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Die Kalksandziegel und der Kalksand-Pisebau.
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Die Kalksandziegel und der Kalksand Pischan,
sowie die damit im Zusammenhang stehenden Ausführungspatente
und Verfahren bis auf die Gegenwart. Kurz zusammengefaßt
und erläutert von P. Kleber, Fabrikdirektor in Mainz.
Patent beantragt und dem Simon Neffgen in Mühlheim a Rhein
unter Nr. 70246 im Jahre 1891 zugesprochen dieses Patent
hatte mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen, wurde erst 1895
rechtskräftig und nur als Abhängigkeitspatent ertheilt, konnte
mithin nur mit Einwilligung des Inhahers des Haupthatentes
201890) ausgeführt werden. Neffgen mischt ebenfalls Kalkhydrat
und Sand, formt die Masse zu Steinen und läßt sie daun einige
Zeit antrocknen. Nachdem die Steine hinlänglich fest geworden
ind, werden dieselben in Kammern gebracht und dort 72 -1260
Stunden „mit erwärmter feuchter Luft“ behandelt, sodaß sich
nach Ablauf dieser Zeit eine „harte Deckschicht“ bildet, wie die Pa—
lentschrift besagt. Tie Tempcrainur darf auch hier 950 E. nicht
übersteigen, da sonst die Formlinge zerspringen. Die erwärmte
Luft soll das in den Steinen befindliche Wasser nach und nach
auf die Temperatur von 95060. bringen. Ist die Luft zu
trocken, sagt die Neffgensche Patentschrift weiter, so bringt man
zweckmäßigerweise „ein mit Wasser gefülltes Gefäß“ in der Er—
härtungstaämmer zur Aufstellnnag. Die Neffgenschen Kammern
sind meistens 10 über und etwas unter dem Fabrikboden auf—
gemauert, haben die Größe einer Tagesproduklion und sind oben
mit Brettern und Tüchern abgedeckt.
Eine große Verbreitung scheint das Neffgensche Patent,
trotzdem es nunmehr eine lange Reihe von Jahren bereits besteht.
bisher nicht gefunden zu haben.
Die ersten Lizenzkäufer Neffgens: Baum-Kleber zu St. Jo—
hann a. d. Saar konnten von Neffgen keine bestimmten Anhalts—
punkte für die Errichtung der Fabrikation erhalten und zogen es
auch aus anderen Gründen vor, die Fabrikationsmethode überhaupt
nicht hach Neffgen, sondern nach meinem inzwischen zur Reife
gediehenen Verfahren einzurichten und die Formlinge „ohne au—
zutrocknen“, dirckt von der Presse in Druckkesseln unler Ein—
wirkung hochgespannten Dampfes in beinahe soviel Stunden als
Neffgen Tage gebraucht nicht nur äußerlich als Deckschicht,
sondern durch und durch gleichmäßig zu erhärten. Neffgen selbst
hatte mit seinem Vertreter Klee zusammen in Schlebusch b. Koln
eine Anlage errichtet, die nach » jihrigem Bestehen eingegangen
ist! Steine sind dort vielleicht einige Tausend fabrizirt, jedoch
nicht verkauft worden.
Gebr. Lübben, Borkum, gleich'alls Lizenzkäufer von Neffgen
leiteten die Fabrikation nach diesem Verfahren ein, zogen es je—
doch nach Jahresfrist ebenfalls vor, zu der neuen Methode über—
zugehen, nach meinem Verfahren zu härten.
Daß noch an andere Reflektanten Lizenzen des Reffgenschen
Patentes vergeben wurden, unterliegt keinem Zveifel, sopiel aber
steht fest, daß bisher die Reffgenschen Steine nur in sehr geringem
Paaße Verwenduüg gefnuden haben. Es ist dies ja auch na—
türlich, besonders jetzt, zuo Kalksandziegel mit gleicher Druck—
festigkeit wie Thonziegel nach dem neueren Verfahren heragestellt
werden können.
Es erübrigt nun noch, eines Patentes Erwähnuung zu thun,
das gleichfalls die Bezeichnung: „Verfahren zur Herstellung von
Kalksandstein“ trägt. Es ist dies das dem Jac Pfeifer in
Kaiserslautern unter Ne. 82785 vor vielen Jahreun ertheilte
Patent. Obige Bezeichnung „Verfahren zur Herstellung von
Kalksandstein“ sowohl als auch der dem Watent zu Grunde
liegende Patentanspruch:
„Verfahren zur Herstellung von künstlichen Sandsteinen, da—
„durch gekennzeichnet, daß man die beim Löschen des Kalkes,
zwelcher für die nächste Mörtelbereitung benöthigt wird, ent—
z„stehende Wärme und Tampfspannung in geschlossenen Be—
hältern auf die aus Mörtel bereits hergestellten Gegenstände
„einwirken läßt“
können zu der irrigen Annahme führen, es sei hier von hochge—
spanntem Dampf die Rede bezw. etwaige Känfer dieses Patentes
qlaubten, durch dieses Patent geschüst zu seiun.
Thatsächlich verhält es sich mit diesem Patent, dessen Patent—
schrift Kais. Patentanit auf Ersüchen Irdermann gegen Nachnahmie
—D
„Gebranunter Kalk wird in geschlossenen Behältern ausge—
breitel und alsdann durch eingeführtes Wasser gelöscht. Unter
Wärmeentwickelnug entsteht natürlich Wasserdampf, der die
eventnell in Gerüsten anfgestellten größeren Werkstücke (unr um
solche handelt es sich hier) allmälich in festes Gestein verwandeln
soll. Der gelöschte Kalk soll zur nächsten Rörtelhereitung be—
nutzt werden.“
Es muß angestellten Versuchen zufolge bezweifelt werden
daß der Wasserdampf beim Kalklöschen vor 8--10 Tagen die
Formstücke überhaupt in festes Gestein verwandelt. Die That—
sache, daß dieses Ratent eine Reihe von Jahren bereits existirte
Wie die Zahllosen, auf die Herstellnng von Kalksandsteinen
gerichteten Patente zur Genüge dargethan haben, war man be—
strebt, die der Fabrikation entgegeustehenden Mängel zu beseitigen
und eine künstliche Erhärtung der Kunftziegel herbeizuführen
Zugegeben muß werden, daß auf diesem Wege ein Fortschritt
verzeichnet werden muß, ein vollständiges Gelingen ist indessen
in diesen Patenten nicht zum Ausdruck gebracht.
Das erste Patent, welches man auf diesen Gegenstand in
Anwendung bringen könnte, wurde Dr. Zerniko ertheilt. Es be—
ruhte darauf, daß der zu Sandsteinen erforderliche Mörtel ge—
kocht wurde.
Das zweite Patent ein Laboratoriumsversuch, (wie Olschewsky
sowohl als anch das Kais. Patentamt u. A. anerkannten), ist
Dr. Michaclis unter Nr. 14195 vor ca. 20 Jahren ertheil—
worden. Zweifelsohne ist dieses Patent das einfachste, was man
sich denken kann, es gab für alle späteren Patente, die ohne
Ausnahme nur Ausführungsformen des Michgelisschen Patentes
sind, die wissenschaftliche Grundlage ab. Die wissenschaftliche
Grundlage deshalb, weil alle Ausführungspatente nur bezwecken,
in mehr oder weniger zutreffender Weise die ven Michaelis nach—
gewiesene chem. Erhärtung einer Kalksandmasse die Bildung einer
Versteinerung, eines Kalksilikatez, auf mehr oder weniger
praktische Art und Weise herbeizuführen. Besagtes Patent be—
ruhte darauf, daß durch „Einwirkung von hochgefpanntem
Dampf auf ein Gemenge von Kalkhydrat und Sand
eine harte, in Wasser unslösliche Masse entfteht.
Wäre dieses Patent thatsächlich auch in die Praxis umgesest
worden, wären thatsächlich Kalksandsteine (Kunstziegel) nach diesen
Patent hergestellt worden, so hätte niemals mehr ein weiteres
Patent auf den gleichen Gegenstand ertheilt werden können. Denn
die späteren Patente, wie nachher auseinandergesetzt werden soll,
iud keinessalls Verbesseruugen des Michaelisschen Patentes, nein,
es sind wenig glückliche und umständliche auf besagtes Patent ge—
gründete) Ausführungsformen. Daß auf diese Ausführnngen
überhaupt Patent ertheilt werden könnte, beweist nur, wie man
allgemein darnach gesucht hat, die gegebene Michaelissche'Theorie
auch in der Praxis zu verwerthen. Ohnehin dürfte Michaelis
die ebent. mögliche Herstellung von Werkstücken damals ius Augt
gefaßt, dabei nicht im Entferntesten an Kunstziegel auch nur ge—
dacht haben. Das Michaelissche Patent erlosch thatsächlich noch
3 Jahren infolge Nichtzahlung der Gebühren, Michaelis konnte
nicht daran denken, sein Patent in der Praxis zu verwerthen
und erachtete es als überflüssia, dasselbe weiter aufrecht zu
erhalten!
„Soll bewußt falsch angenommen werden, das Michagelissche
Patent sei thatsächlich ausgefuͤhrt, es sei in der Praxis tharsächlich
berwerthet und die hergestellten Produkte in den Handel gebracht
worden, dann wäre die „Krone der Baumaterialien“ gefunden
und lebensfähig geworden und heute würden zahllose Gebäude
von dieser Erfindung Zengniß ablegen. Es hätte denn keines
weiteren Patentes mehr bedurft, es sei denn, daß in denselben
eine patentfähige Neuecrung zum Ausdruck gebracht worden wäre,
was von in den letzten zwanzig Jahren ertheilten Patenten
keineswegs behauptet werden kann. Es ist vielmehr nicht genug
zu verwundern, warum zwanzig Jahre hindurch alle möglichen
Versuche gemacht wurden, die Miichaelissche Theorie in der
Praxis immer umständlicher und verwickelter zu gestalten, anstat:
einfach dem gegebenen Fingerzeige zu folgen und in dieser
Richtung Verbesserungen anzustreben.“
Die auf das Michaelissche Patent erfolgte erste Ausführnngs
form, das Patent 20890, ist nicht von langer Lebensdauer ge
wesen. Der einzig richtige Weg wurde hier zweifelsohne ver
lassen, indem dazu übergegangen wurde, gelöschten Kalk (Kalk
hydrat) mit Saud zu vermischen, aus diesem Gemisch Steine zu
formen und dieselben erst einige Tage auzutrocknen. Nachdem
wurden diese Formlinge in Behälter eingesetzt und dort im Wasser
welches durch Einströmen von Dampf auf eine Temperatur
von 950 gebracht wurde, gewissermaaßen gekocht. Die Be—
handlung erforderte viele Tage. Dabei kam es häufig vor, daß
der eine Stein mehr Wasser aufnahm als der andere und viele
Steine im Wasser zerfsielen.
Um diese Mißstände angeblich zu beseitigen, wurde ein