Abteilung IV.
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flächen sogar sorgfältig geschliffen, ganz besonders
bei den Säulentrommeln. Denn die künstlerische
Idee der Säule ist ein monolither Schaft; es war
also eine Forderung, die Schaftfugen so fein, so
unsichtbar als nur möglich zu machen. Die Trom
meln wurden daher beim Versetzen mittels eines
zur Hälfte zylindrischen Holzzapfens so lange auf
einandergedreht, bis sie ganz dicht saßen, und die
kleinsten Körner entweder in die Fugenvertiefung in
der Mitte oder nach außen abgepreßt waren (Fig. 8).
Die Ausarbeitung der Stege erfolgte erst nach
der Fertigstellung des Baues.
Bildeten an den Säulen vertikale Holzzapfen die
Verbindung der Trommeln, so waren die Quadern
des Oberbaues und der Cellawände durch Eisen
klammern und durch Dollen gegen jede Verschie
bung gesichert. Im 5. Jahrhundert ist hauptsäch
lich die I—|-Klammer üblich. Fig. 4 u. 5 zeigen
den Klammerverband der Architrav- und Fries
schicht, Fig. 6 die Einbettung der Klammern.
Tafel 18 u. 19. Fig. 1 zeigt die Einzelheiten
dieses äußerst sorgfältig durchgebildeten, den voll
endeten Stil zum Ausdruck bringenden Marmor
baues. Fig. 2 wiederholt in größerem Maßstab
Fig. 1 von Tafel 17, in dem deutlich die Anathy-
rosen der Fugenflächen mit punktierten Linien,
sowie der Klammer- und Dollenverband zu sehen
sind. Fig. 6 zeigt die Abweichung der Säulen
achsen vom Lot und die Anordnung des Fugen
schnittes der obersten und untersten Trommel. Aber
nicht nur die Säulen, sondern auch die Cellawände,
ja sogar die Architrav- und Friesflächen hatten
leichten Anzug, so daß alle harten Senkrechten ver
mieden erscheinen. Wenn man weiß, daß auch
alle horizontalen Hauptlinien des Baues eine leichte
Mittelerhöhung hatten (die sog. Kurvatur), wodurch
überhaupt jede Härte geometrischer Linien auf
gehoben war, so staunt man vor der unglaublich
fein ausgedachten und empfundenen Bildung dieses
attisch-dorischen Marmorbaues.
Tafel 20 u. 21. Do rische Gliederbemalung.
Abgesehen von der körperlichen Form waren die
feineren Bauglieder des dorischen Tempelgebäudes
noch durch aufgemalte Zutaten ausgezeichnet. Fig. 1
zeigt die Bemalung der Sima am Parthenon: ab
wechselnde Palmetten und Lotosblüten, die man
sich blau und rot bemalt vorstellen muß, der weiße
Marmorgrund bleibt stehen. Das lesbische Kyma
unter der Sima mit aufgemaltem Herzblatt und das
dorische Kyma mit den geometrisch gezeichneten
Blattformen wechseln ebenfalls.
Fig. 2. Das Antenkapitell ist stets mit feinen
Zierformen bemalt. Hier sind, wie überhaupt am
Parthenon, mehrfach die Ornamente bereits aus
der gezeichneten in die plastische Form über
gegangen, aber auch so werden sie durch Bema
lung noch deutlicher hervorgehoben. Grund weiß
(Marmor); dorische Kyma blau und rot: Eierstab
blau und rot; Perlstab (Astragal) vielleicht Gold.
Fig. 3. Gesims unter dem Querbalken der
Hallendecke: Das bekrönende dorische Kyma blau
und rot; die Stirnfläche mit reichem Mäanderband,
darunter lesbisches Kyma blau und rot.
Auf Tafel 21 geben Fig. 1 u. 2 weitere farbige
Einzelheiten vom Parthenon in Umrißlinien: Die
Tänia am Architrav mit rotem Mäanderband, die
Tropfenleiste blau. Fig. 2 zeigt Ansicht und Schnitt
durch eine flache Marmorkassette, die ebenfalls
ringsum mit feinem Mäanderband verziert ist, einen
plastisch ausgeführten Perlstab, vielleicht vergoldet,
nach innen folgende Eierstabornamente blau und
rot gemalt und einen tiefblauen Deckengrund mit
golden aufgezeichnetem Stern zeigt. Fig. 3. Anten
kapitell von Rhamnus, ebenfalls rot und blau auf
weißem Grunde bemalt.
Fig. 4. Antenkapitell vom sog. Theseion, die
Zeichnung am Hals mit doppeltem, d. h. gegen
ständigem Palmettenornament ist nicht ganz genau;
sie erinnert wie überhaupt die Bemalung des Halses
unter dem eigentlichen Kapitell an die ionische
Art, den Säulenhals zu verzieren (vgl. Tafel 31).
Fig. 5—7 zeigen verschiedene Mäanderbänder, wie
sie an Leisten u. dgl. beliebt waren.
Die polychrome Ausstattung des ganzen dori
schen Bauwerkes darf als ein Rest ägyptischer
Tradition aufgefaßt werden. Bemalt waren die
Triglyphen, Metopen, Mutuli, Sima und die feineren
Zierleisten; unbemalt, d. h. geweißt oder marmor
weiß blieben die Säulenschäfte, Kapitelle, Archi
trav, Geisonstirne und die Stufen.
Tafel 22. u. 23. Gesimsprofile vom Parthenon
zum Teil in natürlicher, zum Teil in halber natür
licher Größe. Diese Zusammenstellung zeigt die
Zartheit der Marmorglieder des gewaltigen Baues.
Auch die Wiederkehr immer gleicher Formen ist
zu beachten.
Tafel 24. Akropolis zu Athen. Die Re
konstruktion gibt ein Bild von der Lage und den
Größenverhältnissen der einzelnen Bauwerke. Die
überragende Bedeutung des Parthenon neben dem
kleinen zarten Erechtheion kommt deutlich zur An
schauung. Der Rundtempel des Augustus und
der Roma stand vor der Ostfront des Parthenon,
wäre also in dieser Ansicht nicht sichtbar (vgl.
Tafel 4). Die Propyläen mit dem südlichen ver
stümmelten Flügel, vor dem sich der Niketempel
auf seiner Bastion erhebt, umgeben den Aufgang
zur Burg, der nicht als Monumentaltreppe aus
geführt worden ist. Der untere Eingang lag ur
sprünglich rechts unter der Nikebastion. Das sog.