Entscheidungen. — Bautechnische Rotizen.
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Zahlungspflichtigkeit, da er die oben erwähnte Urkunde lediglick
niach dem Willen der Parteten und im Vertrauen auf die Richtigkei—
ihrer Angaben angesetzt habe. Uebrigens habe er nur im Auf—
trage der Geschwister J., nicht aber des B. gehandelt, von letzterem
daher auch keine Gebühren verlangt oder erhalten. Durch seinc
auf die Frage des B. gegebene Antwort habe er nur ausdrücken
wollen, daß die Hypothek an sich sicher sei, jedenfalls aber
habe er nicht voraussehen können, daß B. die Valuta vor Empfang
des Hypotheken-Instruments zahlen werde. Das Reichsgerich
verurtheilte jedoch den Rechtsanwalt X. dem Klageantrage gemäß,
und zwar aus folgenden Gründen: Von welcher der Parteien
Verklagter den Auftrag zur Aufnahme der Urkunde erhalten hat,
ist gleichgiltig, da unzweifelhaft feststeht, daß er, in seiner
Eigenschaft als Rechtsanwalt von B. befragt, die von Letzterem
in glaubwürdiger Weise bekundete, oben erwähnte Auskunft ertheilt
hat, welche als ein diesem gegebener Rath, auf das Geschäft
einzugehen, anzusehen ist. Die von X. aufgenommene Urkunde
enthielt aber sowohl thatsächlich als rechtlich Falsches: thatsüchlich
Falsches insofern, als P. in derselben behauptet, Eigenthümer
des verpfändeten Grundstücks zu sein, während in der Wirklichkeit
zwei Grundstücke verpfändet waren, von denen nur das eine dem P
gehörte; rechtlich Falsches insofern, als in der Urkunde die An—
gabe fehlte, von wem und in welcher Weise die Geschwister J
abgefunden seien, mithin P. durch diese Quittung nicht Eigen—
thümer der quittirten Hypothek werden und noch weniger, zumal
als Eigenthümer nur des einen verpfändeten Grundstücks, diest
Hypothek rechtskräftig an B. weiter cediren konnte. Das Amts
gericht hat daher mit Recht die Umschreibung der Hypothek ab—
gelehnt, und es konnten diese Mängel dem Verklagten als Rechts—
anwalt auch bei nur mäßigen Fähigkeiten und selbst bei nur
geringer Aufmerksamkeit nicht entgehen. Da ihn also ein grobes
Versehen trifft, so haftet er auch bei unentgeltlicher Rathsertheilung
für den hierdurch erwachsenen Schaden.
Nach 8 37 der Berliner Bau-Polizeiordnung vom
15. Jamar 1887 müssen Bedürfnißanstalten und Baderäumé
Luft und Licht entweder direkt von der Straße, oder von einem,
den baupolizeilichen Vorschriften entsprechenden Hofe, oder aus einem
offenen Luftschacht von mindestens 10 qm Grundfläche erhalten.
Der Eigenthümer des Hauses v. d. Heydtstraße 5 hatte in einem
Seitengebäude nachträglich eine Badestube eingerichtet, zu welcher
er einen polizeilichen Konsens nicht nachgesucht hatte und
welche den Bestimmungen des 8 37 a. a. O. insofern nicht ent—
sprach, als sie nur ein Fenster nach einem, mit einem Oberlicht-
fenster geschlossenen Luftschacht von weniger als 10 qum Grund
fläche hatte. Das Polizei-Präsidium gab ihm auf, entweder die
Badestube eingehen, oder sie vorschriftsmößig ausführen zu lassen
Mit seiner Beschwerde vom Oberpräfidenten abgewiesen, erhob der
Hauseigenthümer Klage. Diese wurde jedoch von dem IV. Sena!
des Oberverwaltungsgerichts am 6. December 1892 gleichfalls
abgewiesen. Der Gerichtshof führte aus, daß ein polizeilicher
Baukonsens weder bei Erbauung des Hauses, noch später zu der
hier streitigen Anlage ertheilt sei. Kläger könne sich also nicht
darauf berufen, wenn dort wirklich vor Einführung der neuen
Bau⸗Polizeiordnung eine ähnliche Einrichtung bereits bestanden
haben sollte, denn rechtmäßig habe sie jedenfalls nicht bestanden.
Da die jetzt vorhandene Badestube den polizeilichen Vorschriften
unzweifelhaft nicht entspreche, sei die Polizei zu ihrer Verfügung
berechtigt gewesen. Wenn Kläger sich noch darauf berufe, dafß
die Anlage von der örtlichen Straßenbauverwaltung genehmigt
worden sei, so erstrecke sich diese Genehmigung aber nur auf das
Ressort dieser Verwaltung, insbesondere auf den Anschluß an die
Kanalisativn; hier dagegen stehe lediglich die baubolizeiliche Zu—
lässigkeit in Frage.
Der Betrieb erftreckt sich auf die nothwendigen
Wege. Ein statutarisch versicherter Dachdeckermeister brachte mit
seinen Leuten im Winter auf dem Dache eines Hauses einen
Schneefang an. Im Anschluß hieran begab er fich nach dem
Rathhause desselben Orts, um daselbst eine gleiche, den Tag
vorher begonnene Arbeit auszuführen. Auf dem Wege dorthin
verunglückte er durch Ausrutschen auf dem Glatteise. Das Reichs
versicherungsomt hat das Vorliegen eines Betriebsunfalles aner⸗
kannt, weil bei Betriebsarbeiten mit öfterem Wechsel der Arbeits—
stelle sich der Betrieb begrifflich auf die nothwendigen Wege
wischen den verschiedenen Arbeitsplätzen erstreckt.
Ein nicht im Hause wohnender Miethshausbesitzer
wird nach einem Urtheil des Reichsgerichts, VI. Eivilsenats, vom
19. December 1882 im Gebiete des Preußischen Allgemeinen
andrechts durch die Beauftragten eines geeigneten Stellvertreters
Portiers ꝛc.) von der civilrechtlichen Verantwortlichteit für dic
Richtbeleuchtung der Treppen nur dann befreit, wenn er von den
fortgesetzten Pflichtverletzungen des Beguftragten keine Kenntniß
erlangt und auch keinen Anlaß zum Mißtrauen und zur Ueber—
wachung desselben gehabt hat.
Bautechnische Notizen.
Belastungsproben Von der Königl. Baupolizei, vertreten durch
den Königl. Bauinspektor Gropius, wurden am 21. v. M. interessante
Belastungsproben mit den Brandobjekten der Aktien-Gesellschaft für
Monier-Bauten, vormals G. A. Wayß «c Co. in Berlin, auf dem Grund—
stücke Köpenickerstraße ßZ vorgenommen. Zweck der Belastungsproben war,
festzustellen, ob die Konstruktionen an ihrer Festigkeit und Tragfähigkeit
nach dem Brande irgend welche Einbuße erlitten hätten. Zunächst wurde
die Treppe, die aus einer 5 em starken Monierplatte mit aufcementirten
Stufen bestand, auf ihre ganze Länge mit vollkommen durch Wasser ge—
sättigten Mauersteinen bedeckt, und zwar wurden diese Steine 2 m hoch
aufgestapelt. Es zeigten sich bei diesen außerordentlichen, bis 3200 kg
pro qm betragenden Belastungen an einzelnen Stellen der Monierplatte
eine Risse, während sonst keinerlei Veränderungen wahrzunehmen waren.
Auf das Monier-Deckengewölbe von 4 m Spannweite und nur 6 em Stärke
wurden hierauf ebenfalls nasse Mauersteine bis 2 m hoch aufgethürmt,
und zwar in der ungünstigsten Weise auf der einen Seite des Gewölbes.
Bei dieser Last, die mehr als dreimal so groß ist, als je bei Fabriks—
betrieben vorkommt, zeigten sich trotz der sorgfältigsten Beobachtungen auch
nicht die geringsten Risse und Deformationen an dem Gewölbe.
Zum Submissionsunwesen. In Dortmund wurden am 25. Januar
die Angebote auf Ausführung von Erdarbeiten in zwei Loosen eröffnet.
Es ergab sich wieder eine sehr merkwürdige Unsicherheit in der Beurthei—
lung der Arbeiten durch die Unternehmer. Für das erste Loos verlangte
der Mindestfordernde Mk. 648 194, der Meistfordernde Mk. 1602695;
die sechs übrigen Unternehmer, die Angebote eingereicht hatten, forderten
Mk. 686 780 bis Mk. 1442 477. Für das zweite Loos verlangte der
Mindestfordernde Mk. 1049 041, der Meistfordernde Mk. 3826 672. Der
Mindestfordernde und Derjenige, der das nächsthöhere Angebot machte, bei
den Berliner Unternehmer, differirten in ihren Forderungen nur um Mark
685, die drei Hochfordernden hatten Mk. 1418 242, Mtk. 2216 436 und
Mk. 3826 672 berechnet. Derartige Verschiedenheiten, allerdings bei Sub—
missionen keine Seltenheit, sind nahezu unerfindlich, nehmen aber in ganz
erschreckender Weise überhand. Es in höchste Zeit, daß das Submissions—
wesen endlich eine Regelung erfährt.
Verfahren in Baupolizeisachen. Die Stadt Nürnberg ist mit
einer Neuerung vorgegangen, welche Nachahmung verdient. In der Sittung
des Stadtmagistrats hat nach Vortrag des Herrn Bürgermeisters Dr. Schuh
eine aus Mitgliedern der beiden gemeindlichen Kollegien gebildete Kommission
einstimmig beantragt, es sei in Bausachen, mit Ausnahme der für die ge—
werbpolizeiliche Behandlung bestimmten, bis auf Weiteres ein mündliches
Verfahren einzuschlagen, in welchem die Baugesuche zur Berathung kommen,
deren Ablehnung oder theilweise Abänderung von den Technikern der Bau—
abtheilung beantragt wurde. In die Sitzung sollen die Einreicher der
betreffenden Gesuche geladen werden, wobei es ihnen gestattet ist, sich durch
einen sachverständigen Beistand unterstützen und im Krankheitsfalle ver—
treten zu lassen. Das Verfahren soll kein bindendes prozessuales mit
Rechtsfolgen sein. Wenn man berücksichtigt, wieviel Zeit durch das
mündliche Verfahren und die gegenseitige Aussprache der Techniker erspart
wird, so kann man den Fortschritt, der hier durch die Verwaltung einer
Stadt von über 100 000 Einwohnern gemacht worden ist, nur aner⸗
kennen.
Versichernug der Hausthore und Wohnungseingangsthüren
gegen Einbruch. Eine solche Versicherung besteht u. A. darin, daß
man eine Vorrichtung anbringt, welche das Sprengen und Ausheben aus
den Angeln möglichst verhütet; man bringt zu dem Ende oberhalb der
Angeln ein starkes Winkelblech 4.an, welches das Ausheben unmöglich
macht, ohne die freie Bewegung der Thür zu hemmen; außerdem empfiehli
es sich, statt der üblichen zwei Angeln stets deren drei anzubringen und
solche Thüren oder Thore, welche man besonders versichern will, mit drei
Schlössern — oben, in der Mitte und unten — oder wenigstens mit einem
zuten Schloß in der Mitte und zwei Riegeln (oben und unten) zu ver—
sehen; man kann auch mit dem Mittelschloß einen sogenannlen durch—
gehenden Riegel in Verbindung bringen, wie er bei Geldkassen und
manchen Schränken vorkommt; es ist schon vorgekommen, daß Einbrecher
eiserne Thüren von Wohnungen, Bureaur und Läden gesprengt haben;
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ihn mit Zuhilfenahme guten Stein- und Eisenkittes in starkem Mauerwert
zu verklammern. Elektrische Alarmsignale, außerdem angebracht, können
nur von Nutzen sein. L. TEXK.
Dachrinnenbleche. Es ist vielfach gebräuchlich, die Dachrinnen
über die Schieferbedachung gehen zu lassen aus technischen und ästhetischen
Gründen; dadurch sickert jedoch das Regenwasser zwischen Schieferbelag
und Rinnenblech in das Latten- oder Dachbretterholz und bringt es so
zur Fäulniß; viel empfehlenswerther erscheint es — lauch nach dem Vor—
gehen einiger französischer Architekten) — die Rinnenbleche unterhalb des
Schiefers in dessen letzte Schaar gehen zu lassen und diese nach franzö⸗
sischer Art zu befestigen. L. TXK.
Ueber Küchenherde. Dieselben werden fast durchgehends von
Handwerkern, Maurergesellen, Polieren hergestellt. Die Architekten und
Vaumeister kümmern sich in den seltensten Fällen um deren spezielle Aus—
jührung! Und diese, meist elenden Machwerke nennt man noch dazu sehr
jäufig: Sparherde, Wirthschaftsherde, oder Maschinenherde! Sie sollten