Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 53, Bd. 12, 1893)

Bestimmungen über die Bauart der von der Staatsbauverwaltung auszuführenden Gebäude ee. — Zimmerheizung mit Leuchtgzas. 
Ob in den Sammlungsräumen ausnahmsweise die Auf⸗ 
tellung von Oefen mit lokalem Vetriebe zulässig ist, bleibt der 
Entscheidung der Superrevisions-Instanz vorbehälten. 
Sofern die Fenster an bebaͤuten boder zur Bebanung be— 
timniten Straßen liegen, deren Breite zwischen den Baufluchten 
beniger als 20 mm beträgt, sind dieselben, unbeschadet der zur 
Sicherung gegen Einbrüch etwa erforderlichen weitergehenden 
Maaßregeln, mit eisernen, bezw. hölzernen, beiderseitig mit 
Fisenblech beschlagenen, inneren Läden auszustatten. Wenn die 
ortlichen Verhältnisse es erfordern, sind in gleicher Weise auch die 
an umbauten Höfen gelegenen Fenster zu sichern. 
Ebenso müssen die im Dachboden belegenen inneren Decken— 
zberlichte, falls7die Gebände nicht völlig frei und von anderen 
Häusern oder Nachbargrenzen mindestenis 20 m entfernt liegen, 
zur Vermeidung des Eindringens von Flugfener, mit leicht be— 
veglichen, feuersicheren, Schutzvorkehrungen versehen werden. 
nter den äußeren Oberlichten sind Drahtnetze anzubringen. 
I Universitäts-Institute, Kliniken, Gymnasial— 
ind Seminarbauten. Die Flute und Treppenhäuser sind 
iach Maaßgabe der Bestimmungen im Abschnitte II, unter 13. 
zu überwölben oder sonst feuersicher zu überdecken. Dieselben 
Bestimmungen gelten für die im Hauptgebäude befindlichen Bade— 
iimmer, Aborträume und Thee-, bezw. Anrichteküchenn, welche 
außerdem zu unterwölben und mit einem wasserdichten Fußboden 
zu versehen sind. Eine Unterwölbung ist auch in solchen Räumen 
— 
Wasser abgespült und deshalb mit einem harten, undurchlässigen 
Fußboden versehen werden müssen (Operationsräume, Seir— 
räume u. dergl.). 
Sofern die Gebäude völlig frei stehen und von anderen 
Zäusern oder Nachbargrenzen üindestens 20 m entfernt liegen, 
cönnen die Dächer überhängend konstruirt werden. 
Wenn, für Universitätszwecke aus besonderen Gründen 
zarackenartige Bauten gewählt werden, ist für diese eine leichtere 
Bauweise zulässig. 
Die Wände könunen je nach der Zweckbestimmung und der 
eabsichtigten Dauer dieser Bauten entweder massiv, oder in aus— 
gemauerten Eiseufachwerk, bezw. in Holzfachwerk mit Ausmauerung 
oder Gypsdielenbekleidung, hergestellt werden. 
Es ist zulässig, von einer Ueberwölbung der Räume in der— 
artigen Gebäuden abzusehen Schluß folgt.) 
Zimmerheizung mit Leuchtgas. 
Je mehr im Verlaufe der letzten Jahre die Verwendung 
des Steinkohlengases zu Leuchtzwecken infolge der Verbreitung 
des elektrischen Lichtes eingeschränkt wurde, umsomehr hat sich 
diesem Gase eine andere Abnahmequelle eröffnet, welche eine so 
aatürliche ist, daß man verwundert sein muß, diese wichtige Ver— 
wendungsart nicht schon viel früher in arbßerem Umfange benusst 
zu haben. 
Es ist dies die Anwendung des Leuchtgases zu Heizzwecken. 
Allerdings steht ja der größeren Ausbreitung eines derartigen 
Heizsysteins der unverhältnißmäßig hohe Gaspreis sehr hinderlich 
im Wege. Nachdem nun aber in den letzten Jahren die Mehr— 
zahl der Gasanstalten eine ganz bedentende Herabsetzung des 
Gaspreises für Heizzwecke eintreten ließ, ist eine möglichste 
Verbreitung dieses Heizsystens im größten Interesse des 
Publikums. 
Ein Umstand, der ja auch noch etwas erschwerend für die 
allgemeinere Einführung der Gasheizung erscheint, ist der, daß 
es leider eine ganze Anzahl Ofensysteme giebt, welche vom 
hygienischen Standpunkte aus durchaus nicht empfohlen werden 
önnen, da bei denselben zu wenig Rücksicht auf möglichst voll— 
tommene Abführung der Verbrennungsprodukte ans dem zu be— 
jeizenden Raume genommen ist. Nachdem es nun aber bereits 
eit mehreren Jahren gelungen ist, diesen Mißstand durch in her— 
vorragender Weise verbesserke, gut durchdachte Ofenkonstruktionen 
zu beseitigen, dürften wohl jegliche Bedenken gegen die allge— 
meine Einführung der Gasheizung geschwunden sein. 
Ein erfreulicher Beweis, daß diese verbesserten Konstruktionen 
die richtige Würdigung erfahren haben, darf darin erblickt 
werden, daß in jüngster Zeit in mehreren größeren Städten die 
Gasheizung in Schulen eingeführt ist, sogar ist neuerdings das 
tädtische nene Krankenhaus in Ludwigshafen a. Rh. 
urchweg mit Gasheizung eingerichtet worden (mit ca. 80 
Oefen).“ Die hierbei verwendeten Oefen sind bereits seit einer 
Reihe von Jahren in über 200 Exemplaren in der Badischen 
Anilin- und Sodafabrik in Ludwigshafen a. Rh. im 
Hebrauche und hat sich diese von genaunter Firma selbst erdachte 
Koustruktion in jeder Hinsicht vorzüglich bewährt. 
Es ist bei dieser Konstruktion vor allen Dingen dafür ge— 
sorgt, daß die Verbrennung des Gases in abgeschlossenem Raum 
— nicht in's Zimmer 
reten können. Sodann ist auf größtminögliche Ausnutzung des 
Gases bei Vermeidung von Kondensationswasserbildung Rücksicht 
genommen. 
Der Heizkörper, aus Wellblech hergestellt, besteht aus zwei 
von einander unabhängig heizbaren Kammern, sodaß bei gelin⸗ 
derer Außentemperatur mit nur einer, bei kälterer Witterung da— 
Jegen mit beiden Heizkammern gefenert wird. An eincimqut— 
ziehenden Kamine angeschlossen, bewirken diese Oefen noch eine 
»orzügliche Ventilation der Raͤume, in welchen sie aufgestell! 
ind, sowie auch gleichzeitig eine sehr lebhafte Zirkulation der 
zimmerluft selbst. 
Die Vortheile der Gasheizung bestehen 
1) in der Möglichkeit sofortigen Anzündens (einfach durch 
Oeffnen des Hahnes und Entzünden der Flamme), sowie in dem 
ichnellen Anheizen der betreffenden Räume, 
AD 
Verbrennungsrückstände (Schlacke, Asche ꝛc.) aus dem Ofen, 
3) in der Vermeidung jeglichen Rußes, Staubes und 
Rauches, 
4) in der Möglichkeit einer sehr exakten Tenperatur-Regelung 
iunerhalb kürzester Zeit und weitester Grenzen, 
5) im Wegfall besonderer Lagerräume für Brennmaterialien 
Kohlen, Koks, Holz), 
6) in der überaus einfachen Bedienung. Eine zu große 
Hitzesteigerung oder rasches Erlöschen des Feuers, wie dies bei 
Kohlenheizung meist vorkommt, ist ausgeschlossen. 
Zur vorübergehenden (stundenweisen) Heizung von Zimmern, 
(Schlafzimmern, oder Sprech- und Wartezimmern von Nerzten) 
kann kaum etwas Praktischeres, Billigeres empfohlen werden. 
wie Gasheizung. 
Ferner ist dieselbe sehr am Platze in Häusern, die zwar 
hereits mit Zentralheizung versehen sind, in weichen jedoch der 
große Apparat nicht bereits in Betrieb gesetzt wird, wenn 'mal 
utsnahmsweise fruh im Herbste empfindlich kühle Witlerung für 
einige Tage, oder nur in den Morgen- und Abendstunden, ein— 
iritt Es werden hier vielfach Gasöfen für solche Fälle ver— 
πιιY 
Was nun hie Koösten der Gasheizung anlangt, so sind diese 
in den verschiedenen Städten sehr ungleich, weil ja im Gas— 
preise große Unterschiede bestehen. In einer Anzahl Städte, die 
m Kohlenrevier liegen, wird das chin Heizgas nur mit 8 Pfg. 
hberechnet. Einen gleichen Preis rechnen sich städtische Verwal— 
ungen für Heizgas, welches zur Beheizung von Schulen, 
rankenhäusern ꝛc. verbraucht wird, und ist hierbei jedeufalls 
von dem richtigen Gesichtspunkte ausgegangen, daß die Stadt— 
»erwaltung ebensowenig an dem Heizgase für ihre kommunalen 
zwecke etwas verdienen will, wie sie auch an anderem Brenun— 
naterial: Kohlen, Koks ꝛc., keinen Verdienst aufschlägt. Der 
Preis von 8 Pfg. pro chm Heisaas ist wohl der billigste, der 
erechnet wird. 
An anderen Orten werden 11 12 und 15 Pfennige pro 
bm berechnet und stellt sich hiernach die Beheizung eines 
zimmers von ca. 100 chm Inhalt mir einem der vorräthigen 
“udwigshafener Gasöfen zwischen 6 und 11 Pfg. pro Stunde. 
Die Einführung der Gasheizung in Hatels bricht sich auch 
etzt Bahn und dürfte sich als sehr rationell bezüglich der Ver— 
echnungsweise den Fremden gegenüber erweisen. Man weiß 
on jedem Ofen den Gaskonsum pro Stunde, somit läßt sich 
»er Preis für die Heizung eines Zimmers auch pro Stunde ganz 
jenau berechnen. 
Etablissements von größerer Ausdehnung erhalten ein sehr 
zilliges Heizgas, weun sie sich dasselbe selbst erzeugen, mittels 
ines Generator-Gasapparates. J 
In diesen Apparaten erhält man aus kg Kohle von 7000 
Wärmeeinheiten 4,, chm Gas von 1322 Wärmeeinheiten, d. i. 
9 50. des Brennwerthes der Kohle in Form von Gas. Die 
Zelbftkosten eines solchen Gases stellen sich auf 12591,. Pfg 
»ro chm. 
Hierbet ist, schreibt das „Gewerbebl. f. Hessen“ allerdings zu 
herücksichtigen, daß der Heizwerth dieses Gases nur etwan! von 
dem des Leuchtgases beträgt. 
Nähere Auskünfte über Gasheizung und speziell über das 
Heizofen-System der Badischen Anilin- und Sodafabrik Ludwigs— 
hafen a. Rh. ertheilt das Patent- und technische Bureau von 
F. Fiscus in Tarmstadt
	        
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