ihre vertikale Achse gedreht werden können. Die einzelnen Tafeln
ind mit Charnieren verbunden und ist die Renutzung der Wand leicht
»erständlich, denn man braucht dieselbe nur an einem Ende anzufassen
ind bei Seite zu schieben, so ziehen sich die einzelnen Gliedertafeln aus—
inander oder legen sich zusammen, wobei die Zapfen und Röllchen die
einzelnen Tafeln in ihrer Bahn, der Führungsnute, halten. Als Roth-—
hüren in Theatern, Schulen, überhaupt, wo plötzlich große Menschen—
nengen auf einmal aus einem Zimmer oder Gebäude sich entfernen wollen,
ist die aus Amerika kommende Neuerung geradezu einzig, läßt sich auch
in dekorativer Hinsicht mit Füllungen, Glasthüren ꝛc. so aus—
tatten, daß dieselbe im ausgezogenen Zustande ihrem Zweck nach aar nicht
deinerkbar wird.
Chloridin. Seit Kurzem wird seitens einer süddeutschen Firma ein
Präparat unter obiger Bezeichnung in den Handel gebracht, welches dazu
estimmt ist, poröse Ziegel wasserdicht zu machen, dadurch vor Verwitterung
u schützen, und die durch ein fehlerhaftes Schmauchen darauf entstandenen
Flecken zu beseitigen. Es stellt sich dar als eine dunkelbraune Flüssigkeit
ind besteht hauptsächlich aus Chlorverbindungen und schwefelsauren
Salzen, von Eisenorydul, Eisenoxvd und Thonerde und geringen
Pengen von erdigen Basen. Die Verwendung derselben soll in der
Weise geschehen, daß zunächst die Steine in eine Mischung von 1 Th.
Fhloridin und 1 Th. Wasser eingetaucht werden. Darauf folgt eine
weite Eintauchung der Steine in eine zweiprozentige Seifenlösung.
Dadurch werden Verbindungen der Fettsäuren der Seife mit dem Eisen—
oxyd, Eisenorydul, Thonerde, Kalk und Bittererde gebildet, die sich als
unlösliche Verbindungen in den Poren des Steines niederschlagen. Gegen
die Anwendung solcher Mittel habe ich erhebliche Bedenken, die ich an
dieser Stelle laut werden lassen will.
Zunächst ist es nicht sicher, ob wirklich die Steine durch das Nieder—
chlagen der Eisen-Thonerde, Kalkseifen ec. dicht werden, sodaß dieselben
ein Wasser aufzunehmen im Stande sind, und wenn sie dies werden, so
werden sie es jedenfalls nur auf kurze Zeit. Dem Erfinder dieses
Mittels scheint unbekannt zu sein, daß das Eisenoryd für organische
ZSubstanzen ein vorzügliches Oxydationsmittel ist, und dasß dieser Orydation
uch die Palmitinsäure und ähnliche Verbindungen der Seife unfehlbar
zum Opfer fallen. Es liegen durchaus noch keine praktischen Erfahrungen
darüber vor, wie lange sich die Eisenseifen unzersetzt erhalten, aber zerstört
verden sie jedenfalls, und ob diese Zerstörung und Unwirksammachung
derselben in einem halben oder in einem ganzen oder einigen Jahren vor
sich geht, wird gleichgiltig sein. Dann hat man mit der Operation des
Tränkens aber eine gewisse Menge von Natron aus der Seife und Chlor—
derbindungen aus Chloridin hincingebracht, d. h. eine gewisse Menge von
Kochsalz darin gebildet. Ob dieses nicht schädlich auf die Steine, sowie
den Verputz wirken wird? Es ist bekannt, daß Mauerwerk, welches einmal
der Wirkung des Seewassers ausgesetzt war, nie wieder trocken wird, weil
die sich nebenbei bildenden Salze, Chlorcalcium und Chlormagnesium, als
zerfliesliche Salze durch die Einwirkung der Luft nicht eintrocknen und
ich abscheiden, sondern in Lösung im Mauerwerk stecken bleiben. Eine
zleiche Wirkung wird durch Chloridin um so eher eintreten, als das
chloxidin nicht frei von Kalk und Bittererdesalzen ist, und sich also auch
die Chloride des Calciums und Magnesiums bei dem Niederschlagen der
Seife bilden. Nach praktischen Versuchen, welche wir in unserem Labora⸗
orium mit dem Material angestellt haben, ist dasselbe keineswegs zu dem
beabsichtigten Zwecke zu empfehlen. Bei sehr porösen Steinen, auf die
s mit dem Riittel doch in erster Linie abgesehen ist, tritt die Wasser—
dichtigkeit der Steine zumeist erst nach sehr starkem Trünken ein. Die
Nichtͤufnahmefähigkeit von Wasser ist nur eine scheinbare, denn ist die
Seife getrocknet, so findel wieder eine neue Wasseraufnahme statt.
Wenn nun die Steine in die Seifenlösung eingetaucht werden, so
indet die Niederschlagung der unlöslichen Eisen- und Thonerdeseifen nicht
allein im Steine, sondern auch in der Seifenlösung statt, und die nieder—
geschlagenen unlöslichen Seifen legen sich als recht schmutzige Schichten
iuf die Oberflächen der Steine. Darnach werden allerdings die Steine
eidlich dicht, aber diese Dichtiagkeit läßt nach einiger BReit erheblich nach
ind die Oberflächen überziehen sich mit sehr starken Salzauswitterungen.
—D
ritt erst recht bei der Anwendung des Mittels hervor.
Ich must deshalb, wird der „Thonindustrie-Zeitg.“ geschrieben, der
vir Vorstehendes entnehmen, ganz entschieden vor einer Anwendung des
Ptittels warnen, will man sich nicht unendlichen Schwierigkeiten dadurch
aussetzen. H. 8.
Arbeiterwohnungen in Westdeutschland. In dem Dorfe
Britten bei Merzig wird eben ein für die Errichtung von Arbeiterwohhnungen
zemerkenswerther Versuch gemacht. Die Wohnung wird drei Räume ent—
zalten und, obwohl allen Anforderungen entsprechend, welche eine Arbeiter—
amilie stellen kann, dennoch kaum tausend Mark kosten. Gegen wöchent—
liche Zahlung von nur 1 Mk. wird der Arbeiter in 23 Jahren das Häus
hen zu seinem freien Eigenthum machen können. Es hat sich hier gezeigt
daß für Unbemittelte jede andere Art, die Bauschuld zu tilgen, auch bei
zroszer Nachsicht immer noch ihr Ziel verfehlen kann. Aber 1 Mt.
vöchentlich dürfte auch die ärmste Familie regelmäßig aufbringen können
Der Schwerpunkt liegt hier in der Anleitung zum Sparen, welche durch
ofortige Benutzung des gehofften Eigenthums noch besonders nahegelegt
erscheint. Ermöglicht wird dies gemeinnützige Vorgehen im größeren
Peaaßstabe wahrscheinlich auch dadurch, daß die Kreissparkasse, wie man
jofft gegen billige Zinsen Geldmittel vorstreckt.
Zugefrorene Abtrittrohre durch Eingießen und Anzünden von
Petroleum aufthauen zu wollen, kann nicht nur als durchaus erfolglos,
ondern auch als gefährlich bezeichnet werden. Die Hitze einer Flamme
virkt inmer nach oben, nicht nach unten. Das eingegossene Petroleum
kann aber unter Umständen im ersten Augenblick Knallgas bilden mit der
Rohrluft und dann bei'm Zünden eine gefährliche Erplosion erzeugen.
Weiter werden sich durch die Hitze unangenehme, riechende Tämpfe ent—
vickeln. die den Abtritt und anstoßende Räume erfüllen.
*
Uermischtes.
Berliu. Bei dem herrschenden Mangel an Arbeit dürfte es am
Platze sein, auf einen Uebelstand hinzuweisen, der sich bei den Baubehörden
eingebürgert hat und von den Betheiligten seit Jahr und Tag schwer
»mpfunden wird. Jeder Bauherr, Maurermeister und Architekt wird aus
Erfahrung wissen, in wie langsamer Weise Vaugesuche ihre Erledigung
inden. Es kommt vor, daß solche Gesuche Monate lang in den Bau—
uspeltionen liegen und dann wegen geringer Abweichung gegen die Bau—
yorschriften ungenehmigt zurückgesandt werden. Dann wird das Projekt
nochmals geändert zurückgesandt und harrt wiederum Wochen und Monate
der Erledigung. Gesuche um Beschleunigung erfahren in den meisten
Fällen eine nichts weniger als freundliche Abfertigung. Man bedenke nur
welche Verluste — Zinsen und Miethe ausfälle — dadurch entstehen, daß
Bau und Fertigstellung eines Grundstücks sich um Monate verzögern.
deinem Zweifel unterliegt es aber auch, daß eine schnellere Erledigung
der Baugesuche für die Arbeiterverhältnisse von großem Nutzen sein
vürde. Schreiber dieses kennt mehrere Unternehmer, die im November v. J.
Projekte eingereicht haben und heute noch auf deren Genehmigung warten,
ilso auch nicht mit dem Bauen beginnen können. Reicht bei den Bau—
uspektionen die Anzahl der Kräfte nicht aus, so vermehre man sie, damit
die Projekte, die den Winterschlaf durchmachen, möglichst schnell zum
Leben erstehen und der großen Zahl hungernder Arbeitslosen Arbeits—
gelegenheit geschaffen wird. Mit schönen Reden wird Arbeitsmangel
nicht aus der Welt geschafft; deshalb mögen die obersten Behörden dieser
Unregung, die in allen Fachkreisen ungetheilten Beifall finden wird,
Beachtung schenken und auf das Schnellste Abhilfe schaffen.
Allgemeiner Deutscher Versicherungs-Verein in Stuttgart.
Vom 1. Januar bis 31. December 1892 wurden neu abgeschlossen 29191
bersicherungen über 217008 Personen. Die Zahl der in der Unfall—
»ersicherung angemeldeten Schadenfälle betrug 6141; von diesen hatten
38 den sofortigen Tod und 447 eine gänzliche oder theilweise Invalidität
»er Verletzten zur Folge. Von den Mitgliedern der Sterbekasse starben in
diesem Zeitraum 450. — Auf den Monat December entfallen 3075 neu
ibgeschlossene Anträge mit 23 280 Personen. Bei der Unfallversicherung
vurden in demselben Monate 689 Schadenfälle angemeldet, während sich
pie Zahl der Todesfälle der Sterbekasse auf 26 belief. — Am Schluß
des Jahres 1892 waren 107 659 Policen über 719 Mão versicherte Personen
n Kraft.
Zeituugsreklame. In einem längeren Artikel: „Geschäftliche
kleinigkeiten“ weist das „Bau-Industrie- und Gewerbeblatt“ unter
Anderem darauf hin, wie schädlich eine unrichtig ausgeübte, falsch an—
gebrachte Reklame wirken muß. Wie ungeschickt ist eßs, wenn man
Redaktionen um Aufnahme von Beschreibungen ersucht, welche die
inverhüllteste Reklame enthalten, mit freundlichem Hinweis auf die
Aufgabe einer Annonec. Es ist auch nicht richtig, zuerst große Annoncen
iufzugeben und dann die Zeitung mit Reklameartikeln zu beläftigen.
Varum nicht die Redaktion ohne alles weitere zur Besichtigung einer
ieuen Maschine, einer fertigen Einrichtung einladen und bitten, über das
Neue und Gute, das zu sehen war, selbst zu berichten? Eine Annonce,
die man ja doch nux in erster Linie im eigenen Interesse aufgiebt, kann
ann folgen und wird nicht unangenehm berühren. Wo es angängig ist,
mpfiehlt sich, sei der Gegenstand für die Redaktion von Werth oder nicht,
denselben in natura zur Augenscheinnahme, zur Benutzung einzusenden
— Es ist kaum noch besonders darauf hinzuweisen, daß auch der ober—
lächlichste Leser unbewußt empfindet, ob er es mit einem nur abgedruckten,
elbstherrlichen Reklamebericht der Firma zu thun hat, oder mit dem
ruf mehr oder minder gründlicher Ueberzeugung beruhenden Berichte der
Redaktion