Bautechnische Notizen — Vermischtes
Kraft, und so mußten häufig während des strengen Frostwetters die
Maurerarbeiten unterbrochen werden. Man kann diesem Uebelstande ab—
helfen, indem man dem Woasser leicht lösliche Zusätze giebt, welche dessen
Gefrierpunkt herabsetzen. Ueber eingehende Versuche in dieser Richtung
entnehmen wir dem Fachblatt „Génie civil“, daß bei der französischen
Dstbahn schon 1885 die Beimengung von Alkohol, dann Meersalz und endlich
die gewöhnlich im Handel vorkommende Soda bei der Mörtelmischung die
besten Erfolge hatten. 1891 war man schon in der Lage, zu beschließen,
daß keine einzige der im Gange befindlichen Bauarbeiten während des
Winters unterbrochen werden solle, und so wurden denn auch in der Thap
1891- 1892 beträchtliche Mauerwerke der verschiedensten Art trotz strenger
Kälte von der Ostbahn durchgeführt, da deren Herstellung ökonomisch
wichtig erschien. Unter diesen Arbeiten ist außer kleineren Bauausführungen,
wie Wasserleitungen und Abzugsrinnsaale, Viadukte von 4 m, Grund—
mauern von Gebäuden, besonders ein beträchtliches Werk, die Brückc von
8Suint-Jores mit 15 m Spannweite, hervorzuheben, deren Bogen mitl
Kalk ohne Cementzusatz ausgeführt wurde, während zu der Herstellung und
Verstreichung von dem Froste besonders ausgesetztein Mauerwerk, namentlich
Stützmauern und Gräben, Cementmörtel diente. Alle diese Arbeiten haben
sowohl während ihrer Ausführung, als kurze Zeit nachher, Temperaturen
bon 10— 15 Grad unter Null zu bestehen gehabt, ohne die geringste
Schädigung zu erfahren. Zur Mörtelmischung wird wasserfreie, nach
Solvay's Verfahren gewonnene Soda verwendet. Die pulverisirt in
Säcken beigestellte Soda wird in Kesseln aufgelöst, in denen das Ver—
hältniß von 1 Kg Soda zu 5 1 Wasser und eine Temperatur von 830 Grad
dauernd zu erhalten ist. Diese Lösung wird mit dem gleichen Volumen
gewöhnlichen Wassers in Fäfsern verdünnt, aus denen die Maurer nach
Bedarf schöpfen. Ein Kessel von 100 1 genügt für 10 Maurer. Hiernach
ist die endliche Dosirung 1 Kg Soda auf 101 Wasser, und die Ver—
arbeitung erfolgt in einer Temperatur, von 4—. 10- 150. Die gewöhnliche
Menge des bei einem gegebenen Sand und Kalk zur Mörtelmischung ver—
wendeten Wassers muß bei Verwendung der Sodalösung ungefähr um
ein Viertel vermehrt werden. Sand, welcher an der Oberfläche der Haufen
gefroren ist, must vor dem Gebrauche sorgfältig pulverisirt werden; endlich
ist es angezeigt, die Maurer mit Kautschukhandschuhen zu versehen. Die
Beschleunigung der Bindung vollzieht sich bei jeder Temperatur, was
sogleich auf den Gedanken hinleitet, künstlichen Cement auf nassem Wege
zu erzeugen, indem man dem Kalkmörtel Natriumcarbonat oder irgend
tine aͤndere Substanz, welche die gleiche Wirkung hervorruft, zusetzt.
Ein neuartiger Zeicheutisch. Ein Zeichentisch mit stehender
Zeichentafel ist vom Grusonwerk in Magdeburg konstruirt worden. Der
Zeichentisch besteht aus einem leichten Gestell, das in gewöhnlicher Tisch—
höhe eine nach vorn ausziehbare, als Arbeitstisch zu benutzende Platte mit
Schublade und darüber die etwas nach rückwärts geneigte Zeichentafel trägt.
Diese ist durch ein gußeisernes Gegengewicht so ausbalancirt, daß sie
mittels eines unten angebrachten Handgriffs mit Leichtigkeit auf- und
niedergeschoben und somit jeder Theil der Zeichnung in die zum Arbeiten
richtige Höhe gebracht werden kann. In ähnlicher Weise ist auch die
Verschiebung der horizontalen Reißschiene ermöglicht, deren Parallelführung
mittels durch Gewichte gespannter Schnüre einfach und sicher ist. Das
ganze Gewicht des Tisches beträgt freilich 270 kg.
Ein neuer Fabrikationszweig für Bunzlau. Die Industriellen,
Herren Lieber und Lippert haben sich verbunden, gemeinsam auf ihren
Werken die Fabrikation von Verblendsteinen in allen Farben,
besonders in weiß, lederfarben und roth, in großem Maaßstabe zu betreiben,
und steht zu erwarten, daß diese neuen Massenartikel ebenso, wie die bis—
herigen Spezialitäten der Werke, die in der Hauptsache in der Fabrikation
klinkerhart gebrannter, vollkoinmen wetterfester, glasirter Dachsteine, Pflaster—
platten und Thonfliesen bestehen, guten Absatz finden und sich den weit
über die Grenzen Deutschlands rühmlichst bekannten Bunzlauer Thon—
waaren vortheilhaft anschließen werden. R —
Kollergang-Mörtel. Die bereits durch Herrn Bauinspektor Sympher
s. 3. nachgewiesenen Vorzüge des Kollergang⸗-Mörtels, gegenüber den von
Hand oder in der Trommel gemischten Mörteln, bezw. Betonmischungen,
haben nach dem „Centralbl. d. Bauverw.“ neuerdings eine Bestätigung er
fahren durch ein „Verfahren zur Bearbeitung von Cementmörtel“,
welches unter Nr. 66 415 dem durch seine Cementdielen bekannten
Fabrikanten O. Böklen in Lauffen a./N. patentirt worden ist. Der
Patentanspruch stützt sich auf ein „Verfahren zur Bearbeitung von
Cementmörtel, dadurch gekennzeichnet, daß er einem Druck unter gleich—
zeitiger seitlicher Verschiebung der Mörteltheile unterworfen wird.“ Hier—
zu benutzt Herr Böklen einen Kollergang mit 4 Läufern von besonderer
Form der Mantelflächen, der 20 Umdrehungen in der Minute ausführt
und den Mörtel 5 bis 10 Minuten lang mit Wasser bearbeitet. Der
Mörtel kann dann selbstthätig ausgeschüttet werden. Ein solcher Mörtel
erreicht eine ganz bedeutende Dichte und eine sehr viel höhere Festigkeit,
als sie mit handgemischten Mörteln oder auf einem gewöhnlichen Koller—
gang zu erzielen ist. Nach den vorliegenden Ergebnissen der Versuche
der Kgl. Prüfungsstation für Baumaterialien in Berlin-Charlottenburg
betrug die Zugfestigkeit von einen Monat alten Probekörpern aus 1 Raum—
theil Cement und 3 Raumtheilen Normalsand mit 10 Schlägen (also nicht
normengemäst mit 150 Schlägen) in die Formen eingestampft:
a. Nach Mischung h. Nach Mischung
mit der Schaufel auf dem Kollergang
dufttrocken . 27N45 kg p. qem 47,20 K& P. dem
Wassersatt ..17358 —A —
An der Luft gefroren. . 1988 Jögz
Unter Wasser gefroren * 1800 u 31,2 — —
Die Wasseraufnahme betrug nach 120 Stunden in Prozenten des
Vernichtz«“ à— 103 6B63. 5 und die in der üblichen Meise ermittolte
Abnutzbarkeit: a. 25,5 chem, b. 18,2 cbeam. Namentlich in den letzteren
Ergebnissen offenbart sich die große Dichte, die der Mörtel durch die
Behandlung auf dem Kollergang erlangt hat und die auch an der Bruch—
fläche der Proben mit bloßem Auge zu erkennen ist. Diese hervorragenden
Eigenschaften machen den Böklen'schen Mörtel namentlich geeignet für
Wasserbauten, Röhren, Cementdachziegel u. a. m. G
Vermischtes.
Neues Lexikon der gesammten Technik. In der Deutschen
Verlagsanstalt in Stuttgart erscheint demnächst ein „Lexikon der ge—
sammten Technik und ihrer Hilfswissenschaften“, als Nach—
chlagewerk bestimmt für Architekten, Bau- und Maschinen-Ingenieure,
Technologen, chemische Techniker, Bautechniker und Bauhandwerker, be—
arbeitet von den hervorragendsten Fachmännern der Gegenwart. Dasselbe
wird sich vor ähnlichen derartigen Werken ganz besonders durch umfassende
Litteratur nach weise in eigenartiger Anordnung und durch gründliche,
aber kurze Sachbehandlung unterscheiden und dürfte allen Denjenigen will—
kommen sein, welche sich rasch über irgend einen technischen Gegenstand
und die einschlägige empfehlenswerthe Litteratur unterrichten wollen
—
Allgemeiner Dentscher Versicherungs-Verein Stuttgart.
Im Monat Februar 1893 wurden 501 Schadenfälle durch Unfall ange—
neldet. Von diesen hatten 1 den sofortigen Tod und 20 eine gänzliche
oder theilweise Invalidität der Verletzten zur Folge. Von den Mitgliedern
der Sterbekasse starben in diesem Monat 38. Neu abgeschlossen wurden
im Monat Februar 3649 Versicherungen. Alle vor dem 1. December 1892
der Unfall-Versicherung angemeldeten Schäden inkl. der Todes- und In—
»aliditäts-Fälle sind bis auf die von 68 noch nicht genesenen Personen voll—
ftändig regulirt. — n.
Haftpflichtversicherung gewerblicher Unternehmer. Die
Haftpflichtversicherung, welche neuerdings das Interesse der gewerblichen
Unternehmer virl lebhafter in Anspruch nimmt, ist von dem Vorstande
des „Gesammtverbandes deutscher Metallindustrieller“ zum Gegenstande
sehr eingehender Erwägungen und Verhandlungen gemacht worden, deren
Ergebniß jetzt in einem Vertrage des genannten Verbandes mit zwei Ver—
icherungsgesellschaften und einer erläuternden Denkschrift dazu vorliegt.
In letzterer wird u. A. behandelt:, die „Bedürfnißfrage“, die „gesctzliche
Brundlage der Haftpflicht, der „Umfang der Haftpflichtversicherung“, die
„Forin der Haftpflichtversicherung“, die „Leistung des Versicherungsnehmers“
und die „Leistung der Versicherungsgefellschaften“. Allen Betriebsunter—
nehmern und namentlich allen Vereinen von solchen, welche sich über die
Frage der Haftpflichtversicherung genau orientiren wollen, wird in dem
Vertrage und der ihn erläuternden Denkschrift ein willkommenes Hilfs—
nittel geboten. Die Geschäftsstelle des Gesammtverbandes deutscher Metall—
industrieller, Berlin, 80., Schlesischestr. 25, giebt die Drucksachen und
Auskünfte an Interessenten bereitwilligst ab.
Erhärten von Portland-Cementmörtel durch Oele. Um
Cement gegen Seewasser widerstandsfähig zu machen, muß man ihm einc
undurchdringliche Oberfläche geben. Von dieser Ansicht ausgehend, unter—
suchte Schumann die Einwirkung von Petroleum, Vulkanöl und Rüböl
auf Cement. Je poröser, d. h. je leichter zu durchdringen der Cement
ist, desto nachhaltiger wirken die Dele auf ihn ein. Bei Anwendung eines
undurchdringlichen Mörtels (1 Th. Cement zu 1 Th. Sand), der durch
s'orgfältiges Raßhalten gut erhärtet ist, kann man Cementarbeiten herstellen,
die den Oelen vollkommen Widerstand leisten, z. B. Oelbehälter, Ma—
schinenfundamente, welche dem Einfluß der Schmieröle ausgesetzt sind, ꝛc.
Aehnliche Resultate ergaben sich auch bei den Abwässern einer Färberei.
Untersuchungen mit Mineralwässern bewiesen, daß Sodener Wasser wie
Seewasser wirkt, während das Wiesbadener Wasser bei gewöhnlicher Tem—
peratur nur im Anfang eine schwache Verminderung der Festigkeit bewirkte.
Bei erhöhter Temperatur (3510 C.) wirkte das Wiesbadener Wasser im
Vergleich mit gewöhnlichem Wasser der gleichen Temperatur entschieden
rünstig auf die Temperatur des Cementmörtels.
Die staatliche Bauthätigkeit in Preußen. Das letzte Heft der
„Zeitschrift für Bauwesen“, welche vom preußischen Ministerium für
zsfentliche Arbeiten herausgegeben wird, enthält ein sehr lehrreiches Ver—
eichniß der in den Jahren 1886 bis einschließlich 1889 ausgeführten,
»urch den Staat projektirten und hergestellten Hochbauten. Im Ganzen
vurden während dieser vier Jahre für die Errichtung und Aenderung
don Hochbauten 35 484 5339 Reichsmark ausgegeben, sodaß jährlich
3871 135 Reichsmark für staatliche Hochbauten verwendet wurden. So
vurden im Laufe dieser Bauperiode neu errichtet, umgebaut, vergrößert
ind verändert: 52 Kirchen, 565 Pfarrhäuser, 148 Volks- und Bürgerschulen,
) höhere Schulen, 8 Seminare und Alumnate, 16 Turnhallen, 59 Uni—
oersitäten, 7 Verwaltungs- und Regierungsgebäude, 12 Gebäude für die
zffentliche Rechtspflege. 27 Gefängnisse und Strafhäuser, 26 Gebäude für
Sanitätszwecke, 153 forstliche Gebäude, T Gebäude für Zwecke der Pferde—
zucht und 25 Hochbauten, welche mit Wasserleitungen oder Kanalisirungen
zusammenhängen. Man sieht aus diesen Ziffern, daß die staatlichc
Thätigkeit in Preußen auch auf dem Gebiete des Hochbaucs eine überaus
rege ist; der Staat hat da aber durchaus nicht die Tendenz, die private
Bethätigung der Bautechniker zu behindern, sondern er geht nur mit dem
allerbesien Beispiel voran und läßt durch so oft als möglich ausgeschriebene
Konkurrenzen für Entwürfe und Submissionen für Lieferungen und Bau—
ausführungen sowohl den Architekten, als den Baugewerbetreibende reichliche
Arbeit zukommen