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Abteilung 111.
Säulenhaus. Es ist ein Typus, den die Assyrer
von den Hettitern entlehnt zu haben scheinen-
Seine Eigentümlichkeit bestand in einer offenen
Säulenhalle. Vermutlich stellt das Relief von Khorsa-
bad (Tafel 5, Fig. 4) ein solches Bet Chilani vor.
Die assyrischen Paläste scheinen sonst den Säulenbau
nicht zu kennen, der in Ägypten eine so große Rolle
spielt und vereinzelt auch in Babylonien vorkam.
Fig. 8 stellt assyrische Wohnhäuser und Speicher
bauten mit bescheidenen Lehmkuppeln dar.
Tafel 5. Als Ornamentmotive waren bei
der Ziegeltechnik vorzugsweise geometrische For
men beliebt, Rosetten, Kreisfriese, sich stets gleich
wiederholende Gebilde. Doch zeigt Fig. 2 einen
Sockelfries aus Khorsabad aus bemalten Kacheln
mit figürlichen Darstellungen. Die Gliederung der
Wand über dem Sockel mit Rundstäben war ver
putzt und bemalt. Eine dünne Säule erhob sich in
der Ecke davor. Wie in einem Säulenhaus Pfeiler
und Säulen Untersätze von Löwen und Flügel
stieren erhielten, zeigt Fig. 3 (von einem Relief
aus Kujundschik). Vermutlich hat die Vorliebe,
Flügelstiere und dergleichen symbolische Gestalten
an die Pfeiler der Tore zu stellen, die Anregung
gegeben, auch den im Säulenbau danebenge
stellten Säulen ähnliche Gebilde anzuheften. Das
führte zu diesen sonderbaren Lösungen, und damit
auch zu den merkwürdigen kugeligen Basisformen.
Ein wichtiges Glied ist das Kapitell dieser Säulen,
das an das spätere ionische erinnert, ln den Bei
spielen Fig. 4, 11, 12 ist eine Form gezeichnet,
die als horizontales Band aufgefaßt werden kann,
das sich an beiden Enden einrollt, ln Fig. 4 u. 11
liegen weitere Horizontalglieder darüber. Das Ka
pitell ist eigentlich nur ein zwei- oder mehrfacher
Wulst über dem Schaft, die darübergelegten Hori
zontalglieder aber dürfen als Sattelhölzer angesehen
werden, das sind quer über die Stütze gelegte
Balkenstücke, die den Übergang zum Unterzug
(Architrav) vermitteln. Bei dieser Häufung von
Sattelhölzern erscheinen die Zwischenglieder eine
ornamentale Umbildung zu erfahren, während das
oberste allein seine mehr struktive Form beibehält.
Diese Umbildung aber führt zu Formen, die wir
als Prototyp des ionischen Kapitells ansehen. Die
Anregung zur Volutenform geht wahrscheinlich
von der Lilienblüte aus, deren stilisierte Form auch
an anderen Einzelheiten verwendet wird, vgl. Fig. 9
u. 10. Möglicherweise spielen auch andere Vor
bilder aus der Natur, die schon in das stilisierte
Ornament übergegangen waren, eine Rolle dabei.
Tafel 6. Die reiche assyrische Ornamentik
ist auf Anregungen aus Ägypten und auf Baby
lonisches zurückzuführen. Besonders köstlich ist
die in ganz flachem Relief ausgeführte Fußboden
platte von Kujundschik (Fig. 2). In einem äußeren
Fries wechseln geschlossene und fein gezeichnete
offene Lotosblüten, dicht gereiht; der Grund ist mit
quadratischen Feldern besetzt, in denen die gleichen
Motive Vorkommen, und mit Rosetten. Fein empfun
den, aber streng stilisiert kehrt ein gleiches Motiv auch
in Fig. 3 wieder, während Fig. 1 den Wechsel von ge
schlossenen Blüten und offenen Palmetten zeigt, For
men, diefürdie spätere Ornamentik ebenfalls von großer
Bedeutung sind. Die weichen Palmettenwedel von
Fig. 4 u. 5 erinnern schon an griechische Bildungen.
Tafel 7. Die persische Architektur (vor
züglich des 5. Jahrhunderts v. Chr.) fußt nicht un
mittelbar auf der assyrischen. Sie scheint von dieser
wohl stark beeinflußt, aber ebensosehr von der
ionischen Kleinasiens, zur Zeit als Persiens Welt
reich bis an das Mittelländische Meer vorstieß
(Mitte des 6. Jahrhunderts v. Chr.). Wir kennen
hauptsächlich die Säulen, die sowohl durch
sehr große Schlankheit als durch ihre merk
würdigen, gehäuften Kapitellbildungen gekenn
zeichnet werden. Die Basen haben Glockenform
mit herabfallendem Blattornament, das bei Fig. 4
zum geometrischen zu erstarren beginnt. Die Ver
bindung mit dem Schaft stellt ein Wulstglied her.
Vielfach kanneliert wie die altionischen Säulen sind
die Schäfte. Bei den Säulen (Fig. 1) aus der Vor
halle des Palastes E in Persepolis (eine Schöpfung
des Xerxes [?]), die vielleicht eine Höhe von etwa
19'/2 m hatten, fehlt ein eigentliches Kapitell. Es
ist ein mehr als Sattelholz anzusprechendes Glied
aufgesetzt, das zwei rückwärts zusammenstoßende
Vorderkörper von gehörnten Löwen zeigt. In Fig. 4
folgt ein ähnliches Glied mit gehörnten Stieren, die
seit Xerxes üblich sind, erst über einem dreiteiligen
Glied, das sich aus einem länglichen Blattüberfall,
einem kelchartigen Gebilde (Pflanzenkapitell?) und
aufrechtgestellten Doppelvoluten zusammensetzt.
Fig. 5 gibt den Querschnitt durch den Voluten
körper. — Das Ganze erscheint so als eine merk
würdige Mischung ägyptischer, assyrischer und
ionischer Elemente, die jedoch einen Mangel an
organischer Gestaltung erkennen läßt. Vermutlich
dienten diese »erhöhten« Säulen besonders zur
Unterstützung der basilikal erhöhten Mittelräume
der persischen Säulenhallen seit Xerxes. An den
älteren Säulen kommen sie nicht vor (vgl. Fig. 9).
Zwischen die beiden Löwen- oder Stierköpfe ist
ein kurzes, verziertes Querholz gelegt, das die
nötige tektonische Verbindung mit dem Architrav
vermittelt. Das Gebälk bestand ganz aus Holz.
Dünne Balken, eng gereiht, trugen die ebene Lehm
decke, die nach außen durch eine Brettverkleidung
umschlossen war. Man sieht das am besten aus den