Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 53, Bd. 12, 1893)

Die Abtragung des Hippodrom in Paris. — Einige Winke zur zweckmäßigen Entwässerung der Dächer. 
Einige Winke zur zweckmüßigen Entwässerung 
der Dächer. 
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bei den verschiedenen Umgestaltungen der Hauptstadt an der Arbei! 
Jesehen, noch ganz kürzlich, als der sagenhafte pie de démo— 
liaure*) im cinigen Wochen den riesigen Baukompler, welcher 
bor der Facade des Bahnhofes Saint Lazare stand, hinweg— 
ränmte, auf dem Platze, auf dem sich zur Stunde mächtig das 
Hoͤtel Terminus“ erhebt, Das Hippodrom wurde dem Bau— 
Unternehmer M. Kasel zur Demolirung übergeben unter der Be— 
dingung, daß innerhalb zweier Monate nichts davon mehr bestehen 
dürfe, als die Erinnerung daran. Dabei mußte das Terrain, 
das im voraus verkauft war, geräumt und planirt sein und die 
Muaterialien der schönen Konstruktion in einem solchen Zustande 
und derart deponirt werden, daß die Wiedererbauung sofort 
möglich wird. Das war nun eine schwierige Aufgabe, sie wurde 
jedoch vollkommen gelöst. Die „Zimmerleute in Eisen“, vor 
M. Martin geführi, welcher bei ähnlichen Arbeiten sich besondere 
Ersahrungen für Demolirungen dieser Art gesammelt hat, nämlich 
nach den Ausstellungen in den Jahren 1878 und 1889, haben die 
Demolirung mit tadelloser Regelmäßigkeit und Sicherheit aus— 
geführt. 
wel Das Eisengerippe war wegen der Höhe des Firstes und des 
rollenden Daches sehr schwierig abzutragen. Man schlug zuerst 
vor, im Innern des Schiffes ein eigenes Gerüst zu errichten, 
welches die Abtragung ermöglicht hätte; aber dieses Gerüst allein 
hätte 40 000 Frks (32 000 Mt.) gekostet, abgesehen davon, daß die 
Vorarbeiten hierfür selbst zwei Monate beansprucht hätten. Vieses 
Mittel wurde daher umgangen und M. Kasel entschloß sich, um die 
Abtragung zu befördern, Hebezeuge von 26 m Höhe anzuwenden 
Um jeden Zeitverlust und jeden unnöthigen Handgriff zu ver— 
meiden, wurden mit den Hebezeugen die Streben und Träger der 
Zimmerung direkt auf große Karren gesenkt, die unter die gerade 
in Angriff genommene Stelle gestellt wurden. Die gute Organi— 
irung der Arbeitsleistung hat nahezu die Hälfte der Zeit zu er— 
sparen ermöglicht, welche man für die Zerstörung nach den ge— 
vöhnlichen Methoden gebraucht hätte., Es ist interessant, zu ver— 
zeichnen, daß sich im Laufe der Arbeit nicht ein einziger Unfall 
zreignete, obwohl sie im Januar d. J. ausgeführt wurde, als die 
Witterungsverhältnisse besonders rauh und die Tage am kürzester 
waren und man täglich nicht mehr als 7-28 Arbeitsstunden hatte 
Elegant und rasch gebaut, ist das Hippodrom nach einen 
glänzenden Bestande ebenso wieder verschwunden. Die Viaterialien 
wurden von den Herren Weil und Kasel gekauft. Es ist wahr— 
scheinlich, daß dieses Etablissement, das dem künstlerischen Ge— 
schmack und dem Zerstreuungsbedürfnisse der Bewohner von Paris 
und der Besucher dieser Stadt aus allen Ländern so sehr entspricht, 
nicht gar zu spät sich in irgend einem Theil der Hauptstadt wieder 
erheben wird; es wird aus der Zerstörung wieder erstehen, wite 
der Vogel Phönix aus seiner Asche wiedergeboren wurde; hal 
das Hippodrom ja eigentlich diese Wiedergeburt gleich dem genannten 
Vogel der Fabelwelt schon einmal, vor zwanzig Jahren, durch— 
gemacht. Man hat bereits von einer Wiedererrichtung auf dem 
Terrain, das durch die Demolirung des Spitals gewonnen wurde 
gesprochen; man nannte das Marsfeld, auf dem sich derzeit, wohl 
geordnet, die Bestandtheile des demolirten Baues befinden. Der 
letztere Platz wäre sehr günstig, wenn nicht die Abhaltung der Welt— 
ausstellung vom Jahre 1900 auf dem Marsfeld hierfür ein Hinder— 
niß wäre. Wenn aber, was sehr wahrscheinlich ist, aus ge— 
wichtigen Gründen diese Ausstellung auf dem Terrain von 
Auteuil Platz finden wird, so dürfte die Wiedererrichtung des 
Hippodrom auf dem Marsfeld vom Publikum sehr wohlvollend 
aufgenommen werden. 
Sein großer Eisenkörper würde wohl harmoniren mit den 
ähnlichen Gebäuden, die von der Ausstellung des Jahres 1889 
noch erhalten sind und welche ihm als nützliche und geräumige 
Ergänzungen dienen könnten. Während eines ganzen Theiles 
des Jahres würden die Schauspiele des Hippodrom, indem sie 
ihre Anziehungskraft auf die unzähligen Liebhaber ausüben würden, 
diesem Theil von Paris jene Bewegung und Zugkraft geben, dit 
ihm heute noch fehlen, und dazu beiträgen, die Verkehrsmitlel zu ent 
wickeln und die Rentabilität der Nachbargründe zu steigern. Es 
ist gewiß, daß das Publikum nicht gerne eine Vergrößerung der 
Entfernung des Etablissements vom Stadtinnern sehen würde 
da es bis jetzt gewohnt war, ohne besondere Schwierigkeiten da— 
hin zu gelangen. Das Projekt der Wiedererbauung, so ver— 
führerisch'es im Uebrigen sein mag, ist jetzt noch ganz fraglich 
und hängt noch von verschiedenen Ueberlegungen ab, welche wohi 
nicht Gegenstand dieses kurzen Aufsatzes sein können. Vorläufig 
und für den Augenblick ist das letzte, für den Techniker interessante 
Kapitel der Geschichte des Hippodrom seine Demolirung. 
In Vervollständigung der Frage, betr. Entwässerung von 
Dachflächen, und in der Annahme, daß wohl jedem unserer Leser 
gelegentlich einmal eine solche Arbeit übertragen werden dürfte, 
jeben wir in Nachstehendem einige beachtenswerthe Winke für die 
weckmäßigste Anlegung von Dachrinnen, welche sich in der 
„Süddeutschen Bauzeitung“ mitgetheilt finden: 
Die Dachrinne soll das von der Dachfläche herabfließende 
Wasser auffangen und möglichst schnell und sicher den Abfall— 
röhren zuleiten. Es muß daher jede Rinne ein Gefälle erhalten, 
welches, je nach der gewählten Querschnittsform der Rinnen, ein 
größeres oder geringeres sein kann. Während in der vom 
Königl. Preußischen Ministerium für öffentliche Arbeiten er— 
lassenen Anweisung ein Gefälle von 8 bis 10 mn auf 1m 
Rinnenlänge angegeben ist, werden in neuerer Zeit vielfach Rinnen 
ganz ohne Gefälle verlegt, oder es werden die angegebenen Maaße 
etwa um die Hälfte verringert. Erfahrungsmaäͤßig fließt aller— 
dings in Rinnen mit halbkreisförmigem Querschnitt das Wasser 
zuch bei fehlendem Gefälle in ausreichendem Maaße ab. Für 
olche Rinnen könnte mithin von einem Gefälle abgesehen, oder 
dasselbe doch, den obigen Bestimmungen entgegen, bedeutend ver— 
ringert werden. Anders verhält es sich bei den Rinnen mit flachem 
Boden, besonders bei folchen mit rechteckigem Querschnitt, da sich 
hei diesen in den kleineren oder größeren Vertiefungen, die nur allzu— 
eicht durch das Begehen der Rinnen bei Dachausbesserungen ent— 
tehen, das Wasser festsetzt und nach einiger Zeit das Zinkblech an 
den betreffenden Stellen zerstört. Hier würde ein Gefälle von 8 bis 
10 mm ßauf ein mm Länge entschieden geboten sein. Hinsichtlich 
des Querschnittes ist Breite und Tiefe der Rinnen abhängig von 
der Größe der zu entwässernden Dachfläche. Für kleinere Ge— 
Ȋude nimmt man im Allgemeinen eine Breite von 15 -20 cin 
ind eine geringste Tiefe an der Vorderseite von Tcm an. Für 
zrößere Gebäude müssen die entsprechenden Maaße auf 20-25, 
»ezw. 20 cm erhöht werden. Im Durchschnitt kann man für 
sedes qm Grundfläche eines zu entwässernden Daches einen 
wiiteen Querschnitt der zugehörigen Rinne von O,g bis 10 40w 
ninehmen. 
Die Abfallröhren sind in Entfernungen von 15 bis 20 m 
anzuordnen und erhalten einen Durchmesser von 10 bis 15 cm. 
Es ist empfehlenswerth, sogenannte Kniestücke, wo dies irgend 
angängig, zu vermeiden und die Abfallröhren höchstens mit einem 
Ausgußknie zu versehen. Vielfach werden die Röhren in Rinnen— 
chlitze gelegt, oder bei einspringenden Winkeln dicht an die Mauer 
geschoben. Es kann aber nicht genugsam davor gewarnt werden, 
weil die Abfallrohre leicht undicht werden und in solchem Falle 
durch das an unrechter Stelle zu Tage tretende Wasser das 
Mauerwerk durchnässen. Das Abfallrohr, dessen Löthnath nie 
nach dem Gebäude zu anzuordnen ist, soll möglichst weit von der 
Mauer entfernt liegen. Bei Entfernungen von mehr als 12 cm 
erhalten die Schelleisen schmiedeeiserne Stützen, die sich in 
vortheilhafter Weise architektonisch ausbilden lassen. 
Die Rinnenvorderkante soll sich, wo dies irgend erreichbar 
st, nicht über die verlängerte Dachfläche hinaus erheben. Bei 
Dächern, die steiler als 40 Grad sind, wird man hiervon zunächst 
ibsehen müssen. In jedem Falle ist die hintere Rinnenkante 
höher, als die vordere anzuordnen, denn nur dann ist es erreich— 
har, daß bei eintretenden Verstopfungen oder starken Regengüssen 
das Wasser nach außen und nicht nach dem Dache zu uͤberlänft. 
Von dieser Regel kann indeß bei überstehenden Dächern Abstand 
genommen werden. 
Die Befestigung und Feststellung der Rinnen findet durch 
Rinneisen und Halter statt. Mit Bezug hierauf läßt sich der 
Grundsatz aufstellen, daß diejenige Konstruktion die beste ist, 
velche ein leichtes Herabnehmen der Rinne behufs deren Aus— 
hesserung oder Neuersetzung ermöglicht, ohne daß das Dach— 
eindeckungsmaterial in irgend einer Weise in Mitleidenschaft ge— 
zogen wird. Die Rinneisen müssen sorgfältig mit dem Dachwerk 
berbunden werden. Sie werden entweder auf den Sparren, auf 
der Schaalung oder auf den Vatten befestigt (in das Dachwerk 
eingelassen), oder seitlich an die Sparren genagelt oder ge— 
schraubt. Letzteres ist jedenfalls vorzuziehen, weil im Allgemeinen 
die Rinneisen nach Vollendung der Dachdeckerarbeiten befestigt 
werden können, mithin auch einer Beschädigung durch die Zimmer— 
leute oder durch die Dachdecker nicht ausgesetzt sind. Äuch die 
Neuersetzung schadhaft gewordener Rinneisen ist leichter ausführbar 
und ohne Aufheben des Deckmaterials möglich. Erhalten die 
Sparren eine Stirnbohle, so können die Rinneisen mit starken 
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