Bautechnische Notizen. — Vermischtes.
Preis und Ausstattung sagten, verdient in erhöhtem Maaße auch auf
dieses prächtige Musterbuch Anwendung, denn alle farbigen Vor—
lagen waren bisher enorm theuer, während der Verlag von
B. F. Voigt uns für 10 Mk. 24 Foliotafeln mit großem Text
in schöner Mappe bietet. Solche Bestrebungen für Einführung
zuter technischer Werke zu ganz billigen Anschaffungspreisen ver—
dienen in der That wärmste Empfehlung und diese sei hiermit
ausgesprochen. R—t.
Der Bau eiserner Treppen. Herausgegeben von
W. Müller. Eine Mappe ia Folio von 24 Tafeln und
2 Detailblättern nebst Text. Verlag von B. F. Voigt in Leipzig.
Preis: 7,50 Mark.
Der Grundgedanke, den der Herr Verfasser bei Abfassung
dieser Arbeit leitete, war, wie er in der Vorrede sich äußert,
folgender: „Das vorliegende Werk verfolgt den Zweck, durch ge—
wählte Beispiele und knapp gefaßte Erläuterungen, besonders
aber durch viele Theilzeichnungen im größeren Maaßstaabe, nicht
nur dem ausführenden Praktiker das Verständniß der Konstruktion
beizubringen, sondern auch den mit den Grundlagen der Projektions⸗
lehre und der Statik vertrauten Techniker zum selbstständigen
Entwerfen anzuleiten, weßhalb auch die äußere Ausstattung nach
Möglichkeit berücksichtigt worden ist.“
Dieses rationelle Programm ist gut durchgeführt worden,
und wir sind sicher, daß die Arbeit sich viele Freunde ewerben
wird. .
Lautechnische Notizen.
Eine neue Art der Stein- und Mörtelbeförderuug auf
Bauten hat bereits bei auf mehreren Neubauten in Berlin und seinen Vor—
orten Anwendung gefunden und scheint sich so zu bewähren, daß sie wohl
in größerem Umfange sich einführen dürfte. Nach dem in Berlin von
Alters her üblichen Brauche werden die für einen Bau erforderlichen
Ziegel und der Mörtel zu den auf den Gerüsten befindlichen Arbeitsstellen
der Maurer bekanntlich'durch Arbeitsleute befördert, welche diese in hölzernen
Mulden, den sogenannten „Mollen“, geladenen Materialien auf der
Schulter emportragen und sie oben auf das Gerüst, bezw. in den Mörtel—
asten, herabstürzen. Ganz abgesehen davon, daß hierbei verbältnißmäßig
viel Ziegelbruch entsteht, bezw. Mörtel verloren geht und durch letzteren
eine starke Verschmutzung der Rüstungen stattfindet, hat diese Beförderungs—
weise den Nachtheil, daß zu ihr nur ganz hervorragend kräftige Arbeiter
zebraucht werden können, die aber vielfach schon nsch kurzer Zeit der
übermähigen Anstrengung und den mannigfachen Gefahren ihres Berufes
erliegen. Bei dem neuen Verfahren erfolgt die Verladung der Ziegel und
des Mörtels nicht mehr in Mulden, sondern in Kästen aus verzinktem
Eisenblech, die mittels Tragbänder wie ein Tornister auf dem Rücken
getragen werden. Es hat dies noch den Vortheil, daß der Träger eines
Kastens, der 30—36 Ziegel oder eine entsprechende Mörtelmenge faßt, unter
niedrigen Rüstungen sich bewegen und leichter überall hingelangen kann,
als ein Steinträger mit seiner sperrigen Mulde auf der Schulter. Das
Entladen des Kastens wird durch Herunterklappen des beweglichen Bodens
mittels zweier seitlich angebrachten Hebel bewirkt; die Höhe, aus der die
Ziegel herabfallen, ist so gering, daß nur wenig Bruch entstehen kann.
vei der neuen Einrichtung kommt eine Förderung durch Menschenkraft
überhaupt nur in wagerechter Richtung inbetracht, während der an—
strengendste Theil der zu verrichtenden Arbeit, das Bewegen der Last nach
oben, durch eine einfache Vorrichtung erfolgt, die an jeder beliebigen Stelle
des Baues zwischen zwei Balken angebracht, soweit die Balken der ver—
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mälich bis zu der erforderlichen Höhe versängert werden kann. Diese
Vorrichtung bedarf keines Antriebes durch Maschinenkraft, sondern wird
derart betrieben, daß das Körpergewicht eines in dem einen Förderkorbe
mit einem entleerten Kasten herabfahrenden Arbeiters den in dem anderen
Korbe befindlichen Kasten heraufzieht. Der Arbeitsvorgang stellt sich also
derart, daß ein Theil der Arbeiter unten die auf Schulterhöhe gestellten
Kästen beladet, während ein anderer dieselben auf ein in gleicher Höhe
angebrachtes Brett in den Förderkorb stellt, darauf unbelastet auf der
Leiter bis zu dem in Frage kommenden Gerüst emporsteigt, dort die an—
kommenden Kästen auf den Rücken nimmt und ihren Inhalt an den ein—
zelnen Arbeitsstätten entladet, endlich aber mit den leeren Kästen nach
unten fährt und sie zur neuen Beladung bereit stellt.
Verwendung von Sackleinwand für Theerdächer. Herr
Müller in Ellwangen theilt ein sehr billiges und überall anwendbares
Mittel mit, um schadhafte Theerdächer dauerhaft zu repariren oder auch
mit wenig Kosten und geringem Zeitaufwand recht leicht neue Tächer
herzustellen, die an Dauerhaftigkeit und Haltbarkeit die Dachpappendächer
ganz unverhältnißmäßig übertreffen, da sie bei guter, aufmerksamer Be—
handlung über 20 Jahre gebrauchsfähig bleiben und auch an das sie
tragende Holzwerk vermöge ihres geringen Gewichtes noch ageringere An—
sprüche stellen, als die Dachpappendächer.
Der Verfasser verwendet nach dem „Württemb. Wehbl. f. Landw.“
statt Dachpappe Sackleinwand, wie man sie sich in der Gestalt gebrauchter,
dichter Eiport- und Samensäcke für billiges Geld aus den betreffenden
Geschäften besorgen kann. Die Säcke werden aufgetrennt und ergeben
dann durchschniitlich für den Sack fast zwei Quadratmeter Sackleinwand
die einschließlich des darauffolgenden Theeranstriches nur die Hälfte von
gewöhnlicher Dachpappe kostet.
Die Leinwandstreifen werden von unten nach oben mit Pappnägeln
auf die Bretterverschaulung derart aufgenagelt, daß das obere Leinwandstück
nit seinem unteren Rande über den oberen des darunter liegenden
Stückes übergreist, wodurch jedes Durchregnen anmöglich wird.
Das fertige Dach wird tüchtig mit Steinkohlentheer get änkt, weshalb
man nur ziemlich dichte Gewebe gebrauchen kann, und dann mit feinge—
iebtem Sande bestreut. Dieses Verfahren muß im ersten Jahre wieder—
jolt werden, später genügt ein einmaliger Anstrich in jedem Sommer.
Der Vorzug dieser Dächer vor den anderen besteyt darin, daß sie
nie reißen, leichter und billiger sind und dazu noch bedeutend länger halten.
Selbstverständlich kann man diese Sackleinwand auch zum Flicken
henutzen, wobei durch das doppelte Theeren, einmal des Pappdaches und
weitens der darüber gespannten und genagelten Sackleinwand, die Pappe mit
der Leinwand derartig durch den erhärtenden Theer verbunden wird, daß solche
Dächer fast unverwüstlich sind.
Um das durch die eigene Schwere und den aufgetragenen Theer und
Sand verursachte Bauchigwerden solcher Sackleinwand auf leichten Holz—
gerüsten ohne volle Verschaalung, welche dieselbe tragen würde, zu ver—
neiden, würde unserer Ansicht nach das Quergespann von straffgespanntem
Draht oder das Aufnageln leichter Querleisten hochkant genügen. Gerade
olche, auf leichter Holzkonstruktion aufgebrachte Dächer, die leicht trans—
vortabel wären, würden als Wetterschutz für Göpelwerke, Bienenstände,
als Wagenschuppen den vVandwirthen erwünscht sein. Durch eine volle
Beschaalung würden dieselben aber zu schwer und untransportabel werden
und dürfte sich für solche Fälle die oben angegebene Konstruktion wohl
empfehlen.
Ueber das abgekürzte Meßbildverfahren und dessen
Nutzen für das Studium der Baukunst hielt Land-Bauinspektor
toerber in der letzten Versammlung Berliner Architekten einen Vortrag,
n welchem der Vortragende erklärte, wie man im stande sei, aus der
orgfältig aufgenommenen Photographie eines Bauwerks, etwa im Format
von 40 auf 40 car, durch die Umkehrung der Perspektive das geomelrische
Meßbild mit vollendeter Genauigkeit zu konstruiren. Bedingung sei nur
»ie völlige Bewahrung des perspektivischen Bildes vor Verzerrungen, die
ibsolut genau senkrechte Stellung des Apparats und die Firirung der
dauptvertikal-Linie des Bildes und des Horizonts, in dem alle horizon—
alen Lenien des perspektivischen Bildes zusammenlaufen. Sorge man
dann für ein recht scharfes Bitd, so sei nur die genaue Kenntniß der
Brennweite des Objektivs und die Messung einer einzigen Dimension am
Bauwerk selbst nöthig, um daheim im Zeichenraum das geometrische Bild
in vollkommenster Richtigkeit zu eutwersen. Wie man entweder graphisch
»der durch Rechnung dabei zu verfahren habe, das erläuterte der Vor—
ragende sowohl an der Tafel als an Photographien und aus einem Meß—
ilde, das aus der daneben aufgehängten Photographie konstruirt war.
Die praktische Uebung des sehr enleuchtenden Verfahrens, so schloß der
Vortragende, biete den Studirenden den Vortheil, in der Heacrbeitung
refflicher Vorbilder ihre Kenntniß von Bauwerken zu erweitern und ihr
lerspektivisches Denken nutzbringend zu üben. Die Ableitung des
jeometrischen Ausführungsbildes aus dem perspektivischen Bilde gewähre
iuch hohen Genuß. Man könne, mit einem guten Apparat ausgerüstet,
Studienreisen mit erheblichem Gewinn an Zeit machen, weil die zeit—
raubenden örtlichen Messungen bis auf eine einzige ganz in Wegfall kommen,
und man reise gewissermaaßen zum zweiten Mal, wenn man später zu
dause das Meßbild unter den Händen eatstehen sehe.
Vermischtes.
Welchen ungeheuren Aufschwung das Fachschulwesen in Deutsch—
sand genommen hat, geht aus nachfolgender Zusammenstellung hervor,
die wir einer Mittheilung des Internationalen Patentbureaus Karl Fr.
seichelt, Berlin NW. 6, verdanken. In keinem Theile der Welt wird
'oviel Werth auf gute Fachbildung gelegt, wie im Königreich Sachsen:
zenn dieses kleine Land besitzt nicht weniger als 111 Fachschulen, die sich
uuf fast alle Industriezweige erstrecken. Preußen weist demgegenüber 460
Schulen auf mit einer Schülerzahl von etwa 12000. Für Maler und
Dekorateure ausschließlich giebt es 35, für Schneider 16, für Schuh—
nacher 9 Institute. Die Regierung bezahlt jährlich gegen 22,, Mill. Mt.
ain Staatsbeihilfen; die städtischen Behörden tragen natürlich auch ihren
Theil zur pekuniären Unterstützung bei. So bezahlt Berlin allein fast
300 000 Mk. aus städtischen Mitteln an Fachschulen. Baden, welches
fwas über 11, Millionen Einwehner zäihlt, wendet jährlich über 1 200 000
HMark für technische Lehranstalten und Fachschulen auf. Hessen besitzt, bei
twanl Million Einwohner, &3 Zeichenschulen und 43 für industrielle
Betriebe und daneben noch viele andere für Handweiker aller Professionen.
— Darf es daher Wunder nehmen, wenn das „dlachée in Gormany!“
die bekannteste Handelsmarke geworden ist? — Amerikanische Fachkreise
»rkennen offen diese auf geschulten Kräften beruhende Ueberlegenheit des
)eutschen Produktes an und selbst die Engländer fangen, wenn auch wider—
villig, an, einzusehen, daß sie in dieser Bezi hung henter Deutschland zu—
rüückgeblieben sind, und daß es dadurch deutschem Produkt möglich wurde
dem enalischen im eigenen Lande Konkurrenz zu machen.