Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 58, Bd. 17, 1898)

Litteraturbericht. — Bautechnische Notizen. — Vermischtes. 
zünstigung des Großbetriebes und des Großkapitals und fürchtet 
durch denselben den Ruin des Mittelstandes im Bauhandwerk. 
Die Broschüre verdient bei der Sachlichkeit und Unpartei⸗ 
ichteit, in welcher die Ausführungen gehalten sind, die Beachtung 
ziller intereffirten Kreise, vor allem jedoch die Beachtung der 
Bauhandwerker selbst. c. 
Architektonische Zeitfragen. Von Richard Streiter. 
Fin Band gr. do von 175 Seiten. Kosmos. Verlag für Kunst 
ind Wissenschaft. Berlin, 1898. Preis: 3 Mk. 
Der Inhalt dieser, wie wir vorweg sagen wollen, überaus 
uteressanten Schrift behandelt folgende Themata: die Stil⸗ 
rage; 2) Architektur-Realismus; 8) Konstruktion und Kunstform; 
Zeitgeist und die Architektur. Das Buch ist als eine 
Streitschrift in vornehmem Sinne gegen das bekannte Werk des 
Wiener Bauraths Otto Wagner „Moderne Architektur“ anzu— 
sehen und bekämpft mit Glück so manche der darin niedergelegten 
Auschauungen. Wir verweisen unsere Leser, speciell diejenigen, 
welche sich für die grundlegenden Fragen der Baukunst ernstlich 
interessiren, auf die geistvollen Darlegungen des Herrn Ver— 
assers, denn sie verdlenen regste Theilnahme aus Fachkreisen. 
Noch ein Wort sei schließlich auch der äußeren Seite des Buches 
Jewidmet, ein Wort uneingeschränkten Lobes, denn wir haben es 
zut einem Meisterwerk typographischer Leistungen zu thun, würdig 
der altbewährten Firma Giesecke und Devrient in Leipzig, aus 
deren Offizin es hervorging. Ig. 
Bauntechnische Notizen. 
Schutz von Mauern gegen Nässe. Der Schutz von Mauern 
zegen Nässe und die Trockenlegung durchfeuchteten Mauerwerkes ist nach 
iner Mittheilung über bauwissenschaftliche Versuche der preußischen Bau— 
»erwaltung im „Centralbl. der Bauverw.“ der Gegenstand mannigfacher 
Verfuche gewesen. Einen besonderen Fall liefert die Kirche in Mollwitz, 
Schlesien“ Daselbst sind vor etwa 830 Jahren auf die inneren Wandflächen 
werthvolle Oelgemälde gemalt worden, die durch aufsteigende Erdfeuchtig— 
feit mit der Zeit stark angegriffen wurden. Da die Mauer sehr dick und 
zußen mit Slrebepfeilern versehen ist, sodaß eine nachträgliche Isolirung 
n voller Breite schwierig und fostspielig sein würde, ist versuchsweise vor 
elwa drei Jahren eine 88 cin breite Zinnblechplatte unter der Malerei in 
ie Mauer von der Innenseite eingelassen worden. Seitdem wird ein 
angsam fortschreitendes, allmähliches Trockenwerden der Gemäldeflächen 
zeobachtet. — Um die Standsicherheit der Stützmauern auf die Dauer zu 
ewährleisten, ist bei der Kanalisirung der Oder ein wasserdichter An— 
trich angewandt worden. Zu diesem Zwecke sind die Mauern von Schleusen 
ind die Landpfeiler von Bruͤcken an den Rückenflächen, wo Zugsspannungen 
rwartet werden, mit einer Mischung von kochendem Theer und Cement 
uu gleichen Gewichtstheilen gestrichen worden. Die Masse soll wasserdicht 
ind sehr zäh sein, sodaß sie das Eindringen von Wasser in etwa klaffende 
Fugen und den damit auftretenden ungünstigen Auftrieb verhütet. Ob 
Fie 'beabsichtigte Wirkung thatsächlich eintritt, ob Fugen, die infolge von 
Zugsspannungen gelöst sind, gegen den Zutritt des Wassers durch Theer⸗ 
ement dauernd geschützt werden können, müssen Versuche und Erfah— 
ungen lehren. Hieran schließt sich auch die Frage, inwiefern ein wasser⸗ 
dichter Anstrich geeignet ist, die durch Wasserdruck entstehende innere 
Spannung im Mauerwerk fernzuhalten. Bei der Standsicherheit der 
Slaumauern kommt dies sehr erheblich in Betracht. 
Uimer Münster. An Stelle des alten hölzernen Glockenstuhles, 
der aus dem Anfange des 17. Jahrhunderts stammte, ist ein von Prof. 
Haißle in Stuttgart entworfener, neuer, eiserner Glockenstuhl ausgeführt 
vporden. Der Aufhängepuntt der sieben Glocken, deren schwerste 5000 e8 
viegt, ist 60 über dem Münsterboden gelegen. Die Uebertragung der 
„on den schwingenden Glocken in dem Glockenstuhl herrührenden Kräfte 
uf die Umfassungsmauern des Thurmes erfolgt in 44 ꝛ Höhe über 
dein Münfterboden. Zu diesem Zweck ist hier ein Boden, getragen von 
inem eisernen Gebälk, eingelegt. Die Hauptbalken sind Kastenträger von 
83 n Stützweite, 1u Höhe in der Mitte und Oes un Höhe an den 
Auflagern, der Boden ist berechnet für 500 gniꝰ Nutzlast und wird bei 
dieser Belastung mit 1000 æ6cn beansprucht. Auf dem Boden und mit 
diesem fest verbunden befindet sich ein eisernes Gerüst aus fachwerkartig 
rusgebildeten Böcken, die einen oberen Boden tragen. Auf letzterem ruht 
»er eigentliche Glockenstuhl. Unterbau und Glockenstuhl sind im un— 
unstigsten Falle mit 600 8cπν die Vernietungen derselben mit 350 
gscns beansprucht. Der alte Unterbau und Glockenstuhl hatten annähernd 
Reselben Höhenabmessungen, das Holzwerk war nachgerade baufällig ge— 
vorden und bot dadurch Veranlassung zum Umbau. 
Im Anschluß an diese, dem „Centrlbl. d. Bauverw.“ entnommene 
Mittheilung sei noch erwähnt, daß die wegen der außerordentlichen Höhe 
hes Mittelschiffes von 42 4 als unmöglich gehaltene Heizbarmachung des 
Almer Münsters nunmehr doch in Angriff genommen worden ist. Da 
uch die Sellenschiffe immer noch die Höhe von 21n erreichen und der 
Flächeninhalt des Kircheninnern nach Abrechnung der Pfeiler 5100 ä 
heträgt, so müssen bedeutende Luftmassen erwärmt werden. Die Aus— 
führung der Heizanlage ist der Firma Gebr. Sulzer in Winterthur über— 
tragen worden. 
Solidität und Feuerfestigkeit der Neubauten. Im An— 
chlusse an den, in Ihrem Artikel vom 10. Dezember ausgesprochenen Ge⸗ 
Zten über die Erhöhung der Sicherheit iür Hausbewohner pp. dürfte 
s von Interesse für die Leser sein, der jüngsten Neuerungen zu gedenken, 
belche dezüglich der Feuerfestigkeit an Neubauten bereits Eingang ge— 
umden haben.“ Die Thatsache, daß das künstliche Baumaterial in den 
neisten Fällen dem natuͤrlichen an Feuerfestigkeit überlegen ist, hat leider 
soch wenig Beherzigung gefunden, wenn schon Kapaeitäten für die Rich— 
igkeit eingetreten sind. Man vergleiche nur die Feststellungen des Herrn 
Fofessor Bauschinger in den Mittheilungen aus dem mechanisch-technischen 
abbratorium der' Kgl. technischen „Hochschule“; dieselben weisen zur 
Fvidenz nach, daß man sich besser des künstlichen Baumaterials bedient, 
ils des natürlichen. Die Zweifler halten dem entgegen, daß das viel— 
cicht feine Richtigkeit haben könne, aber in Bezug auf sonstige Eigen— 
chaften, namentlich der Wetterbeständiglkeit, seien die Bedenken gerechtfertigt. 
Hier bleibt nur die Erwiderung übrig, daß es eben wie bei allem 
Anderen, auch bei der Herstellung künstlichen Baumaterials auf die Art 
ind Weise ankommt, bezw. imit welchen Mitteln die Erzeugung geschiehl. 
S„owenig ein ordinärer Backstein gut und solid werden kann, wenn an— 
salt Lehm Humus gebrannt wird, so wenig wird ein Cementstein oder 
zetonkörper fest und tragfähig, wenn nicht das richtige Rohmaterial ver⸗ 
bendet wird. Mit solchem Recht könnten wir z. B. behaupten, es ließe 
ich nur mit Portlandceinent betoniren, wenn man guten Erfolg haben 
bolle. Haben doch schon Griechen und Römer mit ihren Medina- (Puz⸗ 
dlane) Cementen Großartiges in Beton geleistet. Oder wer wollte be⸗ 
saupten, daß nur die Backsteine unserer Zeit brauchbar wären und die 
»er Alten nicht? Im Gegentheil muß man gestehen, daß manche Prak⸗ 
ien leider verloren gegangen sind, welche heuts noch für uns großzen 
Werth haben würden.Man wird es immer so machen: da, wo der vehm 
illig zu haben, brennt man Backsteine; da, wo der Sand Nichts kostet, 
ertigt' man Sandziegel; dort, wo der Gyps vorhanden, mauert man mik 
vypsmörtel, und wo Kalk zu Hause ist, wird man mit Kalkmörtel ar⸗ 
eiten. Aber die Frage „Wie?“ ist es, die zu wünschen übrig läßt; das 
st das Kapitel, worüber seit Menschengedenken im Bauwesen immer ver— 
undelt wird. Die besten Materialien werden durch die unrichtige Be— 
andlung verdorben. Das ist der größte Mißstand, und man mag noch 
oviel schreiben und doziren, man sieht nicht, daß es sich bessern will. 
In der qu. Darstellung ist z. B. erwähnt, daß auch Beton zu den 
euerfesten Baumaterialien zu rechnen sei, und zwar gleich nach dem Backstein⸗ 
nauerwerk. Hier darf noch eingeschaltet werden, daß Beton sogar be⸗ 
eutend feuerfester gemacht werden kann, wenn man ihn entsprechend mischt; 
ußerdem ist Beton wetterfester als der Backstein. Das beweisen uns die 
iiten Beton Anlagen der oben eitirten Völker: noch sehr viele Reste in na— 
urg zeigen uns nicht nur die erstaunlichste Härte, sondern auch Feuer— 
eständigkeit, da theilweise Brände in diesen Bauten Verheerungen an— 
ichteten, welche Beton überstanden hat. (Argus.) 
Befestigen von Brettern auf Cement. Bei der Anwendung 
on Cementbeton oder Steinmaterial zu Decken oder Fußböden in Ge— 
uden muß man den Fußbodendielenbelag auf der Stein- oder Bretter— 
interlage befestigen. Dies geschah bisher in der Weise, daß man ent—⸗ 
beder Holzdübel in den Cement einließ und die Dielen an diesen Dübeln 
urch Ragelung befestigte, oder daß man den Cement mit Asphaltschicht 
edeckte und die Nägel durch die Fußbodenbretter in den Asphalt schlug. 
zei dem ersten Verfahren macht sich jedoch der Uebelstand bemerkbar, daß 
ie Holzdübel sich nicht mit dem Cement verbinden und daher bald lose 
verden,“ so daß eine sichere Verbindung des Fußbodenbelags mit der 
interlage nicht erreicht wird, während das zweite Verfahren den Nach⸗ 
heil haͤt, daß es sehr theuer ist und sich daher nur ausnahmsweise an⸗ 
henden läßt. Nach deim Patente von W. Maurer werden anstatt der 
»orgenannten Holzdübel Schlackenpreßsteine, welche aus granulirter Hoch⸗ 
»fenschlacke und Kalk hergestellt sind, verwendet. Diese Steine werden 
n den Cement eingebeitet oder bei Steindecken mit eingemauert. Diese 
Schlackensteine haben die Eigenschaft, sich fest mit dem Cement zu ver—⸗ 
Ainden und dabei dem Eindringen von Nägeln oder Schrauben kein 
inderniß zu leisten; der Fußboden läßt sich also auf diese Steine gut 
ufnageln oͤder aufschrauben und die so befestigten Dielen find unver— 
ückhas fest mit der Unterlage verbunden. Thonindustrie⸗Zeitung.) 
Vermischtes. 
Der bevölkertste Häuserblock in New⸗-NYork ist ein Grundstück 
m Westen der Stadt, begrenzt von der Amsterdam- und Westend⸗Avenue 
ind den Straßen 61 und 62. Diese Häuser sind von 3580 Menschen 
»ewohnt, welche sich auf alle Nationen vertheilen. Vorherrschend sind 
Deutsche, Italiener, Oesterreicher und Iren, welche öfters Nationalstreitig— 
eiten init einander auszufechten haben; die österreichischen Fleischer werden 
ils das einzige friedliche Element dieses Grundstücks bezeichnet. Die 
kinnahme eines Familienoberhauptes beträgt dort durchschnittlich 12,5 
Doll. wöchentlich. Höchstens besitzt eine Familie drei kleine, enge Zimmer, 
zas ist jedoch nur ein feltener Fall von Lurus. Im, Ganzen haben die 
3580 Menschen nur 2638 Zimmer zur Verfügung, dabei dient die Küche 
atürlich meist als Wohnzuümmer. Nur 1200 der Zimmer besitzen ein 
Fenster nach außen. Die Häuser dieses Grundstücks sind alle gleich, eine 
ange Reihe düsterer Gebäude aus rothen Ziegeln, die nach dem äußeren 
Anschen ebenso gut Fabriken sein könnten. Wie wenig beneidenswerth 
der Aufenthalt in diesen Miethskasernen sein muß, st danach zu bemessen, 
zaß trotz der Ueberfüllung in dieser Stadtgegend mmer einzelne Woh⸗ 
zungen dieses Häuserblocks leer stehen. Schmutz und Gerümpel geben 
Fen Häusern das Gepräge, dazu die Abzugsröhren, die nach allen Rich— 
ungen hin laufen. llebrigens besteht der Plan, dieses Grundstück ge— 
egentlich des Neubaues der North-River-Brücke zu beseitigen, obgleich es 
n New-VYork zahlreiche Menschen giebt, welche das für einen überflüssigen 
nilären Lurus halten, der die großen Ausgaben nicht rechlfertigt.
	        
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