Bauopfer. — Das Holz im Banwesen. — Steinholz.
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Ris zum Leib vermauert — schien es ihr nur Narrheit,
Bis zum Hals vermauert — schien ihrs ernste Wahrheit:
„Weine nicht, mein Söhnchen!
Gzute Weiber giebts noch, die die Brust dir reichen,
Gute Kinder giebts noch, die in Schlaf dich wiegen;
Und von Ast zu Ast ziehn stets des Himmels Vögel,
sUm dir zuzuzwitschern, um dich einzuwiegen . . .“
Die Ballade, ein Muster in ihrer Art, schließt mit dem er—
greifenden Jammer des nunmehr verwaisten Kindes.
„Vater, lieber Vater, wo ist meine Mutter?“
Weine nicht, mein Söhnchen, Abends kehrt sie wieder!“
Und er harrt bis Abend, und nicht kam die Mutter.
Vater, lieber Vater, wo ist meine Mutter?“
„Weine nicht, mein Söhnchen, Morgens kehrt sie wieder!“
Und er harrt bis Morgen, und nicht kam die Mutter
Beide sind gestorben ...
Auch in Bnudapest, in der ungarischen Haupt- und Residenz—
stadt, kennt man das Bauopfer; aber nicht in der Gestalt der
Sage, sondern als traurige Wirklichkeit . . . . Dort heischt, so
schreibt das „Neue Pester Journal“, welchem wir die obige
Betrachtung entnehmen, fast jeder Neubhau Opfer an Menschen—
leben: nicht eines, sondern gleich mehrere. O, wären wir doch
in der Givilisation schon soweit fortgeschritten, wie es viele
weniger gebildete, barbarischeren Neigungen huldigende Völker
sind: möchte doch auch bei uns das Bauopfer verschwinden und
nur noch in Sagenform spuken! Denn daß bei uns nicht eine
schöne junge Frau eingemauert wird, sondern Arbeiter und Ar—
beiterinnen ohne Altersunterschied massenhaft ihr Leben einbüßen:
diese Variante des alten, bekannten Themas gereicht uns
unserer Civilisation, besonders aber den Organen unserer Bau—
polizeibehörde durchaus nicht zur Ehre. Da muß Wandel ge—
schaffen werden
aber für eine große Fregquenz das Surrogat zweckdienlich, wie
soll Holz ferner für weniger große Inanspruchnahme noch die
eitherige Verwendung finden? Diese Frage ist, sobald die
Surrogate billiger sein werden, eine keineswegs nebensächliche
mehr. In den Deckenkonstruktionen moderner Neubauten haben
wir einen warnenden Vorläufer bezüglich der Frage der Zukunft
des Vauholzes; nur noch der Kostenpunkt der Eisenbalken hält
den Bauherrn der gewöhnlichen Bauten von der allgemeinen
Verwendung ab; sobald eine massive Decke nicht mehr theurer
als die hölzerne ist, so ist der Kulminationspunkt zu Gunsten der
Fisenbalken exreicht, deun es wird von da an Niemandem mehr
einfallen, eine hölzerne Deckenkonstruktion anzuwenden. Daß
nun die Decken sogar ohne Walzeisenträger bereits schon ausge—
führt werden, ist nur noch zu wenig bekannt; ist dem Bauherrn
dieses Bausystem aber durch eigenen Augenschein bekanut geworden,
dann wird sich deutlich zeigen, daß das Bauholz die Konstruktionen
unserer Hochbauten (Dachstühle nicht ausgenommen) nicht mehr
in seine Regie zu zählen hat. Wenn zur Zeit immer noch Eisen—
onstruktionen für Decken und Dächer im Allgemeinen nicht die
ichtige Sympathie genießen, so ist das aber nicht blos im Kosten—
»unkt zu suchen, was so häufig als einziger Grund angenommen
vird, sondern es liegt noch eine weitere Ursache vor, wichtig
genug, um berührt zu werden, zumal sie dazu angethan ist, dem
dolzkonstrukteur klare Winke zu geben: das ist die ungewisse
Feuersicherheit! Da immer wieder bei stattgefundenen großen
Bränden konstatirt werden muß, daß das Eisen als Baukon—
struktionstheil nicht die Sicherheit bietet, die man irrthümlicher—
weise voraussetzte und auf die man sich fatalerweise verließ, so
wird dem Holze immer noch sein Platz zugetheilt bleiben. Hier
st einzuschalten, daß sich das Holz auch noch für lange Zeit im
Hochbau behaupten würde, wenn man es feuersicher imprägniren
wollte.
Würde dies geschehen, so wäre es dem Eisen wohl sehr
schwer, zukünftig immer noch weitere Eroberungen im Hochbau—
wesen zu machen. Im Imprägniren ist man ja ziemlich weit
vorgeschritten, eine ganze Reihe von Verfahren wird geübt an
Hölzern aller Art, nur nicht an den dicken Bauhölzern. Das
wäre noch ein Feld zum einflußreichen Mitwirken gegen die Ver—
drängung des Bauholzes im modernen Bauwesen. Doch halt,
in der plumpen Dicke und der ungefügten Läuge der Baubdlllen
hat sich der unternehmungslustige Spekulant ein Hinderniß hierfür
gedacht und daher den Gedanken fallen lassen — so gediegen er war!
Würde man aber die Gebälke schneiden, wie es sehr häufig im
Auslande (Frankreich, Spanien ꝛc.) gemacht wird, so wäre die
Dicke derselben kein Hinderniß, die Länge des Holzbalkens ist in
hentiger Zeit überhaupt keines mehr. Allerdings bedarf es dazu
entsprechender Einrichtungen, also eines gewissen Kostenaufwandes,
allein aus nichts soll selbst Gott die Welt nicht erschaffen haben,
sonst hätte er den Adam nicht von Thon und die Eda nicht aus
Adams Rippe geformt. Dagegen ließe sich die Sache einfach
gestalten und dem intelligenten Manne vom Fache wären die ver—
horgenen Vortheile bald entdeckt. Die Auswahl eines entsprechenden
Verfahrens unter den vielen wäre zwar schwieriger, aber da—
durch wieder erleichtert, daß man sich einzig nur des billigsten
bedienen kann, da ja eine theure Imprägnirung unrentabel wäre.
Es liegt nicht in der Absicht, eine Blüthenlese aus den geübten
Imprägnirungsverfahren anzustellen; sie kommen ja nachgerade
zu Dutzenden in den Fachblättern zur näheren Beschreibung, und,
vie das Patentgesetz so günstig bestimmt, „in klarer, deutlicher
Darstellung, damit Jeder selbst probiren kann.“ Auch alte, feit
Menschengedenken schon ansgeübte Imprägnirungsweisen giebt
es noch, die an Einfachheit nichts zu wünschen übrig lassen und
so billig sind, daß es wohl werth wäre, wenn sie vom Baufache
wieder aufgenommen würden, zumal es sich doch darum handelt,
„dem Holze im Hochbauwesen seine Vosition wenigstens so lange
als möglich zu erhalten.
L. Wagner, Baumeister, Wiesbaden.
Das Holz im Bauwesen.
Stein und Holz spielen im Gesammtbauwesen bis jetzt die
bedeutsamste Rolle, wenn schon als Konstruktionsmaterial das
Schmied- und Gußeisen immer größere Verwendung findet. Auch
für den natürlichen und künstlichen Baustein giebt es bereits ein
Ersatzmaterial, den Beton, welcher im nächsten Jahrhunderte
entschieden eine Position im Bauwesen einnehmen dürfte, die
man vor wenigen Jahren gewiß nicht geahnt haben würde.
Haben wir für Holz das Eisen und für den Stein den Beton,
so ist es natürlich nur eine Frage der Zeit, wie das Holz für
die Zukunft diese einschneidende Konkurrenz zu überstehen vermag.
Man wird zwar behaupten wollen, das Aufkommen des Betons hätte
keine nachtheiligen Folgen für den Holzverbrauch, wie sie durch
das Eisen verursacht werden; das ist ein Irrthum, der gerade so
groß ist, wie die allgemein übliche Annahme, daß zu großen und
kühnen Betonbauten das Eisen unentbehrlich wäre. Daß man
sehr wohl in der Lage ist, die großartigsten Bauten in purem
Beton auszuführen, ohne ein Pfund Eisen dazu als Armirung
und dergleichen aufzuwenden, das ist ja durch ausgeführte Bau—
objekte erwiesen.
Nimmt man Vorstehendes als gewissermaaßen wohlgemeinten
Hinweis auf, daß dem Holze eine immer größere Konkurrenz
durch Eisen und Beton entsteht, so dürfte eine kleine Perspektive
für das Zukünftige vielleicht nicht unangebracht sein, die dem Holz—
produzenten Hinweise giebt, welche Maaßregeln in seinem Interesse
liegen, soll er der überhandnehmenden Konkurrenz feuersicheren
Materiales die Waage halten. Es wird zwar maucher gewiegte
Fachmann entgegnen, daß wegen Mangels an Verwendung euch
daun kein Holz weggeworfen zu werden braucht, wenn schon das
Eisen die Oberhand erhielte ꝛc. Aber die Verwendungsarl
wird sich dann zu ändern haben. Wozu braucht man noch
Zimmerleute, wenn an den Hochbauten nichts mehr zu zimmern
ist? Wozu braucht man Bauholz, wenn die Hochbauten solches
nicht mehr bedingen? Die weitere Einrede, die man so oft
hört: o wir erleben das doch nicht mehr, ist in heutiger Zeit
nicht mehr am Platze, denn es geht mit den Umwälzungen in
den Gewerben schneller, wie anno dazumal. (? Redakt.)
Wenn Holz im allgemeinen und Bauholz im Besonderen
auch ferner die Position im Hochbauwesen behaupten will, dann
wüssen andere Faktoren mitwirken, als das bisherige „am Alten
hängen.“ Man betrachte beispielsweise nur, wie schnell sich die
sogenannten Surrogat-Fußböden (fugenlose Flächen 2c.)
einbürgern; zahlreiche Neubauten werden mit denselben versehen
und zudem solche, in denen der Verkehr der größtmöglichste ist,
wie z. B. Bahnhöfe, Restaurants, Kasernemenus u. pegsft
Iteinholz.
Steinholz oder Xylolith wird aus Sägespänen hergestellt,
die in Verbindung mit gewissen Chemikalien unter euorm hohem
Druck zu Platten von 1-ÿ125 im Geviert bei 5— 18
Stärke (ausnahmsweise mehr) zusammengepreßt werden. lleber
die Eigenschaften geben nicht nur die amtlichen Ausweise der
Königlichen Versuchsstation für Baumaterialien in Eharlotten—
burg-Berlin Aufschluß, sondern auch die vielfach erprobten An—
vendungen des Materials in der Praxis. Die Erfindung liegt
chon längere Zeit zurück, aber die lleberwindung vielfache