Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 58, Bd. 17, 1898)

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Brtonbercitung für Kanalmauern. — Entscheidungen. 
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noch Vieles im Argen! Wie ware es sonst möglich, daß noch so 
viele unserer Techniker kaum zum Betoniren zu bewegen sind, ja 
daß es sogar uoch Professoren der Bankunde giebt, die öffentlich 
behaupten, „man wisse nicht, wie der Beton in hundert Jahren 
aussehe.“ TDann ferner die so mamnigfaltigen Ansichten über 
die Mischungsverhältnisse und die maaßgebend sein sollenden 
Uuterschiede in der Qualität des Rohmaterials! Da werden in 
der Theorie heute noch Behaupfungen aufgestellt, die, wenn sie 
in der Praxis zur Anwendung kommen sollen, alles in lesterer 
Errungene einfach über den Haufen werfen würden. Das ist 
gewiß sehr merkwürdig, aber wahr, und hier kommt der Satz 
von der „grauen Theorie“ so recht zur Geltung. All die vielen 
Versuche und Feststellungen, die unsere Wissenschaft mit diesem 
ttralten Baumaterial vornimmt, sind ausnahmslos höchst interesfant 
und zeigen uns den Fleiß, der dafür aufgewendet wird, sie zeigen 
uns eine Menge wissenschaftlich fundirter Thatsachen und geben 
uns Winke, die bei der Konstruktion derartiger Bauwerke werth— 
voll sein könnten, wenn der Prakttiker sie einfach anzuwenden in 
der Lage wäre. 8. B. die Clastizität des Betons betreffend, ist 
es ja gut, die Verhältnisse zu kennen, aber warum fehlen denn 
immer die Hinweise zur „Ausnützung der Umstände“ in der 
Praxis? Das bleibt also vor wie nach eben dem Praktiker über— 
lassen und da bekanntlich in der Praxis die Zeit Geld bedentet, 
so muß man wohl oder übel kurzen Prozeß machen und sich 
kurzen Behelfes bedienen. 
lUeber die Mischungsverhältnisse, die in dem qu. Aufsas er— 
wähnt sind, kann man hinweggehen, sie sind bekannt. Interessaut 
dagegen ist die durch kleine Skizzen erläuterte Betouausführung 
bon Kanalwänden. Die angegebenen Maaße für den Querschniit 
sind so überaus reichlich, daß sie einer Verschwendung gleichkommen, 
eine Kronenbreite einer Betonwand von nur 5 Höhe zu Is 
anzunehmen (also fast ein Drittel der Höhe), das läßt eine solche 
Bauweise nicht für vortheilhaft erscheinen. Unverständlich ist es 
aber, daß die Ausschüttung einer Betonmasse von 0,76 cnmcine 
Erschütterung verursachen soll, der mit besonderen Maaßregeln 
hegegnet werden mußte. Bekanntlich bringt man selbst bei ganz 
uoßen Schutt-Tiefen Beton-Massen ohne jede Erschütterung an 
Ort und Stelle und die nöthige Vorkehrung dazu braucht ganz 
und gar kein Ingenieur-Genie, Betrachtet man sich aber erft die 
gewaltigen Holzdimensionen, die bei der Einschalüng zur Ver— 
wendung kamen, so glaubt man, daß das Holz unbediugt umsonst 
zu haben war. Mit einem schwachen Viertel des gezeichneten 
Holzauswandes würde ich bei einem solchen Betonbauwerke voll— 
stäudig auskomtmen. Allerdings würde ich es anders beginnen 
und auch von vornherein mein Augenmerk auf Sparen der Be— 
tonmassen richten, denn Letzteres ist ja durch mein Einlage-System 
hinlänglich nachgewiesen. leber die Darstellung der anerikanischen 
Mischmaschinen sich zu äußern, kann unterläsfen bleiben, denn 
es sind einfachere Einrichtungen bereits diverser Art bekannt; 
wunderbar ist nur die Notiz, daß, um eine bessere Mischung zu 
erzielen, die Letztere mit der Schaufel vorgenommen werden müsse —, 
ergo wären die Maschinen noch nicht auf der Höhe der Zeit! 
Zur Zubereitung des Betons (soll wohl heißen zur Detail— 
onstruktion) gehe W. H. Marshall im „Engineering Record“ 
folgende Vorschriften: 
1., Alle Mauern müssen durch senkrechte Ebenen pp. in 
Blöcke zerlegt sein u. s. w. 
Warum denn nicht die eben so nöthigen Horizontalebenen 
zu Hilfe genommen werden sollen, ist dem Praktiker unverständlich, 
noch konfuser wäre es aber, für diese Ebenen eine andere Veton— 
zattung zu wählen, das würde fürwahr soviel bedeuten, als die 
Sache auf den Kopf stellen. Eintheilen muß man solche Beton— 
massen in der Konstruktion, das macht man aber sehr einfach 
und fast ohne Zeitaufwand (mein geschütztes Syflem zeigt dies 
in denkbar größler Einfachheit). 
2. Jeder dieser Blöcke soll durch unausgesetztes Auftragen 
in möglichst dünnen wagerechten Schichten gebildet 
werden u. s. w. 
Wer diesen Absatz liest und ein „praktischer“ Betontechniker ist, 
der wird mir beipflichten, wenn ich sage, „daß ein Belonkörper, 
an dem „nöthigenfalls“ (7) Tag und Nacht hindurch gestampft 
wird, in seiner Bindung gestoͤrt und einfach zu Grunde ge⸗ 
tichtet wird.“ 
Art ausgeführte großartige Bauten bereits seit einem Vierteljahr— 
Jundert, soweit es künstlichen Portlandcement betrifft; aus Roman— 
ementen sind tansendjährige Erfahrungen vorhanden. 
4. Es dürfen nachträglich keine Oberflächen durch Bewerfen 
geebnet werden! 
Da können sich die Herren Reservoir-Bauer gratuliren und 
nüssen also bei Mister Marshal in die Lehre gehen; die Erbauung 
»on Hoch-Reservoiren scheint dem Letzteren noch nicht bekannt zu 
ein, sonst wäre ihm kein solcher Nonsens unterlaufen. 
5. Zur Mischung des Betous darf nicht mehr Wasser ge— 
nommen werden, als die Masse verträgt! 
Die Frage, wieviel die Masse verträgt? ist treffend für Stampf— 
heton gelöst, indem er sagt, „ohne beim Stampfen zu kreischen.“ 
Wie wird es aber gemacht, wenn mit Gußbeton gearbeitet wird? 
Oder ist der Letztere schon aus der Existenzberechtigung gestrichen 
und sind die massenhaften Ausführungen in Gußbeton, die sich 
notabene so gnt bewährten, wie unser neuerer Stampfbeton, 
rine überwundene Sache? — Da ließen sich Bücher schreiben, 
um allgemein anfzuklären, deun, wie der Leser sieht, mangelt es 
noch sehr an begründeten Kenntnissen im Betonbauwesen. Es 
vird über diesen Artikel gewiß viel geschrieben und namentlich 
geben sich unsere Fachblätter alle Mühe, ihre Leser aufzuklären, 
aber solange eben Artikel geschrieben werden, deren Inhalt 
widerlegt ist, so kann sich der Baubeflissene uumöglich orientiren, 
vas das Richtige am Ganzen ist und da dürfte eben ein Rezept 
jllein von Wirkung sein, welches in seinem Text lautet: Gehet 
jin und lernet die Wahrheiten direkt aus eigener Anschauuug in 
der Praxis kennen, dort, wo man uns um ein Meenschenalter in 
diesen Sachen voraus ist. 
Baumeister Wagner, Wiesbaden. 
Entscheidungen. 
Die Umsatzsteuer ist keine diugliche Last. Das Reichs— 
zericht hat entschieden, daß die an die Gemeindekasse zu ent— 
richtende Umsatzsteuer nicht eine auf den Grundstücken ruhende 
gemeine Last ist. Die Stadtgemeinde S. hatte in drei Zwangs— 
'ersteigerungen die sogenannte Umsatzsteuer, d. h. diejenige Ab— 
zabe, welche für jeden, auf Grund einer freiwilligen Veräußerung 
erfolgenden Eigenthumserwerb eines in ihrem Stadtbezirke be— 
egenen Grundstücks an die Gemeindekasse zu entrichten ist, bei 
der Kaufgelderbelegung als eine auf den Grundstücken ruhende 
gemeine Last mit dem Vorrecht aus 8 28 des Zwangsvoll⸗ 
treckungsgesetzes vom 13. Juli 1883 liquidirt und dadurch sind 
nehrere Realgläubiger in gleicher Höhe zum Ausfall gekommen. 
Diese Gläubiger haben das Liquidat der Stadtgemeinde im Ver— 
heilungstermin bestritten und ihren Widerspruch im Klagewege 
damit begründet, daß sie den dinglichen Charakter der Umsatz— 
stteuer nicht anerkennen, da dieselbe nur als eine die Person des 
Veräußerers und Erwerbers treffende Abgabe zu betrachten sei. 
In erster Instanz wurde die seitens der Gläubiger auf Zahlung 
on zusammen 2523 Mk. 14 Pf. gegen die Stadtgemeinde ge— 
richtele Klage abgewiesen, der zweite Richter hat indeß die Stadt— 
jemeinde nach dem Klageantrage verurtheilt und das Reichsgericht 
jat die gegen das Urtheil zweiter Instanz eingelegte Revision 
urückgewiesen, indem es den im Eingange erwähnten Grundsatz 
zufgestellt hat, daß die Umsatzsteuer nicht eine auf den Grund— 
tücken ruhende gemeine Last sei. Das Kammergericht führte in 
einem Urtheile aus, daß eine Abgabe nicht schon deshalb, weil 
ie in irgend einer Beziehung zum Grundbesitze stehe, als gemeine 
Last, die auf dem Grundstücke selbst ruhe, angesehen werden 
önne. Eine geschichtliche Rechtsentwickelung liege nicht vor, 
veil die Berechtigung zur Erhebung der Umsatzsteuer den Ge— 
neinden erst durch das K.-A.“G. vom 14 Juli 1893 (8 13, 18) 
»erliehen worden sei. Aber auch das K.A.G. selbst enthalte 
nicht blos keine Vorschrift, welche für die Dinglichkeit spräche, 
es lasse sogar das Gegentheil erkennen. Denn die auf dem 
Brundbesitz ruhenden Steuen (Realsteuern) seien als direkte 
Steuern, welche auf Grundbesitz lasten, bezeichnet und in 8 24 
»is 27 im Einzelnen aufgeführt: Darunter befindet sich im 
vegensatz zur Bauplatzsteuer die Umsatzsteuer nicht. Als indirekte 
Steuer sei sie auch nach den Kommissionsberichten des Abge— 
ordneten- und Herrenhauses aufgefaßt worden. Endlich spreche 
Jegen die Dinglichkeit die Natur der Abgabe selbst. Gegenstand 
»er Besteuerung sei der Umsatz, d. h. eine Handlung des Ver— 
iußerers nnd Erwerbers, welche nur mittelbar die Besteuerung 
nm eine Verbindnug mit dem Grundstücke bringe. Auch mit den 
Straßenanliger-Beiträgen lasse sie sich nicht vergleichen; denn 
»adurch würden den Grundstücken höhere Werthe zügeführt. Sei 
. Eine Mischung von Cement und Kalk ist 
inzulässig u. s. w. 
Man hat allerdings gewisse Erfahrungen aus der Praxis, daß 
verschiedene Cemente zusammengemischt Nachtheile haben koͤnnen; 
von der Zumischung des Kalkes dagegen ist man (und zwar 
schon lange) durch Kapazitäten aus dem Betonfach vollständig 
überwiesen. daß sie Vortheile gewähren denn ce fichen auf diese
	        
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