Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 58, Bd. 17, 1898)

—351 
dehrlingswerkitätlen. — Das Reißen der Fiegelsteine. 
152 
Lehrlingswerkstätten die Ablegung der Lehrlingsprüfung nach 
Maaßgaäbe der bestehenden Lehrlingsprüfungsordnung verlangt 
wird, ist ganz selbstverständlich. 
Ein weiteres Mittel endlich, um das neue Institut einer 
Jedeihlichen Entwicklung zuzuführen, wurde in einer ent— 
prechenden Kontrolle über die richtige Erfüllung der dem Lehr— 
neister obliegenden Verpflichtungen, sowie über das Verhalten 
und die Forischritie der Lehrlinge erblickt. Diese Aufsicht wird, 
abgesehen von dem zeitweiligen Besuch der Lehrlingswertstätten 
zurch einen staatlichen Beamten, den Gewerbevereinen und 
Innungen übertragen werden. Diese Konirolle wird sich in 
annehmbaren GGrenzen bewegen und von bureaukratischen 
Maaßnahmen fernhalten. 
Für Fälle fortgesetzter Vernachlässigung oder RNichter— 
rüllung der von dem Lehrmeister übernommenen Verpflichtungen 
sst der K. Centralstelle für Gewerbe und Handel ein ein— 
seitiges Rücktrittsrecht von dem Vertragsverhältniß vorbehalten 
vorden. Im Uebrigen aber soll, sofern sich über die den 
Lehrmeistern obliegenden Verpflichtungen Streitigkeiten ergeben 
ollten, die Entscheidung einem Schiedsgericht überwiesen werden. 
Daß als solches das Gewerbegericht berufen, oder, wo ein 
olches nicht besteht, ein diesem ähnlich zusammengesetztes 
Schiedsgericht bestellt werden soll, wird lebhaft zu begrüßen 
ein. 
Man darf sich nun wohl der Einsicht nicht verschließen, 
daß in den staatlich unterstützten Lehrlingswerkstätten im Ver— 
Jleich zu der Gesammtzahl der gewerblichen Lehrlinge nur 
eine verhältnißmäßig kleine Quote von Lehrlingen ausgebildet 
verden kann. Doch wird es im Laufe der Zeit gelingen, 
nittels der neuen Einrichtung eine ansehnliche Anzahl tüchtiger 
HDandwerker und Handwerksgesellen heranzubilden und es 
verden sich zweifellos auch solche befähigte Meister, welche 
auus irgend einem Grunde mit dem Staat wegen der Aus— 
dildung von Lehrlingen in ein Vertragsverhältniß nicht ein— 
reten wollen, durch das Beispiel ihrer Gewerbsgenossen he— 
timmen lassen, sich wieder mehr mit der Aufnahme von Lehr— 
ingen zu befassen. 
in' solchen Fällen nicht vorsichtig und langsam genug durchgeführt 
verden, wenn man nicht in der Lage ist, sich eine der modernen 
Trockenvorrichtuugen zu bauen. Und auch bei diesen soll es vor— 
tommen, daß sich Risse einstellen, wenn der Trockenprozeß 
inigermaaßen forcirt wird. Wird derartiger stark schwindender 
Thon in Verbindung mit einem Material verarbeitet, das nur 
inbedeutend schwindet, und kommt dazu noch ein stark be— 
chleunigtes und ungeeignetes Vorbereiten durch sehr weit ge— 
tellte Walzwerke, sodaß Knoten des fetten Materials infolge der 
licht genügenden Mischung in der Masse enthalten sind, so giebt 
s Risse und Sprüuge in Unmenge. Sorglose Formgebung und 
Demzufolge in das Material eingeschlossene Luftbläschen sind 
benfalls oft die Ursache von Rissen. Hierzu gesellt sich unter 
olchen Umständen leicht noch ein Abbröckeln und Abblättern. 
Dies ist nicht zu verwechseln mit solchen Fällen, wo Oel seinen 
Weg zwischen die Thontheilchen gefunden hat. Die Anwesenheit 
»on größeren, nicht genügend verwitterten Gesteinsüberresten und 
dieselsteinen — Körpern, welche die Schwindung des Thones 
zicht mitmachen — verursacht natürlich ebenfalls ein Reißen der 
ziegelsteine oder sonstigen Thonwaaren beim Schwinden des 
Thons während der Trocknung oder während des Brennens, 
venn sie nicht etwa gar eine Formveränderung dadurch herbei— 
ühren, daß sie ihre ursprüngliche Form beibehalten. Doch 
ommt dieses nur bei gewöhnlicheren Waaren vor. Foreirtes 
Trocknen und forcirtes Brennen im Anfangsstadium verursachen, 
venn es sich um einen plastischen Thon handelt, der mr langsam 
urchtrocknet, viele gerissene Waare. Es hat dies seinen Grund 
arin, daß die Oberfläche des Fabrikates bald angesteift ist, 
he noch die inneren Theile von der Trocknung berührt sind. 
Die im Innern des Steines enthaltene Feuchtigkeit, welche unter 
ziesen Umständen allmählich in Dampf verwandelt wird, kann 
einen Ausweg finden, die äußeren Flächen wollen ihre Schwindung 
»ollenden und können infolge des innen herrschenden Druckes 
uiicht mehr nach innen schwinden und das Resultat besteht in 
Rissen, die manchmal größer, manchmal kleiner sein werden und 
nanchmal erst nach vollendetem Brande sichtbar sind, je nach 
ade der Sache 
Sehr viel hängt vom Brennen ab. Manche Thone verlangen 
ine viel längere Zeit wie andere — wie es auch beim Trocknen 
»er Fall ist —2- für die Vertreibung der freien oder gebundenen 
Feuchtigkeit. Ein kleiner Tropfen Wasser beansprucht als 
Dampf einen sehr großen Raum. Was ist deshalb zu erwarten, 
venn der Dampf im Innern des Steines rascher erzeugt wird, als 
der Körper denselben durchläßt? Der Dampf bahnt sich einen 
Weg, manchmal aber auch recht viele Wege nach außen. und 
das Resultat sind Risse, 
Das Reißen der Ziegellteine. 
Derjenige Ziegeleibesitzer, welcher nicht durch rissige Waare 
zu leiden hat, kann sich Glück wünschen, insofern, als manche 
einer Berufskollegen niemals in der Lage sind, sich in dieser 
Beziehuug von Unannehmlichkeiten frei zu machen. Die Risse 
und Sprünge können im Allgemeinen nicht klassifizirt werden. 
Sie variiren in der Form, der Anzahl, der Größe; man hat 
Risse, welche nur durch das Mikroskop wahrgenommen werden 
bunen, und solche, welche man geradezu als Spalteu bezeichnen 
önnte. Risse finden sich bei allen gebrannten Thonwaaren, 
Jauptsächlich treten sie jedoch bei der Ziegelfabrikation zu Lage, 
vwas auf die Natur des hierbei verwendeten Materials zurückzu— 
führen ist. Bei Terrakotten macht sich schon eine große AÄb— 
nahme der Risse bemerkbar und bei der Herstellung feinerer 
Töpferwaaren endlich sind dieselben fast ganz verschwunden. Dies 
könnte zu der Annahme führen, daß in Bezug auf die Risse 
das Material allein die Wurzel alles Uebcls ist. Dies 
rifft auch in der That für viele Fälle zu, aber nicht für 
alle, denn es giebt für das Reiken der Thonwaaren auch noch 
andere Ursachen. 
Jeder Fall muß dabei besonders behandelt werden, da sich 
eine für alle Fälle zutreffende Formel aufstellen läßt. Seht 
)äufig ist Mangel an Plastizität — dah. Mangel au' Kohäsion 
zwischen den einzelnen Thonpartikelchen — die Ursache des 
lebelstandes. Ziegelthone leiden in der Regel am meisten, da 
ie gewöhnlich zu kieselhaltig sind. Beim Trocknen uun — einer 
Operation, welche stets von Zusammenziehung begleitet ist — 
macht sich die NReigung der Masse zur Desintegration geltend 
und die Risse sind da. In solchen Fällen sind zwei Wege zur 
Abhife offen: 1. Mischung des verarbeiteten mageren Thones 
nit mehr plastischem Material, oder 2. häufiges Drehen und 
Wenden der Waare während der Trocknung. 
Umgekehrt entstehen Risse aber auch — und dies ist der 
Fall, welcher am häufigsten eintritt — wenn zu fetter Thon 
nerarbeitet wird, welcher stark schwindet. Die Trocknung fann 
Ziegelsteine reißen natürlich auch in Folge allzu rascher Ab⸗ 
ühlung. Sie sind hierzu besonders geneigt, wenn sie von fester, 
zichter und leicht sinternder Natur sind. Aus weniger fein— 
örnigem Material hergestellte poröse Steine können bedeutend 
ascher abgekühlt werden. Es dürfte nur wenige Fälle geben, 
in denen sich für gerissene Waare nicht die Spuren in der einen 
»der anderen der oben angegebenen Richtungen verfolgen ließen. 
kin wenig Studium und etwas Nachdenken wird in der Regel 
alle Zweifel darüber beseitigen, und weiß man erst die Ursache, 
o läßt sich auch für Abhilfe sorgen. Leider lassen sich eben die 
Thone in der genau geeigneten Zusammensetzung nicht immer in 
»er nächsten Nachbarschaft finden, und da eine Heranschaffung 
ruf größere Entfernungen der hohen Transportkosten wegen nicht 
durchführbar ist, wozu man sich vielleicht manchmal entfchließen 
vürde, wenn durch Zusatzthone die Qualität der Fabrikate auf— 
gebessert werden kann, so muß man sich eben mit den jeweiligen 
Verhältnissen abfinden, so gut als es möglich ist. Nichtsdesto— 
veniger giebt es viele Ziegler, welche trotz ungünstiger Ver— 
zältnisse durch Einsetzung von Energie und Scharfsinn ihren 
Thon vortheilhafter zu verwenden wissen, wie solche, deren Thon 
gerade für diese Verwendungszwecke geeigneter wäre. Und die 
derstellung von Ziegeln erlaubt sicherlich einen weiteren Spiel— 
raum für die mechanische Behandlung von kieselhaltigen und 
nichtplastischen Thonvariekäten, als manch anderer Arbeitszweck 
hei welchem Thon Verwendung findet.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.