Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 58, Bd. 17, 1898)

Bautechnische Notizen. — Vermischtes— 
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an anderen Orten folgend — die Klage der Arbeitsverweigerer 
ab. — 
J Ein Hängegerüst für Arbeiten unter Dächern aus einem mit 
Einhängehaken versehenen Tragnetz aus biegsamem WMeaterial fabriciten 
W. Zogbaum und Aug. Elze in Hoym. Bisher war es, um Arbeiten 
unter Dächern ausführen zu können, in den meisten Fällen erforderlich 
ein besonderes viel Zeit in Anspruch nehmendes Gerüst herzustellen, wo— 
durch die vorzunehmenden Arbeiten erheblich verzögert wurden. Diese 
Uebelstände werden durch erwähnte Ersindung gänzlich beseitigt. Das 
aus gutem Hanf hergerichtete, mit dem Dach parallel laufende Hänge 
gerüst wird an seinen beiden Rändern, welche mit Ringen versehen find, 
durch Einhängebaken in dieselben mit den Dachsparren verbunden. Durch 
diese Einrichtung sind die in dem Gerüst befindlichen Arbeiter, durch 
deren Last sich letzteres muldenartig formt, in den Stand gesetzt, an jeder 
beliebigen Stelle eines Daches innere Arbeiten gewissenhaft vorzunehmen. Durch 
zgetroffene Vorrichtungen ist ein Herausfallen aus diesem Gerüst unmöglich 
Nach jedem Umrüsten, welches etwa 7—510 Minuten in Anspruch nimmt 
können, je nach Größe des Gerüstes, ——12 421 Dachfläche inwendig vollendel 
werden. Bei einem Gebäude (Scheunen usw.) mit wenig Holzausbau 
kommen außer einer Steigeleiter andere Geräthschaften nicht in Benutzung 
Die Länge eines Hängegerüstes, für l —z Personen passend, ist drei, vier, 
fünf und zehn Meter. Vor Fachleuten siattgefundene Proben sind zui 
größten Zufriedenheit der Prüfenden ausgefallen. 
Ersatz der großen Fabrikschornsteine durch Veuntilatoren. 
Wohl Niemand wird bestreiten können, daß ein Wald von in die Lüfte 
ragender Fabrikschornsteinen das Landschafts- oder Stadtbild sehr beein— 
traͤchtigt. Abgesehen davon, verursacht die Aufführung eines solchen 
Kolosses bedeutende Ausgaben und man muß es daher mit Freuden be 
grüßßen, wenn sich Jemand findet, der diese Schlote durch ein anderes 
weniger theures und die Landschaft weniger verunstaltendes Mittel ersetzt. 
— Mr. Walter Snomw, ein englischer Ingenieur, hat, wie wir einer 
diesbezüglichen Mittheilung des Patent-Bureaus von J. Fischer in Wien 
entnehmen, kürzlich über diesen Gegenstand interessante Untersuchungen 
gemacht, welche die Anordnung hoher Schlote als völlig überflüssig er— 
scheinen lassen. In einer Fabrik, die 16 Kessel von 200 Pferdekräften 
in Feuer hielt und deren Gase durch einen mächtigen Schornstein, der 
8 )) Gulden gekostet hatte, entfernt wurden, hat Mr. Snow einen 
Ventilator aufgestellt, der durch den von einem der Kessel gelieferten 
Dampf bethätigt wurde und der ca. 15 000 Gulden kostete. Mit Hilfe 
dieses Ventilators war es nun möglich, mit 14 Kesseln dieselbe Triebkraft 
zu erlangen, zu deren Erzeugung unter Anwendung des Schornsteins 
16 Kessei nothwendig waren. Es wurde konsiatirt, daß durch diesen 
Ventilator die Luft in innigere Verbindung mit dem Brennstoff kam 
welcher demn ch besser ausgenutzt wurde und mehr verfügbare Kraft lieferte 
Es steht zu erwarten, daß die Versuche weiter fortgesetzt werden. Der 
Industrielle sowohl wie der Naturfreund haben Mra Snow für die ge 
gebene Direktive dankbar zu sein. 
Um Dachsalzziegeln der gewöhnlichen Bieberschwanzform 
eine besondere Sicherung gegen das Wegführen durch den 
Sturm zu geben, haben sich schon viele Sachverständige ohne Erfolg 
bemüht, eine Sturmsicherung an vorgenannten Dachziegeln zu konstruiren. 
Es ist bis jetzt nur eine Sturmsicherung, sog. Sturmkeilnase, bekannt— 
Die Praris jedoch hat gelehrt, daß auch diese zeitweise nicht so rech! 
widerstandsfähig ist. Abgesehen davon, mußte wegen dieser Sturmkeilnase 
der Dachziegel eine andere Form annehmen. Ein Falzziegel, welcher von 
der Glälie des Bieberschwanzes abneigt, verunschönt das Dach, da ein 
glattes Dach immer das schönste ist. ÄAus diesem Grunde ist und bleibt 
der Dachziegel in Bieberschwanzform immer der beste. In der Erfindung 
des Herrn Schwerinsky in Hannover ist dies nun wohl bedacht, 
durch eine besondere Konstrultion wird diesen Uebeln abgeholfen. Der 
Ziegel hat an den Seitenkanten einen oberen und unteren Falz, welche 
sich decken und Kalk und Dachspahn gänzlich entbehren. Um das Ein 
dringen von Schnee unter die Ziegel zu verhindern, befindet sich auf 
dem Ziegel an der oberen und unteien Seite ein Doppelfalz, welche in— 
einander greifen und ein Verstreichen unnöthig machen. Auf seiner unteren 
Seite erhält der Ziegel an seiner Oberkante nahe der einen Ecke einen verstärkten 
Theil, welcher mit einer Längsbohrung versehen ist. An der unteren 
Haͤlfte des Ziegels wird eine Warze angegossen, die ebenfalls durchbohrt 
ist und deren Länge so gewählt ist, daß sie, wenn die Ziegel verlegt 
worden sind, in Höhe der oberen Nase des nächst tieferen Ziegels zu 
liegen kommt und denselben gerade gegenüberstehen, sodaß man mittels 
eines durch beide Warzen hindurchgesteckten Stiftes die Ziegel fest mit 
einander verbinden kann. Ein Ausheben des Ziegels ist unmöglich ge— 
macht, da das Dach ein solides Ganze bildet. Diese Sturmsicherung 
ermöglicht selbst das Aufhängen auf Thürmen. Der Ziegel kann sehr 
leicht aus Thon oder Cement hergestellt werden. 
Bauted nische Notizen. 
Eine eigenartige Hausfundirung. In Birmingham könnte 
jetzt der Architekt eine eigenartige Methode der Hausfundirung studiren, 
die bisher in der Welt ihres Gleichen noch nicht hat. Dort wird jetzt 
ein Haus theilweise über einen Grund gebaut, unter welchem ein Tunnde 
der Great Western Eisenbahn ca. ein Meter unter der Oberfläche hindurch 
geht. Man ließ deshalb in Rücksicht auf die primitivsten Sicherheitsvor 
schriften diese Stelle unbebaut, bis sich jetzt ein Ingenieur fand, der die 
Ausnutzung des Terrains, ohne die Sicherheit qu gefährden, in äußerst 
geistreicher Weise durchführen will. Er läßt den über dem Tunnel be 
findlichen Theil des Hauses auf den freien Armen von sechs Kipphebel— 
Tramen aufruhen. Diese Hebel tragen an ihrem anderen Ende Gewichte 
von 100-400 Tonnen. Der mittlere dieser Tramen hat eine Last von 
375 Tonnen zu tragen und ruht auf der eigentlichen Fundirung mit einer 
Länge von 5,81 I auf. Er trägt am anderen Ende einen Beton-Block von 
Ab() Tonnen. Aehnlich ist Last und Gewicht bei den übrigen Tramen 
vertheilt. 
Neue Bauart. Ein Erfinder hat kürzlich den Vorschlag gemacht, 
die Wohnhäuser nicht mehr so zu bauen, daß die Wohnungen uͤberein— 
ander liegen, sondern so, daß sie in verschiedenen Etagen nebeneinander 
liegen. Wie berichtet wird, soll diese Idee thatsächlich in Amerika bereits 
praktisch durchgeführt werden, und zwar auf solchem Untergrund, welcher 
nicht das Aufbauen himmelhoher Häuser gestattet, wie sie die Amerikaner 
sonst lieben. Ein solches, etwa dreistöckiges Haus besteht aus einer ganzen 
Anzahl von durch senkrechte Wände von einander getrennten Wohnungen, 
welche aus verschiedenen, übereinander in den einzelnen Stockwerken liegenden 
Räumlichkeiten zusammengesetzt sind. Die scheinbare Unbequemlichkeit, 
aus einem Stockwerk ins andere zu gelangen, wird sofort durch den in 
Amerika selbstverständlichen Fahrstuhl aus der Welt geschafft. Angenehm 
ist eine solche Wohnung in vielen Fällen, da der Aufenthalt in dem einen 
Zimmer durch etwaiges Geräusch oder üblen Geruch (Küchengeruch usw.) 
in einem anderen Zimmer nicht beeinträchtigt wird, und man nach Be— 
lieben dem Geräusch der Straße entfliehen kann. Außerdem hat eine 
solche Wohnung eine viel sorgfältiger regulirbare Heizung. Die Haupt— 
sache scheint aber doch zu sein, daß die Amerikaner hiermit wieder etwas 
Neues bieten wollen. 
Quader⸗-Verblendung mit Verzahnung. Die Verblendstein— 
technik ist im Laufe der Zeit soweit fortgeschritten, daß sie alle Farben, 
sowohl in glatten Steinen, als auch in Terrakotten und Glasuren, durch— 
Aus wetterbeständig liefern kann. Der Auwendung stand indessen zuweilen 
entgegen, daß die geringen Abmessungen der Steine 122)ůι αν, auf 
großen Flächen etwas kleinlich wirkten. Größere Steine ließen sich schwer 
Jerade herstellen, würden auch durch den Mehrverbrauch an dem kost— 
spieligen Rohmaterial und den entfallenden hohen Frachten die Ver— 
blendung zu fehr vertheuern. Diese Lücke auszufüllen, ist der „Grube 
Theresia“ gelungen, welche durch die Erfindung der Quader-Verblendung 
der Verblendsteintechnik ein weiteres Feld bei monumentalen Bauten er— 
öffnet und den Architekten ermöglicht, ohne große Kosten die Wirkung 
einer Natursteinfassade zu erreichen. Die Quader-Verblendsteine werden 
in verschiedenen Nuancen gelb und roth, ferner in Sandsteinfarbe grau— 
gelblich, ähnlich wie Tuffstein, in verschiedenen Stücken angefertigt. Die 
Gewerkschaft „Grube Theresia“ hat auf den Rath erfahrener Architekten 
für zwei Schichten hohe Quadern die Abmessungen der Verblendfläche, 
dem Normalformat entsprechend, mit 256)156 gewählt, die Dicke der 
Verblendplatte ist normal 55 um —I/, Stein und der Eingriff ins 
Hintermauerwerk 120 ν 14, Stein. Dabei sind nur 4 I Fugen 
angenommen und die Steine an den Seiten abgefaßt, um Beschädigungen 
beim Transport und Vermauern zu vermeiden. Die Ecksteire werden in 
gleicher Weise hergestellt, ebenso die Profile in zweis oder mehrfacher 
Schichthöhe, sodaß Thür⸗ und Fenstereinfassungen und Bögen den Ab— 
mefsungen der Quadern entsprechend geformt werden. Behufs Herstellung 
der Füllungen, Maaßwerke usw. hat die Gewerkschaftsgrube „Theresia“ 
ein eigenes Bildhaueratelier errichtet. Die Verblendung mit solchen 
Quadern erfordert an Material nur je einen Stein für vier Köpfe des 
üblichen? Normal-Verblendermaaßes, bildet mit der Hintermauerung ein 
Ganzes und kann deshalb in ihrer vollen Stärke als tragfähiges Mauer— 
werk berechnet werden, wogegen die Riemchenverblendung in der Regel 
statisch nicht berücksichtigt werden dürfte. Wo z. B. Mauern von zwei 
Stein Stärke für die Last berechnet werden würden, ergiebt die Quader 
verblendung effektir nur zwei Steine — 52 cin, während die Riemchen 
verblendung 214,3 Stein — 59 cion ergiebt; mithin wird voll ein Achtel 
des ganzen kubischen Inhalts einer Verblendfassade erspart und Raum 
gewonnen. Die Arbeit mit diesen Quadern ist ferner sehr viel leichter 
als mite! / 4 und /3 Normalverblendsteinen. Nachdem eine Lage der 
Quadern nach der Schnur gesetzt ist, was infolge der großen Lagerfläche 
leicht ist, können, ohne abzurichten, zwei Hintermauerungsschichten dahinter 
gelegt werden; auch dadurch wird viel erspart. Bei den engen Fugen 
und der Abfassung kann ferner sofort mit vollen Fugen gemauert werden, 
somit fällt auch das kostspielige Ausfugen der Verblendsteinfassaden weg 
Bei den großen Ersparnissen an Maurer-Arbeitslohn und Material sowie 
Raum stellt sich die Quaderverblendung fertig vortheilhafter, als die Nor— 
malverblendung. Diese Punkte bieten namentlich den Bauunternehmern 
spezielle Vortheile, während die bessere Wirfung und Solidität der Quadern 
sowie der Gewinn an Raum die Anwenduna dieser Verblendung den Bau— 
herren naheleat. 
Vermischtes. 
Das Preisgericht für die Beurtheilung der Entwürfe für den Neu 
bau des städtischen Miseums in Magdeburg hat seine Aufgabe 
erledigt und folgenden Herren Preise zuerkannt: Architekten Kuber und 
Muüller, Straßburg i. E. 1. Preis; Stud. architekt. Georg Rudolf rRisse 
Dresden-Radebeul, Architekten Johannes Schmidt und Fritz Hessemer 
München, je einen 2. Preis; Architekten Meier und Werle, Berlin und 
Architekt Franz Thyriot, Südende b. Berlin, je einen 3. Preie
	        

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