Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 58, Bd. 17, 1898)

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Was ist eine Pferdekraft? — Entscheidungen — Litteraturbericht. 
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Sekunden oder einigen Stunden geschehen ist. Wenn ein Holz— 
macher eine Partie Holz in einem Tage klein macht, während 
ein anderer zu demselben Vorrathe drei Tage braucht, so hat der 
erste durchaus keine größere, sondern genau dieselbe Arbeit ge— 
han, wie der zweite Im gewöhulichen Leben vermengt man ge— 
woöhnlich mit dem Begriff Arbeit die Zeit, innerhalb deren sie 
geleistet wird — übrigens auch nicht immer; denn wenn z. B 
das Holzmachen im Akkord vergeben ist, so bezahlt man einfach 
die geleistete Arbeit, unabhängig von der darauf verwandten Zeit 
Der Physiker ist hier ganz strenge; für ihn ist bei dem Begriff 
„Arbeu“ die Zeit, die auf sie verwandt wird, ganz außer Spiel. 
Aus den obigen Auseinandersetzungen ergiebt sich, daß auch 
eine kleine Krast eine große Arbeit leisten kann; man braucht 
sie nur lange genug wirken zu lassen. Zu sagen, eine Maschine 
leiste die und die Arbeit, hat daher keinen Sinn; sie kann eben 
jede beliebige große Arbeit leisten, man muß ihr nur Zeit lafsen. 
Man, sieht aber sofort, daß man ein Maaß für die Leistungs— 
fähigkeit einer PRaschine hat, wenn man angiebt, welche Arbeit 
sie in einer gewissen Zeit, z. B. in einer Sekunde, leistet. Diese 
Größe, die von einer dtraft in einer gewissen Zeit geleistete 
Arbeit, nennt man den Effekt der Krafi. Mean erhält den in 
xm für die Sekunde gemessenen Effekt einer Kraft, wenn man 
die von der Kraft geleistete, in gu ausgedrückte Arbeit durch 
die Zahl der dazu verbrauchten Sekunden dibidirt. Wenn ich 
25 m hoch hebe, so ist die geleiftete Arbeit gm, 
zanz gleichgültig, ob ich 1, 2, 8, 12, 1/3 Sekunden darauf ver 
wandt habe; der erzielte Effekt ist aber jedesmal ein anderer, 
nämlich 25, 1212, 8/3, 50, 75 g pro Sekunde. 
Hier verlangt ein Punkt besondere Besprechung. Oben war 
die Rede davon, daß man durch geeignete Uebertragungsmittel, 
z. B. durch Anwendung von Hebeln, die Kraft eiuer Maschine 
beliebig vergrößern kann. Man könnte nun vielleicht meinen, 
daß mittels der vergrößerten Kraft cuch ein größerer Effekt 
erreicht werden könnte. Dem ist aber durchaus nicht so, denn 
mit der Vergrößerung der Kraft geht Hand in Hand die Ver— 
kleinerung des von der Kraft zurückgelegten Weges. Der Weg, 
den beispielsweise bei der Bewegung eines Hebels der Endpunkt 
des kurzen Armes zurücklegt, ist ebensoviel mal kleiner, als die 
Kraft an diesem Hebelarm größer geworden ist. Der am kurzen 
Hebelarm erzielte Effekt ist gieich dem am großen. So ist es 
mmer Was an Kraft gewonnen wird, geht an Weg verloren. 
Dieser Satz heißt die gohdene Regel der Mechanik 
Nun können wir endlich sagen, was eine Pferdekraft ist. 
Eine Pferdekraft ist der Effekt einer Kraft, die in einer Sekunde 
eine Arbeit von 75 Xg leistet; sie ift also gleich 75 gm pro 
Sekunde. Wenu jemand 37 ꝓg in einer halben Sekunde 
einen i hoch hebt, so hat er in diesem Augenblick einen Effek! 
geliefert von einer Pferdekraft. Ein Mensch kann alfo sehr wohl 
rine Pferdekraft leisten, freilich nur für seht kurze Zeit; soll die 
erwähnte Arbeit des Gewichtshebens mehrmals hintereinander 
ausgeführt werden, so wird die Geschichte bedeutend langsamer 
zgehen. Den Effekt, den ein Arbeiter bei zehnstündiger Arbeits- 
zeit ohne nachhaltige Ermüdung zu liefern im stade ist, kann 
man hei startem Körperbau auf 10, bei schwachem auf 6, im 
Mittel auf 8 4 pro Sekunde veranfchlagen 
Dic auf die Bewegung der Glieder derwandte Arbeit bleibt 
hier wie bei den folgenden Beispielen unberücksichtigt. Ein großer 
Effekt wird gewöhnlich beim Treppensteigen geliefert; man ist 
nicht ohne Grund außer Athem und momentan ermüdet, wenn 
man rasch eine Treppe hinaufgesprungen ist. Wenn jemand, 
dessen Körpergewicht 75 E beirägt, die 65 hohe Plauform 
des Straßburger Möünsters ersteigt, so braucht er zum Heben 
seines Körpergewichts eine Arbelt von 75,65 4875 gm. 
Wenn er diese Arbeit in 65 Sekunden leistet, so wäre der er— 
zielte Effelt gleich einer Pferdekraft Es vith aber wohl kaum 
jemand eine Minute lang eine Pferdektaft leisten können.“un 
den mittleren Effekt eines Arbeners zu leisten, kann man sich 
1855: 8 * 609 Sekunden oder eiwa 10 Minmen Zeit zum Be— 
steigen lassen. Wenn jemand, wieder 75 xg Körpergewicht vor⸗ 
ausgesetzt, in zwei Stunden einen 1000 hohen Berg besteigt, 
so ist die zum Heraufbefördern des Körpers erforderliche Arbeit 
ο αα, der Effett 75 000: 7200 2 164 α prο Setunde 
Beim Gehen in horizontaler Richtung hebi und senkt sich der 
Schwerpunkt des Körpers bei jedem Schritt. 
Wenn ein 75.8 schwerer Vann in der Sekunde 1!/⸗ Schritte 
macht und sich sein Schwerpunkt bei jedem Schritte um 2 cin 
hebt und senkt, so ist der auf die periodische Hebung des 
re aufgewandte Effekt 70)00ι, α pr 
iEs ist nicht menr als billig., daß Twir die menschlichen 
Leistungen vorangestellt haben; nun hat aber auch die Frage kein 
jeringes Interesse: welchen Effekt liefert ein Pferd? 
Die von einem lebenden Motor geleistete Arbeit besteht aus 
zwei wesentlich verschiedenen Theilen; der eine Theil wird als 
nnere Arbeit zum Fortbewegen des Körpers und zur Bewegung 
der Glieder verwandt, der andere kann als äußere Arbeit nutzbar 
gemacht werden. Wenn ein Pferd sich mit seiner größtmöglichsten 
Beschwiudigkeit fortbewegt, so braucht es seine ganze Kraft zur 
Leistung von innerer Arbeit; es kann keine äußere Arbeit mehr 
eisten. Je mehr die Geschwindigkeit abnimmt, umsomehr 
kraft kann es auf die äußere Arbeit verwenden. Bei einer ge— 
vissen Geschwindigkeit ist die äußere Arbeit ein Maximum . Man 
tann diese Geschwindigkeit auf etwa 122 in der Sekunde ver— 
inschlagen. Bei dieser Geschwindigkeit entwickelt ein starkes 
Pferd eine Zugkraft von etwa 75, ein schwaches von 40, ein 
nittelstarkes von 57 8. Die Zugkraft kann unmittelbar mittels 
»es Dynamometers bestimmt werden. Es ist dies nichts anderes 
ils eine Feder, die zwischen das Pferd und die von ihm zu be— 
ördernde Last eingeschaltet wird. Die Feder wird dann bis zu 
einem Grad zusammengedrückt; die Zugkraft ist danu gleich 
dem Gewicht, welches die Feder ebensosehr zusammendrückt. 
Wir sehen aus den obigen Angaben, daß ein starkes Pferd 
eine Pferdekraft leisten kann, ein schwaches dagegen wenig mehr 
als die Hälfte; im Mittel beträgt die Leistung APferdekraft. 
Run muß aber noch berücksichtigt werden, daß ein Pferd diese 
Leistung bei etwa achtstündiger Arbeit liefert, während eine 
Maschine täglich 24 Stunden arbeiten kann; daher liefert ein 
Pferd thatsächlich im Laufe von 24 Stunden nur ein Drittel der 
obigen Leistungen, oder ein lebendes Pferd leistet durchschnittlich 
ein Viertel von dem, was ein Maschinenpferd leistet. 
Zum Schlusse noch einige Mittheilungen über den Ursprung 
des Namens Pferdekraft. Dieser Begriff hat sich an den Dampf— 
maschinen emporgearbeitet. Die ältesten Dampfmaschinen, z. B. 
»on Newcomen, wurden in den Bergwerken verwandt, und zwar 
nsbesondere zum Wasserpumpen; sie ersetzten hier den Pferde— 
hetrieb. Der Bergwerksbesitzer, der sich zu einer Dampfmaschine 
zufgeschwungen hatte, sagte nun: Früher mußte ich so und so 
piel Pferde laufen lassen; meine Maschine ersetzt mir diese; sie 
leistet so viel Pferdekräfte. Mit der Zeit fiel die Möglichkeit 
des unmittelbaren Vergleiches weg; der Name Plerdekraft blieb 
aber und war ein sehr schwankendes Maaß für die Leistung einer 
Maschine, bis sie in der Entwickelung der Mechanik auf die oben 
angegebene Größe festgesetzt wurde. „K. 8.“ 
Entscheidungen. 
Zum Begriff des Betriebsbannes. Nach einer 
neuerlichen Eutscheidung des Reichs-Versicherungsamts ergiebt sich, 
daß die Arbeiterwohnungen, die von dem Fabrikgrundstücke durch 
Mauern, feste Planken oder Zäune u. s. w. völlig getrennt sind, 
nicht als im Banne des Betriebes liegend angesehen werden, 
'ondern nur die ohne äußerliche Trennung auf dem Fabrikterrain 
elbst belegenen oder sich daran anschließenden derartigen Räume. 
Die Entscheidung gewinnt für alle Berufsgenossenschaften der 
Großindustrie, bei denen Arbeiterwohngebäude in Frage kommen, 
zine grundsätzliche Bedeutung, da sie dann nicht mehr für die 
bei den Wohngrundstücken eintretenden Unfälle mithaften, welche 
den Gefahren des gewöhnlichen Lebens entstammen uud mit der 
Betriebsstätte als solcher und der Betriebsarbeit außer jedem 
ursächlichen Zusammenhange stehen. 
Litteraturbericht. 
Anlagen zur Vermittelung des Verkehrs in den 
Gebäuden: Treppen und innere Rampen. Von Otto Schmidt, 
Architekt und Lehrer an der Baugewerkschule in Posen und 
IAr. Eduard Schmidt, Geh. Baurath und Professor an der 
echnischen Hoschule in Darmstadt. — Aufzüge. Von Philipp 
Mayer, Kaiserl. Rath und Maschinenbau-Ingenieur in Wien. 
— Sprachrohre; Haus- und Zimmer-Telegraphen. Von Josef 
Krämer, Oberingenieur in Dresden. Zweite Auflage. JüGt/ Bogen 
Lex.“Oktadv. Mit 576 Abbildungen im Text. „Handbuch der 
Architektur“, III. Theil, 3. Band, Heft 2. Arnoid Bergsträßer, 
Verlagsbuchhandlung (A. Kröner) Stuttgart. Preis geheftei 
14 Mark. In Halbfranz gebunden 17 Maͤrk. 
Schon die Thatsache, daß von obigem Heft binnen ver— 
hältnißmäßig kurzer Zeit eine zweite Auflage nothwendig ge— 
worden ist, liefert den Beweis. daß es — ungeachtet pieler añderer
	        
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